TE OGH 1989/11/9 7Ob683/89

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Veröffentlicht am 09.11.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Warta, Dr. Egermann und Dr. Niederreiter als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Johann W***, Kellner, Salzburg, Römergasse 2/3, vertreten durch Dr. Erich Schwarz, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei Franz S***, Kaufmann, Berndorf 222, vertreten durch Dr. Jürgen Hinterwirth, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen S 2,334.877,64 s.A. (Revisionsstreitwert S 1,747.877,64 s.A.), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 16. Mai 1989, GZ. 2 R 327/88-30, womit infolge der Berufungen beider Parteien das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 5. August 1988, GZ. 8 Cg 33/87-17, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 20.687,40 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 3.447,90 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger begehrt vom Beklagten die Rückzahlung eines Betrages von S 2,334.877,64 s.A. Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit S 1,797.877,64 s.A. statt und wies das Mehrbegehren von S 537.000 s. A. ab. Nach seinen Feststellungen war der Kläger im Jahre 1984 im Cafe W*** in Salzburg als Kellner beschäftigt und lernte dort den Beklagten kennen. Der Kläger war Eigentümer einer Liegenschaft mit Haus in Melk und hatte in Salzburg eine Eigentumswohnung mit einer Nutzfläche von 116 m2. Mit 9. September 1984 kündigte er sein Dienstverhältnis auf, um sich selbständig zu machen. Da es nicht möglich war, ein passendes Lokal zu finden, bot ihm der Beklagte an, gemeinsam in der Textilbranche, in der der Beklagte bisher tätig war, ein Unternehmen zu betreiben. Vorläufig war der Kläger für den Beklagten als Handelsreisender tätig. Die Provisionen hat der Beklagte erhalten und dem Kläger in unregelmäßigen Abständen Verrechnungsschecks ausgefolgt.

Am 27. November 1984 trafen die Streitteile folgende Vereinbarung: "Vereinbarung zwischen ...... über die Gründung der J*** Modevertriebsgesellschaft. Zum Zwecke des Vertriebes und des Handels mit Modewaren betreiben die obgenannten Partner zu je 50 % die Gesellschaft, Herr S*** bringt die von ihm betreuten Kunden und Vertretungen ein, sowie die Büroeinrichtung, Fernschreiber, Kollektionen, einen VW-Bus und den erforderlichen Gewerbeschein. Beide Partner betreuen die Kunden im Bundesgebiet persönlich, nach Absprache und Erfordernis." Dazu erklärte der Beklagte dem Kläger, er habe einen Gesellschaftsmantel für eine GesmbH zur Verfügung, der in absehbarer Zeit frei werde. Er überzeugte den Kläger, daß für den "Einstieg" in eine solche Gesellschaft größere finanzielle Mittel erforderlich seien. Der Kläger nahm unter Sicherstellung auf seine Liegenschaft in Melk einen Kredit auf und übergab hievon dem Beklagten für die Beteiligung an der zu gründenden Firma J*** am 28. oder 29. November 1984 S 600.000. Zur Gründung der Gesellschaft kam es nicht.

Auf Vorschlag des Beklagten verkaufte der Kläger im Jahre 1985 seine vom Beklagten als zu teuer bezeichnete Eigentumswohnung in Salzburg und zog im Dezember 1985 mit seiner Familie in das Haus des Beklagten in Berndorf ein. Über Anraten des Beklagten eröffneten die Streitteile am 2. Mai 1985 bei der Bank für Oberösterreich und Salzburg mit einer Kreditaufnahme von S 300.000 ein Firmenkonto, über das beide Parteien zeichnungsberechtigt waren. Das Firmenkonto sollte dem gemeinsamen Unternehmen dienen. Vom Kläger wurden diesem Konto nachweislich S 477.660 gutgebracht, die Belastungen durch ihn betrugen S 497.999,33. Der Beklagte tätigte von diesem Konto Abhebungen von S 180.678,57, die nicht mit einem gemeinsamen Geschäftszweck in Verbindung standen. Die Abhebungen durch den Beklagten waren um zumindest S 143.877,64 höher als die des Klägers. In der ersten Hälfte des Jahres 1985 machte der Beklagte dem Kläger den Vorschlag, vom Beklagten dessen Liegenschaftshälfte in Berndorf zu erwerben. Der Kläger verkaufte deshalb seine Eigentumswohnung. Bereits vorher hatte der Beklagte dem Kläger erklärt, daß er das Erdgeschoß seines Hauses ausbauen werde, dazu aber noch Geld benötige. Der Beklagte verlangte vom Kläger, daß ihm durch das Realitätenbüro S*** & H*** S 500.000 des Kaufpreises der Eigentumswohnung zum Ausbau des Erdgeschoßes ausbezahlt werden. Dieser Betrag sollte eine Anzahlung für den Kaufpreis der Liegenschaftshälfte sein. Der Kläger unterfertigte eine Zustimmungserklärung, sodaß dem Beklagten am 27. September oder 4. Oktober 1985 vom Realitätenbüro S*** & H*** S 500.000 ausgefolgt wurden. Der Kläger und seine Ehefrau bezahlten ab Dezember 1985 für die Wohnung im Hause des Beklagten nur die Betriebskosten, da ja der Erwerb der Liegenschaftshälfte in Aussicht genommen war. Es kam jedoch nicht zur Parifizierung der Liegenschaft. Nach einem Zerwürfnis zog der Kläger im Dezember 1986 aus dem Haus des Beklagten aus. Aus dem Verkauf der Eigentumswohnung wurden dem Kläger im Dezember 1985 noch restliche S 320.000 oder S 350.000 ausbezahlt. Daß der Kläger hievon dem Beklagten weitere S 300.000 als Anzahlung für den beabsichtigten Liegenschaftskauf gab, konnte nicht festgestellt werden.

