Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schubert, Dr.Hofmann, Dr.Schlosser und Dr.Graf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei
B + L M*** mbH & Co KG, Salzburg-Wals 273,
vertreten durch Dr.Ernst Pallauf, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei Alfred F***, Kaufmann, Wien 21., Pragerstraße 62, vertreten durch Dr.Walter Lattenmayer, Rechtsanwalt in Wien, wegen Herausgabe (Streitwert S 100.000,--) infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 3.Mai 1989, GZ 2 R 92/89-9, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 10.Jänner 1989, GZ 15 Cg 461/88-5, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 4.629,60 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 771,60 USt.) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die klagende Partei lieferte und montierte im Jahre 1984 beim Beklagten eine Anbauküche unter Eigentumsvorbehalt. Im Verfahren 15 Cg 128/88 des Erstgerichtes begehrte die klagende Partei von der beklagten Partei den Kaufpreis für die Lieferung von Einrichtungsgegenständen für den Geschäftsbetrieb des Beklagten in der Höhe von S 119.556,70 samt Anhang. Der Beklagte wendete u.a. ein, die gelieferten Einrichtungsgegenstände seien mangelhaft, der Klagsbetrag sei daher noch nicht fällig. Das Erstgericht wies mit Urteil vom 22.9.1988, 15 Cg 128/88-8, das Klagebegehren rechtskräftig ab. Es stellt u.a. fest, die klagende Partei habe im April 1984 dem Beklagten über dessen Bestellung eine Anbauküche samt Elektrogeräten, Tisch und Hocker sowie einen Universalschneider geliefert, sie habe diese Lieferung mit dem Betrag von S 119.556,70 am 5.7.1984 in Rechnung gestellt. In der im 1. Stock gelegenen Küche habe aber bei den oberen Küchenkästen die Lichtblende gefehlt. Der bei der Montage mitgelieferte Allesschneider hätte nach den Planungen der klagenden Partei in einer Nische hinter dem Kühlschrank montiert werden sollen. Diese Stelle sei für den bedungenen Gebrauch aber ungeeignet, weshalb der Allesschneider von den Monteuren der klagenden Partei wieder mitgenommen worden sei. Die Dunstabzugshaube sei von der klagenden Partei falsch konstruiert und montiert worden, so daß der Kochdunst durch die Dunstabzugshaube nicht erfaßt werde. Aus diesem Grunde werde die Küche vom Beklagten und seiner Familie bis heute nicht benützt. Obwohl diese Mängel vom Beklagten den Monteuren der klagenden Partei gegenüber anläßlich der Montage gerügt worden seien und die klagende Partei zur Mängelbehebung aufgefordert worden sei, sei eine solche nicht erfolgt. Auch auf die schriftliche Reaktion des Beklagten vom 19.10.1984 sei von seiten der klagenden Partei keine Reaktion erfolgt. Mangels Behebung der Mängel sei die Klagsforderung nicht fällig.
Nunmehr begehrt die klagende Partei mit der am 21.11.1988 eingebrachten Klage die Herausgabe der gelieferten Anbauküche, des Universalschneiders, des Herdes, der Kochmulde, des Geschirrspülers, des Kühlschrankes, einer weiteren Kochmulde, des Tisches und eines Hockers. Die Lieferung sei unter Eigentumsvorbehalt erfolgt; der Beklagte habe die darüber ausgestellte Rechnung nicht bezahlt, die Forderung der klagenden Partei sei verjährt. Jedenfalls sei in der Klagseinbringung der Rücktritt vom Vertrag infolge Verzuges zu erblicken. Der Herausgabeanspruch beziehe sich nicht auf die in den Mängelfeststellungen des Vorprozesses angeführten Gegenstände; es werde vielmehr die Herausgabe der gelieferten mängelfreien Gegenstände begehrt.
