TE OGH 1989/10/30 6Ob690/89

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Veröffentlicht am 30.10.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Melber, Dr. Schlosser und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei P*** - B*** B*** r.z.z. o.j./K*** F***, reg. Genossenschaft mbH, Postgasse 4, 9170 Ferlach, vertreten durch Dr. Farhad Paya, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider die beklagte Partei Ulrich P***, Landwirt, Zell-Schaida 12, 9170 Ferlach, vertreten durch Dr. Edwin Kois, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen S 700.000 s.A. infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 19.Mai 1989, GZ 1 R 86/89-35, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 17.Jänner 1989, GZ 29 Cg 311/87-29, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 17.857,80 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 2.976,30 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Michael O***, ein Schwager des Beklagten, schuldete der Klägerin aus einem im Jahre 1981 eingeräumten Kontokorrentkredit den Betrag von S 2,074.826,96 zuzüglich weiterer Zinsen. Die klagende Partei begehrte die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von S 700.000 s.A. und brachte hiezu vor, der Beklagte sei dieser Schuld des Michael O*** als Bürge und Zahler bis zu einem Betrag von S 700.000 s.A. beigetreten, habe zur Sicherstellung der Forderung der klagenden Partei einen Blankowechsel und eine Wechselverpflichtungserklärung unterfertigt und ihr ferner mit Darlehens- und Pfandbestellungsurkunde vom 13.7./12.8.1981 zur Besicherung der Forderung seine Liegenschaften EZ 7 und 8 je KG Sonnegg verpfändet. Der Beklagte sei somit als Darlehensnehmer der Kreditforderung der klagenden Partei gegen Michael O*** als Solidarschuldner beigetreten.

Der Beklagte wendete ein, er sei im Frühjahr 1981 von Michael O*** um Übernahme der Bürgschaft für ein von diesem bei der klagenden Partei aufzunehmendes Darlehen im Betrag von S 80.000 ersucht worden. Damit sei er einverstanden gewesen. Er habe deshalb mit Michael O*** den öffentlichen Notar Dr. Artur R*** in Ferlach aufgesucht, weil ihm sein Schwager erklärt habe, er müsse die Bürgschaftserklärung beim Notar beglaubigt unterfertigen. Auch vor dem Notar habe er Michael O*** bedeutet, er übernehme die Bürgschaft nur für einen Betrag von S 80.000, und auch vor dem Notar eine entsprechende Bürgschaftserklärung unterfertigt. Da er die deutsche Sprache nur äußerst mangelhaft beherrsche und bloß seinen Namen schreiben könne, habe er nicht gewußt, daß er dabei in Wahrheit eine Pfandbestellungsurkunde unterschrieben habe. Die Unterschriften auf den von der klagenden Partei vorgelegten Urkunden stammten nicht von ihm.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es stellte fest:

Mit Darlehens- und Pfandbestellungsurkunde vom 13.7./12.8.1981 bestätigte der Beklagte, von der klagenden Partei ein Darlehen von S 700.000 erhalten zu haben, und verpfändete zur Sicherstellung des Darlehensbetrages seine Liegenschaften EZ 7 und 8 je KG Zell bei Sonnegg. Aufgrund dieser Urkunde bewilligte das Bezirksgericht Ferlach mit Beschluß vom 13.8.1981 die Einverleibung eines Simultanpfandrechtes auf diesen beiden Liegenschaften zugunsten der klagenden Partei und ordnete auch die Verständigung des Beklagten hievon an. Die Unterschriften "Ulrich P***" auf dem Bürgschaftsanbot vom 6.8.1981, auf zwei sich darauf beziehenden Wechselverpflichtungserklärungen und zwei Blankowechseln stammen nicht vom Beklagten.

In rechtlicher Hinsicht meinte das Erstgericht, der Beklagte sei durch Unterfertigung der Darlehens- und Pfandbestellungsurkunde der Kreditschuld des Michael O*** als Solidarschuldner beigetreten. Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte ergänzend fest, das Bezirksgericht Ferlach habe aufgrund der Darlehens- und Pfandbestellungsurkunde vom 13.7./12.8.1981 am 13.8.1981 die Einverleibung des Simultanpfandrechtes für die Forderung der klagenden Partei im Betrage von S 700.000 s.A. auf den den Beklagten zugeschriebenen Liegenschaften EZ 7 und 8 je KG Zell bei Sonnegg bewilligt. Die Eintragung wurde am 18.8.1981 vollzogen. Ein Zustellnachweis erliegt in den Akten nicht.

