TE OGH 1989/7/12 3Ob70/89 (3Ob71/89)

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Veröffentlicht am 12.07.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hule, Dr.Klinger, Dr.Angst und Dr.Kellner als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei DIE G*** W*** - Zeitschriftengesellschaft mbH & Co KG, Wien 16, Odoakergasse 34-36, vertreten durch Dr.Michael Graff, Rechtsanwalt in Wien, wider die verpflichtete Partei R***-E*** Zeitschriftenverlagsgesellschaft mbH, Wien 5, Krongasse 6, vertreten durch Dr.Heinz Giger ua, Rechtsanwälte in Wien, wegen Erzwingung einer Unterlassung infolge Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom 25.April 1989, GZ 46 R 323/89-11, womit der Beschluß des Exekutionsgerichtes Wien vom 28.Februar 1989, GZ 11 E 2603/89-3, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der Beschluß des Gerichtes zweiter Instanz wird dahin abgeändert, daß der Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die verpflichtete Partei hat die Kosten ihres Rekurses an die zweite Instanz selbst zu tragen und ist schuldig, der betreibenden Partei die mit 18.667,80 S als weitere Exekutionskosten (darin 3.111,80 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsrekurses zu ersetzen.

Text

Begründung:

Gemäß einstweiliger Verfügung des Handelsgerichtes Wien vom 7. Februar 1989, 17 Cg 12/89-4, der verpflichteten Partei zugestellt am 14.Februar 1989, wurde dieser verboten, in der von ihr herausgegebenen Zeitschrift B*** oder auf einer dieser Zeitschrift beigegebenen Karte dem Besteller eines B***-Abonnements eine Flasche besten französischen Cognacs gratis in Aussicht zu stellen oder zu geben oder geben zu lassen oder sonst im Zusammenhang mit der Bestellung eines B***-Abonnements ein Gratisgeschenk nicht nur geringen Wertes anzubieten, anzukündigen oder zu gewähren. Der Erlassung der einstweiligen Verfügung lag zugrunde, daß dem Heft 2/1989 der Zeitschrift B*** ein sogenannter B***-Abo-Scheck eingeheftet gewesen sei, der bei Bestellung eines Jahresabonnements für die Zeitschrift B*** im Wert von 350 S die unentgeltliche Ausfolgung einer Flasche von exklusivem französischem Cocnac der Marke Courvoisier ankündigt.

In einem am 20.Februar 1989 beim Exekutionsgericht Wien eingelangten Antrag beantragte die betreibende Partei mit der Behauptung, die verpflichtete Partei lasse am 20.Februar 1989 die Zeitschrift B*** Nr 2/1989 mit dem verbotenen Zugabeangebot österreichweit verkaufen, was insbesondere in der Tabaktrafik Wien 16.,Johann Staud-Straße 24, geschehen sei, die Bewilligung der Exekution nach § 355 EO durch Verhängung einer Geldstrafe von 25.000 S. Die Exekution wurde bewilligt. Dem Rekurs der verpflichteten Partei gegen den Exekutionsbewilligungsbeschluß wurde nicht Folge gegeben.

In einem am 27.Februar 1989 eingelangten Antrag beantragte die betreibende Partei mit der Behauptung, die verpflichtete Partei lasse die Zeitschrift B*** Nr 2/1989 mit dem verbotenen Zugabeangebot neuerlich am 24.Februar 1989 österreichweit verkaufen, was insbesondere wieder in der schon im Exekutionsbewilligungsantrag angeführten Trafik geschehe, die Verhängung einer Geldstrafe von 40.000 S.

Das Erstgericht verhängte die beantragte Geldstrafe. Das Gericht zweiter Instanz änderte den Beschluß des Erstgerichtes dahin ab, daß der Vollzugsantrag der betreibenden Partei abgewiesen wurde, und sprach aus, daß der des Beschwerdegegenstandes 300.000 S übersteige.

Das Gericht zweiter Instanz vertrat die Auffassung, daß in restriktiver Auslegung des Exekutionstitels nur die Herausgabe der einzelnen Nummern, hier der Nummer 2/1989 der Zeitschrift B***, verstanden werden könne. Weil die Herausgabe dieser Nummer schon durch den Exekutionsbewilligungsbeschluß geahndet worden sei, könne wegen desselben Verstoßes nicht nochmals eine Beugestrafe verhängt werden. Das bloße Verkaufenlassen der einzelnen Exemplare der inkriminierten Nummer durch einen von der verpflichteten Partei verschiedenen Gewerbetreibenden sei von der Exekutionsbewilligung nicht umfaßt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der betreibenden Partei ist berechtigt. Voraussetzung für die Bewilligung einer Exekution nach § 355 EO ist, daß der Verpflichtete gegen das im Exekutionstitel erlassene Unterlassungsgebot nach Eintritt seiner Vollstreckbarkeit zuwidergehandelt hat. Diese bejahende Bedingung für den Eintritt der materiellen Vollstreckbarkeit des Titels im Sinne des § 7 Abs 2 Satz 2 EO muß die betreibende Partei im Bewilligungsverfahren zwar nicht nachweisen, wohl aber konkret und schlüssig behaupten (SZ 51/19, SZ 57/137). Gleiches gilt nach Bewilligung der Exekution und Verhängung der ersten Beugestrafe für den folgenden Vollzugsantrag wegen eines jeden weiteren Zuwiderhandelns. Das Verbot, in der von der verpflichteten Partei herausgegebenen Zeitschrift oder auf einer dieser Zeitschrift beigegebenen Karte für den Fall der Bestellung eines Abonnements eine Zugabe in Aussicht zu stellen oder anzubieten, verbietet nicht nur die eigentliche Herausgabe einer solchen Zeitschrift, sondern auch deren Vertrieb. Damit wird nicht ausgesprochen, daß nur unmittelbare Handlungen der verpflichteten Partei in Betracht kommen, sondern der verpflichteten Partei sind im Sinne des § 18 UWG auch alle Handlungen derjenigen Personen zuzurechnen, deren sie sich beim Vertrieb ihrer Zeitschrift bedient (dazu ausführlich ÖBl 1985, 137). Wenn daher die verpflichtete Partei nach dem Wirksamwerden des Verbotes den Vertrieb fortsetzt, liegt ein Verstoß gegen das Verbot vor. Der Verstoß liegt dabei nicht in der einzelnen Verkaufshandlung des einzelnen Trafikanten, sondern in der Unterlassung geeigneter Maßnahmen, den Vertrieb einzustellen, und damit der Ermöglichung des Verkaufes der inkriminierten Zeitschrift zB durch Trafikanten. Bei einer Zeitschrift mit etwa Millionenauflage bedeutet dies also nicht, daß theoretisch eine Million Mal eine Geldstrafe verhängt werden kann, sondern es wird etwa jeweils für jeden Tag ein einziger Verstoß darin zu suchen sein, daß auch dieser Tag wieder nicht zur Vornahme geeigneter Abstellungsmaßnahmen genutzt wurde. Dem Herausgeber einer Zeitschrift aber pro Tag eine Geldstrafe bzw bei Fruchtlosigkeit die Beugehaft zu verhängen, erscheint nicht unbillig, sondern im Gegenteil das einzige Mittel, Wettbewerbsverstöße der vorliegenden Art hintanzuhalten. Gemäß § 15 UWG umfaßt der Ausspruch auf Unterlassung auch das Recht, die Beseitigung des den Vorschriften des UWG widerstreitenden Zustandes vom Verpflichteten zu verlangen, soweit ihm die Verfügung hierüber zusteht. Ein Zuwiderhandeln gegen einen nur auf Unterlassung lautenden Exekutionstitel oder Exekutionsbewilligungsbeschluß liegt daher auch dann vor, wenn der Verpflichtete einen den Vorschriften des Gesetzes widersprechenden Zustand nicht beseitigt (ÖBl 1976, 27). Einem Unterlassungsgebot kann also in einem solchen Fall nicht nur durch ein "aktives Tun" (Rekurs der verpflichteten Partei), sondern auch durch bloße Untätigkeit zuwidergehandelt werden (dazu ausführlich Pastor, Unterlassungsvollstreckung3 179, 180; vgl auch Schönherr Entscheidungsbesprechung ÖBl 1961, 49 gegen zu enge Lehrmeinungen wie Kadecka UWG 37 oder Pollak, JBl 1928, 399). Die im Rekurs der verpflichteten Partei zitierte Entscheidung MietSlg 38.862 betrifft keinen Wettbewerbsverstoß, sodaß § 15 UWG nicht zum Tragen kommt (siehe auch dazu den Hinweis von Schönherr aaO, daß der "erweiterte" Unterlassungsschutz nur im Wettbewerbsrecht gilt).

Mit der Behauptung, die verpflichtete Partei lasse eine Nummer der von ihr herausgegebenen Zeitung österreichweit verkaufen, welche das inkriminierte Zugabenangebot enthalte, was insbesondere in einer ganz bestimmten Trafik erfolgt sei, hat die betreibende Partei ausreichend konkret und schlüssig geltend gemacht, daß die verpflichtete Partei den Vertrieb dieser Nummer fortsetze, worin der Vorwurf enthalten ist, sie habe nichts gegen die Einstellung des Vertriebs unternommen. Die Vorgänge beim Vertrieb einer Zeitschrift sind im wesentlichen offenkundig und es bedarf keiner näheren Behauptung über die Art der Untätigkeit der verpflichteten Partei. Der kürzlich entschiedene Fall 3 Ob 64/89 unterscheidet sich vom vorliegenden dadurch, daß dort die betreibende Partei nur behauptet hatte, die verpflichtete Partei setze den Vertrieb fort, ohne wenigstens an einem konkreten Beispiel (zB wie hier der Anführung einer bestimmten Trafik) darzutun, welche konkreten Anhahltspunkte für den Verstoß der verpflichteten Partei bestehen. Selbstverständlich ist die verpflichtete Partei auch nach Auslieferung der Zeitschriften an den Trafikanten in der Lage, den weiteren Verkauf abzustellen, und sei es auch durch Rückkauf der schon ausgelieferten Exemplare. Den Beweis, ergebnislos alles Zumutbare unternommen zu haben, um den Weiterverkauf der strittigen Nummer ihrer Zeitschrift zu verhindern, könnte die verpflichtete Partei nur in einem Impugnationsprozeß antreten.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 40, 41 und 50 ZPO und 74 und 78 EO.

Anmerkung

E17903

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0030OB00070.89.0712.000

Dokumentnummer

JJT_19890712_OGH0002_0030OB00070_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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