Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Klinger, Dr. Schwarz und Dr. Graf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Werner U***,
Rechtsanwalt, 5230 Mattighofen, Stadtplatz 20, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der Firma R*** Bauunternehmung GesmbH, 5142 Eggelsberg Revier 6, wider die beklagte Partei Ing. Helmut Z***, Innenarchitekt, 5020 Salzburg, Canavalstraße 8, vertreten durch Dr. Reinhard Bruzek, Rechtsanwalt in Elsbethen, wegen Anfechtung (Streitwert S 98.777,60) infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 18. Mai 1989, GZ 4 R 180/88-9, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Ried im Innkreis vom 22. April 1988, GZ 3 Cg 74/88-5, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Kläger ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 4.629,60 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (einschließlich S 771,60 Umsatzsteuer) binnen vierzehn Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Über das Vermögen der Firma R*** Bauunternehmung GesmbH in Eggelsberg wurde am 17. Februar 1987 zu S 6/87 des KG Ried der Konkurs eröffnet.
In der vorliegenden, am 16. Februar 1988 bei Gericht eingelangten, auf Zahlung gerichteten Anfechtungsklage bringt der Kläger als Masseverwalter vor, der Beklagte habe für seine Tätigkeit beim Bauvorhaben H*** am 14. Oktober 1986 und somit innerhalb von 6 Monaten vor Konkurseröffnung von der nunmehrigen Gemeinschuldnerin eine Zahlung von S 98.777,60 erhalten. Da die Anfechtungsvoraussetzungen der §§ 27 ff KO, insbesondere die Anfechtbarkeit nach § 31 Abs. 1 Z 2 KO, vorlägen, werde diese Zahlung angefochten und das Begehren gestellt, der Beklagte sei schuldig, der klagenden Partei den vorgenannten Betrag samt Anhang zu bezahlen.
Der Beklagte beantragte Klageabweisung. Er habe im Jahre 1986 aus seiner Tätigkeit als selbständig planender Baumeister gegenüber der Firma R*** GesmbH Forderungen von rund S 640.000,-- gehabt, während dieser wiederum gegen die nunmehrige Gemeinschuldnerin verschiedene Forderungen zugestanden seien. Zur teilweisen Tilgung einerseits seiner Forderungen gegenüber der Firma R*** GesmbH und andererseits der Schulden der nunmehrigen Gemeinschuldnerin gegenüber dieser Gesellschaft habe die nunmehrige Gemeinschuldnerin einen Teil einer ihr gegen die Ehegatten H*** zustehenden Forderung und zwar in der Höhe des Klagebetrages am 6. Mai 1986 an die Firma R*** GesmbH und diese an ihn zediert. Die Zahlung sei durch Rechtsanwalt Dr. J*** als Treuhänder der Ehegatten H*** und somit nicht durch die Gemeinschuldnerin erfolgt. Darüberhinaus erhob der Beklagte weitere Einwendungen aus einem von ihm angeblich mit dem klagenden Masseverwalter geschlossenen Vergleich.
Dieses Vorbringen bestritt der Kläger mit folgenden Ausführungen: Richtig sei, daß die nunmehrige Gemeinschuldnerin am 6. Mai 1986 eine ihr gegenüber den Ehegatten H*** zustehende Forderung von S 360.000,-- teilweise an den Beklagten zediert habe. Für die "Verteilung und Überweisung" dieses Geldbetrages habe Dr. J*** die "unwiderrufliche Treuhandschaft" übernommen. Sowohl diese Zession als auch die Treuhandschaft seien jedoch gegenüber den Konkursgläubigern unwirksam, denn im Falle der Abdeckung einer Forderung des Beklagten gegen die Firma R*** GesmbH liege eine unentgeltliche Verfügung gemäß § 29 Abs. 1 KO und eine Benachteiligung der Gläubiger gemäß § 28 Z 2 KO vor, im Falle der Abdeckung einer Forderung des Beklagten - die Rechnungen seien nur pro forma von ihm an die Firma R*** GesmbH gelegt worden - gegen die nunmehrige Gemeinschuldnerin seien aber eine inkongruente Deckung sowie Begünstigung gegeben.
