Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Gamerith, Dr.Kodek, Dr.Niederreiter und Dr.Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Gebhard G***, Kaufmann, FeldkirchTisis, Kehrstraße 19, vertreten durch Dr.Lothar Giesinger, Rechtsanwalt in Feldkirch, wider die beklagte Partei Aloisia K***, Landesangestellte, Feldkirch, Jesuitengasse 13, vertreten durch Dr.Andreas Oberbichler, Rechtsanwalt in Feldkirch, wegen Einverleibung eines Eigentumsrechtes (Streitwert S 500.000), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 16. März 1989, GZ 2 R 396/88-18, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 6. September 1988, GZ 7 Cg 363/87-12, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die Akten werden dem Oberlandesgericht Innsbruck mit dem Auftrag zurückgestellt, den Parteien die Vorlage des letzten, vor der Fällung des Berufungsurteils ergangenen Einheitswertbescheides für die Liegenschaft EZ 715 KG Tisis aufzutragen (oder diesen Bescheid von der Finanzbehörde selbst beizuschaffen) und dann gegebenenfalls den Bewertungsausspruch (§ 500 Abs. 2 ZPO) neu zu fassen und die Entscheidung durch einen Ausspruch über die Zulässigkeit der Revision (§ 500 Abs. 3 ZPO) zu ergänzen.
Text
Begründung:
Der Kläger begehrt, die Beklagte schuldig zu erkennen, in die Einverleibung seines Eigentumsrechtes ob ihrem Hälfteanteil an der EZ 715 KG Tisis, bestehend aus dem Grundstück Nr. 585, Wohnhaus Kehrstraße 19, einzuwilligen.
Der Erstrichter wies dieses Klagebegehren ab.
Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 300.000 übersteige.
Rechtliche Beurteilung
Ein Bewertungsausspruch des Berufungsgerichtes nach § 500 Abs. 2 ZPO ist zwar gemäß § 500 Abs. 4 ZPO unanfechtbar; das Revisionsgericht ist jedoch an einen solchen Ausspruch dann nicht gebunden, wenn das Berufungsgericht dabei die in § 500 Abs. 2 ZPO gezogenen Grenzen seiner Entscheidungsbefugnis überschritten hat. Das trifft dann zu, wenn eine Bewertung überhaupt nicht vorzunehmen war oder das Berufungsgericht in seinem Ausspruch vor der in § 500 Abs. 2 ZPO vorgeschriebenen sinngemäßen Anwendung der §§ 54 bis 60 JN abgewichen ist (Fasching, ErgBd 68; MietSlg. 33.672 mwN; ÖBl 1985, 166; 6 Ob 25/88 u.a.).
Da im vorliegenden Fall Gegenstand des Rechtsstreites die vom Kläger begehrte Übertragung des Eigentums an einer Liegenschaftshälfte ist, ist diese streitverfangen. Bilden aber grundsteuerpflichtige unbewegliche Sachen den Streitgegenstand, dann ist für dessen Bewertung gemäß § 60 Abs. 2 JN der Einheitswert maßgebend (vgl. SZ 55/186); dabei kommt es auf den letzten vor der Fällung der Entscheidung des Berufungsgerichtes ergangenen Einheitswertbescheid an (MietSlg. 33.672; 6 Ob 25/88 u.a.). Geht es - wie hier - um einen Liegenschaftsanteil, dann ist der aliquote Einheitswert der Liegenschaft heranzuziehen (2 Ob 673/86, 6 Ob 25/88).
Das Berufungsgericht hat nicht dargelegt, daß es seinen Bewertungsausspruch unter Bedachtnahme auf den Einheitswert getroffen hätte, es hat sich insbesondere nicht damit auseinandergesetzt, daß der halbe Einheitswert der Liegenschaft EZ 715 KG Tisis nach der Behauptung des Klägers S 149.000 betrage (S. 27). Damit kann aber noch nicht verläßlich beurteilt werden, ob das Berufungsgericht bei der Bewertung die ihm gezogenen Grenzen überschritten hat und ob und wie weit die Revision zulässig ist. Dem Berufungsgericht mußte daher aufgetragen werden, die Voraussetzungen für die Feststellung des Streitwertes durch die Ermittlung des Einheitswertes zu schaffen. Sollte sich dabei ergeben, daß der Wert des Streitgegenstandes im Bereich zwischen S 60.000 und S 300.000 liegt, dann wird das Gericht zweiter Instanz seine Entscheidung auch noch durch einen Ausspruch gemäß § 500 Abs. 3 ZPO zu ergänzen haben. Sofern das Berufungsgericht in diesem Fall aussprechen sollte, daß die Revision nicht zulässig sei, wäre dem Kläger die bereits erhobene Revision nach § 84 Abs. 3 ZPO zur Verbesserung durch gesonderte Anführung der Gründe zurückzustellen, warum er entgegen diesem Ausspruch die Revision dennoch für zulässig hält (§ 506 Abs. 1 Z 5 ZPO; EvBl. 1984/15; ÖBl. 1984, 50, 6 Ob 25/88 u.a.).
Anmerkung
E18291European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1989:0040OB00548.89.0711.000Dokumentnummer
JJT_19890711_OGH0002_0040OB00548_8900000_000