TE OGH 1989/9/28 13Os102/89

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Veröffentlicht am 28.09.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 28. September 1989 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hörburger, Dr. Brustbauer, Dr. Kuch (Berichterstatter) und Dr. Markel als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr. Toth als Schriftführerin in der Strafsache gegen Horst S*** wegen des Vergehens der versuchten Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB. über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengerichts vom 31. Mai 1989, GZ. 4 c Vr 13.297/87-47, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokutators, Generalanwalts Dr. Jerabek, des Angeklagten Horst S*** und des Verteidigers Dr. Schöner zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 389 a StPO. fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Der am 7. August 1942 geborene Kriminalbeamte Horst S*** wurde des Vergehens der versuchten Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB. schuldig erkannt, weil er am 7. Oktober 1988 in Wien Ernst F*** durch die Äußerung: "Wenn Du nicht sofort weiterfährst und ein Wachzimmer aufsuchst, werde ich Dich erschießen" zur Fortsetzung der Fahrt und zum Aufsuchen eines Wachzimmers zu nötigen getrachtet hatte.

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf § 281 Abs 1 Z. 9 lit a und b StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Zu Unrecht erhebt der Beschwerdeführer unter dem erstgenannten Nichtigkeitsgrund zunächst den Vorwurf mangelnder Übereinstimmung zwischen Urteilsspruch und Entscheidungsgründen: Der im Urteilstenor angeführte Versuch des Nichtigkeitswerbers, den Zeugen F*** durch gefährliche Drohung zur Fortsetzung der Fahrt mit seinem Personenkraftwagen und zum Aufsuchen eines Wachzimmers zu nötigen, entspricht durchaus den damit korrespondierenden Konstatierungen, daß der Rechtsmittelwebrer durch die Drohung mit dem Erschießen seinen Widersacher zunächst zur Weiterfahrt und zum Aufschließen in der Kolonne und sodann - bei fortwirkendem Einschüchterungseffekt - zum Aufsuchen des nächstgelegenen Wachzimmers zu veranlassen suchte (S. 213), sodaß der behauptete Feststellungsmangel nicht vorliegt.

Der Urteilsspruch steht auch mit der weiteren Feststellung, daß sich der Angeklagte unverzüglich als Kriminalbeamter ausgewiesen und seine Dienstkokarde vorgezeigt hat, im Einklang; diente dieses Verhalten doch nach der Überzeugung des Erstgerichts nicht der Dokumentierung einer ordnungsgemäßen Amtshandlung, sondern nur der Verstärkung der mit der gefährlichen Drohung bezweckten Einschüchterung (erneut S. 213). Der Einwand fehlender Feststellungen zur subjektiven Tatseite wiederum negiert jene Konstatierungen, wonach der Vorsatz des Beschwerdeführers darauf gerichtet war, durch seine ernstgemeinten Drohungen (neuerlich S. 213, auch S. 215 oben) F*** zur Fortsetzung der Fahrt zu zwingen (S. 221). Soweit der Nichtigkeitswerber in diesem Zusammenhang vermeint, ein doloses Verhalten wäre angesichts seines "gesamten (pflichtgemäßen) Verhaltens" - als Kriminalbeamter im Dienst - gar nicht feststellbar gewesen, erschöpfen sich seine Ausführungen überhaupt nur in einer unzulässigen Bekämpfung der zu einer anderen Deutung dieses Verhaltens gelangenden Beweiswürdigung der Tatrichter.