Der Beklagte wendete ein, daß die im Vorverfahren festgestellten behebbaren Mängel bis jetzt noch nicht behoben worden seien. Die Forderung der klagenden Partei sei zwar verjährt, der Geltendmachung des Eigentumsvorbehaltes stehe aber das Besitzrecht des Beklagten als Vorbehaltskäufers entgegen. Ein Rücktritt vom Vertrag sei nach Verjährung nicht möglich.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die Verneinung des Herausgabeanspruches trotz verjährter Klagsforderung entspreche dem erzieherischen Druckmittel der Verjährung, das Nachlässigkeiten in der Rechtsausübung hintanhalten wolle. Eine gegenteilige Lösung würde die legitime Berufung auf die Verjährung illusorisch machen und zu einer Umgehung der Verjährungsvorschriften führen. Es könnte sonst nach wie vor Leistungsdruck auf den Schuldner ausgeübt werden. Das Berufungsgericht gab der Berufung der klagenden Partei nicht Folge. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den das Berufungsgericht entschieden habe, S 60.000, nicht aber S 300.000 übersteige. Die Revision erklärte es für zulässig. Die klagende Partei übersehe, daß von einer mangelnden Vertragstreue des Beklagten keine Rede sein könne. Die klagende Partei habe nicht einmal behauptet, daß sie in der Zwischenzeit die Mängel behoben habe, der Kaufpreis sei daher weiterhin nicht fällig. Damit erweise sich aber die Behauptung der klagenden Partei, die Kaufpreisforderung sei inzwischen verjährt, als rechtsirrig. Zwar habe auch der Beklagte eine Verjährung der Kaufpreisforderung ausdrücklich unbestritten gelassen. Entgegen der Ansicht des Erstgerichtes könne darin aber keine Außerstreitstellung im eigentlichen Sinn erblickt werden, da nur Tatsachen außer Streit gestellt werden könnten. Mangels Fälligkeit der Kaufpreisforderung befinde sich der Beklagte nicht im Verzug. Ein Schuldnerverzug des Beklagten wäre aber Voraussetzung für die Geltendmachung des Rücktrittsrechtes, das die klagende Partei in Anspruch nehmen wolle und auf das sie ihre Forderung auf Herausgabe der Kaufgegenstände gründe. Die Frage, ob ein Rücktrittsrecht als Folge eines Schuldnerverzuges durch die Verjährung der Forderung berührt werde, stelle sich somit nicht.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der klagenden Partei ist nicht berechtigt. Ob das zugrundeliegende Rechtsverhältnis als Kauf- oder als Werkvertrag zu beurteilen wäre, ist irrelevant. In beiden Fällen ist es dem Käufer bzw. dem Besteller zum Schutz seines Gewährleistungsanspruches gestattet, die Gegenleistung so lange hinauszuschieben, bis der andere Teil seinen Verpflichtungen voll entsprochen, d.h. die behebbaren Mängel behoben hat. Für den Käufer folgt dies aus der Vorschrift des § 1052 ABGB (SZ 53/63; HS 10.922; RZ 1980/36 uva; Gschnitzer in Klang2 IV/1, 541; Wahle in Klang2 IV/2, 87 f; Aicher in Rummel, ABGB, Rz 7 zu § 1052; Binder in Schwimann, ABGB, Rz 26 zu § 1052), für den Besteller aus der Regelung über die Fälligkeit des Werklohnes nach § 1170 ABGB (EvBl 1989/101; EvBl 1987/49; RZ 1984/80; SZ 56/106; SZ 56/59 uva; Krejci in Rummel, ABGB, Rz 7 zu § 1170; Reischauer in Rummel, ABGB, Rz 1 zu § 932; Grillberger in Schwimann, Rz 6 zu § 1170). Sinn dieses dem Käufer bzw. Besteller zustehenden Rechtes ist es, auf den Verkäufer (Unternehmer) Druck auszuüben, damit er die Verbesserung endlich durchführt oder durchführen läßt und der Besteller (Käufer) davor bewahrt wird, selbst durch Abschluß von Verträgen mit anderen Unternehmen die Verbesserung durchführen zu müssen. Rechtskräftig steht fest, daß die klagende Partei den Vertrag nicht ordnungsgemäß erfüllt hat. Sie hat auch die von ihr begehrte Verbesserungsleistung nicht erbracht.