Nach Aufnahme der Tätigkeit des Klägers als Handelsreisender für den Beklagten machte ihm dieser den Vorschlag, ein gemeinsames Detailgeschäft zu betreiben. Der Kläger war damit einverstanden. Der Beklagte fand ein Geschäftslokal in Salzburg. Der Geschäftsbetrieb begann unter der nicht protokollierten Firma SB-Modewelt Johann W*** & Co im Juli 1986. Der Mietvertrag wurde nur vom Kläger unterfertigt. Die Geschäftseinrichtung und die Ware besorgte der Beklagte. Der Beklagte übernahm auch die Erlöse aus dem Geschäft, eine Abrechnung erfolgte nicht. Der Geschäftsbetrieb wurde Ende des Jahres 1986 wieder eingestellt. Im Frühjahr 1986 behauptete der Beklagte dem Kläger gegenüber fälschlich, der Hemdenlieferant G*** habe Schadenersatzansprüche von mehreren hunderttausend Schillingen. Der Kläger glaubte dies und nahm zur Abdeckung der vorgetäuschten Forderungen auf seine Liegenschaft in Melk einen weiteren Kredit auf. Zur Auszahlung des Kredites wurden zwei Schecks über S 300.000 und über S 50.000 ausgestellt. Den Scheck über S 300.000 übergab der Kläger dem Beklagten zur Abdeckung der vermeintlichen Schadenersatzforderung der Firma G***. Den Scheck über S 50.000 übergab er ihm zur Einzahlung auf das "Firmenkonto" bei der Bank für Oberösterreich und Salzburg. Der Betrag von S 50.000 wurde auch diesem Konto gutgebracht. Den Scheck über S 300.000 löste der Beklagte jedoch zugunsten seines eigenen Kontos bei der Salzburger Sparkasse ein.

Ende September oder Anfang Oktober 1986 behauptete der Beklagte Geldforderungen in Höhe von S 351.000 gegen den Kläger. S 67.000 verlangte der Beklagte als Rückzahlung für dem Kläger bar übergebene Teilbeträge und S 84.000 für die Wohnung. Wofür S 200.000 verlangt wurden, konnte nicht mehr geklärt werden. Der Kläger glaubte den Behauptungen des Beklagten und übergab ihm einen Scheck über S 150.000 und S 121.000 bar. Darin war auch der Betrag von S 67.000 enthalten, den der Kläger früher vom Beklagten erhalten hatte. Zur Deckung des Differenzbetrages akzeptierte der Kläger einen Wechsel (über S 80.000), der in der Folge vom Beklagten eingeklagt wurde. Den Scheck über S 150.000 löste der Beklagte zugunsten seines Kontos bei der Salzburger Sparkasse ein.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht im wesentlichen aus, daß der Kläger Kondiktionsansprüche gegen den Beklagten auf Rückzahlung der in der nicht eingetretenen Erwartung einer gemeinsamen Geschäftsgründung übergebenen S 600.000 habe. Für die Annahme, der Kläger habe das Zustandekommen des gemeinsamen Geschäftes wider Treu und Glauben vereitelt, bestünden keine Anhaltspunkte. Aus demselben Grund bestehe auch der Anspruch des Klägers auf Ersatz des Überhanges aus dem gemeinsamen Konto bei der Bank für Oberösterreich und Salzburg in Höhe von S 143.877,64 zu Recht. Dieses Konto sei ebenfalls im Hinblick auf die gemeinsame Gesellschaftsgründung eröffnet worden. Die Zahlungen von S 300.000 und S 50.000 seien durch den Kläger irrtümlich erfolgt, weil der Beklagte fälschlich bestehende Schadenersatzansprüche Dritter behauptet habe. Auch die Zahlungen von S 121.000 und S 150.000 seien unter der falschen Behauptung bestehender Ansprüche erreicht worden. Einen Rückforderungsanspruch von S 67.000 habe der Kläger dagegen nicht, weil dieser Betrag vorher dem Kläger vom Beklagten tatsächlich zugekommen sei. Auch den Wechselbetrag von S 80.000 könne der Kläger nicht begehren, da er in diesem Umfang noch keine Leistung erbracht habe.

