TE OGH 1989/7/11 4Ob552/89

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Veröffentlicht am 11.07.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Gamerith, Dr.Kodek, Dr.Niederreiter und Dr.Redl als weitere Richter in der Pflegschaftssache des am 17.April 1980 geborenen mj.Wolfgang R***, infolge Revisionsrekurses der ehelichen Mutter Monika R***, Hauptschullehrerin, Ybbsitz, Höhenstraße 27, gegen den Beschluß des Landesgerichtes St.Pölten als Rekursgerichtes vom 26. April 1989, GZ R 144/89-34, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Waidhofen/Ybbs vom 7.Feber 1989, GZ P 4/85-31, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Der am 17.4.1980 geborene mj.Wolfgang R*** ist der eheliche Sohn des Wolfgang R*** und der Monika R***. Die Ehe der Eltern wurde am 17.11.1986 aus dem Alleinverschulden des Ehemannes geschieden; der Minderjährige und die am 27.5.1972 geborene eheliche Tochter Sabine befinden sich in Pflege und Erziehung der Mutter. Das Besuchtsrecht zur mj.Sabine regelten die Eltern außergerichtlich; hinsichtlich des mj.Wolfgang vereinbarten sie am 3.11.1987 (ON 21) ein Besuchsrecht des Vaters einmal im Monat jeweils am 3.Samstag in der Zeit von 12 bis 18 Uhr.

Am 5.5.1988 beantragte der Vater, ihm ein Besuchsrecht zum mj.Wolfgang an jedem 1. und 3.Sonntag im Monat von 9 bis 19 Uhr und an jedem 2. und 4.Samstag im Monat von 12 bis 19 Uhr zuzuerkennen. Der Minderjährige benötige für seine Entwicklung den intensiven Kontakt zu seinem Vater.

Die Mutter erklärte - nachdem sie die Unterfertigung eines Protokolles über ihre Zustimmung zu einem Besuchsrecht an jedem 1. und 3.Sonntag verweigert hatte -, nur mit einem Besuchsrecht an jedem 3.Samstag im Monat von 12 bis 18 Uhr einverstanden zu sein (ON 26). Der Vater habe schon durch sein Verhalten während der Ehe Erziehungsschwierigkeiten bei der damals 11 1/2jährigen Tochter Sabine verschuldet. Das Besuchsrecht zum mj.Wolfgang benütze er nur dazu, um das Kind negativ gegen die Mutter, die er schon früher vor den Kindern auf gewöhnlichste Art beschimpft habe, zu beeinflussen. Der Vater habe die Kinder schon seit 1984 gänzlich vernachlässigt und seine Unterhaltspflicht verletzt. Gegen den Willen der Mutter habe er die Tochter Sabine auf Urlaub mitgenommen und sie anläßlich eines Telefongespräches mit der Mutter dazu verleitet, einen falschen Urlaubsort zu nennen. Außerdem habe die Mutter schwere moralische Bedenken gegen den Vater, die sie bereits am 21.6.1988 dem Gericht mündlich vorgetragen habe, mit Rücksicht auf die Kinder aber schriftlich nicht wiederholen wolle.

Das Erstgericht räumte dem Vater ein Besuchsrecht zum mj.Wolfgang an jedem 1. und 3.Sonntag im Monat in der Zeit von 9 bis 18 Uhr ein; über den darüber hinausgehenden Antrag des Vaters entschied es nicht ausdrücklich. Der Minderjährige habe die Trennung der Eltern noch nicht verarbeitet, so daß die Auseinandersetzung mit dem Vater für seine Entwicklung äußerst wichtig sei; aus kinderpsychologischer Sicht spreche nichts gegen die Ausweitung des Besuchsrechtes. Bei einem knapp 9-jährigen Kind seien zwei Besuchstage im Monat durchaus gerechtfertigt.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluß. Die vom Erstgericht beschlossene Dauer des Besuchsrechtes sei für die Erreichung des Besuchszweckes erforderlich; es lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, daß eine solche Ausdehnung des Besuchsrechtes des Vaters die Beziehung zwischen der Mutter und dem Minderjährigen stören würde. Die behauptete Ioteresselosigkeit des Vaters gegenüber seinen Kindern in früheren Jahren rechtfertige die Versagung der Ausdehnung des Besuchsrechtes auf ein übliches Ausmaß ebensowenig wie eine allfällige Unterhaltspflichtverletzung. Die bloß abstrakten Befürchtungen der Mutter, der Vater würde den Minderjährigen gegen sie aufbringen, seien ebenfalls kein Grund, das Besuchsrecht nicht in angemessener Weise auszudehnen.

