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32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;Norm
EStG 1988 §67 Abs8 litb;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Twardosz, LL.M., über die Beschwerde der J GmbH in W, vertreten durch Goldsteiner & Strebinger, Rechtsanwaltspartnerschaft GmbH in 2700 Wiener Neustadt, Wiener Straße 14-16, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 11. Dezember 2003, GZ RV/1886-W/03, betreffend u.a. Lohnsteuer für den Zeitraum 1. Jänner 1999 bis 31. Dezember 2001, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird, soweit er Lohnsteuer betrifft, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die beschwerdeführende GmbH hat am 1. Juni 1994 mit ihrem - am 10. Mai 1939 geborenen - Geschäftsführer JW (Dienstnehmer) eine schriftliche Pensionsvereinbarung getroffen. Auf Grund der Pensionsvereinbarung sollte JW bei Ausscheiden aus der Geschäftsführung mit Erreichen des 65. Lebensjahres eine "Firmen-Alterspension" erhalten. Er erhalte diese Pension (ab dem 65. Lebensjahr) aber auch, wenn er vor Erreichen des 65. Lebensjahres aus der Geschäftsführung ausscheide. Die Betriebspension gebühre vom Ersten des Kalendermonates an, der dem Ausscheiden aus der Geschäftsführung folge, frühestens jedoch vom Monatsersten nach Erreichen des 65. Lebensjahres an. Die Pension betrage 140.000 S; für jedes vollendete Dienstjahr ab dem 1. Juni 1995 steige der Anspruch um 4%.
JW ist im Mai 1999 mit Erreichen des 60. Lebensjahres aus dem Dienstverhältnis (und damit aus der Geschäftsführung) ausgeschieden. Im Dezember 2000 erhielt JW von der Beschwerdeführerin eine Zahlung in Höhe von 1,236.369 S unter dem Titel "Pensionsabfindung". Weitere Bezüge erhielt JW von der Beschwerdeführerin nach seinem Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis nicht.
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wird die Beschwerdeführerin zur Haftung für die auf die Pensionsabfindung entfallende Lohnsteuer herangezogen. In der Bescheidbegründung wird ausgeführt, die Beschwerdeführerin habe die Pensionsabfindung gemäß § 67 Abs 8 lit b EStG 1988 mit dem Hälftesteuersatz versteuert. Nach Ansicht der belangten Behörde könne allerdings von einer - begünstigt zu besteuernden - Pensionsabfindung nur gesprochen werden, wenn ein bereits entstandener, auf Rente lautender Anspruch abgegolten werde. Ein solcher Anspruch auf Zahlung einer monatlichen Pension hätte für JW erst vom Monatsersten ab Erreichen des 65. Lebensjahres an bestanden, also ab Juni 2004. Die strittige Zahlung sei nicht in Abgeltung eines Anspruches auf Pensionszahlung geleistet worden, da im Zeitpunkt der Zahlung ein solcher noch gar nicht bestanden habe. Somit habe die Besteuerung nicht bloß mit dem Hälftesteuersatz zu erfolgen.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Gemäß § 67 Abs 8 lit b EStG 1988 in der für das Streitjahr geltenden Fassung vor dem Budgetbegleitgesetz 2001, BGBl I 142/2000, sind zu versteuern
"mit der Hälfte des Steuersatzes, der sich bei gleichmäßiger Verteilung des Bezugs auf die Monate des Kalenderjahres als Lohnzahlungszeitraum ergibt, Zahlungen für Pensionsabfindungen, soweit sie nicht nach Abs. 6 mit dem Steuersatz des Abs. 1 zu versteuern sind."
