TE OGH 1989/10/12 12Os113/89 (12Os114/89)

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Veröffentlicht am 12.10.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 12.Oktober 1989 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Müller als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Grichtshofes Dr. Horak, Dr. Felzmann, Dr. Massauer und Dr. Rzeszut als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Salat als Schriftführerin in der Strafsache gegen Herbert E*** wegen des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 129 Z 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Herbert E*** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 26.Juni 1989, GZ 7 b Vr 4792/89-20, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Tschulik, und der Verteidigerin Dr. Mühl, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird Folge gegeben und die über den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe auf 9 (neun) Monate herabgesetzt. Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Der 41jährige Herbert E*** wurde des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1 StGB sowie der Vergehen der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs. 1 StGB und der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach § 224 (§ 223 Abs. 1) StGB schuldig erkannt. Darnach hat er Anfang Mai 1989

I. in Wien der Anna K*** durch Einbruch in ihr Kellerabteil fünf Flaschen Wein im Wert von 150 S gestohlen,

II. in Graz einen Führerschein, Zulassungsscheine für einen Anhänger und einen Personenkraftwagen, eine ÖAMTC-Clubkarte und eine Kraftfahrzeugsteuerkarte samt Kfz-Marken des Gerhard M***, mithin Urkunden, über die er nicht verfügen durfte, mit dem Vorsatz unterdrückt, zu verhindern, daß sie im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtes, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht werden, und III. in Graz den Führerschein des Gerhard M***, mithin eine ausländische öffentliche Urkunde, durch Einkleben seines eigenen Lichtbildes und Nachziehen des Rundstampiglienabdruckes der Bezirkshauptmannschaft Weiz mittels Kugelschreibers mit dem Vorsatz verfälscht, daß sie im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtes oder einer Tatsache gebraucht werde.

Rechtliche Beurteilung

Die vom Angeklagten dagegen aus § 281 Abs. 1 Z 5, 5 a, 9 lit a und 10 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde versagt. Entgegen der Mängel- und Tatsachenrüge (Z 5 und 5 a) ermöglichten hier Indizien - Erneuerung des Schlosses am Kellerabteil der Anna K*** durch den Zeugen F*** einige Tage, bevor der Angeklagte in einem anderen Kellerabteil desselben Hauses von F*** schlafend angetroffen wurde; Eingeständnis des Angeklagten, fünf Doppelliter Wein aus dem Kellerabteil der Anna K*** gestohlen und ausgetrunken zu haben; vor der Polizei abgelegtes Geständnis, das fragliche Schloß mittels eines Schraubenziehers geöffnet zu haben (S 29) - den logisch einwandfreien, lebensnahen und daher völlig unbedenklichen Tatsachenschluß darauf, daß der Beschwerdeführer das (von F*** erneuerte) Vorhangschloß an der Kellertür mit Diebstahlsvorsatz gewaltsam aufgebrochen und fünf Doppelliter Wein an sich genommen hat. Daß dem Zeugen F*** zufolge der Keller von zumindest einer weiteren Person ebenfalls als Nachtquartier verwendet wurde, bedurfte im Rahmen der gedrängten Darstellung der Urteilsgründe (§ 270 Abs. 2 Z 5 StPO) umswoweniger einer Erwähnung, als dieser Unbekannte bereits Ende April aus dem Haus befördert worden war (S 96). Daß auch weitere Kellerabteile aufgebrochen wurden, ohne daß dem Angeklagten insoweit zweifelsfrei die Täterschaft nachgewiesen werden konnte, hat das Erstgericht ohnehin in seine Erwägungen miteinbezogen (siehe S 114); angesichts des Konnexes zwischen dem Einbruchsvorgang in den Keller der Anna K*** und der vom Angeklagten zugegebenen Wegnahme von fünf Doppellitern Wein daraus, hat der Senat jedoch die Urheberschaft eines anderen Täters an dem schuldspruchsgegenständlichen Einbruchsdiebstahl ausgeschlossen. Was endlich angebliche Widersprüche in den Angaben des Zeugen F*** anlangt, wird von der Beschwerde übersehen, daß der Zeuge ersichtlich auf zwei verschiedene Einbrüche in das Kellerabteil, das nach Anbringung neuer Beschläge neuerlich aufgebrochen wurde (siehe S 25, 26, 95 f), Bezug genommen hat.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a), die Feststellungsmängel zur subjektiven Tatseite behauptet, übergeht die ausdrückliche Urteilskonstatierung, wonach der Angeklagte die Weinflaschen mit dem Vorsatz weggenommen hat, sich durch deren Zueignung zum nachfolgenden Verbrauch ihres Inhalts unrechtmäßig zu bereichern (S 111) und bringt damit den angezogenen materiellen Nichtigkeitsgrund nicht zur gesetzmäßigen Darstellung. Keinerlei Bedenken (Z 5 a) vermögen die Beschwerdeausführungen gegen die tatrichterliche Annahme zu erwecken, der Angeklagte habe den Führerschein des Gerhard M*** durch Einkleben seines eigenen Bildes und Nachziehen der Rundstampiglie der Bezirkshauptmannschaft Weiz mit dem Vorsatz verfälscht, ihn im Rechtsverkehr zu gebrauchen, zumal es - entgegen der Beschwerde - keineswegs "durchaus plausibel" ist, solches aus bloßer Langeweile zu unternehmen.

