TE OGH 1989/10/18 9ObA277/89

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Veröffentlicht am 18.10.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith und Dr. Maier sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Pipin Henzl und Leo Samwald als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Franziska F***, Handelsvertreterin, Linz, Schwaigaustraße 10, vertreten durch Dr. Maximilian Ganzert und Dr. Friedrich Wilhelm Ganzert, Rechtsanwälte in Wels, wider die beklagte Partei L***, Import-Export Handelsgesellschaft mbH, Linz, Hammerlingstraße 34, vertreten durch Dr. Ernst Gruber, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 446.773,30 sA, infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 21. August 1989, GZ 12 Ra 74/89-18, womit infolge Rekurses der beklagten Partei der Beschluß des Landesgerichtes Linz als Arbeits- und Sozialgericht vom 7. Juli 1989, GZ 14 Cga 1153/87-15, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Mit der beim Erstgericht als Arbeits- und Sozialgericht eingebrachten Klage begehrt die Klägerin letztlich den Betrag von S 446.773,30 sA an ausstehenden Provisionen. Sie sei von März 1986 bis 1. Juni 1987 Handelsvertreterin der Beklagten mit Gebietsschutz gewesen und ausschließlich für diese tätig geworden. Die Beklagte stellte vorerst außer Streit, daß die Klägerin Handelsvertreterin der Beklagten gewesen sei. Sie änderte in der Folge ihr Vorbringen aber dahin, daß in Wahrheit der Gatte der Klägerin, Herbert F***, Handelsvertreter der Beklagten gewesen und die Klägerin nur zum Schein "dazwischengeschaltet" worden sei. Soweit ihr überhaupt Forderungen zustünden, übersteige der von ihr angerichtete Schaden den Klagebetrag.

Das Erstgericht behandelte die Rechtssache in der Tagsatzung vom 6. November 1987 als Punktensache und äußerte, nachdem die Parteien Schriftsätze zur Sache gewechselt hatten, in der fortgesetzten Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung am 7. Juli 1989 erstmals von Amts wegen Zweifel an seiner "sachlichen Zuständigkeit". Die Klägerin beantragte für den Fall, daß sich das Landesgericht Linz als Arbeits- und Sozialgericht für unzuständig erklären sollte, die Überweisung an das offenbar nicht unzuständige Landesgericht Linz als Handelsgericht. Das Erstgericht verhandelte zur Zuständigkeitsfrage und verkündete den Beschluß, daß das Landesgericht Linz als Arbeits- und Sozialgericht sachlich unzuständig sei; die Rechtssache werde an das offenbar nicht unzuständige Landesgericht Linz als Handelsgericht überwiesen. In der Ausfertigung dieses Beschlusses erklärte es sich als Arbeits- und Sozialgericht für unzuständig und stellte fest, daß das Verfahren in der für Handelssachen zuständigen Gerichtsbesetzung fortzuführen sei. Es vertrat die Rechtsauffassung, daß der Überweisungsantrag der Klägerin als Einwendung gegen die Gerichtsbesetzung im Sinne des § 260 Abs 4 ZPO anzusehen sei, so daß ein Beschluß im Sinne des § 37 Abs 3 ASGG habe gefaßt werden müssen.

Das Rekursgericht hob diesen Beschluß über Rekurs der Beklagten ohne Rechtskraftvorbehalt auf und trug dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Es vertrat die Rechtsauffassung, daß der angefochtene Beschluß zwar zulässig gewesen sei, da eine Heilung der unrichtigen Gerichtsbesetzung nur bezüglich des bisherigen Verfahrens, nicht aber hinsichtlich des weiteren Verfahrens eingetreten sei. Gemäß § 51 Abs 3 Z 2 ASGG genüge es aber für die Qualifikation einer bürgerlichen Rechtsstreitigkeit als Arbeitsrechtssache, wenn die Klägerin in ihrem Verhältnis zur Beklagten auf Grund wirtschaftlicher und sozialer Abhängigkeit lediglich arbeitnehmerähnlich gewesen sei. Darüber habe das Erstgericht noch keine Feststellungen getroffen. Gegen diesen Beschluß richtet sich der Revisionsrekurs der Klägerin mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und den Rekurs der Beklagten zurückzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

Die Bestimmungen des § 45 Abs 4 ASGG, welche an die Stelle der §§ 519 Abs 2 erster Satz und 527 Abs 2 letzter Satz ZPO getreten sind, gelten auch für Aufhebungsbeschlüsse der Rekursgerichte. Dies ergibt sich aus der Erstreckung der Geltung der Vorschriften des § 45 Abs 4 ASGG über den Rechtskraftvorbehalt auf die Bestimmung des für Rekursgerichte geltenden § 527 Abs 2 erster Satz ZPO (Kuderna, ASGG § 45 Erl. 13 und 16). Demnach kann nach der noch geltenden Rechtslage (vgl. Art. XLI Z 5 WGN 1989, BGBl. 343) dann, wenn der angefochtene Beschluß in zweiter Instanz aufgehoben und dem Gericht erster Instanz eine neuerliche, nach Ergänzung des Verfahrens zu fällende Entscheidung aufgetragen wird, die Entscheidung des Rekursgerichtes nur angefochten werden, wenn in derselben bestimmt ist, daß erst nach Eintritt ihrer Rechtskraft mit dem Vollzug des der ersten Instanz erteilten Auftrags vorzugehen ist. Da das Rekursgericht einen solchen Rechtskraftvorbehalt in seinen Beschluß nicht aufgenommen hat, - gerade hier wäre er zur Vermeidung weiterer Verzögerungen notwendig gewesen - ist weder ein ordentlicher noch ein außerordentlicher Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig und das Erstgericht ist an die vorläufig unüberprüfbare Rechtsansicht des Rekursgerichtes gebunden (vgl. Fasching, ZPR Rz 1822 ff; Kuderna aaO Erl. 12). Die Kostenentscheidung ist in den §§ 41 und 50 ZPO begründet.

Anmerkung

E18600

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:009OBA00277.89.1018.000

Dokumentnummer

JJT_19891018_OGH0002_009OBA00277_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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