Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik, Dr. Zehetner, Dr. Klinger und Dr. Schwarz als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei V*** AG, Linz, Rudigierstraße 5-7, vertreten durch Dr. Hermann Fromherz und Dr. Friedrich Fromherz, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagte Partei Aloisia P***, Geschäftsfrau, Linz, Nöbauerstraße 36, vertreten durch Dr. Peter Riedelsberger, Rechtsanwalt in Linz, wegen 1,000.000 S samt Anhang, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 9. Mai 1989, GZ 4 R 326/88-32, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 26.September 1988, GZ 10 Cg 295/87-25, teils bestätigt und teils abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:
Spruch
Die Revision wird, soweit sie Nichtigkeit geltend macht, verworfen. Im übrigen wird ihr nicht Folge gegeben. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 18.667,80 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 3.111,30 S an Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die klagende Partei hat Rudolf P*** und der Beklagten mit Kredit- und Sicherungsvertrag vom 5.November 1984 einen Abstattungskredit in laufender Rechnung bis zum Betraq von 2 Millionen S eingeräumt. Die Kreditnehmer haften für diesen Kredit zur ungeteilten Hand. Zur Sicherstellung der Kreditsumme haben Rudolf P*** und die Beklagte die ihnen je zur Hälfte gehörende Liegenschaft EZ 553 KG Puchenau zum Pfand bestellt. Auf Grund der Pfandbestellungsurkunde vom 5./6.November 1984 wurde im Lastenblatt dieser Liegenschaft das Pfandrecht für alle aus gewährten und künftig zu gewährenden Krediten entstehenden Forderungen bis zum Höchstbetrag von 1,650.000 S zu Gunsten der klagenden Partei einverleibt.
Am 25.Mai 1987 wurde über das Vermögen des Rudolf P***, des Gatten der Beklagten, das Konkursverfahren eröffnet und Dr. Werner L***, Rechtsanwalt in Linz, zum Masseverwalter bestellt. Gemäß Punkt 3.6. lit c der zwischen den Streitteilen vereinbarten "Allgemeinen Kreditbedingungen" kann die klagende Partei ungeachtet der vereinbarten Laufzeit aus wichtigen Gründen das Kreditverhältnis mit sofortiger Wirkung auflösen und die gesamte aushaftende Kreditforderung an Haupt- und Nebensachen fälligstellen sowie allenfalls gerichtlich geltend machen, dies vor allem dann, wenn in den persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnissen der Kreditnehmer oder eines etwaigen Mitverpflichteten Umstände eintreten oder bekannt werden, die nach dem Ermessen der klagenden Partei den Voraussetzungen für die Kreditzusage entgegenstehen bzw. die Sicherheiten oder die Einbringlichmachung der Kreditforderung vermindert oder gefährdet erscheinen lassen, so zB wenn über das Vermögen eines der Genannten das Konkursverfahren eröffnet wird. Am 27.Juli 1987 forderte die klagende Partei die Beklagte auf, den auf dem Kreditkonto Nr.19,040.203 ausstehenden Saldo in der Höhe von 2,030.600 S bis spätestens 31.August 1987 zur Einzahlung zu bringen.
Mit der am 4.November 1987 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte die klagende Partei die Verurteilung des Dr. Werner L*** als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des Rudolf P*** und der Beklagten zur ungeteilten Hand zur Zahlung eines Betrages von 500.000 S samt Anhang bei Exekution in die den Ehegatten P*** je zur Hälfte gehörige Liegenschaft EZ 553 KG Puchenau, hinsichtlich der Beklagten auch in ihr sonstiges Vermögen. Hinsichtlich des Dr. Werner L*** als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des Rudolf P*** wurde am 15.Juli 1988 ein Versäumungsurteil erlassen, das in Rechtskraft erwachen ist. Die Beklagte beantragte die Klageabweisung und wendete im wesentlichen ein, daß sie mit der klagenden Partei eine Stundungsvereinbarung bezüglich der nunmehr eingeklagten Forderung bis zum 31.Dezember 1988 geschlossen habe, sodaß der Klagebetrag nicht fällig sei.
In der Tagsatzung vom 23.September 1988 dehnte die klagende Partei das Klagebegehren um den Betrag von 500.000 S auf insgesamt 1,000.000 S sA aus. Die Beklagte brachte vor, daß auch hinsichtlich dieses Betrages die Fälligkeit auf Grund der Stundungsvereinbarung erst mit dem 31.Dezember 1988 eintrete.
