Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei V*** B*** K***
(VBK), Wien 9., Maria-Theresien-Straße 11, vertreten durch Dr. Michel Walter, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei O*** V*** G*** mbH, Wien 4., Gußhausstraße 12,
vertreten durch Dr. Axel Friedberg, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung, Urteilsveröffentlichung und Schadenersatz (Streitwert im Provisorialverfahren S 320.000), infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 22. Juni 1989, GZ 5 R 101/89-7, womit der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 30. März 1989, GZ 38 Cg 74/89-3, abgeändert wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen; die klagende Partei hat die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung vorläufig selbst zu tragen.
Text
Begründung:
Die Beklagte ist Medieninhaberin (Verlegerin) der Zeitschrift "O*** - Das Topmagazin für Finanzen und Recht". In der Ausgabe 5/88 dieser Zeitschrift wurde ein Artikel unter dem Titel "K***" veröffentlicht; Gegenstand dieses Artikels waren Äußerungen des Dorotheum-Kunstchefs Hans-Otto R*** über die bevorstehende Kunstauktion des Dorotheums vom 18.Mai 1988 und die bei dieser Gelegenheit zur Versteigerung kommenden Werke prominenter Künstler. Der Artikel war mit Reproduktionen der Werke "Ohne Titel" von Arnulf R*** und "Haarmann" von Alfred H*** illustriert; als Druckvorlagen hatte die Beklagte Diapositive verwendet, die ihr vom Veranstalter der Auktion zur Verfügung gestellt worden waren. Mit Schreiben vom 22.Juni 1988 stellte die klagende V***, zu deren Werkbestand die Werke Arnulf
R*** gehören, der Beklagten Reproduktionsgebühren in der Höhe von 2822 S in Rechnung; die Beklagte hat diesen Betrag nicht gezahlt. In der Ausgabe 11/88 der Zeitschrift "O***" erschien ein Artikel mit dem Titel "Das doppelte Copyright". Darin vertritt der Autor die Auffassung, daß es sich bei der erwähnten Veröffentlichung im Heft 5/88 um eine auf Grund der freien Werknutzung zugunsten der Berichterstattung über Tagesereignisse zulässige Reproduktion gehandelt habe. Dieser Artikel war mit sechs Teilreproduktionen des erwähnten Werkes Arnulf R*** illustriert.
Weder Arnulf R*** noch die Klägerin hatten den Veröffentlichungen dieses Werkes zugestimmt.
Mit der Behauptung, daß die Beklagte durch die Vervielfältigung und Verbreitung des genannten Werkes Arnulf R*** das der Klägerin zur treuhändigen Wahrnehmung zustehende Verwertungsrecht verletzt habe, ohne sich auf eine freie Werknutzung nach § 42 a UrhG berufen zu können, begehrt die Klägerin zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu verbieten, Werke der bildenden Kunst zu vervielfältigen und/oder zu verbreiten bzw vervielfältigen und/oder verbreiten zu lassen, die durch die Zugehörigkeit des Künstlers zur Klägerin oder zu einer ausländischen Gesellschaft desselben Geschäftszwecks, mit der die Klägerin im Vertragsverhältnis steht, zum Werkbestand der Klägerin gehören; dieses Verbot erstrecke sich insbesondere auf das Werk "Ohne Titel" von Arnulf R***, das in den Ausgaben 5/88 (S 50) und 11/88 (S 114/115) der Zeitschrift "O***" wiedergegeben ist, und gelte insbesondere dann, wenn das in veränderter Form erfolge. Die Beklagte beantragt die Abweisung des Sicherungsbegehrens. Da das in Rede stehende Werk Arnulf R*** Gegenstand einer unmittelbar bevorstehenden Versteigerung gewesen sei, liege eine freie Werknutzung nach § 54 Z 2 UrhG vor, weil die Zeitschrift der Beklagten als "ähnliche Werbeschrift" im Sinne dieser Gesetzesstelle anzusehen sei und ihr Abgabepreis die Herstellungskosten nicht decke; überdies liege eine Berichterstattung über ein Tagesereignis (§ 42 a UrhG) vor. Auch fehle es an der erforderlichen Wiederholungsgefahr.
Der Erstrichter erließ die einstweilige Verfügung mit der Beschränkung, daß sich das Verbot (insbesondere) auf das Werk "Ohne Titel" von Arnulf R*** erstrecke, das in der Ausgabe 11/88 (S 114/115) der Zeitschrift "O***" wiedergegeben sei; hingegen wies er das Mehrbegehren, daß sich das Verbot auch auf die Veröffentlichung in der Ausgabe 5/88 (S 50) der erwähnten Zeitschrift beziehe, ab. Die Zeitschrift der Beklagten sei keine Werbeschrift im Sinne des § 54 Z 2 UrhG. Die Veröffentlichung des Werkes Arnulf R*** in der Ausgabe 11/88 sei aber auch keine "Berichterstattung über ein Tagesereignis", sondern ein redaktioneller Beitrag über die Tantiemenforderung der Klägerin. Die beanstandete Veröffentlichung in der Ausgabe 5/88 falle hingegen unter die freie Werknutzung nach § 42 a UrhG, könnten doch auch künftige Ereignisse Gegenstand einer aktuellen Berichterstattung sein.
Das Rekursgericht änderte den - nur in seinem abweisenden Teil angefochtenen - Beschluß erster Instanz dahin ab, daß es die einstweilige Verfügung im Sinne des Antrages erließ, das Verbot also auch auf die Veröffentlichung des Werkes "Ohne Titel" in der Ausgabe 5/88 der Zeitschrift "O***" erstreckte; es sprach aus, daß der Wert des Beschwerdegegenstandes S 15.000, nicht aber S 300.000 übersteige und der Revisionsrekurs zulässig sei. Der am 19.4.1989 zur Post gegebene Rekurs der Klägerin sei entgegen der Meinung der Beklagten rechtzeitig, da der Tag der Zustellung der angefochtenen Entscheidung (5.4.1989) nach § 125 Abs 1 ZPO nicht mitzurechnen sei. Auch die Beschwer der Klägerin sei zu bejahen, weil ihrem Sicherungsantrag nicht im vollen Umfang entsprochen worden sei; nach dem Spruch und der zu seiner Auslegung heranzuziehenden Begründung des angefochtenen Beschlusses könnte nämlich die Klägerin wegen der Vervielfältigung eines Werkes im Zusammenhang mit einer bevorstehenden Kunstauktion oder eines ähnlichen Ereignisses nicht Exekution führen, weil in der Entscheidung klar zum Ausdruck komme, daß ein solches Verhalten als rechtmäßig anzusehen sei. Der Rekurs sei auch berechtigt:
Die Vervielfältigung und Verbreitung eines den Schutz des Urheberrechtes genießenden Werkes ohne Einwilligung des Urhebers verstoße grundsätzlich gegen das ausschließliche Vervielfältigungs- und Verbreitungsrecht des Urhebers (§ 15 Abs 1, § 16 Abs 1 UrhG) und berechtige daher zur Geltendmachung des Unterlassungsanspruches nach § 81 Abs 1 UrhG. Bestimmungen, die ausnahmsweise die Benützung urheberrechtlich geschützter Werke ohne Einwilligung des Urhebers gestatten, seien eng auszulegen, da das Urheberrecht den Schutz der Interessen der Urheber in den Vordergrund stelle; stünden diesen Interessen solche der Allgemeinheit gegenüber, dann habe eine Interessenabwägung stattzufinden.
Auch hinsichtlich der Veröffentlichung in der Ausgabe 5/88 ihrer Zeitschrift habe sich die Beklagte zu Unrecht auf die Ausnahmebestimmungen der §§ 42 a und 54 Z 2 UrhG berufen. Nach dem Zweck des § 54 Z 2 UrhG ("Katalogfreiheit") sei nur der Veranstalter der Versteigerung oder der das Werk zum Kauf anbietende Kunsthändler zum Eingriff in das Ausschließungsrecht des Urhebers befugt; im übrigen sei die Zeitschrift der Beklagten keine einem "Verzeichnis der feilgebotenen Werkstücke ähnliche Werbeschrift" im Sinne der genannten Gesetzesstelle.