Die Abweisung eines Teilbetrages von S 237.000 s.A. erwuchs in Rechtskraft. Im übrigen änderte das Berufungsgericht das Ersturteil dahin ab, daß es einen weiteren Teilbetrag von S 50.000 s.A. abwies. Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und führte in rechtlicher Hinsicht aus, daß Rechtsprechung und Lehre aus § 1435 ABGB eine Kondiktion wegen Wegfalls des Leistungsgrundes oder Nichteintrittes des erwarteten Erfolges ableiteten. Der Kläger habe dem Beklagten S 600.000 in Erwartung einer 50 %igen Beteiligung an der zu gründenden Firma J*** übergeben. Die Rückforderung des Geleisteten sei nur dann ausgeschlossen, wenn der Leistende den Eintritt des Geschäftszweckes gegen Treu und Glauben verhindert, also die Erfüllung seiner Erwartungen durch eigenes Verschulden vereitelt habe. Eine solche Vereitlung des Geschäftszweckes durch den Kläger ergebe sich aus den Tatsachenfeststellungen nicht. Der Kläger könne daher den Betrag von S 600.000 zurückfordern. Gleiches gelte auch für die Zahlung von S 500.000, die in Erwartung des Erwerbes der Liegenschaftshälfte des Beklagten geleistet worden sei. Nach § 1431 ABGB könnten irrtümliche Zahlungen einer vermeintlichen Schuld zurückgefordert werden. Aus diesem Grunde stehe dem Kläger ein Anspruch auf Rückforderung der S 300.000 zu, die er zur Abdeckung der fälschlich behaupteten Schadenersatzforderung der Firma G*** dem Beklagten übergeben habe. Der in diesem Zusammenhang übergebene Scheck von S 50.000 sei aber widmungsgemäß zur Zahlung auf das gemeinsame Konto verwendet worden. In diesem Umfang sei daher ein Rückforderungsanspruch des Klägers nicht berechtigt. Auch die Übergabe eines weiteren Schecks über S 150.000 und eines Barbetrages von S 121.000 seien durch unrichtige Behauptungen des Beklagten über eine weitere Forderung von S 351.000 veranlaßt worden. Der Umstand, daß nicht mehr geklärt habe werden können, wofür der Beklagte S 200.000 verlangt habe, ändere daran nichts, daß der Kläger irrtümlich eine Nichtschuld bezahlt habe.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen die Entscheidung der zweiten Instanz erhobene Revision des Beklagten ist nicht berechtigt.

Der behauptete Verfahrensmangel liegt nicht vor (§ 510 Abs. 3 ZPO).

Dem Standpunkt des Revisionswerbers, daß eine Rückforderung des dem Beklagten zur Gründung einer Gesellschaft übergebenen Betrages ausgeschlossen sei, weil der Kläger den Eintritt des Erfolges wider Treu und Glauben vereitelt habe, ist entgegenzuhalten, daß Umstände, aus denen sich eine treuwidrige Vereitlung durch den Kläger ergebe, schon in erster Instanz nicht behauptet wurden. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen hat der Beklagte diesen Betrag erhalten und ist daher in diesem Umfang auch bereichert. Der Hinweis auf die tatsächlich von den Streitteilen entfaltete geschäftliche Tätigkeit ist deshalb nicht zielführend, weil diese Tätigkeit ein anderes Geschäft betraf und nach den Feststellungen der Vorinstanzen sowohl die Übergabe des Betrages von S 600.000 als auch die Kontoeröffnung bei der Bank für Oberösterreich und Salzburg für die beabsichtigte, jedoch nicht durchgeführte Gründung einer Gesellschaft mbH erfolgten. Ebenso ergibt sich aus den Feststellungen der Vorinstanzen zweifelsfrei, daß der Beklagte zum überwiegenden Teil fälschlich eine Forderung von S 351.000 gegen den Kläger behauptete, weshalb dem Berufungsgericht darin beizupflichten ist, daß es nicht mehr darauf ankommt, wenn letztlich ungeklärt blieb, wofür ein Betrag von S 200.000 (fälschlich) verlangt wurde. Unrichtig ist die Behauptung, daß das Berufungsgericht den Zuspruch von S 500.000 nicht begründet hätte.

Demgemäß ist der Revision ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E19309

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0070OB00683.89.1109.000

Dokumentnummer

JJT_19891109_OGH0002_0070OB00683_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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