TE OGH 1989/11/7 10ObS322/89

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.11.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst und Dr. Bauer sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Christian Kleemann und Norbert Bartolomai als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Anto B***, Rumboce-Scit-Prozor, YU-88445, Jugoslawien, vertreten durch Dr. Christian Kuhn, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei P*** DER

A***, Roßauer Lände 3, 1092 Wien, im Revisionsverfahren nicht vertreten, wegen Invaliditätspension infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 31. März 1989, GZ 34 Rs 251/88-26, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 19. April 1988, GZ 11 Cgs 2/88-12, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der am 1. Februar 1932 geborene Kläger hat in Österreich in der Zeit von Mai 1965 bis Dezember 1971 mit Unterbrechungen insgesamt 56 Versicherungsmonate erworben. In Jugoslawien hat der Kläger in der Zeit vom 1. April 1948 bis 30. Juli 1951 24 Versicherungsmonate erworben. Darüber hinaus erwarb der Kläger in der Zeit vom 1. Jänner 1979 bis 31. Dezember 1985 in Jugoslawien 84 Versicherungsmonate in der Versicherung der "vereinigter Landarbeiter", wobei beide Parteien davon ausgehen, daß diese Versicherungszeiten als vereinigter (selbständiger) Landwirt erworben wurden, wofür auch der serbokroatische Originaltext (zemljoradnik = Landwirt, Bauer) spricht.

Das Erstgericht schloß das Verfahren am 19. April 1988 und wies mit Urteil vom selben Tag das auf Gewährung einer Invaliditätspension ab 1. April 1986 gerichtete Begehren des Klägers ab. Die in der Zeit vom 1. Jänner 1979 bis 31. Dezember 1985 in Jugoslawien erworbenen Versicherungsmonate könnten nicht berücksichtigt werden, weil sie in einem Versicherungszweig erworben worden seien, der von den Bestimmungen des AbkSozSi Jugoslawien nicht umfaßt sei. Es sei daher davon auszugehen, daß im Rahmenzeitraum vom 1. April 1976 bis 31. März 1986 überhaupt keine Versicherungsmonate vorliegen. Da der Kläger insgesamt 80 zu berücksichtigende Versicherungsmonate (56 in Österreich und 24 in Jugoslawien) erworben habe, sei auch die ewige Anwartschaft nicht erfüllt. Es mangelten daher die allgemeinen Anspruchsvoraussetzungen, sodaß dem Begehren des Klägers keine Berechtigung zukomme.

Das Berufungsgericht gab mit Urteil vom 31. März 1989 der Berufung des Klägers nicht Folge. Es verneinte das Vorliegen von Verfahrensmängeln und billigte die rechtliche Beurteilung des Erstgerichtes.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinn einer Klagestattgebung abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die beklagte Partei hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes, daß ausgehend von den Bestimmungen des AbkSozSi Jugoslawien vom 19. November 1966 BGBl. 1966/289 idF des Zusatzabkommens vom 19. März 1979 BGBl. 1980/81, die vom Kläger in Jugoslawien als "vereinigter Landwirt" erworbenen Versicherungszeiten für den österreichischen Rechtsbereich nicht zu berücksichtigen waren, ist richtig (SSV-NF 2/117).

Der Revisionswerber verweist im weiteren auf die Bestimmungen des 2. Zusatzabkommens zum AbkSozSi Jugoslawien vom 11. Mai 1988 BGBl 1989/269 und vertritt die Ansicht, daß ausgehend hievon dem erhobenen Anspruch stattzugeben wäre. Auch diesen Ausführungen kann nicht beigetreten werden.

