TE OGH 1989/9/7 8Ob661/88

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Veröffentlicht am 07.09.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes HonProf. Dr. Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch, Dr. Huber, Dr. Schwarz und Dr. Graf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G*** E***-G*** mbH, 9500 Villach, Tirolerstraße 2,

vertreten durch Dr. Wilfried Piesch, Dr. Albert Ritzberger und Dr. Georg Willenig, Rechtsanwälte in Villach, wider die beklagte Partei Peter S***, Zimmermann, 9500 Villach, Millesistraße 50, vertreten durch Dr. Dieter Poßnig, Rechtsanwalt in Villach, wegen Aufkündigung infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Berufungsgerichtes vom 1. Juni 1988, GZ 2 R 202/88-31, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Villach vom 22.Februar 1988, GZ 6 C 147/86-24, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Beklagte ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 2.414,72 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (einschließlich S 219,52 Umsatzsteuer) binnen vierzehn Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Beklagte ist seit dem Jahre 1984 Mieter der im damals neu errichteten Haus der klagenden Partei in Villach, Millesistraße 50 im Erdgeschoß gelegenen Wohnung Nr.1. Nach mehrfachen Abmahnungen kündigte die klagende Partei das Bestandverhältnis aus dem Grunde des § 30 Abs.2 Z 3 zweiter Fall MRG zum 1.Oktober 1986 auf, weil der Beklagte und dessen Ehefrau durch das im einzelnen näher angeführte lautstarke Verhalten den Mitbewohnern des Hauses das Zusammenleben verleideten.