Das Erstgericht erkannte im Sinne des Klagebegehrens. Es stellte im wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:
Die Beklagte setzte sich kurz nach der Konkurseröffnung über das Vermögen ihres Gatten Rudolf P*** mit Direktor R*** von der klagenden Partei in Verbindung, um zu klären, ob sie aus dem Haus in Puchenau ausziehen müsse. Direktor R*** erklärte ihr daraufhin, daß "so schnell nicht geschossen werde". Damit brachte Direktor R*** zum Ausdruck, daß eine Verwertung der verpfändeten Liegenschaft erst nach einem Zivilprozeß und einem sich daran anschließenden Zwangsversteigerungsverfahren möglich ist, welches längere Zeit in Anspruch nehmen wird. Im Anschluß an dieses Gespräch suchte die Beklagte ihren Steuerberater Erich F*** auf, der sich über ihr Ersuchen telefonisch bei der klagenden Partei danach erkundigte, wann die Beklagte die Liegenschaft räumen müsse. Auch bei diesem Gespräch bestätigte Direktor R***, daß eine Räumung der Liegenschaft im Hinblick auf das doch mehrere Monate in Anspruch nehmende Zivil- und Zwangsversteigerungsverfahren nicht vor Ende 1988 stattfinden könne. Daß Direktor R*** mit der Beklagten eine Stundung der klagegegenständlichen Forderung bis 31. Dezember 1988 vereinbart hätte, kann nicht festgestellt werden. Die klagende Partei stellte der Beklagten gegenüber den offenen Saldo aus dem Kreditvertrag per 31.August 1987 fällig. Mit 1. Juli 1988 haftet die Forderung der klagenden Partei mit 2,007.403,55 S aus.
In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus:
Da feststeht, daß die Beklagte ihrer Rückzahlungsverpflichtung aus dem Kreditvertrag per 31.August 1987 nicht nachgekommen ist und die von ihr behauptete Stundungsvereinbarung bis 31.Dezember 1988 nicht erweislich war, sei von der Fälligkeit des Klagebegehrens auszugehen gewesen.
Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil - abgesehen von der Abweisung eines Teiles des Zinsenbegehrens, die in Rechtskraft erwachsen ist - in der Hauptsache. Es gelangte in Erledigung der Beweisrüge der Beklagten zu dem Ergebnis, daß das Erstgericht zu Recht vom mangelnden Nachweis der behaupteten Stundungsvereinbarung ausgegangen ist.
Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die auf die Revisionsgründe des § 503 Z 1 und 4 ZPO gestützte Revision der Beklagten mit dem Antrag, das angefochtene Urteil sowie (das Ersturteil und) das vorangegangene Verfahren aufzuheben und die Rechtssache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen. Hilfsweise wird beantragt, das angefochtene Urteil im Sinne der Klageabweisung abzuändern. Die klagende Partei beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen und der Beklagten eine angemessene Mutwillensstrafe aufzuerlegen.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Den Revisionsgrund des § 503 Z 1 ZPO (in Verbindung mit § 477 Abs 1 Z 2 ZPO) erblickt die Beklagte darin, daß das Erstgericht ungeachtet eines den Betrag von 500.000 S übersteigenden Wertes des Streitgegenstandes an Geld nicht in Senatsbesetzung entschieden hat. Der behauptete Nichtigkeitsgrund liegt nicht vor. Wie die klagende Partei zutreffend ausführt, hat der Senat gemäß § 7 a Abs 2 JN nur dann zu entscheiden, wenn eine Partei dies rechtzeitig beantragt, und kann ein solcher Antrag nicht mehr gestellt werden, wenn der Streitwert - wie hier - erst nachträglich über den Betrag von 500.000 S hinaus erweitert wird (vgl. Fasching, Lehrbuch Rz 169). Die Revision war daher, soweit sie Nichtigkeit geltend macht, zu verwerfen.
Der Revisionsgrund des § 503 Z 4 ZPO soll nach Ansicht der Beklagten deshalb gegeben sein, weil die klagende Partei, welche die Rückzahlung eines der Beklagten gewährten Kredits begehre, den Nachweis erbringen hätte müssen, daß die eingeklagte Kreditforderung fällig ist und keine Stundungsvereinbarung getroffen wurde. Dieser Nachweis sei der klagenden Partei nach den Feststellungen der Vorinstanzen nicht gelungen.
Mit diesen Ausführungen wird eine an sich dem genannten Revisionsgrund zu unterstellende Verkennung der beweislastverteilung behauptet. Da die Beklagte aber den Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung nicht geltend gemacht hat, kann sie die rechtliche Beurteilung auch im Revisionsverfahren nicht mehr bekämpfen (MG ZPO13 E 11 zu § 503 Z 4 ZPO u.v.a.). Im übrigen ist hinsichtlich einer Stundungsvereinbarung, worauf die klagende Partei gleichfalls zutreffend hinweist, der Schuldner beweispflichtig (vgl. Fasching, Lehrbuch Rz 882; Keller im Münchner Kommentar zum BGB2 Rz 25 zu § 271; Rosenberg, Die Beweislast5 301).
Der Revision war demnach im übrigen nicht Folge zu geben. Zur Verhängung einer Mutwillensstrafe über die Beklagte nach § 512 ZPO findet sich der Oberste Gerichtshof nicht bestimmt. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
Anmerkung
E18542European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1989:0050OB00594.89.0905.000Dokumentnummer
JJT_19890905_OGH0002_0050OB00594_8900000_000