Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber, Dr.Klinger, Dr.Schwarz und Dr.Graf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S***-R*** B*** AG, 6020 Innsbruck, Maria-Theresien-Straße 57, vertreten durch Dr.Gerhard Ebner, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Peter K***, Kraftfahrer, D-8000 München 70, Würmtalstraße 190, vertreten durch Dr.Josef Pfurtscheller, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen S 500.000,-- sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 25. Juli 1989, GZ 4 R 115/89-19, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 14.Dezember 1988, GZ 8 Cg 122/88-13, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die Beklagte ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 17.317,80 (einschließlich S 2.886,30 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die klagende Partei hatte gegen Josef K*** (Vater des Beklagten) als Annehmer und den Beklagten als Bürgen des Annehmers auf Grund des Wechsels vom 14.Dezember 1987 einen Wechselzahlungsauftrag über S 500.000 samt 6 % Zinsen seit 16. Dezember 1987 erwirkt.
Während der Wechselzahlungsauftrag gegen Josef K*** rechtskräftig wurde, erhob der Beklagte dagegen fristgerecht unter anderem die für das Revisionsverfahren allein noch relevante Einwendung, sein Vater habe sich bei Unterfertigung des Wechsels namens des Beklagten als Bürge zu Unrecht auf eine ihm erteilte Vollmacht berufen. Der Beklagte habe seinem Vater keine Vollmacht erteilt, Wechselerklärungen abzugeben. Dies hätte der klagenden Partei zumindest bekannt sein müssen.
Das Erstgericht hielt den Wechselzahlungsauftrag auch bezüglich des Beklagten mit der Maßgabe aufrecht, daß die 6 %igen Wechselzinsen erst ab 25.Februar 1988 laufen. Es stellte zur Bevollmächtigung des Josef K*** durch den Beklagten folgendes fest:
Der Beklagte und sein Vater sind deutsche Staatsbürger. Am 3. September 1985 unterschrieb der als Kraftfahrer unselbständig erwerbstätige Beklagte in München in der Kanzlei der Notare M*** und S*** über Ersuchen seines Vaters Josef K***, damit dieser unter anderem für ihn (den Beklagten) Bankkredite aufnehmen kann, eine Generalbevollmächtigungsurkunde, wonach Josef K*** befugt war, in direkter Vertretung des Beklagten alle Rechtshandlungen vorzunehmen, bei welchen eine Stellvertretung gesetzlich zulässig ist (wobei in dieser Vollmacht auch noch darauf hingewiesen wurde, daß der Bevollmächtigte von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit ist). Dem Beklagten war bewußt, daß mit seiner Unterschrift unter dieser Urkunde der Vater ihn ohne weiteres Einvernehmen zur Zahlung von Geldverbindlichkeiten an Dritte gültig verpflichten konnte.
Um von der Klägerin ein Darlehen bis zum Höchstbetrag von S 650.000 gegen monatliche Rückzahlung in 60 Raten beginnend mit 1. November 1985 bei einem Zinssatz von 9,5 % und 2 % Bearbeitungsprovision zu erhalten, unterschrieb der Vater des Beklagten in Innsbruck bei der klagenden Partei am 27.September 1985 nicht nur einen Kreditvertrag unter gleichzeitiger Verpfändung seiner Liegenschaft sondern auch als Bevollmächtigter des Peter K*** eine Blankowechselbürgschaft, wobei er selbst diesen Wechsel als Annehmer im eigenen Namen fertigte.
Ab Mai 1986 zahlte der Vater des Beklagten an die klagende Partei keine Raten mehr. Die klagende Partei füllte daher den Blankowechsel am 14.Dezember 1987 auf S 500.000 mit Verfallstag 15. Dezember 1987 aus.
Rechtlich führte das Erstgericht bezüglich des im Revisionsverfahren nur noch strittigen Bevollmächtigungsverhältnisses aus, die der Wechselbürgschaft zugrundeliegende Vollmacht vom 3.September 1985 sei vom Beklagten in München unterschrieben worden und daher nach deutschem Recht zu beurteilen. Demnach handle es sich um eine unbedenkliche Generalvollmacht im Sinne des § 167 BGB, die auch zum Eingehen einer Wechselbürgschaft berechtige.
