TE OGH 1989/11/9 7Ob648/89

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Veröffentlicht am 09.11.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Wurz, Dr.Warta, Dr.Egermann und Dr.Niederreiter als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei mj. Martina S***, geboren am 12.Dezember 1980, vertreten durch ihre Eltern Hermann und Maria S***, Nußdorf-Debant, Toni Egger-Straße 45, diese vertreten durch Dr.Werner Thurner und Dr.Peter Schaden, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagte Partei L*** T***, vertreten durch Herbert Hillebrand und Dr.Walter Heel, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen S 100.000,-- s.A. und Feststellung (Gesamtstreitwert S 110.000,--), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 12. Mai 1989, GZ 4 R 42/89-27, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 25. September 1988, GZ 15 Cg 18/86-21, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß es zu lauten hat:

1) Der Schmerzengeldanspruch der klagenden Partei besteht dem Grunde nach zur Hälfte zu Recht.

2) Die beklagte Partei haftet der klagenden Partei für alle künftigen Schäden, die aus der am 15.Jänner 1983 erfolgten Zytostatikainjektion in Verbindung mit der Unterlassung einer ordnungsgemäßen Behandlung resultieren, auf der Basis einer Schadensteilung von 50 : 50.

3) Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorgehalten.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin war am 21.Dezember 1982 in der Säuglingsabteilung II der Universitätskinderklinik in Innsbruck zur stationären Behandlung einer myeloischen Leukämie aufgenommen worden. Im Rahmen einer zytostatischen Therapie wurden ihr am 15. Jänner 1983 Zytostatika injiziert, die in das umliegende Gewebe gelangten und zu einer Nekrose am rechten Handrücken führten. Ca. eine Woche nach Verabreichung dieser Injektionen wurde die Klägerin an der chirurgischen Abteilung der Universitätsklinik Innsbruck operiert. Zwischenzeitlich mußte sie sich zwei weiteren Korrekturoperationen im Krankenhaus in Lienz unterziehen. Die rechte Hand der Klägerin ist deutlich schmäler und kleiner mit einer vermehrten Gefäßzeichnung im Hohlhandbereich und einem über den Handwurzelknochen II bis V quer verlaufenden Transplantat. Zwei Fingergelenke sind komplett steif, an zwei weiteren Gelenken sind nur Wackelbewegungen möglich. An allen fünf Fingern besteht eine deutlich herabgesetzte Sensibilität. Künftige Schäden sind nicht ausgeschlossen.

Die Klägerin begehrt vom beklagten Spitalserhalter ein Schmerzengeld von S 100.000,-- sA und die Feststellung der Ersatzpflicht der beklagten Partei für künftige Schäden. Sie behauptet, daß dem behandelnden Arzt, dessen sich die beklagte Partei als Erfüllungsgehilfen bedient habe, bereits bei Verabreichung der Injektionen ein ärztlicher Kunstfehler unterlaufen sei. Jedenfalls habe der Arzt nach Auftreten der entsprechenden Symptome die erforderlichen Maßnahmen zur Verhinderung des Aufnahmeprozesses der Zytostatika in das umliegende Gewebe unterlassen.