Rechtliche Beurteilung

Der mit Bezug auf Z. 9 lit b angestrebten Anwendung des sachlichen Strafausschließungsgrunds mangelnder Strafwürdigkeit der Tat gemäß § 42 StGB. steht entgegen, daß die Schuld des Täters nicht als gering bezeichnet werden kann, weil das tatbildmäßige Verhalten des Rechtsbrechers nicht erheblich hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt zurückbleibt (Foregger-Serini-Kodek MKK.4 P. III 1 zu § 42 StGB.). Die Äußerung massiver Drohungen aus nichtigem, wenn nicht gar überhaupt ohne vernünftigen Anlaß gegen einen sich durchaus vorschriftsmäßig verhaltenden Verkehrsteilnehmer aus niedrigem Motiv, um nämlich seinen Aggressionstrieb im Straßenverkehr zu befriedigen, läßt eine arge Mißachtung der persönlichen Integrität anderer Personen erkennen.

Dazu kommt, daß der Anwendung des § 42 StGB. nach der Lage des Falls auch generalpräventive Belange entgegenstehen. Die Tat des Angeklagten, eines Kriminalbeamten mit Vorbildfunktion, als nicht strafwürdig zu bagatellisieren, würde Rechtstreue und Rechtsbewußtsein der Allgemeinheit geradezu untergraben und alles andere denn verbrechenshemmend wirken.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über Horst S*** nach § 105 Abs 1 StGB. unter Anwendung des § 37 Abs 1 StGB. eine Geldstrafe von 180 Tagessätzen, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 90 Tagen, wobei die Höhe des Tagessatzes mit 300 S festgesetzt wurde.

Es wertete bei der Strafbemessung als erschwerend die "recht massiven" Drohungen und den Umstand, daß sich der Angeklagte bei der Tatbegehung auf seine Stellung als Polizeibeamter berief, als mildernd hingegen die Unbescholtenheit und den Umstand, daß es beim Versuch geblieben ist.

Mit seiner Berufung begehrt der Angeklagte die Herabsetzung der Geldstrafe und deren bedingte Nachsicht.

Das Schöffengericht hat die besonderen Strafzumessungsgründe im wesentlichen vollständig angeführt. Entgegen der Ansicht des Berufungswerbers hat es diese aber auch einer zutreffenden Beurteilung unterzogen. Daß die Geldstrafe in summa 54.000 S ausmacht, hat seine Ursache unter anderem darin, daß die Höhe des Tagessatzes mit 300 S festgesetzt wurde. Gemäß § 19 Abs 2 StGB. ist der Tagessatz nach den persönlichen Verhältnissen und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Rechtsbrechers zum Zeitpunkt des Urteils erster Instanz zu bemessen. Horst S***, der für niemanden sorgepflichtig ist, verdient im Monatsdurchschnitt ca. 20.000 S netto. Die vom Erstgericht ausgemessene Höhe des Tagessatzes bedingt eine Abschöpfung von 9.000 S vom Monatseinkommen des Angeklagten; demgemäß verbleiben diesem ca. 11.000 S monatlich zur Bedeckung seiner eigenen Bedürfnisse, sonach ein Mehrfaches des Existenzminimums. Zur Erzielung einer größtmöglichen Effektivität der Unrechtsfolgen soll die Geldstrafe so bemessen werden, daß für den Zeitraum, welcher der Anzahl der Tagessätze entspricht, die Einkommensspitze des Verurteilten bis auf einen dem Existenzminimum nahekommenden Betrag abgeschöpft wird (Leukauf-Steininger, StGB.2, RN. 10 zu § 19). Die Festsetzung der Höhe des Tagessatzes gereicht dem Berufungswerber folglich nicht zum Nachteil.

Der Gewährung bedingter oder teilbedingter Strafnachsicht stehen, wie schon zum Nichtigkeitsgrund der Z. 9 lit b ausgeführt, bei Bedacht auf die, wie sich gezeigt hat, allzu leicht aggressiv enthemmte Person des Täters spezialpräventive und bei Berücksichtigung des Grads seiner Schuld und des von ihm verwirklichten Unrechts generalpräventive Belange entgegen.

Anmerkung

E18421

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0130OS00102.89.0928.000

Dokumentnummer

JJT_19890928_OGH0002_0130OS00102_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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