Gegen die Aufkündigung erhob der Beklagte Einwendungen, stellte ein unleidliches Verhalten in Abrede und beantragte die Aufhebung der Kündigung und die Abweisung des Räumungsbegehrens. Nachdem ein die Aufkündigung aufhebendes und das Klagebegehren abweisendes erstgerichtliches Urteil vom Berufungsgericht aufgehoben worden war, erklärte das Erstgericht im zweiten Rechtsgang die Aufkündigung für rechtswirksam und verurteilte den Beklagten zur Räumung des Bestandgegenstandes. Seinem Urteil liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Beklagte war bis zum Jahre 1987 als Staplerfahrer tätig, seither ist er arbeitslos. Seine Frau arbeitet als Zeitungsausträgerin. Die beiden ehelichen Kinder sind 5 und 6 Jahre alt. Oberhalb der Wohnung des Beklagten befindet sich die Wohnung der Gertrude N***. Deren Sohn übernachtet gelegentlich bei ihr. Auf Grund der Betonbauweise besteht im ganzen Haus eine starke Schalldurchlässigkeit. Anläßlich des Mietvertragabschlusses wurde jeder der 18 Mietparteien des Hauses eine Ausfertigung der Hausordnung übergeben, in welcher ua gefordert wird, lautes und störendes Musizieren in der Zeit von 18 Uhr bis 8 Uhr zu unterlassen. Der Beklagte ging bald nach Bezug seiner Wohnung daran, die Räume mit Holzdecken auszustatten und Türverkleidungen aus Holz anzubringen. Das dabei verursachte Bohren bewirkte in der Wohnung der Gertrude N*** störenden Lärm. Aber auch durch Streiten und Schreien des Beklagten mit seiner Gattin, und zwar selbst während der Nacht, kam es zu einer in der Wohnung der Gertrude N*** als störend empfundenen Lärmentwicklung. Diese beschwerte sich bei der Hausverwaltung, worauf die Gattin des Beklagten die zwischen ihm und ihr bestehenden Streitigkeiten und auch, daß es dabei manchmal laut zugehe und geschrien werde, und zwar auch in der Nacht, mehr oder weniger zugab. Obschon sie Besserung versprach, stellte der Beklagte sein störendes Verhalten nicht ein, worauf sich Gertrude N*** neuerlich bei der Hausverwaltung beschwerte. Zwei von deren Angestellten begaben sich hierauf in die Wohnung des Beklagten und dessen Gattin erklärte, daß der Lärm beim Anbringen der Holzverkleidungen entstehe und diese Arbeiten bereits größtenteils fertiggestellt seien. Sie wurde darauf verwiesen, daß die Arbeiten nur zu Zeiten, zu denen die Mitbewohner hiedurch nicht gestört würden, durchgeführt werden dürften. Den Vorwurf, daß der Beklagte in der Nacht in der Wohnung schreie, stellte dessen Gattin nicht in Abrede; sie meinte aber, daß sich sein Verhalten schon bessern werde. In der Folge ließ der Beklagte von den noch nicht vollendeten Arbeiten an den Türstöcken ab, setzte aber sein übriges störendes Verhalten fort. Nach weiteren Beschwerden der Gertrude N*** bei der Hausverwaltung riet ihr diese, Aufzeichnungen über die Störungen des Beklagten bzw. die Lärmentwicklungen aus dessen Wohnung zu machen, welchen Rat Gertrude N*** befolgte. Sie verständigte aber auch wiederholt die Polizei, doch hatte der Beklagte bei deren Einschreiten sein lärmendes Verhalten jeweils bereits eingestellt. Gertrude N*** hat vom Jahre 1951 bis zum Bezug der gegenständlichen Wohnung in einem Hause gewohnt, in dem mehrere Wohnungen vermietet waren. Während dieser Zeit hat sie sich von ihren Nachbarn nicht gestört gefühlt und kam mit diesen gut aus. Schon als sie in die gegenständliche Wohnung einzog, hatte sie ein Herzleiden, das sich im Jahre 1986 deutlich verschlechterte. Im Jahre 1985 handelte es sich noch um reine Durchblutungsstörungen, im Lauf der Zeit kam es jedoch zu einer vegetativen Labilität und zu leichten Depressionen. Gertrude N*** führt diesen Gesundheitszustand auf das störende Verhalten des Beklagten zurück. Andere mögliche Ursachen für die Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes hat sie auch ihrem Hausarzt nicht mitgeteilt. Zu den von der Hausverwaltung empfohlenen Aufzeichnungen sah sich Gertrude N*** beispielsweise am 16.April 1985 veranlaßt, als der Beklagte von ca. 20,15 Uhr bis 20,45 Uhr bohrte. Sie ging zu ihm und ersuchte, mit dem Lärm aufzuhören; er erwiderte, daß es noch nicht 22 Uhr sei. Am 17.April 1985 lärmte er wiederum den Nachmittag über und um 17 Uhr gab es lauten Streit in seiner Wohnung. Auch am 19. April 1985 gab