Das Erstgericht gab nach Einschränkung des Verfahrens auf den Grund des Anspruchs dem Feststellungsbegehren statt. Nach seinen Feststellungen können Zytostatika schwere Gewebsschäden verursachen. Gelangen sie durch eine schlecht plazierte oder verrutschte Nadel oder eine schadhafte Vene ins extravasale Gewebe, kann dies im ungünstigsten Fall lokal einen Verlust der gesamten Dermis und der darunter liegenden vitalen Strukturen zur Folge haben. Um bleibende Schäden möglichst zu vermeiden, ist der Patient selbst über die potentielle Gefahr der Extravasation des Zytostatikums zu informieren und auch über die frühen Zeichen und Symptome einer paravenösen Injektion, damit er bei Auftreten derselben rechtzeitig Alarm schlagen kann. Bereits im Jahre 1983 stellte die Zeitschrift "Medical Tribune" fest, daß auf ca. 1000 intravenöser Injektionen von Adriamicin oder Vincristin ein solcher Zwischenfall kommt. Gelangen Zytostatika ins umliegende Gewebe, so tritt nach einer gewissen Zeit eine Schwellung auf, die von der Dosis und den Abständen der Injektion abhängig ist. Wenn ein Extravasat auftritt, spielen für die Prognose, Art und Menge des ausgetretenen Zytostatikums eine Rolle. Wesentlich ist die Früherkennung. Am Handrücken zB ist eine große Menge einer weniger toxischen Substanz prognostisch ungünstiger, als ein hochtoxisches kleines Extravasat in einer Muskelmasse. Insbesondere bei Kindern ist eine besonders sorgfältige Beobachtung im Hinblick auf die möglichen Gewebsschädigungen nach Zytostatikainjektionen notwendig. Diesbezügliche Kontrollen sind im Abstand von 15 bis 30 Minuten durchzuführen. Mindestens 10 Minuten nach Beendigung der Zytostatikainjektion und dem Anschließen einer Glukoseinfusion müßte letztere klaglos laufen. Wenn bereits beim Anschluß einer Glukoseinfusion an die liegende Nadel Stockungen im Glukoseinfusionsfluß bemerkbar sind oder eine Schwellung oder Rötung auftritt, ist eine Behandlung notwendig. Wenn eine Schwellung oder Rötung und Schmerzhaftigkeit auf den Austritt des verabreichten Zytostatikums in das extravasale Gewebe hindeuten, muß die Injektion oder Infusion sofort abgebrochen und die Extremität zur Minierung des Ödems hochgelagert werden. Die betroffene Stelle soll drei Tage lang viermal täglich ca. 20 Minuten mit Eis behandelt werden, welches den Effekt einer lokalen Gefäßverengung und den einer verminderten Absorption in den ersten Stunden zur Folge hat. Vermutlich hält die Kälte auch den lokal destruktiven Prozeß einiger Zytostatika auf. Wird eine paravenöse Infiltration sofort erkannt, kann auch eine Verdünnung derselben durch subkutane oder intramuskuläre Kochsalzinjektionen erzielt werden, was eine gewisse Verminderung des zytostatischen Effektes nach sich zieht. Da die zytostatischen Substanzen relativ rasch mit Zellbestandteilen reagieren, kann eine Verminderung ihres Effektes nur erwartet werden, wenn die Verdünnung baldigst nach Erkennen des Paravasates herbeigeführt wird. In allen Fällen ist der Patient innerhalb von 72 Stunden nach der Beobachtung einer paravenösen Zytostatikainjektion einem Chirurgen vorzustellen, der das Ausmaß der Induration und des Erythems sowie das Gesamtbild beobachtet und für eine allenfalls notwendige Operation zur Verfügung stehen muß. Im Jahre 1983 wurden Zytostatika an der Universitätskinderklinik in Innsbruck seit rund 5 Jahren verwendet. Der Umstand, daß diese Medikamente langsam zu spritzen sind, entsprach dem damaligen Wissensstand der onkologischen Arbeitsgruppe an der Universitätsklinik. Es gab jedoch keine Leitlinien, welche Behandlung für den Fall anzuwenden ist, daß Zytostatika ins Gewebe dringen. Den Ärzten wurde lediglich die Weisung erteilt, die Injektion bei Schwierigkeiten sofort abzubrechen.

