TE OGH 1989/10/12 6Ob671/89

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Veröffentlicht am 12.10.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Melber, Dr. Schlosser und Dr. Redl als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj. Kinder Anna P*** R***, geboren am 20. Januar 1975, Schülerin, Heinrich P*** R***, geboren am 27. Juli 1976, Schüler, und Maximiliana P*** R***, geboren am 30. Juni 1977, Schülerin, alle im Haushalt ihres Vaters Heinrich P*** R***, Gutsbesitzer, Mautern, Rannach Nr. 12, wegen Übertragung der Zuständigkeit gemäß § 111 JN infolge Revisionsrekurses der Mutter Henriette T***, Maine Street, Bedminster, New Jersey, USA, vertreten durch Dr. Eric Agstner, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Leoben als Rekursgericht vom 7. August 1989, GZ R 619/89-47, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Leoben vom 23. Mai 1989, GZ 2 P 134/80-39, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die am 20. Januar 1975 geborene Anna, der am 27. Juli 1976 geborene Heinrich und die am 30. Juni 1977 geborene Maximiliana sind Geschwister. Die im Mai 1973 geschlossene Ehe ihrer Eltern wurde mit Beschluß vom 15. September 1980 gemäß § 55 a EheG geschieden. Seither führt das Bezirksgericht, in dessen Sprengel die Eltern auf dem Stammgut des Vaters ihre Ehewohnung hatten, die pflegschaftsgerichtlichen Agenden. Die Kinder blieben im Sinne der anläßlich der Ehescheidung geschlossene Vereinbarung der Eltern in der Obhut des Vaters. Die Mutter ging etwa ein halbes Jahr nach der Ehescheidung eine neue Ehe ein und hat seither ihren gewÄhnlichen Aufenthalt in den USA. Der Vater, der sich in der Folge ebenfalls wieder verehelichte, behielt seinen gewÄhnlichen Aufenthalt auf seinem Stammgut bei.

Im Zusammenhang mit einem Antrag auf Übertragung der Obsorge für das jüngste Kind stellte die Mutter Mitte April 1989 den Antrag, die Zuständigkeit zur Besorgung der pflegschaftsgerichtlichen Aufgaben an das Bezirksgericht Innere Stadt Wien zu übertragen. Sie begründete diesen Antrag damit, daß alle Kinder eine höhere Schule in Wien besuchten und hier auch, ebenso wie der Vater, einen gewÄhnlichen Aufenthalt hätten. Der Vater widersprach diesem Antrag mit der Begründung, daß sich die Kinder lediglich wegen ihres Schulbesuches in Wien aufhielten und im übrigen ihren gewÄhnlichen Aufenthalt in der ehemaligen Ehewohnung nicht aufgegeben hätten. Das Pflegschaftsgericht legte in tatsächlicher Hinsicht zugrunde, daß das vom Obsorgeantrag betroffene jüngste Kind in Wien die Schule besuche, die Wochenenden und die Ferienzeiten aber nach wie vor in der im Sprengel des bisher befaßten Pflegschaftsgerichtes gelegenen ehemaligen Ehewohnung der Eltern verbringe. Das Gericht erster Instanz erachtete daher die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsübertragung gemäß § 111 Abs1 JN als nicht gegeben und wies den diesbezüglichen Antrag der Mutter ab.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung.

Der von der Mutter dagegen erhobene Revisionsrekurs ist mangels schlüssiger Ausführung eines nach § 16 Abs1 AußStrG beachtlichen Anfechtungsgrundes unstatthaft.

Rechtliche Beurteilung

Die Rechtsmittelzulässigkeit ist entgegen den Rekursausführungen nicht nach den Regelungen der Zivilprozeßordnung sondern nach § 16 Abs1 AußStrG zu beurteilen. Nach dieser Gesetzesstelle findet gegen eine bestätigende Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz nur im Falle einer offenbaren Gesetz- oder Aktenwidrigkeit oder einer unterlaufenen Nichtigkeit der weitere Rechtszug an den Obersten Gerichtshof statt.

Nicht mit Nichtigkeit bedrohte Verfahrensverstöße bilden demnach keinen tauglichen Anfechtungsgrund. Die von der Rechtsmittelwerberin gerügte Unterlassung von Zeugenvernehmungen und sonstigen Erhebungen könnten nach der zutreffenden eigenen Wertung der Rechtsmittelwerberin nur einen nicht mit Nichtigkeit bedrohten Verfahrensverstoß begründen.

Eine Aktenwidrigkeit liegt dann vor, wenn eine für die Entscheidung erhebliche Verfahrenserklärung eines Beteiligten oder ein wesentlicher Tatumstand in Abweichung vom Inhalt eines Schriftsatzes, einer Niederschrift oder einer Beweisurkunde zugrundegelegt wird, nicht aber in einer rechtlichen Wertung aktenmäßig gedeckter Tatumstände. Eine derartige Wertung ist als rechtliche Beurteilung gemäß § 16 Abs1 AußStrG nur unter der Voraussetzung ein tauglicher Anfechtungsgrund, daß sie offenbar gesetzwidrig erfolgte.

Mit ihren Rechtsausführungen unternimmt die Rechtsmittelwerberin nicht einmal den Versuch, dies darzulegen. Solange der für die Verfahrenseinleitung nach § 109 JN maßgebliche Sachverhalt auch nur teilweise auie Kht besteht, kann die Aufrechterhaltung der Zuständigkeit im Sinne des § 29 JN der nach § 111 JN gebotenen Einschätzung von Zweckmäßigkeiten für künftige Verfahrensgestaltungen nicht augenfällig zuwiderlaufen. Mangels Ausführung eines nach § 16 Abs1 AußStrG beachtlichen Anfechtungsgrundes war der Revisionsrekurs zurückzuweisen.

Anmerkung

E18693

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0060OB00671.89.1012.000

Dokumentnummer

JJT_19891012_OGH0002_0060OB00671_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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