Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Gamerith und Dr.Petrag sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Fellner und Dr.Dengscherz als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Dr.Ewald Norbert M***, Vertragsbediensteter, Wien 3., Weissgerberlände 26/17, vertreten durch Dr.Eduard Wegrostek, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei G*** WIEN, Wien 8., Rathaus, vertreten durch Dr.Peter Pewny, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung (Streitwert S 31.000), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 31.März 1989, GZ 34 Ra 145/88-38, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 31.Mai 1988, GZ 14 Cga 1810/87-22, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 3.087 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 514,50 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Rechtliche Beurteilung
Da die rechtliche Beurteilung des angefochtenen Urteils zutrifft, genügt es, auf ihre Richtigkeit hinzuweisen (§ 48 ASGG). Ergänzend ist den Ausführungen des Revisionswerbers folgendes zu entgegnen:
Nach den unbekämpften Feststellungen des Erstgerichtes hat der Kläger im Jahre 1986 im Rahmen seiner Tätigkeit im Kleingartenreferat seine eigentliche Aufgabe, die Tätigkeit der anderen mit dieser Materie befaßten Magistratsabteilungen zu koordinieren und auf die Einhaltung von Terminen zu dringen, nicht erfüllt, sondern sogar die für die zeitgerechte Bearbeitung durch die anderen Magistratsabteilungen erforderlichen Sitzungsprotokolle des Kleingartenbeirates nicht termingerecht fertiggestellt. Diese verspätete Versendung der Protokolle war nicht auf den Schreibdienst, sondern auf das Verhalten des Klägers zurückzuführen. Auf mehrfache Ermahnungen seines Vorgesetzten Dr.Sebastian G*** reagierte der Kläger mit der Erklärung, daß ihn die Arbeit nicht besonders freue und er eigentlich lieber seine alte Arbeit - vom bisherigen Arbeitsplatz war er auf eigenen Wunsch versetzt worden - gemacht hätte. In der Folge - im Sommer und Herbst 1986 - häuften sich die Beschwerden, es kam zu großen Aktenrückständen, worauf der Vorgesetzte des Klägers im Oktober 1986 eine negative Dienstbeschreibung abgab. Mit Schreiben vom 26. November 1986 erfolgte sodann nach Befassung der Personalvertretung die Kündigung des Klägers.
Dem Berufungsgericht ist darin beizupflichten, daß dann, wenn ein Dauerverhalten des Arbeitnehmers immer wieder eine Entlassung rechtfertigt, die Entlassungserklärung nicht an eine bestimmte Frist gebunden ist (siehe Martinek-Schwarz AngG6 588 f). Spricht bei solchen fortgesetzten Entlassungsgründen der Arbeitgeber nicht sofort nach einer Begehungshandlung die Entlassung aus, verliert er wohl hinsichtlich dieses Vorfalls das Entlassungsrecht, nicht aber auch hinsichtlich künftiger Vorfälle ähnlicher Art, auf die dann jeweils der Grundsatz der Unverzüglichkeit zur Anwendung kommt. Es kann allerdings unter Umständen dem Grundsatz von Treu und Glauben und der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers widersprechen, wenn er zunächst längere Zeit hindurch ein tatbestandsmäßiges Verhalten des Arbeitnehmers widerspruchslos hinnimmt, sodaß der Arbeitnehmer ein Einverständnis oder doch eine Gleichgültigkeit des Arbeitgebers annehmen kann, dieser aber dann dennoch eine Entlassung ausspricht. In einem solchen Fall muß er den Arbeitnehmer vorher zu einem pflichtgemäßen Verhalten auffordern (siehe Kuderna, Das Entlassungsrecht 19). Diese für die vorzeitige Auflösung des Arbeitsverhältnisses aus wichtigem Grund entwickelten Grundsätze sind wegen Rechtsähnlichkeit auch auf die Kündigung von nur aus wichtigen Gründen kündbaren Arbeitsverhältnissen anzuwenden (siehe Arb.10.140 mwH).
Wie die Vorinstanzen zutreffend erkannt haben, hat der Kläger durch beharrliche Vernachlässigung seiner Dienstpflichten die Kündigungstatbestände des § 37 Abs 2 Z 1 (gröbliche Verletzung der Dienstpflichten) und Z 6 Wiener VBO (Nichterreichen des allgemein erzielbaren Arbeitserfolges) verwirklicht. Da der Vorgesetzte des Klägers diese Pflichtverletzungen keineswegs widerspruchslos hingenommen hat, sondern den Kläger wiederholt ermahnte, konnte der Kläger entgegen der Ansicht des Revisionswerbers nicht davon ausgehen, seine äußerst nachlässige Dienstverrichtung werde vom Arbeitgeber gebilligt. Im übrigen ist darauf hinzuweisen, daß der Kläger mit seiner Reaktion auf die Ermahnungen seines Vorgesetzten mangelnden Arbeitswillen bekundete, sodaß weitere Ermahnungen nicht erforderlich waren (vgl Kuderna aaO 72 f). Angesichts der der Kündigung vorangehenden beharrlichen Pflichtverletzungen war die Kündigung jedenfalls auch dann berechtigt, wenn die Dienstbeschreibung des Klägers vom 9.Dezember 1985 nicht auf "nicht entsprechend", sondern auf "minder entsprechend" lautete. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
Anmerkung
E18341European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1989:009OBA00193.89.0830.000Dokumentnummer
JJT_19890830_OGH0002_009OBA00193_8900000_000