TE Vwgh Erkenntnis 2005/11/7 2005/17/0197

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.11.2005
beobachten
merken

Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
23/01 Konkursordnung;
27/04 Sonstige Rechtspflege;

Norm

B-VG Art130 Abs2;
GEG §1 Z3;
GEG §9 Abs2 idF 2001/I/131;
GEG §9 Abs2;
KO §186 Abs2 Z3;
KO §58 Z2;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schiffkorn, über die Beschwerde des W T in H, vertreten durch Dr. Helmut Fetz, Rechtsanwalt in 8700 Leoben, Hauptplatz 11, gegen den Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien vom 1. Juli 2005, Zl. Jv 50634-33a/05, betreffend Nachsicht von Gerichtskosten, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesministerium für Justiz) Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Der Beschwerdeführer begehrte mit seinem am 30. März 2005 überreichten Antrag, die in einer näher bezeichneten Strafsache ihm mit Zahlungsaufträgen vom 31. Jänner 2005 vorgeschriebenen Sachverständigengebühren bzw. Pauschalkostenbeiträge nachzulassen, weil die Einbringung mit einer besonderen Härte für ihn verbunden wäre.

Begründend verwies der Beschwerdeführer darauf, dass über ihn mit einem näher angeführten Beschluss vom 9. Juli 2003 das Schuldenregulierungsverfahren eröffnet worden sei. Eine Zahlung von Gebühren im Strafverfahren durch den Masseverwalter könne nicht erfolgen, da es sich bei der Gebührenforderung nicht um eine Masseforderung handle. Dass der Beschwerdeführer als Gemeinschuldner nicht über ein hinreichendes Einkommen oder Vermögen zur Berichtigung der Gebühren (und Kosten) verfüge, scheine schon durch "die erfolgte Eröffnung eines Schuldenregulierungsverfahrens hinreichend dokumentiert".

1.2. Mit ihrem Bescheid vom 8. Juli 2005 gab die belangte Behörde diesem Antrag nicht statt.

Das anhängige Schuldenregulierungsverfahren sei noch nicht abgeschlossen. Der Antrag, die Kosten des Strafverfahrens gemäß § 391 StPO für uneinbringlich zu erklären, sei mit näher bezeichnetem Beschluss vom 16. Dezember 2004 im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen worden, dass das Gericht nach § 391 StPO über die rechtliche oder faktische Uneinbringlichkeit zu entscheiden habe. Da aber weder die Voraussetzungen für die eine noch die andere vorlägen - im Besonderen sei darauf zu verweisen, dass das Schuldenregulierungsverfahren noch keiner Enderledigung zugeführt worden sei, sodass über die tatsächliche Vermögenslage noch nicht abgesprochen werden könne und darüber hinaus der Beschwerdeführer ein regelmäßiges Einkommen im Sinne einer monatlichen Pension beziehe - sei der Antrag abzuweisen gewesen.

Hinsichtlich des vorliegenden Antrages auf Nachlass verwies die belangte Behörde unter anderem entscheidungswesentlich darauf, dass es nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Sache des jeweiligen "Begünstigungswerbers" sei, "einwandfrei und unter Ausschluss jeglicher Zweifel jene Umstände darzutun, auf die die Begünstigung gestützt werden" könne. Zu den für eine verlässliche Beurteilung des allfälligen Vorliegens einer besonderen Härte unerlässlichen Umständen zähle unter anderem auch die Frage, ob der Nachlasswerber über Einkommen und Vermögen verfüge und gegebenenfalls in welchem Ausmaß bzw. welcher Art. Wenn der Nachlasswerber in seinem Antrag hinsichtlich seines Einkommens und allfälliger Vermögenswerte überhaupt keine Angaben mache, sondern nur ausführe, dass derzeit ein Schuldenregulierungsverfahren anhängig sei, so fehle es von vornherein an der verlässlichen Grundlage für eine Entscheidung gemäß § 9 Abs. 2 GEG. Die über den Nachlassantrag befindende Behörde habe diesfalls auch keine Veranlassung, von sich aus tätig zu werden und den Nachlasswerber zu weiteren Aufklärungen zu bewegen.

Mit seinem Antrag habe der Beschwerdeführer (Nachlasswerber) das Vorliegen der Voraussetzungen für die von ihm angestrebte Begünstigung nicht einwandfrei dargetan, sondern eine Mehrzahl von Fragen gänzlich offen gelassen. Deshalb sei seinem Nachlassansuchen keine Folge zu geben.

1.3. Der Beschwerdeführer bekämpft diesen Bescheid vor dem Verwaltungsgerichtshof wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes wie auch wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften; er erachtet sich erkennbar durch die Nichtgewährung des beantragen Nachlasses in seinen Rechten verletzt.

1.4. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift mit dem Antrag erstattet, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. Zutreffend gehen die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahren davon aus, dass die hier gegenständlichen Kosten eines Strafverfahrens keine konkursunterworfenen Forderungen sind (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 25. Mai 1998, Zl. 98/17/0048, mwN).

2.2. Das gerichtliche Einbringungsgesetz 1962, BGBl. Nr. 288, in der Fassung durch die Novelle BGBl. I Nr. 131/2001 (in der Folge: GEG), regelt in seinem § 9 Abs. 2 den Nachlass von Gebühren und Kosten. Danach können Gebühren und Kosten auf Antrag nachgelassen werden, wenn die Einbringung mit besonderer Härte für den Zahlungspflichtigen verbunden wäre oder wenn der Nachlass im öffentlichen Interesse gelegen ist.

