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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AVG §66 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler, Dr. Bayjones und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, in der Beschwerdesache 1. der B GmbH und 2. des E, beide in G, beide vertreten durch Eisenberger & Herzog, Rechtsanwaltssozietät in 8010 Graz, Hilmgasse 10, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 10. August 2005, GZ: UVS 43.14-2/2005-4, betreffend Zurückweisung einer Berufung in Angelegenheit Betriebsanlagengenehmigung, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Auf Grund der Beschwerde und der dieser angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:
Die Bezirkshauptmannschaft Leibnitz (BH) erteilte mit Bescheid vom 21. Dezember 2004 der Erstbeschwerdeführerin über deren Antrag die gewerberechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Biogasanlage zur Erzeugung elektrischer und thermischer Energie auf einem näher bezeichneten Standort nach Maßgabe der vidierten Projektunterlagen und unter Zugrundelegung der Betriebsbeschreibung.
Gegen diesen Bescheid erhoben die Gemeinde O., die S. Kommunalgebäude Leasing GmbH, die W. Motoren GmbH und zahlreiche Nachbarn Berufung.
Diese Berufungen wurden mit dem angefochtenen Bescheid vom 10. August 2005 als unzulässig zurückgewiesen. Die belangte Behörde begründete ihre Entscheidung im Wesentlichen damit, dass die erstinstanzliche Erledigung kein Bescheid im Sinne des § 56 AVG und daher auch keiner Berufung im Sinne des § 63 Abs. 3 AVG zugänglich sei. Die BH habe nämlich mit ihrer Erledigung vom 21. Dezember 2004 einer nicht existenten juristischen Person - Bescheidadressat sei die Erstbeschwerdeführerin gewesen - eine gewerbebehördliche Bewilligung erteilt. Diesen Bescheidadressaten habe es zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung gar nicht gegeben, weil es weder zum Zeitpunkt der Antragstellung (4. November 2004) noch im Zeitpunkt der Erledigung des Antrages (21. Dezember 2004) eine "Vorgesellschaft" - eine sich in Gründung befindende GmbH im Zeitraum zwischen Abschluss des Gesellschaftsvertrages und der Eintragung in das Firmenbuch - gegeben habe. Dass zum Zeitpunkt der Erhebung der Berufungen die Erstbeschwerdeführerin bereits im Firmenbuch eingetragen gewesen sei, vermöge an ihrer fehlenden Partei- und Prozessfähigkeit im Verfahren zur Erlangung einer gewerbebehördlichen Betriebsanlagengenehmigung nichts zu ändern. Die belangte Behörde könne als Berufungsbehörde eine Berufung gegen einen "Bescheid", der einer nicht existenten juristischen Person eine Bewilligung erteile, nicht zum Anlass nehmen, in der Sache selbst den Bescheidadressaten auszuwechseln. Berufungen gegen eine Erledigung, der der Bescheidcharakter fehle, seien als unzulässig zurückzuweisen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde der B GmbH und ihres Geschäftsführers. Die Beschwerdeführer machen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und bringen im Wesentlichen vor, sämtliche Berufungen seien unzulässig gewesen, weil die Berufungswerber im erstinstanzlichen Verfahren keine rechtzeitigen Einwendungen erhoben hätten. Eine unzulässige Berufung hindere nicht den Eintritt der Rechtskraft. Der zur Entscheidung über die Zulässigkeit einer Berufung berufenen Behörde sei es daher verwehrt, im Rahmen eines dahingehenden Abspruches gemäß § 66 Abs. 4 AVG die Rechtmäßigkeit des erstbehördlichen Bescheides zu überprüfen. Die Rechtsansicht der belangten Behörde, dass im Zeitpunkt der erstinstanzlichen Erledigung ein parteifähiger Bescheidadressat gar nicht vorgelegen sei, sei im Übrigen unzutreffend.
Die Beschwerde ist unzulässig.
Gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde nach Erschöpfung des Instanzenzuges wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine auf diese Vorschrift gestützte Beschwerde nur dann zulässig, wenn nach Lage des Falles zumindest die Möglichkeit besteht, dass der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in einem subjektiven Recht verletzt wurde. Die Beschwerdelegitimation setzt somit voraus, dass die Beschwerde (nach Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG) unter Berufung auf eine eigene, gegenüber dem Staat - als Träger der Hoheitsgewalt - bestehende Interessenssphäre des Beschwerdeführers erhoben wird (vgl. den hg. Beschluss vom 27. Jänner 2003, Zl. 2002/10/0233).
Mit dem angefochtenen Bescheid wurden Berufungen gegen einen Bescheid zurückgewiesen, mit dem dem Antrag der Erstbeschwerdeführerin, vertreten durch den Zweitbeschwerdeführer, stattgegeben wurde. Die Beschwerdeführer wenden sich im Ergebnis nicht gegen die Zurückweisung der Berufungen, allerdings gegen die hiefür von der belangten Behörde herangezogene Begründung. Eine Rechtsverletzung der Beschwerdeführer durch einen Bescheid, der eine von anderen Personen erhobene Berufung zurückweist, ist allerdings ausgeschlossen (vgl. den hg. Beschluss vom 21. Juli 2005, Zl. 2005/05/0184).
Die Beschwerde erweist sich daher schon aus diesem Grund als unzulässig. Sie war gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat zurückzuweisen.
Wien, am 7. November 2005
Schlagworte
Inhalt der Berufungsentscheidung Voraussetzungen der meritorischen Erledigung Zurückweisung (siehe auch §63 Abs1, 3 und 5 AVG) Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Mangelnde Rechtsverletzung Beschwerdelegitimation verneint keineBESCHWERDELEGITIMATIONEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2005040218.X00Im RIS seit
08.02.2006