Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Hule als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta, Dr.Huber, Dr.Klinger und Dr.Angst als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei prot. Firma Hans K*** KG, Schotterwerksunternehmung, 9433 St. Andrä, Lavanttal, vertreten durch Dr.Gert Seeber, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider die beklagte Partei Ing.Johann P***, Baumeister, 9184 Feistritz im Rosental 184, vertreten durch Dr.Günther Karpf, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen Unterlassung der Schotterentnahme (Streitwert S 300.000,--), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 7. Feber 1989, GZ 6 R 251/88-10, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 12. September 1988, GZ 29 Cg 199/88-5, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 11.125,80 (darin S 1.854,30 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen vierzehn Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die klagende Kommanditgesellschaft begehrt vom Beklagten die Unterlassung jedweder Schotterentnahme aus dem Dürrenbach und dem Dürrenbachgraben 300 Meter vom Mündungsbereich bachaufwärts auf dem Grundstück 2218/3 KG Maria Elend im Karawankengebiet und leitet ihren Untersagungsanpruch daraus ab, daß der im Graben fließende Bach von der Österreichische D*** Aktiengesellschaft zur Gewinnung elektrischer Energie genutzt werde und es erforderlich sei, die Schottermengen aus dem Gebirge regelmäßig zu entfernen. Der Beklagte habe vor Jahren den Auftrag erhalten, den Schotter aus dem Bachbett zu entfernen. Die klagende Partei habe für den Bau des Karawankentunnels die Lieferung von Kies übernommen und sich mit der P*** Gesellschaft mbH zu einer Arbeitsgemeinschaft zusammengeschlossen, um den Schotteranfall zu nutzen. Da der Tunnelbau zunächst nicht fortgeführt wurde, hätte die Kraftwerksgesellschaft den Beklagten gedrängt, seinen Verpflichtungen zur Entfernung des Geschiebes nachzukommen. Zwischen der Kraftwerksbetreiberin und der Partnergemeinschaft der klagenden Partei und der P*** GmbH sei ein Rechtsverhältnis begründet worden. Da die P*** GmbH im Zuge eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Beklagten liquidiert wurde, sei die klagende Partei als einziger Geschäftspartner der Kraftwerksgesellschaft übrig geblieben. Sie habe dem Beklagten angeboten, einen Arbeitsgemeinschaftsvertrag zur Verwertung des Schottermaterials zu schließen, doch habe der Beklagte sich dazu nicht entschließen können. Dennoch baue er aus dem Dürrenbachgraben große Schottermengen ab und verwerte sie in seinem eigenen Betrieb. Die klagende Partei habe dem Beklagten erfolglos den Schotterabbau untersagt und laufe Gefahr, den übernommenen Auftrag zur Lieferung von Schotter in einem bestimmten Farbton für die Innenverkleidung des Karawankentunnels nicht erfüllen zu können und Schadenersatz leisten zu müssen. Der Beklagte setze die unberechtigte Entnahme von Schotter fort.
Der Beklagte beantragte, das Klagebegehren abzuweisen. Die klagende Partei besitze kein Recht, dem Beklagten die ihm von der Behörde genehmigte Schotterförderung auf zum öffentlichen Wassergut gehörenden Grundflächen zu verbieten.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ohne Aufnahme von Beweisen ab. Ein dingliches Recht stehe der klagenden Partei nach ihrem eigenen Vorbringen nicht zu, eine zwischen Hans K*** und dem Beklagten getroffene Vereinbarung gebe keinem Vertragsteil das Recht, den anderen Vertragsteil aus der Rechtsbeziehung zur Kraftwerksbetreiberin auszuschließen.