Bei der Bestimmung des § 9 Abs. 2 GEG handelt es sich nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes um eine Ermessensvorschrift, doch ist das Recht der Behörde, von diesem Ermessen Gebrauch zu machen, vom Vorliegen einer der beiden im Gesetz genannten Alternativvoraussetzungen abhängig (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 21. Dezember 1998, Zl. 98/17/0180, mwN).

In Ermangelung von Hinweisen auf das Vorliegen einer besonderen Härte infolge einer sachlichen Unbilligkeit der Einbringung wäre im vorliegenden Fall der Nachlass aus dem Grund der besonderen Härte vom Vorliegen individueller Gründe abhängig, die die Eintreibung der gesetzmäßig vorgeschriebenen Gerichtsgebühren und Sachverständigenkosten als besondere Härte erschienen ließen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es in einem Verfahren über den Nachlass von Gerichtsgebühren Sache des Antragstellers, einwandfrei und unter Ausschluss jeglichen Zweifels das Vorliegen aller jener Umstände darzutun, auf die der Nachlass gestützt werden kann. Zu den für eine verlässliche Beurteilung der Frage des allfälligen Vorliegens der vom Gesetz geforderten besonderen Härte ausschlaggebenden Umstände gehört naturgemäß die Frage, ob der Nachlasswerber über Vermögen verfügt und gegebenenfalls in welchem Ausmaß bzw. welcher Art (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 21. Dezember 1998, Zl. 98/17/0180, sowie etwa die hg. Erkenntnisse vom 29. Juli 2004, Zl. 2004/16/0060, und vom 29. Oktober 1998, Zl. 98/16/0149, mwN).

Dabei kommt ein Nachlass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dann nicht in Frage, wenn die finanzielle Situation des Schuldners so schlecht ist, dass die Gewährung des Nachlasses keinen Sanierungseffekt hätte (vgl. dazu das erwähnte hg. Erkenntnis vom 29. Juli 2004, Zl. 2004/16/0060, mwN).

2.3. Im hier zu entscheidenden Beschwerdefall hat der nachlasswerbende Beschwerdeführer allein auf den Umstand verwiesen, dass über ihn mit Beschluss vom 9. Juli 2003 das Schuldenregulierungsverfahren eröffnet wurde. Er bringt dazu ergänzend vor dem Verwaltungsgerichtshof noch vor, dass die belangte Behörde durch eine jederzeit durchführbare Anfrage beim Konkursgericht den umfassenden Vermögensstatus des Beschwerdeführers von Amtswegen hätte ermitteln können.

Damit verkennt der Beschwerdeführer aber, dass es nach der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Sache des antragstellenden Nachlasswerbers ist, der über den Nachlass entscheidenden Verwaltungsbehörde das Vorliegen aller jener Umstände darzutun, auf die der Nachlass gestützt werden kann, wozu unter anderem auch die Vermögenslage zählt. Der bloße Hinweis auf die Eröffnung eines Schuldenregulierungsverfahrens (welches überdies nach den unbestrittenen Feststellungen der belangten Behörde zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung noch nicht abgeschlossen war) vermag etwa auch das Vorliegen eines Sanierungseffektes durch den begehrten Nachlass nicht ohne weiteres darzutun (vgl. dagegen etwa das die Gefährdung eines Zahlungsplanes betreffende Vorbringen in dem dem hg. Erkenntnis vom 18. September 2000, Zl. 2000/17/0042, zu Grunde liegenden Verfahren).

Dazu kommt im Beschwerdefall noch, dass nach dem Akteninhalt für den Beschwerdeführer ein Masseverwalter bestellt wurde. § 186 der Konkursordnung, RGBl. Nr. 337/1914, zuletzt geändert durch die Novelle BGBl. I Nr. 75/2002, sieht in seinem Abs. 1 vor, dass im Schuldenregulierungsverfahren dem Schuldner, sofern das Gericht nicht anderes bestimmt, die Verwaltung der Konkursmasse zusteht (Eigenverwaltung). Das Gericht hat aber gemäß § 186 Abs. 2 leg. cit. dem Schuldner die Eigenverwaltung zu entziehen und einen Masseverwalter zu bestellen, wenn 1. die Vermögensverhältnisse des Schuldner nicht überschaubar sind, insbesondere wegen der Zahl der Gläubiger und der Höhe der Verbindlichkeiten, oder 2. Umstände bekannt sind, die erwarten lassen, dass die Eigenverwaltung zu Nachteilen für die Gläubiger führen wird, oder 3. der Schuldner nicht ein genaues Vermögensverzeichnis vorgelegt hat. Aus der zuletzt genannten Bestimmung ergibt sich somit für den vorliegenden Beschwerdefall im Zusammenhang mit dem Umstand, dass - wie erwähnt - für den Beschwerdeführer ein Masseverwalter bestellt wurde, dass die belangte Behörde nicht ohne weiteres davon ausgehen musste, sie würde durch Einsicht in den Gerichtsakt betreffend das Schuldenregulierungsverfahren des Beschwerdeführers zureichende Auskunft betreffend die Vermögenslage des Beschwerdeführers erhalten können. Auch aus diesen Erwägungen wären daher genaue Angaben über die Vermögensverhältnisse im Sinne der erwähnten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erforderlich gewesen, damit die Behörde in die Lage versetzt worden wäre, diese Voraussetzungen für einen Nachlass im Sinne des § 9 Abs. 2 GEG beurteilen zu können.

2.4. Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, dass der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheide in seinen Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.

Die Beschwerde war infolge dessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

2.5. Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2004, BGBl. II Nr. 333.

2.6. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen. Wien, am 7. November 2005

Schlagworte

Ermessen VwRallg8Ermessen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2005170197.X00

Im RIS seit

19.01.2006

Zuletzt aktualisiert am

10.04.2012
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten