Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Melber und Dr. Kropfitsch als weitere Richter in der Vormundschaftssache der mj. Rita L***, geboren am 30. Dezember 1980, wohnhaft bei der Mutter Lydia K***, 3079 TN-Rotterdam, Koppeldeijk 41, Niederlande, infolge Revisionsrekurses des Landes Tirol gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 28.Juli 1988, GZ 2 b R 125/89-30, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 29.März 1989, GZ 3 P 239/83-23, bestätigt wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck beantragte als Amtsvormund für die mj. Rita L*** die Gewährung von Unterhaltsvorschüssen, obwohl sich aus dem Akt der Bezirkshauptmannschaft ergab, daß sich das Kind mit seiner Mutter in Holland aufhält.
Auf Grund eines Antrages des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Innsbruck, das Kind, den gesetzlichen Vertreter, die Pflegeperson und den Unterhaltsschuldner nach den §§ 22 und 23 UVG zum Rückersatz der zu Unrecht gezahlten Vorschüsse zu verpflichten, verpflichtete das Erstgericht das Land Tirol als Rechtsträger der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck, Referat für Jugend und Familie, als gesetzlichen Vertreter der Minderjährigen zum Rückersatz von Unterhaltsvorschüssen von insgesamt S 7.699,--. Ein Mehrbegehren von S 22.562,-- wurde abgewiesen, weil die Rückersatzpflicht gemäß § 22 Abs 3 UVG erloschen war. Das Erstgericht führte aus, eine Rückersatzpflicht des Kindes scheide aus, da die Unterhaltsvorschüsse für seinen Unterhalt verbraucht worden seien. Eine Verletzung der Mitteilungspflicht sei weder der Mutter noch dem mütterlichen Großvater anzulasten, da diese der Bezirkshauptmannschaft den Aufenthalt in Holland bekanntgegeben hätten. Der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck sei jedoch grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen, weil sie angegeben habe, das Kind befinde sich in Pflege und Erziehung der Mutter in Steinach am Brenner, was nicht richtig gewesen sei und der Aktenlage nicht entsprochen habe.
Das Landesgericht Innsbruck gab dem Rekurs des Landes Tirol nicht Folge. Es führte aus, da die Vorschüsse für den Unterhalt verbraucht worden seien, greife die subsidiäre Haftung des gesetzlichen Vertreters Platz. Bereits im Jahr 1982 sei der Vater der Minderjährigen bei der Bezirkshauptmannschaft erschienen und habe sich erkundigt, ob Unterhaltsleistungen noch notwendig seien, weil die Mutter im März 1982 mit einem niederländischen Staatsbürger die Ehe geschlossen habe und mit dem Kind nach Holland übersiedelt sei. Der mütterliche Großvater habe dies auf Grund einer Anfrage bestätigt. Diese Vorgänge seien bei Stellung des Antrages auf Gewährung von Unterhaltsvorschüssen aktenkundig gewesen. Unter diesen Umständen sei die unrichtige Angabe im Antrag vom 11.5.1983 nicht als einfaches Versehen, sondern als grobe Fahrlässigkeit zu qualifizieren. Darüber hinaus scheine auch im Antrag vom 11.4.1984 auf Weitergewährung von Unterhaltsvorschüssen die unrichtige Angabe auf, das Kind befinde sich weiterhin bei seiner Mutter in Steinach am Brenner. Für das grob fahrlässige Verhalten der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck hafte das Land Tirol.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen den Beschluß des Rekursgerichtes gerichtete Revisionsrekurs des Landes Tirol ist unzulässig.
Da das Rekursgericht den Beschluß des Erstgerichtes bestätigte, wäre ein Revisionsrekurs gemäß § 16 AußStrG nur im Falle einer offenbaren Gesetz- oder Aktenwidrigkeit der Entscheidung oder einer begangenen Nullität statthaft. Derartige Gründe werden aber nicht geltend gemacht.
Die im Revisionsrekurs vertretene Ansicht, hafte das Kind nicht, weil die Vorschüsse für einen Unterhalt verbraucht worden seien, bestehe auch keine Haftung des gesetzlichen Vertreters, hat der erkennende Senat in EFSlg 46.545 abgelehnt.
Die Argumentation im Rechtsmittel, die sich auf die Vorschriften des Amtshaftungsgesetzes bezieht, ist verfehlt, weil es sich hier nicht um einen Anspruch nach diesem Gesetz handelt, sondern um einen solchen über die Rückersatzpflicht nach § 22 Abs 1 UVG, über welche gemäß § 23 UVG das Vormundschaftsgericht zu entscheiden hat. Daß nicht der Bund als Träger vormundschaftlicher Rechte und Verbindlichkeiten anzusehen ist und die Haftung das Bundesland trifft, hat der Oberste Gerichtshof mehrfach ausgesprochen (SZ 59/98; EFSlg 51.914). Mit den diese Ansicht ablehnenden Ausführungen im Revisionsrekurs wird keiner der gemäß § 16 Abs 1 AußStrG zulässigen Anfechtungsgründe geltend gemacht. Auf Grund des außerordentlichen Revisionsrekurses ist es daher nicht erforderlich, dazu neuerlich Stellung zu nehmen.
Schließlich ist auch die Ansicht der Vorinstanzen, der Bezirkshauptmannschaft sei grobe Fahrlässigkeit im Sinne des § 22 Abs 1 UVG vorzuwerfen, keinesfalls offenbar gesetzwidrig. Der Revisionsrekurs war daher zurückzuweisen.
Anmerkung
E18649European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1989:0020OB00602.89.1031.000Dokumentnummer
JJT_19891031_OGH0002_0020OB00602_8900000_000