Gemäß § 223 Abs 2 ASVG ist Stichtag für die Feststellung, ob, in welchem Zweig der Pensionsversicherung und in welchem Ausmaß eine Leistung gebührt, der Eintritt des Versicherungsfalles, wenn er auf einen Monatsersten fällt, sonst der dem Eintritt des Versicherungsfalles folgende Monatserste. Wird jedoch der Antrag auf eine Leistung nach Abs 1 Z 1 oder 2 des § 223 ASVG erst nach Eintritt des Versicherungsfalles gestellt, so ist Stichtag für diese Feststellung der Zeitpunkt der Antragstellung, wenn er auf einen Monatsersten fällt, sonst der dem Zeitpunkt der Antragstellung folgende Monatserste. Gemäß § 86 Abs 3 Z 2 ASVG fallen Pensionen aus der Pensionsversicherung (mit Ausnahme der Hinterbliebenenpensionen, für die andere Regelungen gelten) mit Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen an, wenn sie auf einen Monatsersten fällt, sonst mit dem der Erfüllung der Voraussetzungen folgenden Monatsersten, sofern die Pension binnen einem Monat nach Erfüllung der Voraussetzungen beantragt wird. Wird der Antrag auf die Pension erst nach Ablauf dieser Frist gestellt, so fällt die Pension mit dem Stichtag an.