Eine im Rahmen des Zwecks der Berichterstattung über eine Kunstauktion bleibende Abbildung einzelner Kunstwerke, die bei der Versteigerung öffentlich wahrnehmbar werden, sei zwar - wie in der Rechtsprechung und Lehre zu der dem § 42 a UrhG ähnlichen Bestimmung des § 50 dUrhG mehrfach ausgesprochen worden sei - nicht zu beanstanden. Der hier zur Beurteilung stehende Fall liege aber anders: § 42 a UrhG sei schon deshalb nicht anzuwenden, weil die vorliegende Abbildung - auch in Heft 5/88 - nicht im Rahmen einer "Berichterstattung über die Kunstauktion" gezeigt worden sei. Die Auslegung des § 42 a UrhG nach seinem Wortsinn, seiner Entstehungsgeschichte und seinem Zweck ergebe, daß eine "Berichterstattung über Tagesereignisse" nur dann vorläge, wenn über gegenwärtige Vorgänge - zB in Form einer Direktübertragung in Funk oder Fernsehen - oder in der jüngsten Vergangenheit liegende Vorgänge - in Form der Zeitungsberichterstattung - berichtet werde. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch sei unter einem "Bericht" die sachliche, nüchterne und folgerichtige Mitteilung (Darstellung) eines Geschehens oder eines Sachverhalts zu verstehen. Für den Bereich des Urheberrechtes sei dieser Begriff nicht anders aufzufassen. "Berichterstattung" sei somit die möglichst wirklichkeitsgetreue Wiedergabe oder sachliche Schilderung einer tatsächlichen Begebenheit; das Wesentliche an einem Bericht bleibe immer die wirklichkeitstreue Information über die tatsächlichen Vorgänge. Berichterstattung über ein Tagesereignis müsse immer die wirklichkeitsgetreue Schilderung einer tatsächlichen Begebenheit sein. "Tatsächliche Begebenheiten, Vorgänge, Geschehen oder Sachverhalte" könnten aber erst dann "sachlich, nüchtern und folgerichtig dargestellt", "möglichst wirklichkeitsgetreu wiedergegeben oder sachlich geschildert" werden, wenn sie sich bereits ereignet haben. In der Zukunft liegende Ereignisse könnten nur "angekündigt", "prognostiziert" oder "vorhergesehen" werden, aber nicht Gegenstand einer "Berichterstattung" sein. In der beanstandeten Publikation der Beklagten hätte allenfalls über die Vorbereitungen zur Kunstauktion berichtet werden können; nur dabei hätte es sich um gegenwärtige Vorgänge im Sinne der erwähnten Bestimmung gehandelt. Daß das Werk Arnulf R*** bei den Vorbereitungen überhaupt bzw vor der Veröffentlichung durch die Beklagte öffentlich wahrnehmbar geworden wäre, behaupte die Beklagte gar nicht; es sei daher nicht zu erörtern, ob es sich bei den Vorbereitungen zu einer Kunstauktion um ein Tagesereignis handelt, an dem ein Informationsinteresse der Öffentlichkeit besteht, das die Interessen des Künstlers an der Wahrung seiner Ausschließlichkeitsrechte übersteigt. Daß schon im Rahmen der "Ankündigung" eines künftigen Ereignisses Werke, die bei dem Ereignis - voraussichtlich oder möglicherweise - wahrnehmbar werden, abgebildet werden dürften, könne dem Wortlaut des Gesetzes nicht entnommen werden.
Auch aus der Entstehungsgeschichte des § 42 a UrhG müsse der gegenteilige Schluß gezogen werden. Schon der vor der Einführung dieser Bestimmung in Geltung gestandene § 49 UrhG habe auf der Überlegung beruht, daß es bei Berichten über Tagesereignisse oft unvermeidlich ist, Teile von Werken festzuhalten und dann öffentlich wiederzugeben; die Unterrichtung der Allgemeinheit über Tagesereignisse sollte nicht dadurch erschwert werden, daß sie an die Zustimmung der Urheber der geschützten Werke gebunden wird. Die freie Werknutzung im Zusammenhang mit der Berichterstattung über Tagesereignisse sei daher nur so weit zugelassen gewesen, als Werke mehr oder weniger beiläufig, etwa als Hintergrund oder nebensächliche Begleiterscheinung des mitgeteilten Ereignisses, wahrnehmbar geworden seien und die Wiedergabe des Werkes ein Produkt der Berichterstattung über einen Vorgang war.
Auf diese Gedankengänge gehe auch § 42 a UrhG zurück: Die Erweiterung des Umfanges der freien Werknutzung durch die Urheberrechtsgesetznovelle 1980 sei vom Gesetzgeber insbesondere mit der Notwendigkeit begründet worden, sie auch auf Werke der bildenden Kunst zu erstrecken und die Wiedergabe von Werken nicht nur in Teilen zuzulassen. Damit könne aber nicht unterstellt werden, daß die Absicht des Gesetzgebers dahin gegangen wäre, freie Werknutzungen auch dann einzuräumen, wenn die abgebildeten Werke nicht schon bei dem berichteten Vorgang öffentlich wahrnehmbar waren, sondern ihre Wiedergabe in Wahrheit nicht der Information über einen tatsächlichen Vorgang, sondern der Textillustration diene und damit die Benützung des Werkes im Vordergrund stehe. Das Werk selbst könne nämlich niemals ein "Vorgang" sein, über den berichtet werden könne. Auch wenn es bei der geltenden Rechtslage zulässig sein möge, das Werk selbständig und ohne einen das eigentliche Tagesereignis betreffenden Vorgang bildlich darzustellen, sei das in jedem Fall davon dabhängig, daß sich die Wiedergabe im Rahmen des Berichterstattungszweckes halte.
