Index
L72006 Beschaffung Vergabe Steiermark;Norm
BVergG 1997 §113 Abs2 Z2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Rigler und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, in der Beschwerdesache der Bietergemeinschaft bestehend aus 1. P AG in W, 2. H Gesellschaft m.b.H. in P und 3. T AG in W, vertreten durch Dr. Lothar Hofmann, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Johannesgasse 15, gegen den Bescheid des Bundesvergabeamtes vom 11. Dezember 2002, 12N-52/02-26, betreffend Nachprüfungsverfahren nach dem BVergG 1997 (mitbeteiligte Partei:
A in Wien, vertreten durch Doralt Seist Csoklich Rechtsanwaltspartnerschaft in 1090 Wien, Währingerstraße 2-4), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesvergabeamtes vom 11. Dezember 2002 wurden im Nachprüfungsverfahren gemäß § 113 Abs. 2 Bundesvergabegesetz 1997 in der Fassung BGBl. I Nr. 136/2001 (BVergG 1997) betreffend die Auftragsvergabe der mitbeteiligten Partei "Austausch von Aluleitschienen, Ausschreibungsblock 1 Mitte" unter anderem der Antrag der Beschwerdeführerin "die zugunsten der Bietergemeinschaft G/S getroffene Zuschlagsentscheidung für nichtig zu erklären" gemäß §§ 16 Abs. 1 sowie 52 Abs. 1 Z 1 iVm 113 Abs. 2 Z 2 BVergG 1997 abgewiesen (Spruchpunkt 1.), der Antrag der Beschwerdeführerin "die Entscheidung, die Bietergemeinschaft G/S nicht auszuscheiden, für nichtig zu erklären" gemäß § 113 Abs. 2 Z 2 BVergG 1997 als unzulässig zurückgewiesen (Spruchpunkt 2.) und der Eventualantrag der Beschwerdeführerin, "die Ausschreibung für nichtig zu erklären" gemäß § 113 Abs. 2 Z 2 BVergG 1997 mangels Begründetheit zurückgewiesen (Spruchpunkt 5.).
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, die mitbeteiligte Partei habe die gegenständlichen Leistungen im Wege eines offenen Verfahrens EU-weit ausgeschrieben; es handle sich dabei um einen Bauauftrag, welcher den relevanten Schwellenwert des § 6 BVergG 1997 jedenfalls überschreite. Im Hinblick auf Spruchpunkt 1. seien entgegen dem Vorbringen der Beschwerdeführerin bei der Bietergemeinschaft G/S die Ausscheidungstatbestände des § 52 Abs. 1 Z 1 und 8 BVergG 1997 nicht erfüllt, auch ein Verstoß der mitbeteiligten Partei gegen § 16 Abs. 1 BVergG 1997 liege nicht vor, sodass der diesbezügliche Antrag abzuweisen gewesen sei. Im Hinblick auf Spruchpunkt 2. sei festzuhalten, dass nur nach außen in Erscheinung tretende Willenserklärungen des Auftraggebers und nicht etwa Unterlassungen desselben tauglicher Gegenstand eines Nachprüfungsverfahrens sein könnten. Zu Spruchpunkt 5. sei festzuhalten, dass die vorgebrachten Ausschreibungsmängel völlig unsubstantiiert seien und keinen zwingenden Widerrufsgrund im Sinne des § 55 Abs. 1 BVergG 1997 darstellen würden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete - ebenso wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wurde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die vorliegende Beschwerde war aus folgendem Grund zurückzuweisen:
Gemäß Art. 131 Abs. 1 Z 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde nach Erschöpfung des Instanzenzuges wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.
Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch Spruchpunkt 1. des angefochtenen Bescheides in ihrem Recht auf "Nichtigerklärung rechtswidriger Zuschlagsentscheidungen (§ 113 Abs. 2 Z 2 BVergG 1997)" verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat nicht zu prüfen, ob durch den angefochtenen Bescheid irgendein subjektives Recht der beschwerdeführenden Partei verletzt wurde, sondern nur, ob jenes Recht verletzt wurde, dessen Verletzung sie behauptet (vgl. aus der ständigen hg. Judikatur etwa den hg. Beschluss vom 21. Dezember 2004, Zlen. 2002/04/0140, 0141).
Für die Beurteilung der Beschwerdelegitimation ist ausschlaggebend, ob der Beschwerdeführer nach der Lage des Falles durch den bekämpften Bescheid - ohne Rücksicht auf dessen Gesetzmäßigkeit - in dem von ihm geltend gemachten subjektiven Recht (noch) verletzt sein kann. Es entspricht ständiger hg. Judikatur, dass der Verwaltungsgerichtshof nicht zu einer bloß abstrakten Prüfung der Rechtmäßigkeit berufen ist. Ein Rechtsschutzbedürfnis liegt dann nicht vor, wenn eine Entscheidung lediglich über theoretische Rechtsfragen herbeigeführt werden soll, denen keine praktische Relevanz mehr zukommen kann (vgl. auch den bereits zitierten hg. Beschluss vom 21. Dezember 2004, m.w.N.).