Im vorliegenden Fall war der Stichtag im Hinblick auf die am 17. März 1986 erfolgte Antragstellung der 1. April 1986. Die Rechtsprechung des Oberlandesgerichtes Wien als bis 31. Dezember 1986 zuständigem Höchstgericht hat die Prüfung jedoch nicht ausschließlich auf den durch die Antragstellung ausgelösten Stichtag beschränkt, sondern den Standpunkt vertreten, daß etwa eine Änderung des Gesundheitszustandes des Versicherten während des Verfahrens zu berücksichtigen sei. Der Sachverhalt sei nicht ausschließlich bezogen auf den durch die Antragstellung ausgelösten Stichtag zu prüfen, sondern bei der Entscheidung von dem bis zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung in erster Instanz "aufzubuchenden" Gesundheitszustand auszugehen (SVSlg 23.314, 23.315 ua). Diese durch die Regierungsvorlage zum ASGG ausdrücklich gebilligte Judikatur (arg "begrüßenswerte Rechtsprechung" in 7 BlgNR 16. GP, 57 zum § 77 der Regierungsvorlage), wurde im § 86 ASGG festgeschrieben. Demzufolge ist in Rechtsstreitigkeiten nach § 65 Abs 1 Z 1, 2, 4 und 6 bis 8 sowie über die Kostenersatzpflicht des Versicherungsträgers nach § 65 Abs 1 Z 5 eine Änderung der Klage hinsichtlich des Gesundheitszustandes, des Ausmaßes der vom Versicherten eingeklagten Versicherungsleistung (des Teils der Versicherungsleistung) sowie der Anzahl der festzustellenden Versicherungszeiten der Pensionsversicherung ohne Zustimmung des Beklagten bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung zulässig. Die §§ 67 und 69 sind insoweit nicht anzuwenden. Der letzte Satz stellt vor allem klar, daß zum einen das Fehlen einer Sachentscheidung des Versicherungsträgers für den mit der Klageänderung geltend gemachten Sachverhalt bzw über das diesbezügliche Begehren dessen Berücksichtigung nicht hindert und zum anderen die Klagsänderung unabhängig davon zulässig ist, ob die Klagsfrist noch offensteht (Feitzinger-Tades, ASGG, Anm 3 zu § 86). Das Oberlandesgericht Wien hat jedoch eine Stichtagsverschiebung nicht nur im Fall einer Änderung des Gesundheitszustandes, sondern auch im Fall einer Änderung der Gesetzeslage zugelassen. So wurde zur Neufassung des § 255 Abs 4 ASVG durch die 35. ASVG-Novelle BGBl 1980/585 ausgeführt, daß der Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit entweder eintrete, wenn die körperliche oder geistige Leistungsfähigkeit eines Versicherten entsprechend herabgesunken sei oder aber, wenn ohne diesbezügliche Veränderung andere Voraussetzungen für den Anspruch, wie etwa die des § 255 Abs 4 ASVG in seiner Fassung durch die 35. ASVG-Novelle, rechtlich den Versicherungsfall herbeiführen. Die ursprüngliche Antragstellung löse daher bis zum Schluß des Verfahrens auch einen (neuen) Stichtag aus, falls der Versicherungsfall erst durch Anwendung der neuen Fassung des § 255 Abs 4 ASVG ab 1. Jänner 1981 eingetreten sei, wenngleich er ohne Sachverhaltsänderung für die Zeit vor dem 1. Jänner 1981 zu verneinen gewesen sei. Dauere das schiedsgerichtliche Verfahren bei Geltendmachung eines Anspruches nach § 255 ASVG über die Jahrenswende 1980/81 an, so sei, weil die Beurteilung immer zum Schluß der Verhandlung vorzunehmen sei, grundsätzlich auch die Bestimmung des § 255 Abs 4 ASVG in seiner nunmehrigen Fassung zu beachten (SSV 21/75). Auch die Grundsätze dieser Rechtsprechung scheinen durch § 86 ASGG gedeckt. Eine Änderung der Klage ist nach dieser Norm auch hinsichtlich des Ausmaßes der vom Versicherten eingeklagten Versicherungsleistung oder eines zurückverlegten (also späteren) Leistungsbeginnes (ohne Rücksicht auf den Stichtag) zulässig. Wenn der Klagegrund hiedurch nicht geändert wird, liegt eine Klagsänderung gar nicht vor (Kuderna, ASGG Anm. 4 zu § 86). In gleicher Weise wie aber eine Änderung des Begehrens durch den Versicherten zulässig ist, kann das Gericht ohne derartige Klageänderung eine von dem durch die ursprüngliche Antragstellung ausgelösten Stichtag abweichende Entscheidung fällen. Spricht das Gericht einem Versicherten eine Leistung, deren Erbringung von einem früheren durch die Antragstellung bzw Eintritt des Versicherungsfalles ausgelösten Stichtag begehrt wird, ab einem späteren Zeitpunkt zu, zu dem die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind, so ist der zuerkannte Teil der Entscheidung gegenüber dem Begehren ein minus und die Entscheidung verstößt nicht gegen § 405 ZPO. Daß der Umstand, daß eine Entscheidung des Versicherungsträgers zu diesem (nunmehr späteren) Stichtag fehlt, einer solchen Entscheidung nicht entgegensteht, ergibt sich aus dem letzten Satz des § 86 ASGG. Auch der Oberste Gerichtshof hat bereits ganz allgemein ausgesprochen (10 Ob S 319/88), daß es nicht nur auf die Verhältnisse am Stichtag ankommt, sondern dem Klagebegehren auch dann stattzugeben ist, wenn die Voraussetzungen für den Anspruch erst nach dem Stichtag eintreten und daß diesbezüglich § 86 ASVG sinngemäß anzuwenden ist (dort zu den Voraussetzungen für die vorzeitige Alterspension gem § 253 b Abs 1 lit d ASVG bzgl der Höhe des Monatseinkommens - § 5 Abs 2 lit c ASVG). Voraussetzung ist allerdings, daß die Anspruchsvoraussetzungen zu einem vor Schluß der Verhandlung erster Instanz liegenden Stichtag erfüllt sind. Gemäß § 5 ABGB wirken Gesetze nicht zurück; sie haben daher auf vorhergegangene Handlungen und auf vorher erworbene Rechte keinen Einfluß. Das bedeutet, daß Sachverhalte vor Inkrafttreten eines neuen Gesetzes grundsätzlich nicht nach diesem, sondern nach dem alten Gesetz zu beurteilen sind; maßgebend ist, wann der Sachverhalt sich verwirklichte, wann also alle dazugehörigen Umstände eingetreten sind (Wolff in Klang2 I/1, 83). Wohlerworbene Rechte sollen geschont werden (Ehrenzweig2 I/1, 88; Gschnitzer, Allgemeiner Teil des bürgerlichen Rechtes 35). Grundsätzlich ist daher ein neues Gesetz nur auf Sachverhalte anzuwenden, die sich nach seinem Inkrafttreten verwirklicht haben (Koziol-Welser8 I, 33). Wenn wie im vorliegenden Fall das Verfahrensgesetz neues Vorbringen in zweiter und dritter Instanz nicht mehr zuläßt, ist für die gerichtliche Entscheidung der Sachverhalt im Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung erster Instanz maßgeblich (JBl 1974, 426; EvBl 1972/20; SZ 26/298 ua). Das Urteil hat daher auch nach der Rechtslage zu ergehen, wie sie sich aufgrund der Verhandlungsergebnisse zur Zeit des Verhandlungsschlusses darstellt (Holzhammer2, Österreichisches Zivilprozeßrecht, Erkenntnisverfahren, 216). Auf Rechtsänderungen nach dem Schluß des Verfahrens erster Instanz ist grundsätzlich nicht Bedacht zu nehmen (JBl 1975, 485); soweit Fasching IV, 330 und ZPR Rz 1927 anders zu verstehen wäre, könnte seiner Auffassung nicht gefolgt werden. Ausnahmen erachtete der Oberste Gerichtshof nur dort für gerechtfertigt, wo auf rückwirkend angeordnetes zwingendes Recht - wie zB die rückwirkende Außerkraftsetzung typisch nationalsozialistischen Gedankengutes - Bedacht zu nehmen wäre oder wenn, wie bei Unterhaltsansprüchen, auch über solche für die Zukunft und damit für die Zeit nach Inkrafttreten des neuen Gesetzes abzusprechen ist (1 Ob 610, 611/76). Wohl besteht insofern eine gewisse Verwandtschaft zwischen Unterhaltsansprüchen und Ansprüchen auf Pensionsleistungen, als auch Pensionsleistungen für die Zukunft zuzuerkennen sind, und die Entscheidung damit in die Wirksamkeit eines nach Schluß der Verhandlung erster Instanz in Kraft getretenen Gesetzes hineinreicht, doch verbietet die Stichtagsregelung der Sozialversicherungsgesetze eine Wahrnehmung von sich auf die Anspruchsvoraussetzungen beziehenden Rechtsänderungen, die während des Rechtsmittelverfahrens eintreten. Die Bedeutung des Stichtages liegt nicht nur darin, daß zu diesem Zeitpunkt die allgemeinen Anspruchsvoraussetzungen zu prüfen sind; es sind vielmehr zu diesem Zeitpunkt auch die besonderen Anspruchsvoraussetzungen zu prüfen und auch der Anfall der Leistungen tritt regelmäßig mit dem Stichtag ein (§ 86 Abs 3 Z 2 ASVG). Tritt in den gesetzlichen Voraussetzungen für die Erfüllung der allgemeinen Anspruchsvoraussetzungen während des Rechtsmittelverfahrens eine Änderung ein, so kann diese Änderung schon deshalb nicht berücksichtigt werden, weil das im Rechtsmittelverfahren herrschende Neuerungsverbot einer Prüfung der weiteren Anspruchsvoraussetzungen zu einem nach Schluß der Verhandlung liegenden Stichtag entgegensteht. In einem solchen Fall steht dem Leistungswerber die Möglichkeit offen, zu dem Stichtag, zu dem nunmehr die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind, einen neuen Antrag zu stellen, womit auch ein Leistungsverlust nicht verbunden ist.