es solchen Streit und der Beklagte randalierte. Am 20. April 1985 um 20,10 Uhr begann er mit Bohrarbeiten, worauf Gertrude N*** um 20,45 Uhr die Funkstreife rief, welche erklärte, daß es Sache der Hausverwaltung sei, für Ruhe im Haus zu sorgen. Am Sonntag den 21.April 1985 begann der Beklagte um 10,30 Uhr mit Bohrarbeiten und setzte diese bis 11,30 Uhr fort. Am Samstag den 27.April 1985 verursachte er ebenfalls Bohrlärm, und zwar von 11,30 Uhr bis 14,30 Uhr, sodann wiederum von 16,45 Uhr bis 17,30 Uhr. Am Sonntag den 28.April 1985 begann er um etwa 14,45 Uhr zu arbeiten, wodurch störender Lärm in die Wohnung der Gertrude N*** drang. Am Mittwoch dem 1.Mai 1985 um ca. 19,50 Uhr schrie er vor dem Hause in betrunkendem Zustand, er würde es der Gertrude N*** schon zeigen, er könne von 6,00 Uhr bis 22,00 Uhr machen was er wolle. Ein vergleichbares störendes Verhalten, nämlich Bohren und Hämmern, setzte er am 3.Mai 1985 um 17,30 Uhr und dann wieder um 23,30 Uhr, am Sonntag dem 14.Mai 1985 ab 9,30 Uhr bis 10,00 Uhr und von 11,15 Uhr bis 12,00 Uhr und dann wiederum ab 5,45 Uhr bis 14,30 Uhr. Ebenso an einem Sonntag im Mai 1985 von 11,30 Uhr bis 12,00 Uhr und von 13,10 Uhr bis 13,40 Uhr und weiters ab 17,00 Uhr. Auch in den folgenden Jahren lärmte der Beklagte in einer Weise weiter, die den geschilderten Fällen vergleichbar war. Gertrude N*** beschwerte sich erneut bei der klagenden Partei und teilte dieser unter anderem mit, daß der Beklagte am 29.April 1986 von 1,00 Uhr bis 2,00 Uhr früh, am 1.Mai 1986 von 23,00 Uhr bis 24,00 Uhr und am 2.Mai 1986 um 1 Uhr in seiner Wohnung laut gestritten und gelärmt habe. Ein ähnliches Verhalten setzte er am 8. Juli 1986 um 19,30 Uhr, am 12.Juli 1986 um 6 Uhr früh, am 27.Juli 1986 um 23,00 Uhr, am 5.August 1986 um 21,30 Uhr, am 15.August 1986 um 23,30 Uhr, am 19.August 1986 um 23,45 Uhr, am 20.August 1986 um 23,30 Uhr, am 31.August 1986 um 21,45 Uhr, am 8.November 1986 von 22,00 Uhr bis 22,30 Uhr und dann wiederum von 24,00 Uhr bis 0,30 Uhr, am 4.Dezember 1985 um 8 Uhr, um 17,30 Uhr und um 22,30 Uhr, am 22.Dezember 1985 um 9 Uhr und um 15 Uhr, dann wiederum um 21,15 Uhr sowie am 23.Dezember 1985 um 15,00 Uhr, als es zu einer besonders lautstarken Auseinandersetzung zwischen ihm und seiner Gattin kam; weiters am 18.Jänner 1986 um 20,30 Uhr, am 19.Jänner 1986 um 19,30 Uhr, am 25.Jänner 1986 um 1,00 Uhr früh, in der Nacht zum 31.Jänner auf den 1.Februar 1986 bis 2 Uhr in der Früh, am 6. Februar 1986 um 23,45 Uhr. Aber auch in weiterer Folge lärmte der Beklagte, indem er mit seiner Frau schrie, Türen schlug, laut Radio spielte, dies auch in den Abend- und Nachtstunden durch einen Zeitraum von jeweils einer Stunde und länger. So am 12.Dezember 1986, am 14.Dezember 1986, am 6.Jänner 1987, am 9.Jänner 1987, am 18. Jänner 1987, am 19.Jänner 1987, am 20.Jänner 1987, am 21.Jänner 1987, am 22.Jänner 1987, am 23.Jänner 1987, am 24.Jänner 1987, 11. Juli 1987, 12.Juli 1987, 20.Juli 1987, 23.August 1987, 29.August 1987 und 9.September 1987. Die klagende Partei ließ den Beklagten am 23. Mai 1987 durch den Klagevertreter auffordern, sein Verhalten so einzurichten, daß den Nachbarn ein weiteres Zusammenleben zumutbar sei. Er setzte aber sein lautes und störendes Verhalten fort. Am 22. September 1987 ließ er das Radio in der Zeit von 21,00 Uhr bis 23,30 Uhr auf voller Lautstärke eingeschaltet, am 27.September 1987 tat er dies ab 13 Uhr. Am 10.Oktober 1987 um 15 Uhr schrie und brüllte er in der Wohnung mit seiner Frau, spielte dann wieder ab 19 Uhr in voller Lautstärke Radio, am Sonntag dem 11.Oktober 1987 schrie er zu Mittag laut mit seiner Frau und spielte dann ab 13 Uhr wiederum Radio in voller Lautstärke. Am 18. und 19.Oktober 1987 stritt er mit seiner Frau, zu den Weihnachtsfeiertagen 1987 kam es zu einer sehr großen Lärmentwicklung, als er mit seiner Frau stritt, wobei Gertrude N*** in ihrer Wohnung Beschimpfungen wie "Drecksau, Teufel, Lügner" etc. mitanhören mußte. Zu diesen Streitereien und Schreiereien kam es unter anderem auch am 26. Dezember 1987 in der Zeit von 2 Uhr 30 bis 4 Uhr früh. Alle diese Streitereien des Beklagten mit seiner Gattin waren in der Wohnung der Gertrude N*** so laut zu vernehmen, daß sie in ihrem Schlaf gestört wurde.