Der Beklagte brachte noch vor, die Frist zur Anfechtung der Zession nach § 31 KO sei bereits abgelaufen und eine Anfechtung nach § 30 Abs 1 Z 3 ZPO unzulässig, weil insoweit keine Klage erhoben worden sei.
Das Erstgericht wies die Klage ab. Es traf nachstehende Sachverhaltsfeststellungen:
Die nunmehrige Gemeinschuldnerin richtete am 6. Mai 1986 an den Beklagten sowie die Ehegatten H*** folgendes Schreiben:
"Der noch offene Restkaufschilling von S 360.000,-- plus die noch abzurechnenden Aufzahlungen für diverse Sonderausführungen werden mit schuldbefreiender Wirkung zur Zahlung nachstehender Handwerker und Firmen unwiderruflich zediert. Die jeweilige Schlußrechnungssumme wird vom Atelier Z*** geprüft und kann die Zahlung durch Herrn H*** direkt vorgenommen werden, wobei jedoch die nachstehenden jeweiligen Höchstsummen nicht überschritten werden dürfen.
Firma E*** H*** maximal S 65.000,--
Firma S*** UND H*** W*** max. S 90.000,--
Firma Wilhelm H*** Türen max. S 40.000,--
Firma Walter R*** maximal S 15.000,--
Firma Spenglerei N*** maximal S 50.000,--
Verbleibender Rest zuzüglich der noch offenen Aufzahlungen für Sonderwünsche an Atelier Ing. Helmut Z***, Canavalstraße 5820 Salzburg.
Diese Zessionsvereinbarung wird vom Geschäftsführer der Firma Bauunternehmung R*** GesmbH, Herrn Ernst R***, unwiderruflich angenommen. Sämtliche oben angeführten Zahlungen sind für Herrn und Frau H*** mit schuldbefreiender Wirkung auf den noch offenen Restkaufschillling. Herr Ing. Helmut Z*** verpflichtet sich, eine genaue Endaufstellung sämtlicher erfolgten Zahlungen samt den Überweisungsbeträgen der Firma Bauunternehmung R*** zu übergeben. Es wird festgestellt, daß für den noch offenen Restkaufschilling keine anderen Zessionen bestehen."
Dieses Schreiben wurde von den Adressaten unterfertigt. Mit Schreiben der Firma Bauunternehmung R*** GesmbH vom 30. Juli 1986, unterfertigt auch von den Ehegatten H***, erteilten diese Dr. J*** den Auftrag, im Sinne des Schreibens des Beklagtenvertreters vom 22. Juli 1986 die unwiderrufliche Treuhandschaft über die Geldverteilung an die Firmen gemäß der Zessionsvereinbarung vom 6. Mai 1986 zu übernehmen; sie ersuchten Dr. J***, die Annahme dieses Auftrages dem Beklagtenvertreter schriftlich zu bestätigen. Dieser Auftrag wurde von Dr. J*** angenommen.
