Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 14.September 1989 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Lachner, Dr. Brustbauer, Dr. Kuch und Dr. Markel als weitere Richter in Gegenwart des Rechtspraktikanten Mag. Edelmann als Schriftführers in der Strafsache gegen Walter H*** wegen des Vergehens der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengerichts vom 13.Juni 1989, GZ. 2 a Vr 3803/89-7, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Über die Berufung hat gemäß § 285 i StPO das Oberlandesgericht Wien zu entscheiden.
Text
Gründe:
Der am 25.Februar 1965 geborene Sicherheitswachebeamte Walter H*** wurde des Vergehens der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB schuldig erkannt, weil er am 2.November 1988 in Wien ein am selben Tag ausgestelltes bargeldloses Organmandat aus einem in der Verfügungsgewalt des Sicherheitswachebeamten Hans H*** stehenden Block herausriß, bei sich verwahrte und die weitere bestimmungsgemäße Verwendung verhinderte, wodurch er eine Urkunde, über die er nicht verfügen durfte, mit dem Vorsatz, deren Gebrauch im Rechtsverkehr zum Beweis des Fehlens eines ordnungsgemäß ausgestellten Parkscheins und des unerlaubten Parkens eines Kraftfahrzeugs zu verhindern, unterdrückte.
Er bekämpft diesen Schuldspruch mit einer auf § 281 Abs 1 Z 5 a und 9 lit b StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Die Tatsachenrüge (Z 5 a) wendet sich im Kern unter Wiederholung der Verantwortung des Angeklagten, der Aussteller des Organmandats Hans H*** habe über sein Ersuchen davon abgesehen und ihn abgemahnt, wobei er dem jüngeren Kollegen wegen dessen mangelnder Erfahrung lediglich bei der manipulativen Bewältigung des Vorgangs geholfen habe, nur dagegen, daß die Tatrichter diese Verantwortung als unglaubwürdig abgelehnt haben.
Das Schöffengericht gründet entgegen der wechselnden Verantwortung des Beschwerdeführers seine Sachverhaltsfeststellung im wesentlichen auf die stets gleichbleibende und von Alfred F*** gestützte Aussage des Zeugen Hans H***. Die sorgfältige Prüfung der gesamten, aus den Akten hervorgehenden Beweislage ergibt aus der in der Beschwerde nahegelegten Begründung für die Verantwortungsdifferenz (Walter H*** habe bei seiner Vernehmung vor dem Sicherheitsbüro disziplinäre Verfolgung gefürchtet und erst in der Hauptverhandlung rückhaltlos ausgesagt) unter Berücksichtigung der dazu bereits vom Urteilsgericht angestellten Erwägungen (S. 65 und 66) keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen; ebensowenig aber auch der Umstand, daß eine spontane Reaktion des Dienstvorgesetzten von Hans H*** auf dessen Meldung über das Verhalten des Angeklagten aus den Akten nicht ersichtlich ist.
Rechtliche Beurteilung
Die Beschwerde verkennt das Wesen der Tatsachenrüge, die weiterhin die Beweiswürdigung von Kollegialgerichten grundsätzlich unanfechtbar läßt (EvBl 1988/109), und stellt der Beweiswürdigung des Schöffengerichts, die dem Grundsatz "in dubio pro reo" widerspräche, nur die zuletzt vom Angeklagten gewählte Verantwortung gegenüber. Sie vermag damit nicht aufzuzeigen, inwiefern der Schöffensenat seine Pflicht zur amtswegigen Erforschung der materiellen Wahrheit durch Übergehen aktenkundiger Umstände in einer Weise verletzt hätte, daß daraus erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit des dem Schuldspruch zugrundegelegten entscheidenden Sachverhalts resultieren müßten (vgl. 13 Os 53/88, 13 Os 5/89, 13 Os 48/89, 13 Os 58/89 u.v.a.).
Der Beschwerdeführer reklamiert auch zu Unrecht (Z. 9 lit b) mangelnde Strafwürdigkeit seiner Tat im Sinn des § 42 StGB. Die Beschwerde setzt dazu die feststellungsfremde Prämisse voraus, der Angeklagte habe davon ausgehen können, Hans H*** sei berechtigt gewesen, von einer Bestrafung Abstand zu nehmen und lediglich eine Abmahnung zu erteilen und er habe auch annehmen können, H*** stimme einer solchen Abmahnung zu. Damit verlassen die diesbezüglichen Ausführungen in prozeßordnungswidriger Weise den Boden der Urteilsfeststellungen und bringen den Nichtigkeitsgrund nicht zur gesetzmäßigen Darstellung.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils als offenbar unbegründet gemäß § 285 d Abs 1 Z. 2 StPO, teils als nicht dem Gesetz entsprechend ausgeführt nach § 285 d Abs 1 Z. 1 StPO im Zusammenhalt mit § 285 a Z. 2 StPO bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.
Anmerkung
E18438European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1989:0130OS00097.89.0914.000Dokumentnummer
JJT_19890914_OGH0002_0130OS00097_8900000_000