Das Berufungsgericht bestätigte das erstgerichtliche Urteil und führte zu der jetzt noch maßgebenden Rechtsfrage folgendes aus:
Sowohl nach österreichischem als auch nach deutschem Recht sei zur Eingehung von Wechselverbindlichkeiten weder eine Gattungsvollmacht noch eine Spezialvollmacht (im Sinne der Terminologie des § 1008 ABGB) vorgeschrieben. Der Umfang der gewillkürten Vertretungsmacht ergebe sich aus dem Umfang der Vollmacht, wobei eine Generalvollmacht dem Bevollmächtigten unbeschränkte Vertretungsmacht in allen den Vollmachtgeber betreffenden Angelegenheiten verschaffe und ihn grundsätzlich zur Vornahme aller Rechtsgeschäfte für den Vollmachtgeber berechtigte, soweit Vertretung überhaupt zulässig sei.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Frage der Vertretungsmacht des Vaters des Beklagten zum Eingehen einer Wechselbürgschaft mit dem Antrag, es im klageabweisenden Sinn abzuändern, in eventu, es aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an eine der Vorinstanzen zurückzuverweisen.
Die klagende Partei begehrt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Das ua in Österreich und in der Bundesrepublik Deutschland (Wechselinland) auf Grund des Anhanges I zum Genfer Wechselrechtsabkommen im wesentlichen gleichlautende Wechselgesetz enthält keine Vorschriften darüber, ob und mit welcher Wirkung bei der Wechselzeichnung eine Vertretung zulässig ist. Diese Frage ist nach allgemeinem Privatrecht zu beantworten (SZ 39/162 mwN; Kapfer, Handkommentar z WG 59).
Da die Erteilung der Vollmacht durch den Beklagten an seinen Vater einen Sachverhalt mit Auslandsberührung darstellt (Machtgeber und Machthaber sind deutsche Staatsbürger, Erteilung der Vollmacht in der Bundesrepublik Deutschland), ist zunächst auf Grund der in § 49 IPR-Gesetz enthaltenen Kollisionsnormen das für die Beurteilung des Bevollmächtigungsverhältnisses maßgebende Sachrecht zu ermitteln. Gemäß § 49 Abs 1 IPR-Gesetz sind die Voraussetzungen und Wirkungen der gewillkürten Stellvertretung primär nach dem Recht zu beurteilen, das der Geschäftsherr in einer für den Dritten erkennbaren Weise bestimmte. Lehre (Feil, IPR-Gesetz 266; und grundsätzlich auch Schwimann, Grundriß 93) und Rechtsprechung (so jüngst 8 Ob 27/88) legen diese Bestimmung, den erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zum IPR-Gesetz folgend (784 BlgNR 14. GP, 66) folgend so aus, die Erteilung einer Vollmacht zwischen deutschen Staatsbürgern in Deutschland unter ausdrücklicher Erlassung der Beschränkungen des § 181 BGB (also unter Bezugnahme auf ein Gesetz der Bundesrepublik Deutschland - wie auch hier: s Beilage./A) lasse nur den Schluß zu, daß alle mit der Erteilung der Vollmacht gegenüber Dritten begründeten Wirkungen im Sinne des damit zum Ausdruck gebrachten Willens des Geschäftsherrn nach deutschem Recht beurteilt werden sollen.
Demnach sind Umfang und Wirkung der Vollmacht Beilage ./A nach deutschem Recht zu beurteilen. Das BGB enthält zum Umfang der Vollmacht - im Gegensatz zu § 1008 ABGB - keine nähere Regelung (Leptien in Soergel, Kommentar zum BGB12 I Rz 37 zu § 167). Für die Bestimmung des Umfanges der Vollmacht ist daher der geäußerte Wille des Vertretenen maßgebend (Dilcher in Staudinger, BGB12 Rz 84 zu § 167; Steffen in RGRK12 Rz 22 zu § 167). Die vom Beklagten erteilte Generalvollmacht berechtigte dessen Vater daher grundsätzlich zur Vornahme aller Rechtsgeschäfte, ausgenommen ganz außergewöhnliche Geschäfte, die erkennbar und eindeutig den Vollmachtgeber schädigen sollten (8 Ob 27/88). Von dem genannten Ausnahmegrund ist die Übernahme einer Wechselbürgschaft nicht erfaßt, handelt es sich doch dabei nicht um ein ganz außergewöhnliches Geschäft, und zwar umso weniger als die Vollmacht sogar ausdrücklich zur Kreditaufnahme berechtigt.
Die vom Revisionswerber erhobenen Einwendungen gegen den Umfang der von ihm erteilten Vollmacht sind also nicht berechtigt, sodaß der nur darauf gestützten Revision der Erfolg zu versagen war. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.
Anmerkung
E18944European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1989:0080OB00048.89.0928.000Dokumentnummer
JJT_19890928_OGH0002_0080OB00048_8900000_000