In seiner rechtlichen Beurteilung führte das Erstgericht aus, daß sich die vom Kläger angefochtene Zahlung auf die unangefochtene Zession vom 6. Mai 1986 gründe, zu deren Durchführung Dr. J*** mit Schreiben vom 30. Juli 1986 der unangefochtene Treuhandauftrag erteilt worden sei. Die Anfechtung der Zession und des Treuhandvertrages sei dem Kläger infolge Ablaufes der einjährigen Anfechtungsfrist des § 43 Abs. 2 KO nicht mehr möglich. Der gegenständliche Sachverhalt könne daher analog einem Sachverhalt beurteilt werden, bei dem der Zahlung eine von vornherein außerhalb der Fristen der §§ 30 und 31 KO erfolgte unwiderrufliche Zession zugrundeliege. Diesbezüglich habe der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, daß die Auszahlung eines vom späteren Gemeinschuldner außerhalb der Anfechtungsfrist bei einem Treuhänder erlegten Betrages, dessen Rücknahme vereinbarungsgemäß nicht mehr möglich gewesen sei, nicht mehr angefochten werden könne. Es sei daher auch im gegenständlichen Verfahren mangels angefochtener Zession die Anfechtbarkeit der darauf gegründeten Zahlung zu verneinen und das Klagebegehren ohne weitere Beweisaufnahme abzuweisen. Das aus dem Berufungsgrunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung angerufene Gericht zweiter Instanz gab der Berufung nicht Folge. Es sprach aus, daß die Revision zulässig sei. Ausgehend von den Bestimmungen des § 43 Abs. 1 und 2 KO und der im Verfahren erfolgten Anfechtung der vom Beklagten behaupteten, mehr als sechs Monate vor der Konkurseröffnung liegenden Zession und Treuhandvereinbarung durch den Kläger vertrat es die Rechtsansicht, es sei jedenfalls immer erforderlich, die tatsächlich angefochtene Rechtshandlung (vgl. § 27 KO) wenn schon nicht in einem Rechtsgestaltungsbegehren so jedenfalls in der Klageerzählung bestimmt anzugeben. Abgesehen von den allgemeinen Erwägungen über die Schlüssigkeit einer Klage folge dies aus dem besonderen Umstand, daß das Gericht in der Lage sein müsse, auch die weiteren für eine Anfechtung einzuhaltenden (materiell-rechtlichen) Fristen zu überprüfen. Wenn auf Grund einer weiteren, vom Beklagten gegen die bloß die Zahlung anfechtenden Klage eingewendeten Rechtshandlung eine Zahlung unanfechtbar werde so daß der klagende Masseverwalter genötigt sei, zur Rettung des Erfolges der Anfechtungsklage auch diese weitere Rechtshandlung anzufechten, so erweitere er damit den rechtserzeugenden Sachverhalt und nehme eine weitere, das Zahlungsbegehren rechtfertigende Rechtsgestaltung vor. Bei dieser Änderung des Vorbringens der rechtserzeugenden Tatsachen handle es sich um eine Änderung des Klagegrundes und damit um eine Klageänderung im Sinne des § 235 ZPO. Eine derartige Änderung der Anfechtungsklage müsse jedoch innerhalb der Frist des § 43 Abs. 2 KO vorgenommen werden; auf die Frage der (unverschuldeten) Unkenntnis des klagenden Masseverwalters vom Einwand des Beklagten komme es nicht an. Der Kläger habe eine Anfechtung der die angefochtene Zahlung unanfechtbar machenden Vereinbarung innerhalb der Frist des § 43 Abs. 2 KO nicht vorgenommen.
Der Berufung müsse daher ein Erfolg versagt bleiben. Gegen die berufungsgerichtliche Entscheidung erhebt der Kläger eine auf § 503 Abs. 1 Z 4 ZPO gestützte Revision mit dem sinngemäßen Antrag auf Aufhebung der vorinstanzlichen Urteile und Rückverweisung der Rechtssache an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung.
Der Revisionswerber führt aus, die Einrede der Anfechtbarkeit unterliege im allgemeinen keiner Befristung. Durch die Replik der klagenden Partei sei das Klagebegehren, das auf Zahlung laute, nicht geändert worden. Bei der Anfechtungsklage genüge ein Leistungsbegehren. Da die Replik zu keiner Änderung des Klagebegehrens führe und auch das Leistungsbegehren rechtfertige, liege keine Änderung des Klagegrundes vor, sodaß dafür die Frist des § 43 (2) KO nicht gelte. Grundsätzlich sei davon auszugehen, daß nach § 43 KO für die einredeweise Geltendmachung einer Anfechtung keine Frist gegeben sei und daß die Klagefrist nach § 43 Abs. 2 KO nur den Sinn habe, jenen Gläubigern, welche Sicherstellung oder Befriedigung erhalten hätten, innerhalb angemessener Frist die Gewißheit darüber zu verschaffen, ob der Vorteil, den sie erhalten hätten, vom Masseverwalter angefochten werde oder nicht. Durch die Anfechtung der Zahlung habe der Masseverwalter kundgetan, daß er die Bevorzugung des einzelnen Gläubigers anfechte. Die innerhalb der Anfechtungsfrist liegende Zession sei nicht Selbstzweck, sondern diene nur dazu, dem Gläubiger letztlich Befriedigung zu verschaffen. Mit der Anfechtung der Befriedigung sei für den Gläubiger die Gewißheit gegeben, daß (soweit gesetzlich zulässig) auch andere, dazugehörige Rechtshandlungen vom Masseverwalter als ungerechtfertigte Bereicherung angesehen würden.
