TE OGH 1989/11/8 9ObA274/89

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Veröffentlicht am 08.11.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith und Dr. Petrag sowie die fachkundigen Laienrichter Werner Jeitschko und Mag. Wilhelm Patzold als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Ferdinand B*** OHG, Schwanenstadt, Ferdinand-Berger-Straße, vertreten durch Dr. Walter Haslinger ua Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagte Partei Eva-Maria E***, Angestellte, Vöcklabruck, Heschgasse 8, vertreten durch Dr. Maximilian Ganzert und Dr. Friedrich Wilhelm Ganzert, Rechtsanwälte in Wels, wegen Unterlassung (Streitwert S 80.000,--), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 11. Juli 1989, GZ 12 Ra 56/89-15, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Kreisgerichtes Wels als Arbeits- und Sozialgericht vom 10. März 1989, GZ 25 Cga 65/89-9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 4.629,60 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 771,60 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei hatte vom Jahre 1966 bis Ende 1988 das Alleinvertriebsrecht für Österreich für Geräte, insbesondere Stapler, der schwedischen Firma BT International AB (im folgenden: BT). Daneben vertrieb die klagende Partei auch gleichartige Produkte der Firmen Clark und Desta. Die Staplerabteilung ist nach der Kranabteilung die zweitgrößte Abteilung mit einem Anteil von 15 % am Gesamtumsatz. Vom Umsatz der Staplerabteilung entfallen 50 % auf die Produkte der Firma BT. Die Beklagte war seit 2. September 1985 bei der klagenden Partei beschäftigt. Sie wurde zur Verrichtung allgemeiner Büroarbeiten in der Staplerabteilung aufgenommen. Ihr Anfangsgehalt von S 8.000,-- brutto wurde bereits mit 1. Dezember 1985 auf S 9.000,-- brutto erhöht und betrug zuletzt S 12.000,-- zuzüglich Fahrtkostenzuschuß. Nachdem sie anfangs Schreibarbeiten verrichtet hatte, wurde die Beklagte ab Mitte 1987 Sachbearbeiterin für das Programm BT. Sie hatte unter anderem Offerte zu erstellen, Preise zu überprüfen, Statistiken aufzustellen, Fakturen zu schreiben sowie Telefondienst zu versehen. Dabei hatte sie auch Kontakte mit Kunden. Die Beklagte nahm im Herbst 1987 an einem PC-Seminar und im Jänner 1988 an einer Verkaufsschulung teil. Als der klagenden Partei im Frühjahr 1988 bekannt wurde, daß die Firma BT eine eigene Vertriebsorganisation in Österreich aufbauen wollte, bot sie den im Staplerbereich beschäftigten Arbeitnehmern an, gegen eine Treueprämie von S 10.000,-- eine Konkurrenzklausel zu unterfertigen. Die von der Beklagten am 26. April 1988 unterfertigte Ergänzung zum Dienstvertrag hat folgenden Wortlaut:

"Wie in vielen anderen Branchen wird derzeit auch der Wettbewerb im Staplerbereich zunehmend schwieriger. Die Folge davon ist, daß Mitbewerber unter anderem auch versuchen, von ihren Konkurrenten Mitarbeiter abzuwerben. Da auch wir Informationen über eine solche Abwerbetätigkeit von Konkurrenten erhalten haben, möchten wir zum Ausdruck bringen, daß es in unserem besonderen Interesse liegt, die bei uns eingearbeiteten und aufwendig für bestimmte Spezialbereiche geschulten Mitarbeiter zu behalten. Wir schlagen daher vor, den mit Ihnen bestehenden Dienstvertrag mit der umseitigen Konkurrenzklausel zu ergänzen. Für diese Ergänzung erhalten Sie eine einmalige Treueprämie von S 10.000,--, die Ihnen mit der nächsten Gehaltsabrechnung ausbezahlt wird. Natürlich hat das Unterbleiben einer solchen Ergänzung bis auf den Entfall der Prämie auf das bestehende Dienstverhältnis keinerlei Auswirkung.

Konkurrenzklausel: Fräulein E*** übernimmt es, für die Dauer eines Jahres nach Beendigung des Dienstverhältnisses kein Dienstverhältnis bei einem Unternehmen, das die Produktion, den Vertrieb, die Vermittlung eines solchen, eine Wartung oder Reparaturen von Staplern und Transportgeräten der Marken BT, Clark oder Desta oder sonstiger Produkte selber Hersteller zum Gegenstand hat einzugehen oder auf sonstige Weise im Interesse eines solchen Unternehmens tätig zu sein."

Eine solche Zusatzvereinbarung wurde nicht von allen Arbeitnehmern der klagenden Partei unterfertigt.

Die Firma BT gründete in Marchtrenk eine Tochtergesellschaft, die BT Betriebstransporte Gesellschaft mbH, die ab Jänner 1989 den Vertrieb und das Service der BT-Produkte übernahm.

