Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 28.September 1989 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hörburger (Berichterstatter), Dr. Brustbauer, Dr. Kuch und Dr. Markel als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr. Toth als Schriftführerin in der Strafsache gegen Mohammad Reza G*** C*** wegen des Vergehens der versuchten Entwendung nach §§ 15, 141 StGB. über die von der Generalprokuratur zur Wahrung des Gesetzes gegen die Strafverfügung des Strafbezirksgerichts Wien vom 7.Februar 1989, GZ. 7 U 2054/89-3, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalts Dr. Jerabek, jedoch in Abwesenheit des Verurteilten, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Strafverfügung des Strafbezirksgerichts Wien vom 7. Februar 1989, GZ. 7 U 2054/89-3, verletzt den § 42 StGB. Gemäß § 292 StPO. wird die Strafverfügung aufgehoben und das Verfahren gemäß § 451 Abs. 2 StPO. eingestellt.
Text
Gründe:
Am 7.Februar 1989 erließ das Strafbezirksgericht Wien im Verfahren 7 U 2054/89 gegen den am 3.September 1967 geborenen Mohammad Reza G*** C*** eine Strafverfügung wegen des Vergehens der versuchten Entwendung nach §§ 15, 141 StGB. Ihm wurde zur Last gelegt, am 30.Dezember 1988 in Wien aus Unbesonnenheit versucht zu haben, sich in einem Selbstbedienungsladen eine Packung Präservative im Wert von 42,90 S anzueignen.
Rechtliche Beurteilung
Diese am 10.März 1989 rechtskräftig gewordene Strafverfügung verletzt das Gesetz in der Bestimmung des § 42 StGB. Geringe Schuld i.S. des § 42 Abs. 1 StGB. verlangt ein erhebliches Zurückbleiben des tatbildmäßigen Verhaltens des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt (Foregger-Serini-Kodek MKK.4 Anm. III 1 zu § 42 StGB. m.w.N.). Im gegenständlichen Fall hat der unbescholtene und polizeilich nicht vorgemerkte Verurteilte aus Unbesonnenheit in einem einmaligen Angriff eine Sache zu entziehen versucht, deren Wert ganz erheblich unter dem für eine Beurteilung als Entwendung maßgebenden Grenzwert liegt. Nach seiner Darstellung hat er einen starken sexuellen Drang verspürt, als er die Präservative sah und eine Packung an sich genommen. Bei seiner Anhaltung war der Täter voll geständig. Unter diesen Umständen ist seine Schuld sowohl absolut als auch im Vergleich zu den typischen Fällen der Entwendung geringfügig, auch eine Bestrafung unter dem Gesichtspunkt der Spezialprävention ist nicht geboten. Erwägungen der Generalprävention sind zwar auch bei Delikten dieser Art und überhaupt bei der Anwendung des § 42 StGB. (siehe Z. 3) zu beachten. Indes ist die Tat beim Versuch geblieben und hatte keine anderen Auswirkungen. Nach den Umständen des vorliegenden Falls, auf den abzustellen ist (EvBl. 1986/82), ist jedoch unter dem Aspekt der Generalprävention eine Bestrafung vor allem deshalb nicht erforderlich, weil die prompte öffentliche Reaktion auf das deliktische Verhalten in der Form der sofortigen sicherheitsbehördlichen Amtshandlung auf dem Tatort eine Verunsicherung des allgemeinen Rechtsbewußtseins hintangehalten hat (vgl. Pallin im WK. zu § 42 StGB. Rz 17).
Es war daher in Stattgebung der vom Generalprokurator gemäß § 33 Abs. 2 StPO. erhobenen Beschwerde nach §§ 292, 451 Abs. 2 StPO. mit Verfahrenseinstellung im Grund des § 42 StGB. vorzugehen.
Anmerkung
E18782European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1989:0130OS00101.89.0928.000Dokumentnummer
JJT_19890928_OGH0002_0130OS00101_8900000_000