Rechtliche Beurteilung
Den Revisionsausführungen kann nicht gefolgt werden. Gemäß § 43 Abs. 1 KO kann die Anfechtung von Rechtshandlungen im Sinne der §§ 27 ff KO durch Klage oder Einrede geltend gemacht werden. Die Klage muß nach § 43 Abs. 2 KO binnen Jahresfrist nach Konkurseröffnung eingebracht werden. Wird die Anfechtung durch Einrede geltend gemacht, so gilt die Jahresfrist des § 43 Abs. 2 KO nicht (8 Ob 668/86 = RdW 1988, 14 = BA 1987, 581 mwN). Dies setzt allerdings voraus, daß die einredeweise Geltendmachung nicht angriffsweise geschieht. Wird der Anfechtungsanspruch durch Gegeneinrede, also in der Form einer Replik geltend gemacht, dann kommt es darauf an, ob mit dieser Gegeneinrede des Masseverwalters die Anfechtbarkeit erstmals ins Spiel gebracht wird. König, Die Anfechtung nach der Konkursordnung, Rz 425, führt hiezu ua als Beispiel die Kaufpreisklage des Masseverwalters an, welcher die Einrede des Schulderlasses gegenübergestellt wurde, worauf die Einrede der Anfechtbarkeit dieses Schulderlasses erhoben wird. In einem solchen Falle dient die Anfechtungsreplik eben lediglich der Abwehr und Aufrechterhaltung des ursprünglichen Klagegrundes. Petschek-Reimer-Schiemer, Österreichisches Insolvenzrecht 417, führen ebenfalls aus, der Masseverwalter müsse mit der Anfechtungsreplik wiederum den ursprünglichen Klagegrund zur Wirksamkeit bringen. Eine solche Replik ist unbefristet. Hier war auf Grund einer von der Gemeinschuldnerin verfügten unwiderruflichen Zession und unwiderruflichen Treuhandschaft auch zugunsten der Ehegatten H*** von diesen an den Treuhänder (Schreiben Beilage ./4 vom 30. Juli 1986) und von diesem an den Beklagten geleistet worden. Der Masseverwalter, dem die Zession und Treuhandschaft gar nicht bekannt war, hat zunächst nur die vom Beklagten erlangte Zahlung und erst nach Einrede betreffend die Zession und Treuhandschaft diese beiden Rechtshandlungen angefochten. Damit begehrte er nicht mehr Rückzahlung einer angeblich von der Gemeinschuldnerin erbrachten Zahlung, sondern die Rückleistung des vom Anfechtungsgegner auf Grund der Zession und der unwiderruflichen Treuhandschaft Erlangten, das die Gemeinschuldnerin selbst vom Treuhänder aber nicht mehr (einseitig) zurückfordern hätte können (vgl. Kuhn-Uhlenbruck KO10 Rz 12 a zu § 41). Mit dieser Anfechtung einer anderen Rechtshandlung hat er einen neuen rechtserzeugenden Tatbestand geltend gemacht, also im Wege der Klageänderung einen neuen Klagegrund herangezogen und ist solcherart neuerlich angriffsweise gegen den Beklagten vorgegangen. Hiezu hätte die Frist des § 43 Abs. 2 KO nicht verstrichen sein dürfen (vgl. König aaO; EvBl. 1986/165; JBl. 1987/48 ua). Da dies aber der Fall ist und die Zahlung selbst keine anfechtbare Rechtshandlung der Gemeinschuldnerin darstellt, haben die Vorinstanzen ohne Rechtsirrtum das Klagebegehren abgewiesen.
Der Revision war demnach ein Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.
Anmerkung
E18922European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1989:0080OB00621.89.0928.000Dokumentnummer
JJT_19890928_OGH0002_0080OB00621_8900000_000