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegen Pensionsabfindungen iSd § 67 Abs 8 lit b EStG 1988 nur dann vor, wenn die Zahlungen in Abgeltung eines - auf Renten lautenden - bereits entstandenen Anspruches geleistet werden (vgl das hg Erkenntnis vom 18. Dezember 2001, 2001/15/0190). Die Abgeltung einer bloßen Pensionsanwartschaft fällt nicht unter den in Rede stehenden Tatbestand. Der Verwaltungsgerichtshof fordert zusätzlich, dass die Pensionsabfindung nach (vgl nochmals das hg Erkenntnis 2001/15/0190) bzw in Zusammenhang mit der Beendigung des Dienstverhältnisses (vgl das hg Erkenntnis vom 23. April 2001, 98/14/0176) vereinbart wird, sodass ein "potenzieller Versorgungsfall" vorliegt.
Im gegenständlichen Fall hat die belangte Behörde die Feststellung getroffen, dass das Dienstverhältnis des JW zur Beschwerdeführerin bereits im Jahr 1999 beendet war. Somit wurde die Pensionsabfindung nach Beendigung des Dienstverhältnisses vereinbart.
Die Besteuerung nach § 67 Abs 8 lit b EStG hat allerdings weiters zur Voraussetzung, dass ein - auf Renten lautender - Betriebspensionsanspruch bereits entstanden ist und dieser abgefunden wird. Die zivilrechtliche Gültigkeit der Pensionsvereinbarung vom 1. Juni 1994 hat die belangte Behörde nicht in Streit gestellt. Dieser Vereinbarungen zufolge erhält JW die Betriebspension auch für den Fall, dass er vor Vollendung des 65. Lebensjahres ausscheidet. Nach Punkt 3 der Pensionsvereinbarungen ist allerdings die Auszahlung der Betriebspension erst für die Zeit nach Erreichen des 65. Lebensjahres vorgesehen.
Die belangte Behörde stützt den angefochtenen Bescheid darauf, dass im Zeitpunkt der Zahlung der Pensionsabfindung der Anspruch auf Pensionszahlung noch gar nicht bestanden habe, weil JW damals das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet gehabt habe. Die belangte Behörde hat die für die Besteuerung nach § 67 Abs 8 lit b EStG bestehende Voraussetzung des - auf Renten lautenden - bereits entstandenen Anspruches somit dahingehend verstanden, dass bereits die Zahlung der (ersten) Pensionsbeträge eingesetzt haben muss. Damit hat die belangte Behörde die Rechtslage verkannt. Sind sämtliche Voraussetzungen, die für den Pensionsanspruch vereinbart sind, bereits erfüllt, ist der Anspruch - in wirtschaftlicher Betrachtungsweise - entstanden, und zwar auch dann, wenn die tatsächlichen Pensionszahlungen erst ab einem bestimmten Zeitpunkt (hier 65. Lebensjahr) einsetzen (vgl das hg Erkenntnis vom 16. Dezember 2003, 2001/15/0165). Mit Beendigung des Dienstverhältnisses hat der Dienstnehmer seine Leistung für den Bezug der Betriebspension zur Gänze erbracht. Daher ist, auch wenn die Fälligkeit der laufenden monatlichen Pensionsbezüge noch nicht eingetreten ist, bereits von einem solchen Pensionsanspruch auszugehen, dessen Abfindung nach § 67 Abs 8 lit b EStG 1988 zu besteuern ist.
Wie sich aus dem Vorstehenden ergibt, ist der angefochtene Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet und war daher gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Im fortzusetzenden Verfahren wird die belangte Behörde u. a. zu prüfen haben, ob die Pensionszusage unter Beachtung der Vertretungsverhältnisse der Beschwerdeführerin zivilrechtlich gültig zustande gekommen ist und ob sie, insbesondere auch die Regelung, wonach JW eine Betriebspension auch für den Fall seines Ausscheidens (jederzeit) vor dem 65. Lebensjahr gebührt, einem Fremdvergleich standhält (vgl nochmals das hg Erkenntnis 2001/15/0165).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl II 333/2003.
Wien, am 3. November 2005
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2004150014.X00Im RIS seit
13.12.2005