Am 15.Jänner 1983 beauftragte der Oberarzt Dr.Heinz E*** den seit 1.Juli 1981 in Turnusausbildung stehenden Dr.Franz Martin F***, der Klägerin die vorgesehenen Zytostatikainjektionen (Vincristin und Daunoplastin) zu verabreichen. Die Klägerin bekam zuerst eine Bluttransfusion, die etwa 3 Stunden über eine Kanüle, die in eine Vene am rechten Handrücken eingelegt war, eintropfte. Hiebei waren der Unterarm und die Hand an einer Schiene fixiert. Zwischen 17,30 Uhr und 18,30 Uhr wurden die Zytostatikainjektionen durch Dr.Franz Martin F*** verabreicht. Dr.F*** überprüfte zuerst, ob die Kanüle, über die die Klägerin die Bluttransfusion erhalten hatte, durchgängig ist, indem er 10 ml einer physiologischen Kochsalzlösung spritzte. Danach injizierte er 7,5 ml der Zytostatikapräparate und spülte nach den Injektionen wieder mit 10 ml Kochsalzlösung nach. Im Anschluß daran wurde an das gleiche Infusionssystem eine Glukoseinfusion angeschlossen. Ca. 15 bis 30 Minuten nach der Verabreichung der zweiten Infusion schwoll der Handrücken der Klägerin hellrötlich bzw. bläulich an. Die Eltern der Klägerin, die den Injektionen beigewohnt hatten, machten die Schwester Elisabeth M*** auf die Schwellung aufmerksam. Diese holte Dr.F***, der aber keine Behandlungsmaßnahmen traf, obwohl er von den Eltern der Klägerin noch zweimal geholt wurde. Schwester Elisabeth M*** wurde um 19 Uhr von der Schwester Antonia G*** abgelöst, die nach ihrem Dienstantritt feststellte, daß die Glukoseinfusion "nicht mehr richtig lief". Wann Antonia G*** die Glukoseinfusion abnahm, war nicht mehr feststellbar. Gegen 22 Uhr informierte Antonia G*** den Dr.F***, daß die Infusion "para" gegangen und die Hand der Klägerin angeschwollen sei, weshalb sie Lasonilsalbe und Alkoholumschläge auflegen wolle. Dr.F*** verfügte keine weiteren Behandlungsmaßnahmen und hielt auch eine weitere Untersuchung der Klägerin nicht für erforderlich. Am 16.Jänner 1983 war die Hand der Klägerin rot und aufgeschwollen. Die Ärztin Dr.B***, die die Visite durchführte, ordnete eine Fortsetzung der Alkohol- und Lasonilumschläge an. Am 17. Jänner 1983 erkannte man, daß der rot verschwollene, entzündete rechte Handrücken der Klägerin auf in das Gewebe eingedrungene Zytostatika zurückzuführen ist. Ca. eine Woche nach Verabreichung der Zytostatikainjektionen wurde die Klägerin an der chirurgischen Abteilung der Universitätsklinik Innsbruck operiert. Bei Eindringen von Zytostatika in das umgebende Gewebe tritt am Handrücken die Rötung und Schwellung sichtbar schneller auf, da dort weniger Fettgewebe vorhanden ist, sodaß auch die Verdünnung des Mittels durch das Gewebe wesentlich geringer ist. Vom medizinischen Standpunkt aus ist es nicht ausgeschlossen, daß sich 15 bis 30 Minuten nach der Zytostatikainjektion bereits eine Schwellung und Rötung am rechten Handrücken der Klägerin bildete. Nicht festgestellt werden konnte, wie die Zytostatika bei der Klägerin ins Gewebe gelangt sind, ob etwa bei der Injektion neben die Vene gestochen wurde oder ob die Zytostatika durch ein vorhandenes Loch in der Vene ins Gewebe gelangten. Dem Dr.F*** fehlte die notwendige Erfahrung und das notwendige Wissen darüber, welche Behandlung bei einer paravenösen Zytostatikainfiltration geboten ist. Das Erstgericht erblickte einen ärztlichen Kunstfehler in der Unterlassung der gebotenen Behandlungsmaßnahmen nach dem Auftreten der eine paravenöse Zytostatikainfiltration indizierenden Symptome und bejahte auch dessen Ursächlichkeit für den Schaden der Klägerin. Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil als Teilurteil und erkannte mit Zwischenurteil zu Recht, daß der Schmerzengeldanspruch der Klägerin dem Grunde nach zu Recht bestehe. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 60.000,--, nicht aber S 300.000,-- übersteigt, und erklärte die Revision für zulässig.

Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und teilte auch dessen Rechtsansicht. Eine Unterlassung sei für den Schadenseintritt bereits kausal, wenn die pflichtgemäße Handlung den Eintritt des Schadens weniger wahrscheinlich gemacht hätte, als deren Unterlassung. Diesen Beweis habe die Klägerin erbracht.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen die Entscheidung der zweiten Instanz erhobene Revision der beklagten Partei ist zum Teil berechtigt.

Die Rechtsansicht der Vorinstanzen, daß durch die Aufnahme der Klägerin in die von der beklagten Partei betriebene Universitätskinderklinik ein Behandlungsvertrag zustandekam und die beklagte Partei für das Verschulden der in ihrer Klinik tätigen Personen gemäß § 1313 a ABGB haftet (KRSlg. 629 uva), wird von der Revision ebensowenig in Zweifel gezogen wie, daß die beklagte Partei eine gewissenhafte Betreuung der Klägerin nach Maßgabe der ärztlichen Wissenschaft und Erfahrung schuldete (KRSlg. 696; 3 Ob 560/84; Reischauer in Rummel, ABGB, Rz 24 und 25 zu § 1299). Die Meinung der Revision, daß hier ein ärztlicher Kunstfehler nicht vorliege, kann nicht geteilt werden. Zwar haben die Sachverständigen das Vorliegen eines ärztlichen Kunstfehlers verneint, jedoch aus der Erwägung, daß die im vorliegenden Fall aufgetretenen Komplikationen bei Verabfolgung der Zytostatika auch ein erfahrener Kinderarzt nicht mit Sicherheit hätte vermeiden können. Abgesehen davon, daß damit die vom Vorliegen eines Kunstfehlers zu trennende Frage des Verschuldens angeschnitten wird, haben die Vorinstanzen dem behandelnden Arzt ohnehin bei der Vornahme der Injektion der Zytostatika keinen Kunstfehler angelastet. Es konnte nicht festgestellt werden, wie die Zytostatika in das umliegende Gewebe gelangten. Es steht aber fest, daß die der Klägerin verabreichten Zytostatika bei paravenöser Infiltration schwere Gewebsschäden verursachen können. Diese Gefahr war auch bekannt. Gelangen Zytostatika in das umliegende Gewebe, so treten nach einer gewissen Zeit Rötungen und Schwellungen auf, die in dem Falle, daß der Handrücken davon betroffen ist, innerhalb von 15 bis 30 Minuten sichtbar werden können. Die Wirkung der paravenösen Infiltration kann bei alsbaldiger Erkennung nach dem Stand der ärztlichen Wissenschaft und Erfahrung vermindert werden. Im vorliegenden Fall schwoll ca. 15 bis 30 Minuten nach Verabreichung der Zytostatika der Handrücken der Klägerin hellrötlich bzw. bläulich an. Der behandelnde Arzt wurde davon in Kenntnis gesetzt, traf aber keinerlei Behandlungsmaßnahmen, obwohl solche aufgrund der eine paravenöse Infiltration indizierenden Umstände geboten gewesen wären. Die Vorinstanzen sind daher zu Recht davon ausgegangen, daß ein ärztlicher Kunstfehler vorliegt. Hat aber die Klägerin objektiv einen ärztlichen Kunstfehler nachgewiesen, wäre es Sache der beklagten Partei gewesen, zu beweisen, daß ihre Erfüllungsgehilfen kein Verschulden trifft (KRSlg. 