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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
ABGB §1332;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2005/18/0586Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, in der Beschwerdesache des S, geboren 1976, vertreten durch Dr. Hans-Moritz Pott, Rechtsanwalt in 8970 Schladming, Ritter-von-Gersdorff-Straße 64, über 1. den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg vom 12. Juli 2005, Zl. Fr-69/1/05, betreffend Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes, und
2. die Beschwerde gegen den genannten Bescheid, den Beschluss gefasst:
Spruch
1. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird abgewiesen.
2. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg (der belangten Behörde) vom 12. Juli 2005 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen mazedonischen Staatsangehörigen, gemäß § 36 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1 Fremdengesetz 1997 ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen.
Zur Begründung wurde von der belangten Behörde u.a. der Umstand herangezogen, dass der Beschwerdeführer im Februar 2004 zu einer unbedingten Zusatzfreiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren, zehn Monaten und 25 Tagen rechtskräftig verurteilt worden sei.
Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer nach dessen Vorbringen am 22. Juli 2005 zugestellt.
2. Mit dem gegenständlichen, am 13. September 2005 zur Post gegebenen Schriftsatz beantragt der Beschwerdeführer die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen den Ablauf der Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den genannten Bescheid und holt gleichzeitig die Beschwerde nach, in der die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt wird.
II.
A. Zum Antrag auf Wiedereinsetzung:
1. Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
Nach der hg. Rechtsprechung trifft das Verschulden des Parteienvertreters die von diesem vertretene Partei. Dabei stellt ein einem Rechtsanwalt widerfahrenes Ereignis einen Wiedereinsetzungsgrund für die Partei nur dann dar, wenn dieses Ereignis für den Rechtsanwalt selbst unvorhergesehen oder unabwendbar war und dem Rechtsanwalt höchstens ein Versehen minderen Grades vorzuwerfen ist. Ein Verschulden, das über den minderen Grad des Versehens hinausgeht, schließt die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aus. Der Begriff des minderen Grades des Versehens ist als leichte Fahrlässigkeit im Sinn des § 1332 ABGB zu verstehen. Der Wiedereinsetzungswerber bzw. sein Vertreter darf also nicht auffallend sorglos gehandelt, somit die im Verkehr mit Gerichten und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen haben. Dabei ist an berufliche rechtskundige Parteienvertreter ein strengerer Maßstab anzulegen als an rechtsunkundige Personen. (Vgl. aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa das zu § 71 Abs. 1 AVG ergangene, jedoch auch hier maßgebliche Erkenntnis vom 3. August 2000, Zl. 2000/18/0032.)
2. Der Beschwerdeführer bringt vor, dass ihm sein damaliger rechtsfreundlicher Vertreter den angefochtenen Bescheid am 1. August 2005 an die vor Haftantritt bestehende Wohnadresse in N. mit dem Hinweis zugestellt habe, dass die Erhebung einer Verwaltungsgerichtshofbeschwerde möglich wäre und diesbezüglich um Kontaktaufnahme ersucht würde. Der Rechtsvertreter habe gewusst, dass sich der Beschwerdeführer nicht an seiner Wohnanschrift, sondern zum Vollzug der über ihn verhängten unbedingten Freiheitsstrafe in der Justizanstalt Suben befinde. Der Beschwerdeführer habe den angefochtenen Bescheid erst anlässlich eines Hafturlaubes am Freitag den 2. September 2005 zwischen 17.30 Uhr und 18.00 Uhr vorgefunden. Er habe sich sofort mit der Kanzlei seines Rechtsanwaltes in Verbindung gesetzt, von dieser jedoch die Auskunft erhalten, dass ein Termin frühestens am 5. September 2005 möglich sei. Auf das Problem des Fristablaufes sei er bei diesem Telefonat nicht hingewiesen worden. Er sei der Meinung gewesen, dass die Beschwerdefrist frühestens Anfang August zu laufen begonnen habe. Erst beim Gespräch mit seinem Rechtsvertreter am 5. September 2005 habe er erfahren, dass diese Frist bereits am 22. Juli 2005 zu laufen begonnen habe und daher bereits abgelaufen sei.
Der Beschwerdeführer sei daher durch ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis an der rechtzeitigen Einbringung der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde gehindert gewesen.
3. Der Beschwerdeführer wurde somit nach seinem Vorbringen an der rechtzeitigen Beschwerdeeinbringung gehindert, weil er erst am Freitag den 2. September 2005 - also am letzten Tag der Beschwerdefrist - zwischen 17.30 Uhr und 18.00 Uhr Kenntnis von der Erlassung des angefochtenen Bescheides erhalten habe und an diesem Tag eine Besprechung mit seinem Rechtsvertreter zwecks Beschwerdeeinbringung nicht mehr möglich gewesen sei. Die verspätete Information des Beschwerdeführers sei darauf zurückzuführen, dass der Rechtsvertreter das diesbezügliche Schreiben an die Wohnanschrift und - obwohl ihm die Strafhaft des Beschwerdeführers bekannt gewesen sei - nicht an die Justizanstalt Suben gesendet habe.
Nach dem Antragsvorbringen ist somit der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers der ihn nach der hg. Judikatur treffenden Verpflichtung, alle ihm zumutbaren Anstrengungen zu unternehmen, um den Beschwerdeführer vom Inhalt des Bescheides und den damit verbundenen Rechtsfolgen (rechtzeitig) in Kenntnis zu setzen, nicht nachgekommen (vgl. den hg. Beschluss vom 24. Mai 2002, Zlen. 2002/18/0104, 0105), wobei bei einer derartigen Vorgangsweise nicht mehr von einem minderen Grad des Versehens gesprochen werden kann.
4. Da somit unter Zugrundelegung des Vorbringens des Beschwerdeführers die Fristversäumnis durch ein - nach den Ausführungen unter 1. dem Beschwerdeführer zurechenbares - Fehlverhalten des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers verursacht wurde, das den Grad des minderen Versehens übersteigt, war der Antrag auf Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 46 Abs. 4 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung abzuweisen.
B. Zur Beschwerde:
1. Im Hinblick darauf, dass der angefochtene Bescheid dem (damaligen) Rechtsvertreter des Beschwerdeführers am 22. Juli 2005 zugestellt, die vorliegende Beschwerde erst am 13. September 2005, also nach Ablauf der sechswöchigen Beschwerdefrist, zur Post gegeben und der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgewiesen worden ist, war die Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen Versäumung der Frist zur ihrer Einbringung ohne weiters Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.
2. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Wien, am 15. November 2005
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2005180585.X00Im RIS seit
13.02.2006