Das Berufungsgericht bestätigte und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 300.000,-- übersteigt. Das Erstgericht habe zu Recht den Sachverhalt nicht näher geprüft, weil es an den Voraussetzungen für den erhobenen Unterlassungsanspruch fehle. Die klagende Partei habe nur behauptet, sie und die P*** GmbH als Partnergemeinschaft hätten mit der Österreichische D*** Aktiengesellschaft im Jahre 1984 vereinbart, daß die Partnergemeinschaft berechtigt und verpflichtet sei, Schotter aus dem Dürrenbachgraben abzubauen. Nach der Liquidierung der P*** GmbH sei nur mehr die klagende Partei als Vertragspartner der Kraftwerksgesellschaft übrig geblieben und allein berechtigt und verpflichtet, dort Schotter zu entnehmen. Damit habe die klagende Partei nicht dargetan, daß der Beklagte in eines ihrer absolut geschützten Rechtsgüter eingreife. Sie berufe sich ausschließlich auf eine (bloß) obligatorische Befugnis gegenüber der Kraftwerksbetreiberin, im Mündungsbereich des Dürrenbachgrabens in den Stausee Schotter zu entnehmen. Eine Vereinbarung mit dem Beklagten, daß dieser vom Schotterabbau Abstand nehme, habe die klagende Partei nicht behauptet. Sie könne daher nur gegenüber der Kraftwerksgesellschaft vertragliche Ansprüche geltend machen, falls diese entgegen der Vereinbarung auch dem Beklagten den Schotterabbau gestatte. Der Beklagte stehe außerhalb vertraglicher Rechtsbeziehungen und greife in absolut geschützte Rechtsgüter nicht ein, sondern beeinträchtige durch den Schotterabbau höchstens ein schlichtes Vermögensrecht der klagenden Partei, wenn ihr erhoffter Ertrag dadurch geschmälert werde, daß nicht sie allein Schotter entnehme. Ein Unterlassungsanspruch könne nur soweit durchgesetzt werden, als er im materiellen Recht eine Grundlage finde. Er müßte sich aus einer ausdrücklichen gesetzlichen Bestimmung oder aus dem Vertrag oder aus der Natur des in Betracht kommenden Rechtes ergeben. Dies sei hier nicht der Fall.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der klagenden Partei ist nicht berechtigt. Es entspricht der herrschenden Lehre und Rechtsprechung, daß es eine Frage des materiellen Rechts ist, ob und inwieweit ein klagbarer Unterlassungsanspruch zusteht (Fasching III 15; Fasching ZPR Rz 1069; Reischauer in Rummel, ABGB, Rz 23 zu § 1294; SZ 48/45; EvBl 1983/91 uva). Die Pflicht zum Unterlassen kann aus dem Vertrag, aus einer ausdrücklichen gesetzlichen Vorschrift oder aus der Natur des Rechtes entspringen, ohne daß das Gesetz dies ausdrücklich ausspricht (Schuster-Bonnot, Der privatrechtliche Anspruch auf Unterlassung, JBl 1976, 282; SZ 56/124 ua). Dem von der klagenden Personenhandelsgesellschaft zur Begründung ihres Untersagungsanspruches vorgetragenen Sachverhalt kann eine vom Beklagten ihr gegenüber vertraglich übernommene Verpflichtung, den Abbau von Geschiebe und die Gewinnung von Schotter im fraglichen Mündungsbereich zu unterlassen, nicht entnommen werden. Eine diesbezügliche ausdrücklich oder unzweifelhaft schlüssig zustande gekommene vertragliche Regelung behauptet die klagende Partei nicht. Sie stützt sich allein darauf, sie sei - nach dem angeblichen Ausscheiden ihres Partners nunmehr allein - im Vertragsverhältnis zur Kraftwerksbetreiberin Österreichische D*** Aktiengesellschaft berechtigt und auch verpflichtet, die nach dem wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid der Kraftwerksgesellschaft obliegende Geschiebeentnahme im Mündungsbereich des großen Dürrenbaches unentgeltlich vorzunehmen, um das Eintreten größerer Geschiebemassen in den Stausee des Kraftwerks zu verhindern. Auf Vertrag mit dem Beklagten kann sie ihren Anspruch nicht stützen. Mit der Unterlassungsklage kann ein Eingriff in absolut geschützte Rechte abgestellt oder einem solchen drohenden Eingriff vorgebeugt werden (Fasching ZPR Rz 1070, 1071). Einen solchen geschehenen oder drohenden Eingriff des Beklagten in ein absolut geschütztes oder gleichen Rechtsschutz genießendes Recht der klagenden Partei vermag sie nicht darzutun. Es kann dem Klagegrund nicht entnommen werden, die klagende Partei sei Eigentümerin des im fraglichen in fremden Eigentum stehenden Gelände der Gewässereinmündung erst abzubauenden Geschiebes. Auch wenn sie vom Berechtigten die Erlaubnis hätte, dort Schotterabbau zu betreiben, kommt ihr die Stellung als Eigentümer des noch nicht abgebauten Materials nicht zu. Mit einem Bestandvertrag ist die behauptete Rechtsstellung der klagenden Partei, der von der Kraftwerksbetreiberin die Entnahme von Schotter erlaubt worden sein soll, schon mangels Entgeltlichkeit nicht vergleichbar. Wenn die klagende Partei zufolge ihrer Vertragsbeziehung mit der Kraftwerksgesellschaft ohne Vorliegen eines Bestandverhältnisses Anspruch auf ausschließliche Entnahme von Geschiebematerial haben sollte, kann sie sich zur Durchsetzung ihres Anspruches nur an ihren Vertragspartner halten und nicht an den Beklagten, der behauptet, seinerseits Abbaurechte zu besitzen, ohne daß ersichtlich wäre, daß zwischen den Streitteilen aufrechte Vereinbarungen über ein Ausschließlichkeitsrecht der klagenden Partei bestünden. In der Abweisung des Klagebegehrens liegt daher keine rechtsirrtümliche Beurteilung des Sachvorbringens der klagenden Partei.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.
Anmerkung
E18831European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1989:0030OB00549.89.1018.000Dokumentnummer
JJT_19891018_OGH0002_0030OB00549_8900000_000