TE OGH 1989/10/4 14Os121/89 (14Os122/89)

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Veröffentlicht am 04.10.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 4.Oktober 1989 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Lachner, Dr. Massauer und Dr. Markel als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Siegl als Schriftführer in der Strafsache gegen Andreas R***, Christian K*** wegen des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 und 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung und die Beschwerde des Angeklagten Christian K*** und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 14.März 1989, GZ 2 b Vr 9425/88-52, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung sowie über die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet. Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des bisherigen Verfahrens über seine Rechtsmittel zur Last.

Text

Gründe:

Christian K*** wurde des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 und 2 StGB schuldig erkannt, weil er am 9.September 1988 in Wien gemeinsam mit (dem in erster Instanz rechtskräftig verurteilten) Andreas R*** der Hildegard S*** die Handtasche mit 180 S Bargeld mit Gewalt und dem Vorsatz wegnahm, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem Andreas R*** gewaltsam an der Handtasche anriß, während sich Christian K*** unmittelbar hinter der Überfallenen aufhielt, um dem Vorgehen des R*** Nachdruck zu verleihen, wobei der Raub ohne Anwendung erheblicher Gewalt an einer Sache geringen Wertes begangen wurde und die Tat unbedeutende Folgen nach sich gezogen hat.

Rechtliche Beurteilung

Der Angeklagte bekämpft den Schuldspruch mit einer auf § 281 Abs 1 Z 5, 5 a, 9 lit a und 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Die Mängelrüge (Z 5) richtet sich zunächst gegen die Feststellung als aktenwidrig, die Täter hätten spontan den Entschluß gefaßt, der Frau die Tasche zu entreißen, wozu sie sich durch einen Blick verständigt hätten, wobei R*** gemeint habe "So jetzt gemma". Dazu wiederholt der Beschwerdeführer allerdings lediglich seine von den Tatrichtern abgelehnte Verantwortung, er sei an der Straftat R*** nicht beteiligt gewesen. Wenn diesbezüglich betont wird, dies könne aus der Aussage seines Komplizen vor der Polizei, beiden Tätern sei die Idee gekommen, der Frau die Handtasche wegzunehmen, nicht geschlossen werden, weil daraus nur Diebstahl ableitbar wäre, übersieht die Beschwerde, daß die in diesem Zusammenhang zugestandene Sachwegnahme auch Tatbestandsmerkmal des Raubes ist. Damit macht sie aber auch nicht geltend, daß die Entscheidungsgründe den eine entscheidende Tatsache betreffenden Inhalt eines Beweismittels in seinen wesentlichen Teilen unrichtig oder unvollständig wiedergeben würden, wodurch alleine eine die Nichtigkeit der Entscheidung herbeiführende Aktenwidrigkeit begründet werden könnte (EvBl 1972/17).

Ebenso bekämpft wird die Feststellung, beide Angeklagten seien hinter dem Raubopfer gestanden, im selben Moment habe ihm R*** die Tasche entrissen. Die Zeugin hatte dazu deponiert, als sie sich umgedreht und beide gesehen habe, sei die Tasche schon weggewesen. Auch aus dieser Aussage konnte das Schöffengericht jedoch den Schluß ziehen, daß beide Täter auch unmittelbar vorher schon hinter dem Opfer standen.

In Wahrheit versucht der Beschwerdeführer damit nur in einer im Nichtigkeitsverfahren unzulässigen Weise seiner Verantwortung der erstrichterlichen Beweiswürdigung entgegen zum Durchbruch zu verhelfen. Dies gilt gleichermaßen für die mit den täglichen Lebenserfahrungen nicht in Einklang stehende Beschwerdebehauptung, der Angeklagte habe wegen der geringen räumlichen Entfernung des Opfers zur Parkbank nicht erschließen können, daß R*** der Frau die Tasche entreißen wollte.

Dem weiteren Vorbringen zuwider hat das Schöffengericht eindeutig festgestellt, daß R*** der Frau die Tasche mit Gewalt entriß und sie dieser Gewaltanwendung nichts entgegensetzen konnte (US 5 und 6) und konnte sich dabei auf die gemäß § 258 Abs 2 StPO als glaubwürdig erachtete Aussage der Zeugin stützen (AS 169 iVm 96; AS 171). Eine weitere Präzisierung der Gewaltanwendung war angesichts dieser Tatschilderung zur Begründung des Schuldspruchs weder notwendig noch möglich. Reine Behauptung bleibt in diesem Zusammenhang, daß eine Handverletzung der Zeugin unvermeidlich gewesen wäre, hätte sie den Tragriemen der Tasche nur entsprechend festgehalten. Wenn an der Tasche gerissen wird, ist das Ausbleiben einer Handverletzung selbst bei festem Halten eines Tragriemens keineswegs denkunmöglich, der diesbezügliche Schluß auch nicht mit logischen Mängeln behaftet.

Die Tatsachenrüge (Z 5 a) wendet sich im Kern nur dagegen, daß das Gericht die Verantwortung des Beschwerdeführers, an der Tat nicht beteiligt gewesen zu sein, als unglaubwürdig abgelehnt hat. Damit zeigt sie aber nicht auf, inwiefern der Schöffensenat gegen seine Pflicht zur amtswegigen Erforschung der materiellen Wahrheit durch Übergehen aktenkundiger Umstände auf eine Weise verstoßen hätte, daß daraus erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit des dem Schuldspruch zugrunde liegenden entscheidenden Sachverhalts resultieren müßten. Der Oberste Gerichtshof gelangt vielmehr nach eingehender Prüfung der zu diesem Nichtigkeitsgrund vorgebrachten Einwände und des Akteninhalts zur Überzeugung, daß sich gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrundeliegenden entscheidenden Tatsachen - insbesondere bei Bedacht auf § 258 Abs 2 StPO - keine erheblichen Bedenken ergeben.

Nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt ist die (nominell auf Z 9 lit a und 10, inhaltlich nur auf Z 9 lit a gestützte) Rechtsrüge, wenn sie releviert, eine Einschüchterungshandlung sei nicht festgestellt worden. Sie geht damit an den ausdrücklichen tatrichterlichen Konstatierungen zur Rolle des Beschwerdeführers vorbei, die festhalten, daß es für das Gelingen der Tat nicht unwesentlich war, daß noch ein zweiter, jederzeit zum Eingreifen bereiter Täter neben jenem stand, der die Tasche unmittelbar an sich brachte (US 9).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils als nicht dem Gesetz entsprechend ausgeführt gemäß § 285 d Abs 1 Z 1 StPO iVm § 285 a Z 2 StPO, teils als offenbar unbegründet gemäß § 285 d Abs 1 Z 2 StPO schon in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen. Zur Entscheidung über die Berufung sowie über die Beschwerde gegen den in sachlichem Zusammenhang mit dem Strafausspruch stehenden Widerrufsbeschluß ist das Oberlandesgericht Wien zuständig (§§ 285 i iVm 494 a Abs 5 StPO).

Anmerkung

E18803

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0140OS00121.89.1004.000

Dokumentnummer

JJT_19891004_OGH0002_0140OS00121_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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