In rechtlicher Hinsicht führte das Gericht zweiter Instanz aus, die Bürgschaft entstehe durch Vertrag zwischen Gläubiger und Bürgen. Die Verpflichtungserklärung des Bürgen (und Zahlers) bedürfe gemäß § 1346 Abs 2 ABGB der Schriftform, die Gültigkeitsvoraussetzung sei. Da weder behauptet worden noch im Verfahren hervorgekommen sei, daß der Beklagte im Jahre 1981 mit der klagenden Partei als Vollkaufmann im Betriebe seines Handelsgewerbes einen mündlichen Bürgschaftsvertrag geschlossen habe, mangle es am erforderlichen Schriftlichkeitsgebot. Auch die Darlehens- und Pfandbestellungsurkunde vom 13.7./12.8.1981 biete für den Standpunkt der klagenden Partei nichts, weil in der Urkunde eine Verpflichtungserklärung des Beklagten als Bürge und Zahler nicht enthalten sei. Der Beklagte habe dort zwar den Erhalt eines Darlehens der klagenden Partei von S 700.000 bestätigt, tatsächlich habe er aber unbestrittenermaßen ein solches Darlehen nicht erhalten. In Wahrheit sei für den Erwerb des zugunsten der klagenden Partei auf den beiden Liegenschaften des Beklagten einverleibten Pfandrechtes somit kein Titel vorgelegen. Der Beklagte sei daher einer Kreditschuld des Michael O*** keinesfalls beigetreten. Die von der klagenden Partei gegen das Urteil des Berufungsgerichtes erhobene Revision ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionswerberin führt in ihrem Rechtsmittel im wesentlichen aus, die Darlehens- und Pfandbestellungsurkunde vom 13.7./12.8.1981 sei "mit Überlegung aller Umstände und unter Berücksichtigung des redlichen Geschäftsverkehrs" dahin auszulegen, daß der Beklagte damit der Kreditforderung der klagenden Partei gegen Michael O*** "als Darlehensnehmer" bis zu einem Betrag von S 700.000 beigetreten sei und ihr somit bis zu dieser Höhe gemeinsam mit Michael O*** als Solidarschuldner hafte.

Diese Schlußfolgerungen sind jedoch mit dem Inhalt der genannten Urkunde nicht in Einklang zu bringen.

Daß die von der klagenden Partei behauptete Bürgschaft, auf welche das Klagebegehren in erster Linie gestützt wurde, mangels schriftlicher Verpflichtungserklärung des Beklagten nicht gültig zustandegekommen ist (§ 1346 Abs 2 ABGB; RdW 1987, 407 uva; Gamerith in Rummel, ABGB, § 1346 Rz 8), bezweifelt auch die klagende Partei nicht mehr (ON 36, S 3 = AS 203). Das Bürgschaftsanbot vom 6.8.1981 ist zwar mit dem Namen des Beklagten unterzeichnet, die Unterschrift rührt aber nicht von ihm her. Die Darlehens- und Pfandbestellungsurkunde vom 13.7./12.8.1981 ist vom Beklagten als "Darlehensnehmer" unterschrieben, dieses Schriftstück enthält aber, wie das Berufungsgericht zutreffend hervorgehoben hat, keine als Bürgschaft deutbare Verpflichtungserklärung des Beklagten. Dieser bestätigte darin vielmehr, daß er von der klagenden Partei ein Darlehen von S 700.000 (bereits) erhalten habe. Lediglich zur Besicherung der Rückzahlungsforderung verpfändete er der klagenden Partei seine beiden Liegenschaften (Beilage A, S 1 und 3). Es ist - was die klagende Partei auch in ihrer Revision einräumt - unbestritten, daß sie weder dem Beklagten noch einem Dritten für diesen entgegen dem Text der Urkunde das dort genannte Darlehen zugezählt hat. Das Darlehen kommt als Realvertrag aber erst durch übereinstimmende Willenserklärung des Gläubigers und des Schuldners und durch Übergabe der Darlehensvaluta zustande (§ 983 ABGB; Schubert in Rummel, aaO, §§ 983, 984 Rz 1). Für die Simultanpfandrechte der klagenden Partei an den beiden Liegenschaften des Beklagten kann demnach weder die behauptete Bürgschaft noch das in der Urkunde bezeichnete Darlehen als wirksamer Rechtsgrund in Betracht kommen. Das Pfandrechte setzt als akzessorisches Recht das Entstehen und regelmäßig auch den Fortbestand einer Forderung aus gültigem Rechtsgrund voraus (Petrasch in Rummel, aaO, § 449 Rz 1; SZ 60/69; SZ 48/75 ua). Für die Behauptung, daß das Darlehen Michael O*** und dem Beklagten gemeinsam zugezählt worden sei, bieten weder der Urkundentext noch die übrigen Verfahrensergebnisse Stützen. Aber auch für den von der klagenden Partei erkennbar behaupteten Schuldbeitritt des Beklagten - also für die Behauptung, daß der Beklagte mit der Darlehens- und Pfandbestellungsurkunde der Kreditschuld Michael O*** an die klagende Partei im Sinne des § 1406 Abs 2 ABGB als Mitschuldner beigetreten sei - findet sich in den Verfahrensergebnissen kein Anhaltspunkt.

Es ist deshalb dem Berufungsgericht darin beizupflichten, daß das Simultanpfandrecht mangels wirksamen Rechtsgrundes gleichfalls unwirksam ist (SZ 48/75; 6 Ob 602/77 ua), so daß die klagende Partei weder aus der behaupteten Bürgschaft noch aus den ohne zurechenbaren Rechtsgrund einverleibten Pfandrechten an den beiden Liegenschaften des Beklagten von diesem etwas zu fordern hat.

Auf die Hinweise in der Revision zur Verjährung der gleichfalls eingewendeten Irrtumsanfechtung ist deshalb nicht mehr weiter einzugehen.

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E18896

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0060OB00690.89.1030.000

Dokumentnummer

JJT_19891030_OGH0002_0060OB00690_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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