TE OGH 1989/10/30 6Ob686/89

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Veröffentlicht am 30.10.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel, Dr.Melber, Dr.Schlosser und Dr.Redl als Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Emilie P***-L***, Pensionistin, Höchst, Gaißauerstraße 59, 2. Rainer P***, Kaufmann, Höchst, Zanderweg 4, 3. Wilmar P***, Kunststoffkonstrukteur, Höchst, Landstraße 18, und 4. Helmut P***, Kaufmann, Höchst, Zanderweg 4, alle vertreten durch Dr.Manfred de Meijer, Rechtsanwalt in Dornbirn, wider die beklagte Partei Fritz P***, Gewerbepensionist, Hard, Seestraße 21, vertreten durch Dr.Wilhelm Winkler, Rechtsanwalt in Bregenz, wegen Abgabe einer Willenserklärung in Form eines Notariatsaktes (Streitwert 1,6 Mio S) infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 26.Juni 1989, GZ 2 R 160/89-23, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 13.Februar 1989, GZ 8 Cg 356/88-19, bestätigt wurde,in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht stattgegeben.

Der Beklagte ist schuldig, den Klägern die mit 24.345,36 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten an Umsatzsteuer 4.057,56 S) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Beklagte war mit der Erstklägerin verheiratet. Die Ehe wurde durch Scheidung aus dem überwiegenden Verschulden des Beklagten aufgelöst. Zur nachehelichen Vermögensaufteilung war ein gerichtliches Verfahren anhängig. Als Gegenstand dieses Aufteilungsverfahrens verblieb schließlich eine im Alleineigentum des Mannes stehende Liegenschaft mit Bungalow. Die Frau war bestrebt, dieses von ihr bewohnte Haus als ihr Heim zu erhalten, der Mann sträubte sich gegen eine Aufgabe seines Eigentums an der Liegenschaft.

Der Ehe der Erstklägerin mit dem Beklagten entstammen drei, längst volljährige Söhne, der zweite, dritte und vierte Kläger. Die geschiedenen Ehegatten erzielten im Verlaufe der durch ihre anwaltlichen Vertreter auch außerhalb des gerichtlichen Verfahrens geführten Verhandlungen im Frühjahr 1986 Einigung darüber, daß der Beklagte seiner geschiedenen Frau das lebenslängliche unentgeltliche Fruchtgenußrecht an der Liegenschaft mit dem Bungalow einräumen und die Liegenschaft den drei ehelichen Kindern auf seinen Todesfall schenken sollte. Dabei sollte gewährleistet werden, daß die Kinder nach Übergang des Eigentumsrechtes an der auf 3,2 Mio S geschätzten, aber pfandrechtlich nicht unerheblich belasteten Liegenschaft, für Hypothekarlasten nur bis zum Gesamtbetrag von 1,6 Mio S aufzukommen hätten. Zur Besicherung seiner Söhne in dieser Haftungsfrage sollte der Beklagte eine andere Liegenschaft zum Pfand bestellen. Im gerichtlichen Aufteilungsverfahren fand am 29.Oktober 1986 eine Tagsatzung statt. Dabei erzielten die geschiedenen Ehegatten unter Beitritt ihrer drei Söhne, die vom anwaltlichen Vertreter ihrer Mutter vertreten waren, volle Einigung über die Regelung der Rechtsverhältnisse an der Liegenschaft mit dem Bungalow (lebenslanger Fruchtgenuß der Frau, Veräußerungs- und Belastungsverbot zugunsten der Söhne, Schenkung der Liegenschaft an diese auf den Todesfall des Beklagten unter ausdrücklichem Verzicht auf Schenkungswiderruf, Gewährleistung für ordnungsgemäße Tilgung der Hypothekarschulden und Kautionspfand auf einer anderen Liegenschaft des Beklagten bis zum Höchstbetrag von 1,6 Mio S im zweiten Pfandrang). Die Willenseinigung war umfassend. Die Erstklägerin und der Beklagte sowie deren drei Söhne waren zur Unterfertigung einer die Vereinbarung festhaltenden Urkunde gewillt. Die anwaltlilch beratenen Vertragsteile waren sich aber wegen der in der Regelung enthaltenen Schenkung auf den Todesfall über die erforderliche Form (Notariatsakt oder gerichtlich protokollierter Vergleich) im unklaren. Der damalige anwaltliche Vertreter des nunmehrigen Beklagten sollte die Zweifel über die erforderliche Rechtsgeschäftsform klären.