Ins Leere geht die zum Vergehen nach § 229 Abs. 1 StGB erhobene Rechtsrüge (Z 9 lit a), in der das Fehlen von Konstatierungen darüber releviert wird, daß der Angeklagte wußte, daß er über die gefundenen Urkunden nicht verfügen durfte, und daß diese Urkunden möglicherweise vom Berechtigten benötigt werden. Denn das Gesetz verlangt nur den Vorsatz der Gebrauchsverhinderung (siehe Mayerhofer-Rieder StGB3 § 229 Nr 4 d), der ausdrücklich festgestellt wurde (S 110). Daß aber beim Finder fremder Urkunden jedenfalls ein Begleitwissen darüber besteht, über die Urkunden nicht verfügen zu dürfen, ist evident und mußte demnach vom Schöffengericht nicht eigens konstatiert werden. Geht man von den getroffenen Feststellungen aus, so scheidet auch eine Beurteilung der Fälschung als bloße Ausführungshandlung zur Urkundenunterdrückung von vornherein aus. Im übrigen ist zwischen den Tatbeständen der §§ 223, 224 StGB und § 229 StGB Realkonkurrenz durchaus möglich, wenn der Täter - wie hier - die Urkunde zunächst entfremdet und später verfälscht bzw sie verfälscht gebraucht (siehe EvBl 1981/64). Einen weiteren Rechtsfehler (Z 10) erblickt der Beschwerdeführer darin, daß in bezug auf den von ihm verfälschten Führerschein (vollendete) "Fälschung einer Urkunde" gemäß § 224 StGB in Verbindung mit § 223 Abs. 1 StGB, nicht aber "versuchte Verwendung einer verfälschten Urkunde" gemäß §§ 15, 224 (§ 223 Abs. 2) StGB angenommen worden sei. Auch dieser Einwand versagt. Es trifft zwar zu, daß nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes § 223 Abs. 1 StGB von § 223 Abs. 2 StGB (als nachbestrafte Vortat) verdrängt wird. Dies setzt jedoch voraus, daß der Täter den Gebrauch der Urkunde zumindest versucht hat (vgl Kienapfel in WK § 223 StGB, Rz 260; Leukauf-Steininger2, § 223 StGB, RN 42). Das aber hätte ausführungsnahe Handlungen zu einem unter § 223 Abs. 2 StGB subsumierbaren Gebrauch der betreffenden Urkunde vorausgesetzt. Daran mangelt es aber, wenn der Täter sich weder anschickt, den zum Zwecke eines späteren Gebrauchs verfälschten Führerschein als Ausweispapier zu verwenden, noch ihn beim Lenken eines Kraftfahrzeuges mit sich führt und bereit hält, um ihn bei einer zu gewärtigenden Kontrolle gegebenenfalls vorzuzeigen (SSt 49/66). Die Beurteilung dieser Tat als vollendete Verfälschung besonders geschützter Urkunden nach § 224 StGB in Verbindung mit § 223 Abs. 1 StGB erweist sich sohin gleichfalls als rechtsrichtig. Nach dem Gesagten war die im ganzen unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten gemäß §§ 28, 129 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer eines Jahres. Erschwerend waren dabei das Zusammentreffen eines Verbrechens mit zwei Vergehen, die einschlägigen Vorstrafen und der rasche Rückfall, mildernd hingegen das Teilgeständnis sowie die teilweise Schadensgutmachung und die Sicherstellung der Urkunden.

Die Berufung des Angeklagten, mit der er Strafherabsetzung und Gewährung (teilweiser) bedingter Strafnachsicht anstrebt, ist, soweit sie sich gegen das Strafmaß richtet, begründet. Obschon nämlich die zahlreichen einschlägigen Vorverurteilungen, die Wirkungslosigkeit der bisherigen Strafvollzüge und der überaus rasche Rückfall nach Verbüßung einer 20-monatigen Freiheitsstrafe aus spezialpräventiven Erwägungen an sich eine nachhaltige Sanktion erheischten, kann vorliegend nicht übersehen werden, daß die strafsatzbestimmende Verfehlung ihrem Schuld- und Unrechtsgehalt nach ein dermaßen unterdurchschnittliches Gewicht aufweist, daß die oben dargestellten Erschwerungsmomente demgegenüber in den Hintergrund treten und die vom Schöffengericht gefundene Unrechtsfolge als überhöht erscheint. Denn bei der Strafbemessung darf in Beachtung der gebotenen Proportionalität zwischen Rechtsbruch und Reaktion auf diesen die Schwere der Straftat, die auch im Unrechtsgehalt ihren Ausdruck findet und auch das Verschulden mitbestimmt, nicht außer acht bleiben (LSK 1977/260; 1979/185). Der Oberste Gerichtshof erachtet daher eine Ermäßigung der Strafe wenn schon nicht bis an die Untergrenze, so doch bis in den untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens für angezeigt. Das darüber hinausgehende Berufungsbegehren auf (teilweise) bedingte Strafnachsicht scheitert hingegen an dem schwer belasteten Vorleben des Angeklagten, sodaß es bei einer bloßen Reduzierung des Strafmaßes sein Bewenden haben mußte.

Anmerkung

E18973

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0120OS00113.89.1012.000

Dokumentnummer

JJT_19891012_OGH0002_0120OS00113_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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