Auch aus dem Zweck der Vorschrift ergebe sich kein Anhaltspunkt für die Einräumung freier Nutzungen an Werken, die noch nicht öffentlich wahrnehmbar geworden sind. § 42 a UrhG solle eine umfassende Tatsachenberichterstattung auch über urheberrechtlich geschützte Werke, die im Verlauf von Tagesereignissen in Erscheinung treten, ermöglichen; dabei dürfe aber das Werk nur in einem durch den Zweck der Berichterstattung gebotenen Umfang wiedergegeben werden. Sei das Werk aber noch nicht in Erscheinung getreten, dann bestehe - da es selbst kein "Vorgang" sein könne, über den berichtet wird - kein Informationsinteresse der Allgemeinheit, das seine Vervielfältigung rechtfertigen könnte. Dieses Interesse könne auch nicht nachträglich - durch Wahrnehmbarwerden nach der Veröffentlichung - geschaffen werden.
Auch gebiete die Rechtssicherheit, daß sowohl der Störer als auch der Verletzte bereits im Zeitpunkt des Handelns des Störers beurteilen können, ob ein deliktisches Handeln vorliegt. Wollte man der Auffassung der Beklagten folgen, dann könnte erst nach Ablauf des angekündigten Vorganges - wenn feststeht, ob dabei das abgebildete Werk öffentlich wahrnehmbar geworden ist oder nicht - beurteilt werden, ob die Abbildung einen Verstoß gegen das Ausschließlichkeitsrecht des Urhebers bedeute. Dann wäre es aber auch vom Zufall oder vom Willen des Urhebers oder eines Dritten abhängig, ob die Vervielfältigung des Werkes gegen das Urheberrecht verstößt.
Schließlich sei zu berücksichtigen, daß im Interesse der Urheber auch die Möglichkeit von Mißbräuchen freier Werknutzungen möglichst hintangehalten werden solle. Die Reproduktion eines geschützten Werkes unter Hinweis auf künftige Ereignisse habe in Wahrheit den Charakter einer Textillustration, bei welcher der Werkgenuß gegenüber der "Berichterstattung" weiter in den Vordergrund trete, als dies für bloße Berichterstattungszwecke zulässig sein könne. Die Zulassung einer solchen Vorgangsweise würde den Interessen der bildenden Künstler, Vervielfältigungen ihrer Werke nur mit ihrer Zustimmung und gegen Entgelt zuzulassen, widerstreiten, ohne daß dies durch ein berechtigtes Informationsinteresse der Allgemeinheit gerechtfertigt wäre.
Gegen diesen Beschluß richtet sich der Revisionsrekurs der Beklagten mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und den Rekurs der Klägerin als verspätet zurückzuweisen; hilfsweise wird die Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses begehrt. Die Klägerin beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.