Das zweite Zusatzabkommen zum AbkSozSi Jugoslawien vom 11. Mai 1988 BGBl 1989/269 sieht als wesentliche Änderung unter anderem die Einbeziehung der selbständig Erwerbstätigen in den Geltungsbereich des Abkommens vor. Gemäß Art 2 AbkSozSi Jugoslawien idF vor dem 2. Zusatzabkommen bezog sich das Abkommen im Bereich der Pensionsversicherung in Österreich auf die Pensionsversicherung der Arbeiter, die Pensionsversicherung der Angestellten und die Knappschaftliche Pensionsversicherung, in Jugoslawien auf die Pensionsversicherung (Alters- und Hinterbliebenenversicherung) und die Invalidenversicherung. Gemäß Art 2 Abs 2 bezog sich das Abkommen auch auf alle Rechtsvorschriften, welche die in Abs 2 bezeichneten Rechtsvorschriften zusammenfaßten, änderten oder ergänzten. Die Bestimmungen des Abkommens bezogen sich daher im Bereich der Pensionsversicherung in Österreich nur auf die Zeiten einer unselbständigen Erwerbstätigkeit (Pensionsversicherung der Arbeiter, der Angestellten und Knappschaftliche Pensionsversicherung); für den jugoslawischen Rechtsbereich wurde die Anwendbarkeit generell für den Bereich der Pensionsversicherung und Invalidenversicherung statuiert. Da eine weitere Einschränkung nicht getroffen wurde, stand der Wortlaut des Art 2 Abs 1 Z 2 lit b und c AbkSozSi Jugoslawien einer Anwendung der Bestimmungen des Abkommens auf alle Zweige der Pensionsversicherung in Jugoslawien an sich nicht entgegen. Art 2 Abs 3 AbkSozSi Jugoslawien in dieser Fassung bestimmte, daß sich das Abkommen auch auf Rechtsvorschriften über ein neues System oder einen neuen Zweig der Sozialversicherung sowie auf Rechtsvorschriften bezog, die das bestehende Recht auf neue Personengruppen ausdehnten, dies allerdings nur, wenn die Vertragsstaaten dies vereinbarten. Da eine solche Vereinbarung zwischen den Vertragsstaaten nicht getroffen wurde, ergab sich, daß vom Abkommen nur die Versicherungszweige und die Gruppen von Versicherten umfaßt waren, die im Zeitpunkt, in dem das Abkommen zustandekam, bereits bestanden bzw die zu diesem Zeitpunkt in die Versicherung einbezogen waren. Entscheidend war daher, ob der Versicherungszweig in dem ein Versicherter Versicherungszeiten in Jugoslawien erwarb, im Zeitpunkt, in dem das Abkommen zustandekam, bereits bestand (SSV-NF 2/13). Im Zeitpunkt des Abschlusses dieses Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien über soziale Sicherheit vom 19. November 1965 BGBl 1966/289 bestand jedoch in keiner der Teilrepubliken und in keinem autonomen Gebiet Jugoslawiens für "assozierte" ("vereinigte") oder andere Landwirte eine Pensions- und Invalidenversicherung (SSV NF 2/117).