686 mwN). Verschulden ist die Vorwerfbarkeit eines Verhaltens. Schuldhaft handelt, wer ein Verhalten setzt, das er hätte vermeiden sollen und auch hätte vermeiden können (Koziol-Welser8 I 419). Umstände, aus denen sich ergäbe, daß die Erfüllungsgehilfen der beklagten Partei nach Auftreten der die paravenöse Infiltration der Zytostatika indizierenden Symptome nicht in der Lage gewesen wäre, die erforderlichen Behandlungsmaßnahmen zu setzen, wurden nicht einmal behauptet. Das rechtswidrige Verhalten, das die beklagte Partei hier zu vertreten hat, besteht in einer Unterlassung. Eine solche ist nur dann kausal, wenn die Vornahme einer bestimmten Handlung den Eintritt des Erfolges verhindert hätte. Dem Schädiger steht in einem solchen Fall der Beweis offen, daß derselbe Nachteil auch bei positivem Tun entstanden wäre. Eine Haftungsbefreiung kann aber insoweit nicht eintreten, als gerade durch das rechtswidrige Verhalten der Schaden vergrößert wurde (Koziol, Haftpflichtrecht2 I 163 f). Die Behauptung, daß eine derartige Nekrose, wie sie bei der Klägerin auftrat, schicksalhaft ist und auch durch einen erfahrenen Kinderarzt nicht verhindert werden kann, steht die Feststellung entgegen, daß die Folgen der paravenösen Infiltration durch entsprechende Maßnahmen hätten gemildert werden können. Der Revision kann daher auch insoweit nicht gefolgt werden, als sie jeglichen Kausalzusammenhang verneint. Zu Recht wendet sich die Revision aber gegen eine volle Haftung. Aus dem Gesagten folgt nämlich, daß hier für den Schaden der Klägerin ein Haftungsgrund mit Zufall konkurriert. Der bloße Zufall trifft nach § 1311 ABGB grundsätzlich denjenigen, in dessen Vermögen oder Person er sich ereignet. Hat nicht bloß der Schädiger, sondern auch der Geschädigte schuldhaft eine Bedingung für den Schadenseintritt gesetzt, so gebührt nach § 1304 ABGB kein voller Ersatz. Der Geschädigte muß einen Teil des Schadens selbst tragen. Dies erfordert zwar keine Rechtswidrigkeit in technischem Sinn, jedoch Sorglosigkeit des Geschädigten in eigenen Angelegenheiten (ZVR 1985/9; Reischauer aaO Rz 1 zu § 1304). Dem § 1304 ABGB liegt, wie schon den vorausgehenden Bestimmungen über die Verantwortlichkeit Mehrerer, der allgemeine Rechtsgrundsatz der Schadensteilung zugrunde, wenn mehrere gesetzliche Zurechnungsgründe vorliegen. Konkurriert daher ein dem Geschädigten zurechenbarer Zufall mit einem Haftungsgrund, so ist in entsprechender Anwendung des Rechtsgedankens des § 1304 ABGB eine Schadensteilung vorzunehmen und der Schädiger nur mit jenem Schadensteil zu belasten, der seinem Verursachungsanteil entspricht (vgl. Bydlinski, Probleme der Schadensverursachung 87; Koziol aaO 238). Läßt sich der Verursachungsanteil nicht feststellen, so ist iS der Zweifelsregel des § 1304 ABGB der Schaden zu gleichen Teilen zu tragen. Die Minderungsmöglichkeit im konkreten Fall läßt sich im nachhinein nicht hinreichend bestimmen, so daß eine Schadensteilung von 50 : 50 gerechtfertigt ist.

Demgemäß ist der Revision teilweise Folge zu geben. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 52 Abs. 2 und 393 Abs. 4 ZPO.

Anmerkung

E19310

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0070OB00648.89.1109.000

Dokumentnummer

JJT_19891109_OGH0002_0070OB00648_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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