Der Auffassung der Beklagten, daß der Rekurs der Klägerin gegen den Beschluß erster Instanz verspätet war, kann nicht gefolgt werden:
Der Beschluß des Erstgerichtes über den Sicherungsantrag wurde der Klägerin am 5.4.1989 zugestellt; den Rekurs dagegen gab sie am 19.4.1989 zur Post. Damit hat aber die Klägerin die Rekursfrist von 14 Tagen (§ 402 Abs 1, letzter Satz, EO) eingehalten:
Die Rekursfrist beginnt nach §§ 78, 402 Abs 2 EO, § 521 Abs 2 ZPO mit der Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des anzufechtenden Beschlusses. Bei Berechnung einer Frist, die - wie hier - nach Tagen bestimmt ist, wird der Tag nicht mitgerechnet, in den der Zeitpunkt oder die Ereignung fällt, nach der sich der Anfang der Frist richten soll (§ 125 Abs 1 ZPO); der 5.4.1989 ist daher nicht mitzurechnen. Daß § 521 Abs 2 ZPO eine Spezialbestimmung gegenüber § 125 Abs 1 ZPO wäre, trifft nicht zu. In der erstgenannten Bestimmung wird das Ereignis angeführt, nach dem sich der Anfang der Frist richten soll - nämlich die Zustellung der anzufechtenden Entscheidung -; in § 125 Abs 1 ZPO wird hingegen eine allgemeine Regelung für die Berechnung der Fristen getroffen. § 521 Abs 2 ZPO stimmt im übrigen fast wörtlich mit § 464 Abs 2 ZPO - wonach die Berufungsfrist für jede Partei mit der an sie erfolgten Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Urteils beginnt - und mit § 505 Abs 2 ZPO - wonach die Revisionsfrist von der Zustellung des Berufungserkenntnisses an zu laufen beginnt - überein. Vor der Novelle 1986 BGBl 71, hatte § 521 Abs 2 ZPO angeordnet, daß die Rekursfrist mit dem Tag nach der Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des anzufechtenden Beschlusses beginne. Damit war für die vor der ZVN 1983 immer nur nach Tagen zu berechnende Rechtsmittelfrist bloß die Regel des § 125 Abs 1 ZPO wiederholt worden. Seit aber durch die ZVN 1983 BGBl 135 neben der 14-tägigen Rekursfrist auch eine vierwöchige, also nach Wochen zu berechnende Rekursfrist eingeführt worden war, hatte es im Hinblick auf die Berechnungsvorschrift des § 125 Abs 2 ZPO Unklarheiten gegeben, wonach (u.a.) eine nach Wochen bestimmte Frist an dem Tag endet, der die gleiche Benennung hat wie der Tag ihres Beginns. Bei wörtlicher Auslegung des § 125 Abs 2 ZPO aF konnte man demnach die Ansicht vertreten, daß die Frist nach 4 Wochen nicht am Tag mit der Benennung ende, die jener des Tages der Zustellung entspricht, sondern erst am darauffolgenden Tag, so daß die Frist dann 29 Tage betragen hätte. Zur Klarstellung wurde deshalb § 521 Abs 2 ZPO neu gefaßt (798 BlgNR 16.GP 2). Wie schon das Rekursgericht zutreffend ausgeführt hat, entbehrt aber die Auslegung, daß gerade bei der Berechnung der Rekursfrist § 125 ZPO nicht anzuwenden und der Tag der Zustellung in die Rechtsmittelfrist einzurechnen wäre, jeder Grundlage. Mit Recht hat daher das Gericht zweiter Instanz den Rekurs der Klägerin sachlich behandelt. Das Rekursgericht hat aber den Sachverhalt auch rechtlich richtig beurteilt; zur Vermeidung von Wiederholungen kann daher zunächst auf die ausführliche und schlüssige Begründung des angefochtenen Beschlusses verwiesen werden. Was die Beklagte im Revisionsrekurs dagegen vorbringt, ist nicht stichhältig:
Die Beklagte hält auch in dritter Instanz daran fest, daß die beanstandete Veröffentlichung in der Ausgabe ihrer Zeitschrift Nr.5/88 unter § 42 a UrhG falle. Auch sachlich geschilderte zukünftige Sachverhalte seien "Berichte". Aus dem Wortlaut des § 42 a UrhG, welcher durchaus in der Gegenwart gefaßt sei, ergebe sich gleichfalls, daß nicht nur Berichte über schon eingetretene Ereignisse verfaßt werden sollten. Allein das - als gerichtsbekannt anzusehende - Erscheinen eines Kataloges über die Gegenstände der Kunstauktion sei im übrigen ein Sachverhalt, über den im Rahmen des § 42 a UrhG frei berichtet werden dürfe. Dem kann nicht gefolgt werden.