Nach dem Protokoll über die (von 14 Uhr 30 bis 16 Uhr währende) Tagsatzung vom 29.Oktober 1986 wurde zwischen den Parteien "nunmehr Einigung erzielt" und die Parteienvertreter erklärten, "einen Vergleichsentwurf zu erarbeiten". Hierauf wurde die Tagsatzung "zum Abschluß dieses Vergleiches" auf 2.Dezember 1986 erstreckt. Nach dieser Tagsatzung im gerichtlichen Aufteilungsverfahren, bei der die Parteien eine abschließende Einigung über den Inhalt der Aufteilungsregelung erzielt hatten, wünschte die Frau eine Ergänzung der Regelung hinsichtlich einer Verpflichtung des Mannes zum Abschluß einer Feuerversicherung und Aufrechterhaltung eines Reparaturfonds für den Bungalow. Der Beklagte lehnte diese Ergänzung der Vereinbarung unter Berufung auf die bereits erzielte abschließende Einigung ab. Wegen der über die nachträgliche Forderung der Frau aufgetretenen Meinungsverschiedenheiten wurde die im Aufteilungsverfahren anberaumte Tagsatzung abberaumt, die außergerichtlichen Bemühungen zur Bereinigung der Ergänzungswünsche der Frau wurden fortgesetzt. Zur urkundlichen Festhaltung der am 29. Oktober 1986 erzielten inhaltlichen Einigung über die Aufteilungsregelung kam es bisher in keiner Form, da sich zwar die Erstklägerin in der Folge mit einem auf die am 29.Oktober 1986 erzielte Einigung beschränkten Vertragstext begnügen wollte, der Beklagte aber nun seinerseits seine Unterschrift von einem bis dahin nicht erörterten schriftlichen Unterhaltsverzicht der Erstklägerin abhängig machte.

Mit der im Juli 1987 überreichten Klage begehrten die Kläger die Verurteilung des Beklagten, den in acht Punkte gegliederten Vertragstext samt Präambel "im Rahmen eines Notariatsaktes zu unterfertigen und alle zur grundbücherlichen Durchführung der- bzw. desselben erforderlichen rechtsgeschäftlichen Erklärungen in der dafür vorgeschriebenen Form abzugeben."

Der Beklagte bestritt zunächst die von den Klägern behauptete inhaltliche Einigung über die Aufteilungsregelung, wendete aber vor allem mit Rücksicht darauf, daß Schenkungen auf den Todesfall einen wesentlichen Bestandteil der Vergleichsregelung bildeten, die Unwirksamkeit der Absprachen mangels Einhaltung der gebotenen Notariatsaktform ein.

Das Prozeßgericht erster Instanz erkannte nach dem Klagebegehren. Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil. Dazu sprach es aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 300.000 S übersteigt. Zu der vom Beklagten eingewendeten Formungültigkeit folgerte das Prozeßgericht erster Instanz, die Kläger verfolgten keinen Anspruch aus der (mündlich) getroffenen Vereinbarung, sondern einen solchen auf Unterfertigung einer bestimmten Urkunde mit einem Inhalt, über den bereits Einigung erzielt worden sei. Dieses Begehren sei zulässig, weil sich der Beklagte zu einer solchen Unterfertigung klar und unmißverständlich unwiderruflich verpflichtet habe. Das Berufungsgericht folgerte zur Frage der Formunwirksamkeit, § 1 Abs 1 NZwG brächte lediglich zum Ausdruck, daß die Gültigkeit der dort genannten Verträge und Rechtshandlungen durch die Aufnahme eines Notariatsaktes über dieselben bedingt seien. Das bedeute lediglich, daß die Willenserklärung in Form eines Notariatsaktes als reines Formerfordernis festzuhalten sei, nicht jedoch, daß nicht rechtswirksam eine Willensübereinkunft über das in Notariatsaktform abzuschließende Rechtsgeschäft getroffen werden könnte. Eine solche Willensübereinkunft liege aber nach dem festgestellten Sachverhalt vor. Die Einigung bestünde auch darin, daß die Willensübereinkunft zu ihrer Gültigkeit in der Form eines Notariatsaktes erfolgen müsse. Der Beklagte ficht das bestätigende Berufungsurteil aus dem Revisionsgrund nach § 503 Abs 1 Z 4 ZPO mit einem auf Abweisung des Klagebegehrens zielenden Abänderungsantrag und einem hilfsweise gestellten Aufhebungsantrag an.

Die Kläger streben die Bestätigung der angefochtenen Entscheidung an.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist im Ergebnis nicht berechtigt.