Am 31. August 1988 kündigte die Beklagte ihr Arbeitsverhältnis zum 30. September 1988 auf. Seit einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt ist die Beklagte bei der BT Betriebstransporte Gesellschaft mbH beschäftigt. Sie ist dort in der Verkaufsabteilung für den Bereich Österreich-Ost zuständig; dies wurde allen potentiellen Kunden in einem Rundschreiben mitgeteilt. Neben der Beklagten haben noch fünf andere Mitarbeiter der klagenden Parti zur BT Betriebstransporte Gesellschaft mbH gewechselt.

Die klagende Partei begehrt die Verpflichtung der Beklagten zu der mit 30. September 1989 befristeten Unterlassung jeder dienstlichen Tätigkeit bei einem Unternehmen, das die Produktion, den Vertrieb, die Vermittlung, die Wartung oder Reparatur von Staplern der Marken BT, Clark und Desta oder sonstiger Geräte dieser Hersteller zum Gegenstand hat, insbesondere zur Unterlassung jeder Tätigkeit bei der BT Betriebstransporte Gesellschaft mbH. Der vertragswidrige Übertritt der Beklagten zur Konkurrenz sei für die klagende Partei besonders nachteilig, weil die Beklagte direkte Kontakte zu Außendienstmitarbeitern und Kunden gehabt habe und nun ihre Kenntnisse über die Kunden, Umsatzstatistik und Kalkulation sowie sonstige Betriebsgeheimnisse dem Konkurrenten zur Verfügung stellen könne.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Sie habe die Konkurrenzklausel nur unterfertigt, um dienstliche Nachteile, die sie für den Fall der Verweigerung der Unterschrift befürchtet habe, zu vermeiden. Die Treueprämie von S 10.000,-- habe sie als Ausgleich für ihre unangemessen niedrige Entlohnung angesehen. Im übrigen stehe diese Treueprämie in keinem angemessenen Verhältnis zu einer einjährigen Berufsbehinderung. Die Beklagte habe sich eine gewisse Sachkenntnis bei Staplern angeeignet, die sie nicht brachliegen lassen könne, sodaß die Einhaltung der Konkurrenzklausel einem Berufsverbot gleichkäme. Auch könne der klagenden Partei ein besonderes Interesse der Einhaltung der Konkurrenzklausel nicht zugebilligt werden, weil die Beklagte bei der klagenden Partei eine reine Schreibtischarbeit ohne persönlichen Kundenkontakt verrichtet und auch bei ihrem neuen Arbeitgeber keinen Kontakt zu Kunden habe. Im übrigen seien der Firma BT ohnedies alle österreichischen Kunden der klagenden Partei bekannt gewesen. Das Erstgericht gab der Klage statt. Es vertrat die Rechtsauffassung, daß die Beklagte nicht durch besonderen Druck zur Vereinbarung der Konkurrenzklausel veranlaßt worden sei. Auch sei die durch die Konkurrenzklausel auferlegte Beschränkung nicht unbillig, weil es der Beklagten zumutbar gewesen sei, ihre Kenntnisse in allgemeiner Sekretärinnen- bzw. Bürotätigkeit bei Arbeitgebern zu verwerten, die sich nicht mit dem Vertrieb von Staplern beschäftigten. Hingegen habe die klagende Partei gerade im Hinblick auf die Kundenkontakte der Beklagten und ihre umfassende Einschulung auf das BT-Programm ein beträchtliches wirtschaftliches Interesse, diese Kenntnisse nicht einer im Aufbau befindlichen Konkurrenzfirma zukommen zu lassen, sondern sie selbst zu verwerten. Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei nicht Folge. Es vertrat die Rechtsauffassung, daß die Konkurrenzklausel, auch wenn sie erst während des Arbeitsverhältnisses vereinbart werde, nur Teil des gesamten Arbeitsvertrages sei, sodaß als Gegenleistung nicht nur die einmalige Treueprämie anzusehen sei. Wenn man berücksichtige, daß sich das Gehalt der Beklagten in der kurzen Zeit von 3 Jahren von S 8.000,-- auf S 12.000,-- erhöht habe und die Beklagte von einer Schreibkraft zu einer deutlich über dem Kollektivvertrag entlohnten Sachbearbeiterin aufgestiegen sei, wäre die Sittenwidrigkeit der Konkurrenzklausel auch zu verneinen, wenn aus Anlaß ihrer Vereinbarung keine Treueprämie geleistet worden wäre. Auch sei die mit der Konkurrenzklausel vereinbarte Beschränkung der Tätigkeit der Klägerin nach ihrem Gegenstand nicht unbillig im Sinne des § 36 Abs 2 Z 2 AngG. Sie sei nicht zu weit gefaßt, zumal sie nur die Produkte bestimmter Hersteller umfasse, sodaß die Beklagte dadurch nicht einmal gehindert werde, bei Unternehmen, welche die Stapler anderer Hersteller vertrieben, tätig zu werden.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der beklagten Partei aus den Revisionsgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne einer gänzlichen Klageabweisung abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die klagende Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Die behauptete Mangelhaftigkeit liegt nicht vor

(§ 510 Abs 3 ZPO).

