TE Vwgh Erkenntnis 2005/11/3 2004/15/0015

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Veröffentlicht am 03.11.2005
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

BAO §80 Abs1;
BAO §9 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Twardosz, LL.M., über die Beschwerde des A in H, vertreten durch Dr. Karl Haas, Dr. Georg Lugert, Mag. Andreas Friedl und Mag. Hannes Huber, Rechtsanwälte in 3100 St. Pölten, Dr. Karl-Renner-Promenade 10, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 10. Dezember 2003, GZ. RV/2849-W/02, betreffend Haftung für Abgaben, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer war Geschäftsführer der T-Autohandels-GmbH. Mit Bescheid vom 5. Dezember 2000 wurde er gemäß § 9 Abs 1 iVm § 80 BAO als Haftender für Abgabenschulden der T-GmbH (Umsatzsteuer für August und September 2000, Normverbrauchsabgabe für Juli bis Dezember 2000 und Körperschaftsteuervorauszahlung für das vierte Quartal 2000) zur Haftung herangezogen.

In der Berufung gegen diesen Bescheid brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, die haftungsgegenständlichen Umsatzsteuern seien erst im Oktober bzw November 2000 fällig geworden. Es erscheine fraglich, ob die Abgabenbehörde bereits drei Wochen nach Fälligkeit feststellen könne, dass die Abgaben bei der Primärschuldnerin nicht einbringlich seien.

In der abweisenden Berufungsvorentscheidung führt das Finanzamt aus, der Beschwerdeführer sei, wie sich das aus dem Firmenbuch ergebe, vom 1. Mai 1997 bis zum 24. Juli 2001 alleiniger Geschäftsführer der T-Autohandels-GmbH gewesen. Im Hinblick auf die haftungsgegenständlichen Abgaben sei er als Geschäftsführer der GmbH von der Finanzstrafbehörde einer Finanzordnungswidrigkeit nach § 49 Abs 1 lit a FinStrG schuldig erkannt worden. Durch Erhebungen im Außendienst sei festgestellt worden, dass die GmbH nunmehr vermögenslos sei. Die Buchhaltung für die GmbH sei von der Ehefrau des Beschwerdeführers geführt worden; diese verweigere aber die Herausgabe der Unterlagen an das Finanzamt. Mit Schreiben vom 30. Juli 2001 habe der Vertreter des Beschwerdeführers dem Finanzamt mitgeteilt, dass die Unterlagen im Zuge einer Übersiedlung "in Verstoß" geraten seien, zwischenzeitig aber die Anteile an der GmbH verkauft worden seien und ein neuer Geschäftsführer bestellt worden sei und der Beschwerdeführer diesem die Unterlagen - in Kisten verpackt - übergeben habe. Nach Ansicht des Finanzamtes habe der Beschwerdeführer in keiner Weise an der Aufklärung des Sachverhaltes mitgewirkt, weshalb angenommen werde, dass er andere Schulden als Abgabenschulden (insbesondere Kosten für Firmenbuch, Treibstoff, Steuerberater und Rechtsanwalt) abgedeckt habe.

Nachdem der Beschwerdeführer den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz gestellt hatte, brachte er ergänzend vor, seit der Fälligkeit der Normverbrauchsabgabe für Juli 2000 (am 15. September 2000) habe er keine Verbindlichkeiten gegenüber anderen Gläubigern getilgt. Es sei daher von einer Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger auszugehen.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung insoweit Folge, als sie den Haftungsbetrag auf 31.270,11 EUR reduzierte. Die Uneinbringlichkeit der Abgaben bei der T-Autohandels-GmbH stehe im Hinblick auf deren nunmehr gegebene Vermögenslosigkeit fest. In den Monaten September bis Dezember 2000 habe die GmbH aber noch Umsätze erzielt (laut den Umsatzsteuervoranmeldungen 1,505.770 S; 2,084.027 S; 594.279 S und

44.244 S). Es wäre Sache des Beschwerdeführers gewesen darzutun, weshalb er nicht dafür habe Sorge tragen können, dass die GmbH die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichte.