In seiner Beweiswürdigung verwies das Erstgericht darauf, daß der Beklagte bei seiner Parteienvernehmung den Eindruck einer besonders rauhen bzw. derben Wesensart erweckt und durch sein Auftreten den von einer Bediensteten der Hausverwaltung als Zeugin bekundeten Eindruck bestätigt habe, daß die Ehefrau des Beklagten seinem rauhen Verhalten ausgeliefert und seinen Schreiereien mehr oder weniger hilflos ausgesetzt sei. Aus der Aussage des Hausarztes der Gertrude N*** könne in keiner Weise auf irgendeine krankhafte Neigung zu "Überreaktionen" der Gertrude N*** geschlossen werden, wohl aber sei glaubhaft geworden, daß sich durch das ständige störende Verhalten des Beklagten deren Gesundheitszustand verschlechtert habe.

In seiner rechtlichen Beurteilung verwies das Erstgericht darauf, daß im Sinne des § 30 Abs.2 Z 3 zweiter Fall MRG das Gesamtverhalten des Mieters entscheidend sei, wobei es genüge, wenn dieser hiedurch das Zusammenleben im Hause auch nur einem Mitbewohner verleide. Der Beklagte habe hier immer wieder durch sein lärmendes Verhalten die Gertrude N*** gestört, die Vielzahl der Lärmverursachungen, ihre Intensität, Ausdehnung und tageszeitliche Belastung überschreite nach objektiven Gesichtspunkten die Grenzen einer noch zu tolerierenden Geräuschentwicklung bei weitem. Trotz zahlreicher Warnungen habe der Beklagte dieses Verhalten nicht geändert und keine Einsicht gezeigt, sodaß auch eine Prognose, er könne sich allenfalls in Zukunft bessern, nicht zulässig sei.

Das Berufungsgericht bestätigte das erstgerichtliche Urteil. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschied, den Betrag von S 300.000,-- übersteige.

Auch das Berufungsgericht ging davon aus, daß der Beklagte durch sein festgestelltes Verhalten die längste Zeit hindurch auch objektiv das Maß dessen, was noch einer in einem mittelgroßen Miethaus vertretbaren und nicht vermeidbaren Geräuschkulisse entspreche, bei weitem überschritten habe. Nach den Umständen bestehe daher kein Anlaß, Gertrude N*** durch einen ärztlichen Sachverständigen auf ihre Schallempfindlichkeit zu untersuchen. Entsprechende Anhaltspunkte zur Beurteilung ihres physischen und psychischen Gesundheitszustandes seien bereits in der Zeugenaussage des Hausarztes der Genannten gegeben, welcher bestätigt habe, daß sie keine hypochondrischen Eigenschaften zeige und sich ihr nervlicher Zustand erst in der letzten Zeit verschlechtert habe. Zur Rechtsrüge des Beklagten verwies das Berufungsgericht auf seine Ausführungen im Aufhebungsbeschluß und die zutreffende erstgerichtliche rechtliche Beurteilung. Eine Besserung des Verhaltens des Beklagten und seiner Ehefrau sei nach Ansicht des Berufungsgerichtes nicht annähernd abzusehen oder zu erwarten. Gegen die berufungsgerichtliche Entscheidung erhebt der Beklagte eine auf die Anfechtungsgründe des § 503 Abs.1 Z 2 und 4 ZPO gestützte Revision mit dem Antrage auf Abänderung im Sinne der Aufhebung der Aufkündigung und Abweisung des Räumungsbegehrens; hilfsweise stellt er einen Aufhebungsantrag.

Rechtliche Beurteilung

Als Verfahrensmangel rügt der Revisionswerber die unterlassene Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens zur Frage der psychischen Disposition und Empfindlichkeit der Gertrude N***. Da das Berufungsgericht einen diesbezüglichen erstgerichtlichen Verfahrensmangel verneinte, ist im Sinne der Rechtsprechung die neuerliche Rüge eines solchen in dritter Instanz unzulässig. Der Revisionsgrund des § 503 Abs.1 Z 2 ZPO liegt daher nicht vor.

