TE OGH 1989/9/6 1Ob644/89

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Veröffentlicht am 06.09.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Hofmann, Dr. Schlosser und Dr. Graf als weitere Richter in der Pflegschaftssache betreffend den mj. Christian P***, geboren am 27. Dezember 1975, vertreten durch das Bezirksjugendamt für den

22. Bezirk, Wien 22, Schrödingerplatz 1, infolge Revisionsrekurses des Vaters Peter P***, Angestellter, Wien 3.,

Weißgerberstraße 63/7, vertreten durch Dr. Christa A. Heller, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom 26. April 1989, GZ. 43 R 182/89-115, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Donaustadt vom 11. Jänner 1989, GZ. 4 P 89/87-106, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Das Erstgericht verpflichtete mit Beschluß vom 11. Jänner 1989 (ON 106) den Vater des am 27. Dezember 1975 geborenen Christian P*** zusätzlich zu dem ihm mit Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 12. März 1985, 7 P 184/84-33, auferlegten Unterhaltsbetrages von S 2.500,-- monatlich ab 6. März 1987 bis auf weiteres, längstens bis zur Selbsterhaltungsfähigkeit, einen weiteren Betrag von S 1.200,--, insgesamt sohin S 3.700,-- monatlich zu bezahlen. Das Begehren des gesetzlichen Vertreters auf Zuspruch eines weiteren Betrages von S 800,-- pro Monat wies es ab. Das Erstgericht ging davon aus, daß der Vater noch für seine geschiedene Gattin Franziska P*** sorgepflichtig sei. Seit 1. Oktober 1985 sei er bei der B*** C*** Handelsgesellschaft mbH, Wien 15, beschäftigt und beziehe das kollektivvertragliche Mindestentgelt von monatlich S 16.525,--. Auf Grund des Gutachtens des berufskundlichen Sachverständigen Ing. Johann Robert P*** stellte das Erstgericht fest, daß im Handel mit Computern durchwegs bis zu 90 % höhere als die kollektivvertraglichen Entgelte bezahlt werden. Da der Vater bisher als Projektleiter, Systemanalytiker und Organisator tätig gewesen sei, sei er als hochwertige Arbeitskraft einzustufen; es könne ihm demnach auch die Ausübung einer solchen Tätigkeit zugemutet werden. Er wäre demnach in der Lage, monatlich ein durchschnittliches Einkommen von S 26.000,-- bis S 30.000,-- brutto zu erzielen. In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, der Unterhaltsbemessung sei ein erzielbares monatliches Nettoeinkommen in Höhe von S 21.886,-- (incl. Sonderzahlungen) zugrundezulegen. Auf der Basis dieses Einkommens sei dem Vater die Leistung des Unterhaltsbetrages von S 3.700,-- monatlich zumutbar. Das Rekursgericht gab dem gegen diesen Beschluß erhobenen Rekurs des Vaters nicht Folge.

Der Sachverständige habe bei seinem Gutachten auf die Aussage des Zeugen Herbert D*** im Verfahren 4 C 52/86 des Erstgerichtes (ON 84 d.A.) Bedacht genommen, wonach der Vater deshalb nur den kollektivvertraglichen Lohn erhalten soll, weil er der älteste Mitarbeiter sei und öfters zum Arzt gehe. Die Aussage dieses Zeugen sei aber nicht geeignet, die Darlegungen des Sachverständigen zu erschüttern. Ein allfälliger Nachteil, der dem Dienstgeber aus öfteren Arztbesuchen des Mitarbeiters erwachse, könne leicht durch andere Kriterien wie Arbeitsfreude und gute Kenntnisse ausgeglichen werden. Es falle auf, daß der Vater nach den Bekundungen des erwähnten Zeugen über ein Dienstauto verfüge, das er auch privat benützen dürfe und daß ihm vom Arbeitgeber ein Darlehen von S 80.000,-- gewährt und die Rückzahlung zunächst für zwei Jahre gestundet worden sei. Die Ergebnisse des Gutachtens seien demnach der rechtlichen Beurteilung zugrundezulegen. Die Anspannungstheorie könne immer dann angewendet werden, wenn der Unterhaltspflichtige sich mit einem geringeren als dem möglichen Einkommen begnüge; auch eine Anspannung über den Durchschnittsbedarf hinaus könne erfolgen. Im Rahmen der Anspannungstheorie könne der Vater auch verhalten werden, sich einer Nachschulung zu unterziehen, um ein entsprechendes Einkommen zu erzielen. Ausgehend von den vom Rekursgericht gebilligten Ergebnissen des Gutachtens sei dem Vater die Leistung des Unterhaltsbetrages von S 3.700,-- monatlich zumutbar.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen den Beschluß des Rekursgerichtes erhobene Revisionsrekurs des Vaters ist unzulässig.

Der Rechtsmittelwerber macht geltend, es sei unbeachtet geblieben, daß er seit Jahren nur über ein Einkommen von S 14.200,-- verfüge, von dem er S 8.725,-- an seine geschiedene Gattin zu leisten habe. Eine Verpflichtung zu einer weiteren Unterhaltszahlung von S 3.700,-- für das Kind hätte zur Folge, daß ihm für seinen eigenen Lebensunterhalt monatlich nur S 2.000,-- verblieben. Dadurch wäre die Befriedigung seiner menschlichen Existenzbedürfnisse gefährdet. Das Gutachten des berufskundlichen Sachverständigen, auf dem die Erwägungen des Rekursgerichtes aufbauten, sei unzutreffend. Gemäß § 14 Abs. 2 AußStrG ist die Anfechtung der Entscheidung zweiter Instanz ausgeschlossen, soweit Verfahren und Entscheidung die Bemessung gesetzlicher Unterhaltsansprüche betrifft. Bemessungsfrage ist u.a. die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen (JB 60 neu = SZ 27/177 u.a.). Beide Vorinstanzen stellten auf Grund des Gutachtens des berufskundlichen Sachverständigen fest, daß es dem Vater möglich wäre, bei Anspannung seiner Kräfte ein höheres Einkommen zu erzielen. Dem Vater wurde durch Zustellung des Gutachtens an seinen ausgewiesenen Vertreter auch rechtliches Gehör gewährt und die Möglichkeit eingeräumt, hiezu Stellung zu nehmen. Konkrete Einwendungen gegen das Gutachten wurden nicht erhoben. Da der Oberste Gerichtshof nicht Tatsachen-, sondern Rechtsinstanz ist, ist er an die von den Vorinstanzen geschaffene Tatsachengrundlage gebunden. In welcher Höhe der Unterhalt bei Bedachtnahme auf ein bei Anspannung der Kräfte erzielbares Einkommen auszumessen ist, gehört aber ebenso zum Bemessungskomplex (vgl. EFSlg. 55.560, 49.872, 44.580) wie die Bedachtnahme auf sonstige Sorgepflichten.

Demzufolge ist der Revisionsrekurs zurückzuweisen.

Anmerkung

E18476

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0010OB00644.89.0906.000

Dokumentnummer

JJT_19890906_OGH0002_0010OB00644_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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