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes wäre eine allfällige Forderung der klagenden Partei auf Bezahlung des Werklohnes oder Kaufpreises bereits verjährt. Wie der erkennende Senat in seiner Entscheidung SZ 54/35 mwN (ebenso Krejci in Rummel, ABGB, Rz 22 zu § 1170; Schubert in Rummel, ABGB, Rz 5 zu § 1486; Mader in Schwimann, ABGB, Rz 7 zu § 1486) ausgeführt hat, beginnt bei Säumigkeit des Unternehmers mit der Verbesserung von Mängeln die Verjährung seiner Werklohnforderung mit dem Zeitpunkt zu laufen, zu dem die Verbesserung objektiv möglich gewesen wäre. Gleiches gilt auch dann, wenn der Kaufpreis deshalb nicht fällig wurde, weil der Verkäufer seinen Verpflichtungen nicht voll entsprach und einen von ihm zu vertretenden behebbaren Mangel nicht behob. Auch hier beginnt die Verjährungsfrist von jenem Zeitpunkt an zu laufen, in dem dem Verkäufer die Verbesserung des Kaufgegenstandes objektiv möglich gewesen wäre (EvBl 1982/182). Die Verbesserung wäre jedenfalls bis Ende 1984 objektiv möglich gewesen, so daß allfällige Werklohn- oder Kaufpreisforderungen der klagenden Partei verjährt wären. Selbst wenn man aber mit Aicher in Rummel, ABGB, Rz 88 zu § 1063 ABGB (ihm ohne Begründung folgend Binder in Schwimann aaO Rz 102 zu § 1063 und Huber in ÖJZ 1986, 196 FN 39; anders mit beachtlichen Argumenten bereits Bydlinski in Klang2 IV/2, 622 f; vgl. Prunbauer in JBl 1981, 124 f) aus dem Inhalt der Vereinbarung über den Eigentumsvorbehalt, sohin aus einer schuldrechtlichen Abrede, ableiten wollte, daß selbst nach Verjährung der Kaufpreisforderung der Vorbehaltsverkäufer vom Vertrag zurücktreten und dadurch das Recht des Vorbehaltskäufers auf Besitz des ihm übergebenen Kaufgegenstandes beenden könnte, ließe sich für die klagende Partei nichts ableiten. Ein solcher Rücktritt wäre, wie Aicher aaO ausdrücklich betont, nur möglich, wenn der Vorbehaltsverkäufer wegen mangelnder Vertragstreue des Vorbehaltskäufers keine Befriedigung erlangt. Gerade eine solche mangelnde Vertragstreue des Käufers, die zum Ausfall der Befrieidigung der klagenden Partei geführt hätte, liegt aber nicht vor. Nicht der Beklagte, sondern die klagende Partei war es, die sich vertragswidrig verhielt. Sie erfüllte nur mangelhaft und nahm die ihr obliegende Verbesserung nicht vor. Wenn sie sich jetzt auf den Standpunkt stellt, der Beklagte müßte die ordnungsgemäß gelieferten Sachen herausgeben, die mangelhaft gelieferten Gegenstände könne er aber behalten, versucht die klagende Partei das dem Beklagten infolge der mangelhaft erbrachten Leistung zustehende Recht auf Zurückbehaltung der eigenen Leistung als Druckmittel, eine Mängelbehebung zu erreichen, illusorisch zu machen. Nicht der Beklagte war in Zahlungsverzug, die klagende Partei war vielmehr in Leistungsverzug. Ein Rücktrittsrecht stünde ihr daher nicht zu. Solange der Beklagte zufolge eines aufrechten Leistungsverweigerungsrechtes nicht in Verzug geraten konnte, steht der klagenden Partei kein Recht zu, durch einseitige Erklärung das Vertragsverhältnis zur Auflösung zu bringen (in diesem Sinn 6 Ob 677/86).
Der Revision ist der Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.
Anmerkung
E18640European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1989:0010OB00623.89.1011.000Dokumentnummer
JJT_19891011_OGH0002_0010OB00623_8900000_000