Das Abkommen enthält in seiner durch das 2. Zusatzabkommen geänderten Fassung weder eine Einschränkung auf Zeiten einer unselbständigen Erwerbstätigkeit in Österreich noch auf bestimmte zu einem festgelegten Zeitpunkt (seinerzeit Abschluß des Abkommens) in Jugoslawien bereits bestehende Zweige der Pensionsversicherung. Nach der nunmehr geltenden Fassung umfaßt das Abkommen damit alle in beiden Vertragsstaaten bestehenden Versicherungszweige, wie auch allenfalls künftig neu geschaffene Sparten. Das 2. Zusatzabkommen trat gemäß der abschließenden Bestimmung in BGBl 1989/269 am 1. Juli 1989 in Kraft. Mangels einer Rückwirkungsbestimmung für die hier relevante Regelung können die neuen Bestimmungen nur auf Fälle Anwendung finden, in denen der Stichtag nach dem 30. Juni 1989 lag, da erst mit Inkrafttreten des 2. Zusatzabkommens am 1. Juli 1989 eine gesetzliche Grundlage für die Berücksichtigung der früher vom Abkommen ausgeschlossenen Zeiten bestand. Ausgehend von den dargestellten Grundsätzen wäre, sofern die mündliche Verhandlung am 1. Juli 1989 noch nicht geschlossen gewesen wäre, eine Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen nunmehr mit einem Stichtag 1. Juli 1989 vorzunehmen und, sofern die Anspruchsvoraussetzungen erst unter Berücksichtigung des Abkommens erfüllt wären, die Leistung, wenn die übrigen Anspruchsvoraussetzungen gegeben sind, mit Stichtag 1. Juli 1989 zuzuerkennen gewesen.

Im vorliegenden Fall liegt jedoch der Schluß der Verhandlung am 19. April 1988 und damit lange Zeit vor Inkrafttreten des Abkommens. Ausgehend von einem Stichtag 1. April 1988 - der letztmögliche Stichtag der im Hinblick auf den Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung berücksichtigt werden könnte - waren jedoch, die allgemeinen Anspruchsvoraussetzungen nicht erfüllt, da die Zeiten der Versicherung als "vereinigter Landwirt" in Jugoslawien nach den damals in Kraft gestandenen Abkommensbestimmungen bei Prüfung der allgemeinen Anspruchsvoraussetzungen in Österreich nicht zu berücksichtigen waren. Die während des Rechtsmittelverfahrens eingetretene Änderung der Rechtslage muß aber, wie oben dargestellt, auf das Ergebnis ohne Einfluß bleiben.

Der Revision mußte daher ein Erfolg versagt bleiben. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.

Anmerkung

E19395

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:010OBS00322.89.1107.000

Dokumentnummer

JJT_19891107_OGH0002_010OBS00322_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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