Nach § 42 a UrhG dürfen zur Berichterstattung über Tagesereignisse Werke, die bei Vorgängen, über die berichtet wird, öffentlich wahrnehmbar werden, in einem durch den Informationszweck gerechtfertigten Umfang (u.a.) vervielfältigt und verbreitet werden. Dem Rekursgericht ist darin beizupflichten, daß davon nur Berichte über tatsächliche Begebenheiten, also über solche Ereignisse erfaßt werden, die entweder gleichzeitig mit der Berichterstattung stattfinden oder kurz vor ihr stattgefunden haben, nicht aber Ankündigungen künftiger Entwicklungen oder Ereignisse. Das ergibt entgegen der Meinung der Beklagten schon die grammatikalische Auslegung der angeführten Gesetzesstelle, wird doch dort von Werken gesprochen, die bei den berichteten Vorgängen "öffentlich wahrnehmbar werden" (Präsens), und nicht etwa (auch) von solchen, bei denen dies erst in Zukunft - mit größerer oder geringerer Wahrscheinlichkeit - eintreten wird. Eine solche Auslegung des § 42 a UrhG entspricht aber auch der erklärten Absicht des Gesetzgebers: In den EB zur Urheberrechtsgesetz-Novelle 1980, mit der § 42 a UrhG eingeführt wurde, wird ausgeführt, daß der Begriff des "Tagesereignisses" auch weiterhin nicht bestimmt werde; darunter sei ein Ereignis - auch kultureller Art - zu verstehen, das wegen seiner Aktualität Interesse findet. Das Wesen eines "Tagesereignisses" behalte ein Vorgang so lange, als die Berichterstattung darüber objektiv noch als Gegenwartsberichterstattung empfunden werde; Berichterstattung über ein Tagesereignis müsse immer die wirklichkeitsgetreue Schilderung einer tatsächlichen Begebenheit sein (Dillenz, Materialien zum Österreichischen Urheberrecht, 362 f).
Danach kann aber die in der Ausgabe 5/88 der Zeitschrift "O***" enthaltene Mitteilung, wonach das Dorotheum am 18.Mai 1988 eine Auktion durchführen werde, nur insoweit als "Bericht über ein Tagesereignis" im dargelegten Sinn verstanden werden, als sie bestimmte Äußerungen des Dorotheums-Kunstchefs sowie gegenwärtige Vorhaben des Dorotheums zum Gegenstand hatte; bei diesen Vorgängen war aber - wie schon das Rekursgericht richtig hervorgehoben hat - kein einziges der für die Versteigerung vorgesehenen Werke - also auch nicht das Werk Arnulf R*** "Ohne
Titel" - öffentlich wahrnehmbar geworden. Damit stellt sich aber die von der Beklagten aufgeworfene Frage, ob bei einem Bericht über die Eröffnung einer Kunstausstellung (oder eine Kunstauktion) geschützte Werke nur als Hintergrund (zB auf einer Fotografie mit dem Künstler, den Veranstaltern oder dem Publikum im Vordergrund) in Erscheinung treten oder aber auch selbständiger Gegenstand der Abbildung sein dürfen (vgl. hiezu BGHZ 85, 1; v.Gramm, Urheberrechtsgesetz, Rz 3 zu § 50 dUrhG), hier gar nicht. Im vorliegenden Fall war es weder unvermeidlich (vgl. die EB zu § 49 UrhG 1936 bei Dillenz aaO 121) noch durch den Zweck der Information geboten (EB zu § 42 a UrhG bei Dillenz aaO 362), daß die Beklagte einzelne der Werke, deren Versteigerung das Dorotheum beabsichtigt hatte, in ihrer Vorschau auf diese Auktion abgebildet und verbreitet hat; auch von einer - unzumutbaren - Erschwernis durch die Notwendigkeit, die Zustimmung der Urheber der betreffenden Werke einzuholen, kann in einem solchen Fall keine Rede sein. Da die Beklagte auch nicht über das Erscheinen eines Kataloges berichtet hat, ist auf die Frage, wie weit über ein solches Geschehen im Rahmen des § 42 a UrhG frei berichtet werden dürfte, nicht weiter einzugehen. Ob das Werk "Ohne Titel" schon vor der Verbreitung der Nr.5/88 der Zeitschrift "O***" veröffentlicht worden war, ist entgegen der Meinung der Beklagten gleichfalls ohne rechtliche Bedeutung.
Ist aber schon aus diesen Gründen die beanstandete Vervielfältigung und Verbreitung rechtswidrig, dann braucht auf die von der Klägerin aufgeworfene Frage, ob die Verwendung einer Archivaufnahme überhaupt unter § 42 a UrhG fallen kann (vgl. dazu Möhring-Nicolini, Urheberrechtsgesetz, Anm. 2 b zu § 50 dUrhG; BGHZ 85, 1), nicht eingegangen zu werden.
Der Revisionsrekurs mußte somit erfolglos bleiben.
Der Ausspruch über die Rekurskosten der Beklagten gründet sich auf §§ 78, 402 Abs 2 EO, §§ 40, 50, 52 ZPO, jener über die Kosten der Klägerin auf § 393 Abs 1 EO.
Anmerkung
E18688European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1989:0040OB00119.89.1010.000Dokumentnummer
JJT_19891010_OGH0002_0040OB00119_8900000_000