Zu Unrecht wendet sich die Revisionswerberin auch gegen die

rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes.

Die Vereinbarung einer Konkurrenzklausel in einem weiteren Umfang, als sie als wirksam angesehen werden kann, hat nicht ihre gänzliche Unwirksamkeit zur Folge; eine zu weite Fassung führt daher lediglich zu einer entsprechenden Einschränkung (siehe Martinek-Schwarz, Angestelltengesetz6 696). Nach dem für den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellungen der Vorinstanzen ist die Beklagte nunmehr in der Verkaufsabteilung der Firma BT tätig und übt damit eine ähnliche Tätigkeit aus wie zuvor bei der klagenden Partei. Auch aus einer Einschränkung der bezüglich der Art der Tätigkeit der Beklagten weit gefaßten Konkurrenzklausel auf den Verkaufsbereich wäre daher für den Standpunkt der Beklagten nichts zu gewinnen. Zieht man weiters in Betracht, daß von der Konkurrenzklausel nur die Produkte dreier Hersteller erfaßt werden, ist auch eine unbillige Erschwerung des Fortkommens der Beklagten durch die Konkurrenzklausel nicht anzunehmen, da die für eine derartige unbillige Erschwernis beweispflichtige Beklagte nicht einmal behauptet hat, daß andere Stapler in Österreich nicht vertrieben würden. Zu einem derartigen Vorbringen bestand auch kein Anlaß, weil das Beweisverfahren ergeben hat, daß Stapler von insgesamt ca. 25 Herstellern in Österreich vertrieben werden. Bei Einhaltung der Konkurrenzklausel wäre die Beklagte daher nicht gezwungen gewesen, ihre über den Vertrieb von Staplern erworbenen Spezialkenntnisse brachliegen zu lassen. Angesichts der weitgehenden Einschränkung der Konkurrenzklausel auf die Produkte nur dreier Hersteller kann auch nicht davon ausgegangen werden, daß durch die Ausschöpfung der zulässigen Höchstdauer gemäß § 36 Abs 2 Z 1 AngG das Fortkommen der Beklagten unbillig eingeschränkt wurde. Demgegenüber steht ein im Rahmen der Interessenabwägung zu berücksichtigendes erhebliches Interesse der klagenden Partei, nicht in dem durch die Konkurrenzklausel geschützten Bereich Marktanteile an den bisherigen Lieferanten und nunmehrigen Konkurrenten zu verlieren, der die durch die Kündigung des Alleinvertriebsvertrages ohnehin erheblich beeinträchtigten wirtschaftlichen Interessen der klagenden Partei durch Abwerbung des von der klagenden Partei geschulten und bei den Kunden eingeführten Verkaufspersonals noch zusätzlich zu schädigen suchte. Daß durch die gezielte Abwerbung und des mit dem Vertrieb der Staplermarke BT beschäftigten Verkaufspersonals erhebliche Interessen der klagenden Partei beeinträchtigt wurden, liegt auf der Hand, zumal die Beklagte - geht man von den für den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellungen der Vorinstanzen aus - in der Verkaufsabteilung Offerte zu erstellen, Preise zu überprüfen, Statistiken aufzustellen, zu fakturieren und Telefondienst zu verrichten hatte und dabei auch mit Kunden in Kontakt kam. Der Umstand, daß die klagende Partei auch andere Produkte als Stapler vertreibt, führten nicht dazu, ihr ein erhebliches geschäftliches Interesse an der Einhaltung einer Konkurrenzklausel durch einen ausschließlich beim Verkauf von Staplern beschäftigten Arbeitnehmer abzusprechen. Andernfalls könnte ein Unternehmer, der verschiedene Produkte unter Einsatz spezialisierten Verkaufspersonals vertreibt, mit keinem dieser Angestellten wirksam eine Konkurrenzklausel vereinbaren. Schließlich ist der Revisionswerberin zuzubilligen, daß eine Konkurrenzklausel auch wegen der Art und Weise ihres Zustandekommens gemäß § 879 ABGB nichtig sein kann (vgl. DRdA 1975, 214 [Schwarz] = Arb 9385). Da eine Konkurrenzklausel auch während der Dauer des Arbeitsverhältnisses vereinbart werden kann und die klagende Partei ihr Zustandekommen weder durch Ausübung eines erheblichen Druckes noch unter Vertrauensbruch erwirkt hat (vgl Martinek-Schwarz, AngG6, 693), wäre sie auch gültig, wenn eine Gegenleistung von der klagenden Partei überhaupt nicht gewährt worden wäre; umso weniger kann daher die Beklagte die angebliche Unangemessenheit der gewährten Treueprämie gegen die Gültigkeit der getroffenen Vereinbarung ins Treffen führen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E19119

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:009OBA00274.89.1108.000

Dokumentnummer

JJT_19891108_OGH0002_009OBA00274_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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