Dass für die Entrichtung der Abgaben keinerlei Mittel zur Verfügung gestanden seien, habe der Beschwerdeführer zwar behauptet. Mit dieser allgemeinen Behauptung habe er aber keineswegs ausreichend konkret das Fehlen von Mitteln dargetan, zumal er es unterlassen habe, die Einnahmensituation der T-Autohandels-GmbH zu erläutern. Aus der Aktenlage ergäben sich im Hinblick auf die erklärten Umsätze keine Anhaltspunkte für das Fehlen von Einnahmen. Aus der Niederschrift vom 7. März 2001 über die Vernehmung des Beschwerdeführers im Finanzstrafverfahren ergebe sich, dass mit Ende Oktober 2000 das Betriebsareal, die Markenvertretung und das Grundstück verkauft worden seien, sodass aus diesen Verkäufen Mittel zur Entrichtung der - spätestens mit 15. November 2000 fällig gewordenen - haftungsgegenständlichen Abgaben zur Verfügung gestanden wären. Dies werde bestätigt durch die Aussage des Beschwerdeführers vom 24. April 2001 vor dem Spruchsenat des Finanzamtes, wonach nicht finanzielle Probleme die Ursache für die Nichtentrichtung der Abgaben gewesen seien, sondern der Umstand, dass sich der Beschwerdeführer auf den Verkauf des Unternehmens der GmbH konzentriert habe. Die belangte Behörde verweise auch darauf, dass noch am 15. Dezember 2000 Beträge von 57.507 S und 58.700 S auf das Abgabenkonto der GmbH überwiesen worden seien.

Der Geschäftsführer habe zeitgerecht für die Möglichkeit des Nachweises seines pflichtgemäßen Verhaltens vorzusorgen, sodass der Einwand, entsprechende Unterlagen könnten aufgrund der Übersiedlung bzw wegen der Übergabe an die Erwerber der Gesellschaftsanteile nicht vorgelegt werden, ins Leere gehe.

Der Berufung sei aber deshalb teilweise Folge zu geben, weil die Normverbrauchsabgabe für Juli 2000 und der Säumniszuschlag 2000 nicht mehr aushafteten und die Normverbrauchsabgabe für August 2000 nur mehr mit dem Betrag von 4.457,97 EUR ausständig sei. Die Haftung umfasse daher Umsatzsteuer für August 2000 (20.482,91 EUR) und September 2000 (3.470,13 EUR) und Normverbrauchsabgabe für August 2000 (4.457,97 EUR) und September 2000 (2.290,43 EUR) sowie Säumniszuschläge (159,01 EUR und 409,66 EUR).

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde erwogen:

Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Steht die Uneinbringlichkeit bestimmter Abgabenbeträge bei der Primärschuldnerin fest, ist es nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Sache des Geschäftsführers darzutun, weshalb er nicht dafür Sorge tragen konnte, dass die Gesellschaft die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet hat. Es hat nicht die Abgabenbehörde das Ausreichen der Mittel zur Abgabenentrichtung nachzuweisen, sondern der zur Haftung herangezogene Geschäftsführer das Fehlen ausreichender Mittel. Reichen die liquiden Mittel zur Begleichung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft nicht aus, so hat der Vertreter nachzuweisen, dass die vorhandenen Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet wurden. Unterbleibt der Nachweis, kann die Behörde von einer schuldhaften Pflichtverletzung ausgehen und die uneinbringlichen Abgaben dem Vertreter zur Gänze vorschreiben (vgl. für viele das hg Erkenntnis vom 16. Juni 2005, 2005/13/0048).

Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid zutreffend festgestellt, dass der Beschwerdeführer ein seiner erhöhten Mitwirkungspflicht im Haftungsverfahren entsprechendes Vorbringen nicht erstattet hat. Entgegen dem Beschwerdevorbringen hat der Umstand "zweimaliger Übersiedlungen, Transport und der Übergabe der Unterlagen der Gesellschaft an den Erwerber der Gesellschaftsanteile sowie außerdem seiner Enthebung als Gesellschafter" den Beschwerdeführer nicht von der Obliegenheit entbunden, einen entsprechenden Nachweis zu führen, dass er aus konkreten Gründen nicht in der Lage gewesen sei, seinen abgabenrechtlichen Pflichten zu entsprechen.

In der Beschwerde wird weiters vorgebracht, ab Juli 2000, dem Zeitpunkt, ab dem Abgaben nicht mehr entrichtet worden seien, habe die GmbH auch Verbindlichkeiten gegenüber anderen Gläubigern nicht mehr getilgt. Es habe eine "praktische Einstellung der Geschäfte" stattgefunden. Diese Vorgangsweise und in weiterer Folge die Uneinbringlichkeit der Abgaben könnten nicht als Pflichtverletzung des Beschwerdeführers angesehen werden.