Rechtliche Beurteilung

Der von der Mutter gegen diesen Beschluß erhobene ao Revisionsrekurs ist unzulässig.

Gegen bestätigende Beschlüsse ist im Außerstreitverfahren der Revisionsrekurs nur wegen einer offenbaren Gesetz- oder Aktenwidrigkeit der Entscheidung oder einer begangenen Nichtigkeit zulässig. Eine offenbare Gesetzwidrigkeit liegt nur vor, wenn ein Fall im Gesetz ausdrücklich und so klar gelöst ist, daß kein Zweifel über die Absicht des Gesetzgebers aufkommen kann, und trotzdem eine damit im Widerspruch stehende Entscheidung gefällt wird; nicht jede unrichtige rechtliche Beurteilung bildet daher eine offenbare Gesetzwidrigkeit (SZ 39/103 uva). Eine solche kann insbesondere auch darin liegen, daß die Entscheidungsgrundlagen unzureichend sind und das Gebot der Amtswegigkeit (§ 2 Abs 2 Z 5 AußStrG) nichi beachtet wurde (RZ 1937, 378). In Pflegschaftssachen ist eine offenbare Gesetzwidrigkeit insbesondere dann anzunehmen, wenn das Wohl des Kindes ganz außer acht gelassen wird (JBl 1975, 661 uva). Gemäß § 148 Abs 1 ABGB steht dem Elternteil, in dessen Pflege und Erziehung sich das mj.Kind nicht befindet, das Recht zu, mit dem Kind persönlich zu verkehren. Das Gericht hat auf Antrag, tunlichst nach Anhörung des mindestens 10jährigen Kindes und erforderlichenfalls der Bezirksverwaltungsbehörde, die Ausübung dieses Rechtes in einer dem Wohl des Kindes gemäßen Weise zu regeln und nötigenfalls, besonders wenn die Beziehungen des Kindes zu dem Elternteil, bei dem es aufwächst, unerträglich gestört würden, ganz zu untersagen. Die Ausweitung eines Besuchsrechtes auf ein zur Erreichung des Besuchszweckes erforderliches Ausmaß kann somit nicht gegen das Gesetz verstoßen. Versagungsgründe hat das Verfahren nicht ergeben; eine Verletzung des Kindeswohles ist nach der Aktenlage nicht erkennbar. Die erstmals im Revisionsrekurs enthaltenen konkreten Ausführungen der Mutter über die von ihr dem Erstgericht mitgeteilten Äußerungen des Vaters gegenüber der mj.Sabine, die allenfalls geeignet sein könnten, die Mutter in den Augen der Minderjährigen herabzusetzen, sind als Neuerungen in einem Revisionsrekurs gemäß § 16 AußStrG unzulässig (EvBl 1955/414 uva). Da derartige Behauptungen aus dem Akt nicht hervorgegangen sind und auch im Rekurs gegen den erstrichterlichen Beschluß nicht enthalten waren, hatte das Rekursgericht auch keine Möglichkeit, dazu Stellung zu nehmen. Auch deshalb kann seine Entscheidung nicht offenbar gesetzwidrig sein.

Eine Nichtigkeit oder eine offenbare Aktenwidrigkeit lassen sich den Rechtsmittelausführungen nicht entnehmen.

Der ao Revisionsrekurs war daher zurückzuweisen.

Anmerkung

E18509

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0040OB00552.89.0711.000

Dokumentnummer

JJT_19890711_OGH0002_0040OB00552_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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