Nach dem Vorbringen der belangten Behörde sowie der mitbeteiligten Partei wurde in den verfahrensgegenständlichen Vergabeverfahren der Zuschlag - vor Beschwerdeerhebung - bereits erteilt, was sich auch aus dem in den Verwaltungsakten aufliegenden Schreiben des Amtes der Burgenländischen Landesregierung vom 8. bzw. 14. Jänner 2003 im Auftrag der mitbeteiligten Partei an die Beschwerdeführerin, nach welchen das gegenständliche Bauvorhaben an die Bietergemeinschaft G/S vergeben worden sei, und dem Schreiben des Rechtsvertreters der Beschwerdeführerin vom 18. Februar 2003, nach welchem angesichts der Zuschlagserteilung an die Bietergemeinschaft G/S die Einleitung eines auf Feststellung gerichteten Nachprüfungsverfahrens beabsichtigt sei, ergibt.
Durch das Vergabeverfahren soll sichergestellt werden, dass nach Durchführung eines freien und lauteren Wettbewerbs unter Gleichbehandlung aller Bieter der Zuschlag an den Bestbieter erteilt wird. Alle anderen Entscheidungen im Vergabeverfahren dienen diesem Zweck (vgl. den zitierten hg. Beschluss vom 21. Dezember 2004, m.w.N.).
Gemäß § 15 Z 15 BVergG 1997 ist der Zuschlag die an den Bieter abgegebene schriftliche Erklärung, sein Angebot anzunehmen. Sobald der Bieter diese Erklärung erhält, kommt das privatrechtliche Vertragsverhältnis zwischen dem Auftraggeber und dem Bieter zu Stande (§ 54 Abs. 1 BVergG 1997). Durch die Erteilung des Zuschlages an einen Bieter ist somit klargestellt, dass alle anderen Bieter nicht zum Zug kommen. Der Zuschlag kann nicht im Rahmen der Vergabekontrolle beseitigt werden. Selbst die - gemäß § 113 Abs. 2 Z 2 BVergG 1997 aber nur bis zur Zuschlagserteilung mögliche - Nichtigerklärung von für den Ausgang des Vergabeverfahrens relevanten Entscheidungen des Auftraggebers könnte nicht zur Unwirksamkeit des Zuschlages führen. Aus diesem Grund fehlte es der Beschwerdeführerin hinsichtlich des geltend gemachten Rechtes auf Nichtigerklärung einer im Zuge des Vergabeverfahrens ergangenen Entscheidung des Auftraggebers bereits im Zeitpunkt der Einbringung der Beschwerde am Rechtsschutzbedürfnis (vgl. zur vergleichbaren Rechtslage nach dem NÖ Vergabegesetz den zitierten hg. Beschluss vom 21. Dezember 2004 sowie zur vergleichbaren Rechtslage nach dem Steiermärkischen Vergabegesetz 1995 den hg. Beschluss vom 24. März 2004, Zl. 2001/04/0088, m.w.N.).
Die Beschwerdeführerin erachtet sich weiters durch die Spruchpunkte 1., 2. und 5. des angefochtenen Bescheides in ihrem Recht
1. "auf Vergabe nach den Grundsätzen des freien und lauteren Wettbewerbs und der Gleichbehandlung der Bieter (§ 16 Abs. 1 BVergG 1997)",
2. "auf Ausscheidung ausschreibungs- bzw. rechtswidriger Angebote von Mitbietern (§ 52 Abs. 1 Z 8 BVergG 1997)",
3. "auf Ausscheiden von Angeboten nicht befugter, nicht technisch leistungsfähiger und nicht zuverlässiger Bieter (§ 52 Abs. 1 Z 1 BVergG 1997)",
4. "auf Nichtigerklärung der Entscheidung des Auftraggebers, ein ausschreibungswidriges Angebot eines Bieters nicht auszuscheiden (§ 113 Abs. 2 Z 2 BVergG 1997)",
5. "auf Widerruf vergaberechtswidriger Ausschreibungen (§ 55 Abs. 1 BVergG 1997)" und
6. "auf Nichtigerklärung einer rechtswidrigen Ausschreibung (§ 113 Abs. 2 Z 2 BVergG 1997)"
verletzt.
Aus den oben angeführten Gründen fehlt es der Beschwerdeführerin auch hinsichtlich dieser geltend gemachten Rechte bereits im Zeitpunkt der Einbringung der Beschwerde am Rechtsschutzbedürfnis.
Hinsichtlich der unter 1. bis 3. und 5. geltend gemachten Beschwerdepunkte ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführerin insoweit kein subjektives Recht im Nachprüfungsverfahren zukommt, handelt es sich doch bei den geltend gemachten Handlungen (Vergabe von Leistungen, Ausscheidung von Angeboten, Widerruf von Ausschreibungen) um (privatwirtschaftliche) Akte des öffentlichen Auftraggebers im Vergabeverfahren, für deren Setzung der Vergabekontrollbehörde im Nachprüfungsverfahren keine Zuständigkeit zukommt (vgl. idS zur vergleichbaren Rechtslage nach dem TVergG 1998 das hg. Erkenntnis vom 17. November 2004, Zl. 2002/04/0176; der Ausnahmefall, dass ein präsumtiver Zuschlagsempfänger vor dem Verwaltungsgerichtshof sein aus der Zuschlagsentscheidung erfließendes "Recht auf Zuschlagserteilung" geltend macht - vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 1. März 2005, Zl. 2003/04/0199 - liegt im Beschwerdefall nicht vor).
Aus den dargestellten Gründen war die Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 und Abs. 3 VwGG zurückzuweisen.
2. Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 7. November 2005
Schlagworte
Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Besondere Rechtsgebiete Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Mangelnde Rechtsverletzung Beschwerdelegitimation verneint keineBESCHWERDELEGITIMATIONEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2005040061.X00Im RIS seit
08.02.2006