Zu den Pflichten des Vertreters einer Kapitalgesellschaft gehört es, für die Entrichtung der Abgaben Sorge zu tragen (vgl das hg Erkenntnis vom 13. April 2005, 2001/13/0190). Sollte der Beschwerdeführer trotz des Vorhandenseins finanzieller Mittel fällige Abgaben nicht entrichtet haben, ist darin eine Pflichtverletzung zu erblicken, auch wenn diese Mittel erst in einem Zeitraum der Gesellschaft entzogen worden sein sollten, in welchem der Beschwerdeführer nicht mehr ihr Geschäftsführer gewesen ist. Ein Haftender erfährt nur dann eine Einschränkung der Haftung, wenn er den Nachweis erbringt, welcher Abgabenbetrag auch bei einer gleichmäßigen Befriedigung der Gläubiger uneinbringlich geworden wäre (vgl das hg Erkenntnis vom 27. April 2005, 2004/14/0030). Mangels eines solchen Nachweises kommt es im Beschwerdefall entscheidend darauf an, ob die Gesellschaft ab Fälligkeit der Abgaben und bis zum Zeitpunkt der Abberufung des Beschwerdeführers als deren Geschäftsführer überhaupt über liquide Mittel verfügt hat.

In diesem Zusammenhang bringt die Beschwerde vor, die Gesellschaft sei im Zeitpunkt der Fälligkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben zahlungsunfähig gewesen. Durch das Auftreten von immensen Umsatzrückgängen gerade im vierten Quartal des Jahres 2000 hätten die Abgabenschulden nicht mehr regelmäßig bedient werden können. Völlig aus der Luft gegriffen sei der Vorwurf der belangten Behörde, der Umstand, dass sich der Beschwerdeführer auf den Verkauf des Unternehmens der Gesellschaft konzentriert habe, nicht aber finanzielle Probleme der Gesellschaft hätten zum Unterbleiben der Entrichtung der Abgaben geführt. Tatsächlich habe sich der Beschwerdeführer bemüht, dass das Unternehmen verkauft wird und (vom Käufer) sämtliche Verbindlichkeiten und somit auch die Abgabenschulden getilgt würden.

Auch mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht auf. Wie oben ausgeführt, ist es Sache des zur Haftung herangezogenen Vertreters der Gesellschaft, im Verwaltungsverfahren das Fehlen ausreichender Mittel der Gesellschaft nachzuweisen. Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid die Sachverhaltsfeststellung getroffen, dass der Beschwerdeführer einen solchen Nachweis nicht erbracht hat. Diese Sachverhaltsfeststellung erweist sich als das Ergebnis schlüssiger Beweiswürdigung der belangten Behörde. Sie konnte im angefochtenen Bescheid zunächst darauf verweisen, dass in den Umsatzsteuervoranmeldungen der GmbH für September bis Dezember 2000 noch Umsätze in Höhe von mehr als 2 Mio S ausgewiesen waren und die GmbH bedeutende Anlagegüter abverkauft hat. Der Beschwerdeführer führt auch in der Beschwerde nicht aus, dass diese Umstände nicht darauf hinwiesen, dass die GmbH über entsprechende Mittel habe verfügen können. Die belangte Behörde konnte weiters auf die Aussage verweisen, welche der Beschwerdeführer selbst am 24. April 2001 im Finanzstrafverfahren getätigt hat und der zu entnehmen ist, dass der Grund für das Unterbleiben der Tilgung der haftungsgegenständlichen Abgaben nicht in finanziellen Problemen der GmbH gelegen sei. Schließlich konnte sich die belangte Behörde darauf stützen, dass im Haftungsverfahren ein über die Behauptungsebene hinausgehendes konkretes Vorbringen, aus welchem sich die Mittellosigkeit der GmbH zu den Zeitpunkten der Fälligkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben ergab, nicht erstattet und schon gar nicht ein Nachweis für eine solche Mittellosigkeit erbracht worden ist.

Wie sich aus dem Vorstehenden ergibt, vermag die Beschwerde die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufzuzeigen. Sie war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte aus den Gründen des § 39 Abs 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl II 333/2003.

Wien, am 3. November 2005

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2004150015.X00

Im RIS seit

14.12.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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