In der Rechtsrüge wird die Ansicht vertreten, der behauptete Kündigungsgrund setze wegen der in § 30 Abs.2 Z 3 MRG verwendeten Worte "anderen Mietern" voraus, daß das Zusammenleben mehreren und nicht bloß einem Mieter verleidet werde. Zudem sei Gertrude N*** offensichtlich überdurchschnittlich empfindlich. Die allgemeine Anschauung der Bewohner im Hause sei nämlich, daß das Verhalten des Beklagten keineswegs den Mitbewohnern das Wohnen im Hause verleide. Zur Erfüllung des Kündigungsgrundes müßten zwar nicht alle Mieter eines Hauses gestört werden, es sei jedoch ein wesentliches Indiz dafür, daß das Verhalten des Beklagten objektiv nicht ausreiche, wenn praktisch alle anderen Mieter dieses Verhalten nicht als störend empfänden. Auch dürften die örtlichen Verhältnisse nicht unberücksichtigt bleiben. Das Haus sei durch die Bauweise hellhörig, dennoch könne das Maß der zumutbaren Belastung aber nicht nach einem einzigen Mieter gerichtet werden, sondern sei nach dem durchschnittlichen Empfinden der Gesamtheit zu beurteilen. Diesen Ausführungen kann insgesamt nicht gefolgt werden. Entgegen der Ansicht des Revisionswerbers haben sich die Vorinstanzen zutreffend auf die ständige und einhellige Rechtsprechung berufen, es genüge zur Verwirklichung des Kündigungsgrundes des unleidlichen Verhaltens nach § 30 Abs.2 Z 3 zweiter Fall MRG (früher § 19 Abs.2 Z 3 zweiter Fall MG), daß auch nur ein Mieter oder Mitbewohner von einem derart qualifizierten Verhalten des gekündigten Mieters betroffen ist (MietSlg.34.418, 34.415, 27.346, 32.345 uva; Würth in Rummel, ABGB, Rz 17 zu § 30 MRG). Ein solches unleidliches Verhalten liegt vor, wenn das friedliche Zusammenleben durch längere Zeit oder durch häufige Wiederholungen gestört wird (MietSlg.20.379, 27.343, 33.331, 37.406 uva). Es ist das Verhalten des Gekündigten - und seiner Familienangehörigen - in seiner Gesamtheit zu beurteilen; auf die Bedeutung der einzelnen Fakten für sich kommt es also nicht an (MietSlg.16.306, 27.343, 31.357, 31.368, 33.331, 37.406, zuletzt etwa 3 Ob 541/89).

Nach den für den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellungen der Tatsacheninstanzen hat der Beklagte von Anbeginn seines Mietverhältnisses an bis zur Einbringung der gegenständlichen Aufkündigung und auch während des gesamten erstinstanzlichen Verfahrens unzählige Male und insgesamt nahezu laufend in seiner Wohnung Lärm erregt, und zwar durch Schreien, Randalieren, lautstarke Streitigkeiten mit seiner Ehefrau, Bohren und Hämmern und Spielen mit dem auf volle Lautstärke gestellten Radio. Auch kurz vor Schluß der Verhandlung hat er zu und nach den Weihnachtsfeiertagen 1987, zum Teil in der Nachtzeit von 2,30 Uhr bis 4,00 Uhr früh, jeweils durch Streit mit seiner Ehefrau, sehr großes Lärmen hervorgerufen; die dabei gegenüber seiner Ehefrau gebrauchten Schimpfwörter wie Drecksau, Teufel, Lügner waren in der Wohnung der Gertrude N*** zu hören und es wurde durch seine Schreiereien Gertrude N*** im Schlaf gestört. Von dieser steht fest, daß sie keineswegs an einer subjektiven Lärmüberempfindlichkeit litt. Wegen der ihrer Art und Intensität nach objektiv ungebührlichen Lärmentwicklung wurde der Beklagte vom Vermieter auch mehrfach verwarnt, doch blieb dies offenbar im Hinblick auf die festgestellte derbe Wesensart des Beklagten ohne Erfolg. Der Umstand, daß das Haus nach seiner Bauweise hellhörig ist, kann den Beklagten in keiner Weise entschuldigen, vielmehr hätte ihn gerade eine besondere Schalldurchlässigkeit zur Vermeidung unnötiger Geräuschentwicklungen veranlassen müssen, worauf auch beispielhaft in der Hausordnung verwiesen wird. Da die Wohnung der Gertrude N*** genau über der im Erdgeschoß gelegenen Wohnung des Beklagten liegt und die gleiche räumliche Ausdehnung aufweist, mußte die Lärmentwicklung aus dieser Wohnung zwangsläufig in erster Linie in ihrer Wohnung hörbar sein. Wenn sich die anderen Mieter durch das Verhalten des Beklagten nicht gestört fühlten, so kann dies allein schon aus der unterschiedlichen Lage erklärt werden. Davon abgesehen kommt es aber eben nicht darauf an, ob auch noch anderen Mietern das Zusammenwohnen im Haus verleidet wird; es genügt vielmehr, daß dies unter Anlegung eines objektiven Maßstabes bei einem Mitbewohner der Fall ist.

Auf der festgestellten Tatsachengrundlage ist diese Voraussetzung hier gegeben. Somit wurde der Kündigungsgrund des § 30 Abs.2 Z 3 zweiter Fall MRG zu Recht geltend gemacht. Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E18923

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0080OB00661.88.0907.000

Dokumentnummer

JJT_19890907_OGH0002_0080OB00661_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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