Zwischen der Erstklägerin und dem Beklagten war die Regelung der Rechtsverhältnisse an der im bücherlichen Alleineigentum des Mannes gestandenen Liegenschaft mit Bungalow Inhalt eines verfahrensverfangenen nachehelichen Aufteilungsanspruches. Eine Einigung der geschiedenen Ehegatten über ihre gegenseitigen Aufteilungsansprüche unterliegt gemäß § 97 Abs 2 EheG als solche keiner besonderen Formvorschrift. Im Verhältnis der geschiedenen Ehegatten untereinander lag kein unentgeltliches Rechtsgeschäft, insbesondere keine Schenkung vor, sondern es erfolgte eine Bereinigung verfahrensverfangener gegenseitiger vermögensrechtlicher Ansprüche.

Inhalt der Regelung, auf die sich die Erstklägerin und der Beklagte geeinigt hatten, war unter anderem eine zwischen den geschiedenen Ehegatten einerseits und ihren gemeinsamen Kindern andererseits als unentgeltlich zu qualifizierende Zuwendung des Eigentums an der (pfandrechtlich belasteten) Liegenschaft an die Kinder in Form einer Schenkung auf den Todesfall ihres Vaters und damit verbunden die Unterwerfung des Liegenschaftseigentümers unter ein zugunsten der Geschenknehmer zu begründendes Belastungs- und Veräußerungsverbot.

Die Verpflichtung, seinen Söhnen die Rechtsstellung von Geschenknehmern auf seinen Todesfall wirksam einzuräumen, ging der Beklagte gegenüber der Erstklägerin im Rahmen der Einigung über den nachehelichen Aufteilungsanspruch nicht unentgeltlich ein, er konnte sich der Erstklägerin gegenüber daher rechtswirksam auch mündlich zur Schenkung an die gemeinsamen Kinder und zur Abgabe von diesbezüglichen Rechtsgeschäftserklärungen in bestimmter Form verpflichten. Gegenüber der Erstklägerin konnte sich der Beklagte formfrei verpflichten, den gemeinsamen Kindern das Anbot zu einem inhaltlich bestimmten Schenkungsvertrag in einer bestimmten Rechtsgeschäftsform zu erklären.

Diese Formfreiheit wirkt auch nach dem Zweck der Formvorschrift des § 1 Abs 1 Buchstabe d NZwG auf die unentgeltliche Zuwendung der Liegenschaft an die Kinder, weil diese Zuwendung nicht bloß aus einer möglicherweise momentan unüberlegten Großzügigkeit, vor der die Formvorschrift bewahren soll, sondern zur Bereinigung eines verfahrensverfangenen Vermögensanspruches und damit nicht unentgeltlich erfolgte (vgl im allgemeinen zur Formgebundenheit von Verträgen zugunsten Dritter: SZ 51/82).

An der eingewendeten Formunwirksamkeit der bloß mündlichen Absprache kann aus diesen Erwägungen weder das Klagebegehren der Erstklägerin noch das der weiteren Kläger scheitern. Zur Anspruchsberechtigung der einzelnen Kläger aber ist zu erwägen:

Die Regelung der Rechtsverhältnisse an der der nachehelichen Aufteilung zwischen der Erstklägerin und dem Beklagten unterworfen gewesenen Liegenschaft war nach dem aus dem Inhalt der festgestellten Einigung zu erschließenden Parteienabsicht als untrennbare Einheit aufzufassen. Die Regelung begünstigte nicht nur die Kinder der geschiedenen Ehegatten, sondern vor allem auch die Erstklägerin, der ein lebenslanger Fruchtgenuß eingeräumt werden sollte. Ihr Anspruch auf Abgabe der Rechtsgeschäftserklärungen des Beklagten in der als vereinbart geltenden Form ist daher (entgegen der Fallgestaltung in SZ 51/82) nicht ernstlich in Frage zu stellen. Zur Anspruchsberechtigung der durch die zu ihren Gunsten erfolgten Schenkung auf den Todesfall des Beklagten wurde durch die Beiziehung der Söhne zur mündlichen Vereinbarung ihrer Eltern und der Sicherung durch das Veräußerungs- und Belastungsverbot augenfällig, daß nach deren Willen auch den Söhnen ein unmittelbarer Anspruch zustehen sollte. Aus der gegenüber der Erstklägerin als Gläubigerin des Ausgleichsanspruches vergleichsweise eingegangenen Verpflichtung zur Beschenkung ist auch die einseitige Unwiderruflichkeit des Schenkungsversprechens und die Verpflichtung zu formgebundenen diesbezüglichen Rechtsgeschäftserklärungen zu folgern und ein bereits fälliger Anspruch der drei zu bedenkenden Kinder gegenüber ihrem Vater auf Erklärung eines Schenkungsanbotes in der als vereinbart geltenden Form anzuerkennen.

Der Revision war aus diesen Erwägungen ein Erfolg zu versagen. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E19085

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0060OB00686.89.1030.000

Dokumentnummer

JJT_19891030_OGH0002_0060OB00686_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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