TE OGH 1989/11/15 3Ob124/89

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Veröffentlicht am 15.11.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Dr. Angst als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei S*** & Co Gesellschaft mbH, Wienerstraße 200, 2104 Spillern, vertreten durch Dr. Franz Josef Salzer, Rechtsanwalt in Wien, wider die verpflichtete Partei Peter D***, Handelsvertreter, Larwingasse 63, 1220 Wien, vertreten durch Dr. Hans Litschauer, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 696.202,51 sA infolge Revisionsrekurses der verpflichteten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 11.August 1989, GZ 46 R 644/89-22, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Donaustadt vom 29.März 1989, GZ 12 E 9230/87-19, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, daß der Beschluß des Erstgerichtes wieder hergestellt wird. Die betreibende Partei hat die Kosten für die Teilnahme am Verfahren über den Ausscheidungsantrag und ihren Rekurs selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Im Zuge der Fahrnisexekution zur Hereinbringung der vollstreckbaren Forderung der betreibenden Partei von S 696.202,51 sA wurde am 3.Dezember 1987 der Personenkraftwagen BMW des Verpflichteten gepfändet.

Das Erstgericht schied auf Antrag des Verpflichteten diesen im Pfändungsprotokoll 12 E 9063/87-3 unter Postzahl 7 verzeichneten Pfandgegenstand nach § 251 Z 5 EO als der Exekution entzogen aus und stellte das Verfahren insoweit unter Aufhebung der vollzogenen Exekutionsakte nach § 39 Abs 1 Z 2 EO ein. Es ging davon aus, daß der Verpflichtete als selbständiger Handelsvertreter dem im § 251 Z 5 EO bezeichneten Personenkreis angehöre, deren zur Ausübung des Berufes erforderliche Gegenstände der Exekution entzogen seien. Der Verpflichtete sei von Oktober 1987 bis Mai 1988 als selbständiger Handelsvertreter für die W*** Gesellschaft mbH tätig gewesen und habe für die notwendigen Kundenbesuche im gesamten Bundesgebiet seinen Personenkraftwagen benötigt. Die Prüfung der Unpfändbarkeit habe nach den Verhältnissen zur Zeit der Pfändung zu erfolgen. Es sei bedeutungslos, daß der Verpflichtete nicht mehr für die W*** GmbH tätig sei. Auch der (hohe) Wert des Personenkraftwagens spiele keine Rolle.

Das Rekursgericht wies den Ausscheidungsantrag ab. Die Vorschriften über die Unpfändbarkeit seien als Ausnahmebestimmungen streng auszulegen. Wohl sei für einen selbständig tätigen Handelsvertreter regelmäßig die Benützung des eigenen Personenkraftwagens erforderlich, es genüge aber ein Mittelklassewagen, um Kunden aufsuchen zu können. Der Verpflichtete brauche zur Ausübung seines Berufes nicht den gepfändeten Personenkraftwagen BMW 735 mit 3,453 Liter Hubraum und 160 PS. Es sei eher ihm zumutbar, sich ein billigeres Fahrzeug zu beschaffen, als dem Gläubiger, das Luxusfahrzeug der Exekution zu entziehen. Das Rekursgericht sprach mit Rücksicht auf den im Pfändungsprotokoll angegebenen Wert des Pfandgegenstandes aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 15.000,--, nicht aber S 300.000,-- übersteigt und daß der Revisionsrekurs zulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist berechtigt.

Entscheidend ist, daß der Verpflichtete nach den zugrunde zu legenden Tatsachenfeststellungen zur Zeit der Pfändung als selbständiger Handelsvertreter seinen Beruf ausübte, auf die Benützung des Kraftfahrzeuges angewiesen war und nicht etwa auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln seine Handelsvertretertätigkeit verrichten konnte, weil er im ganzen Bundesgebiet Kunden aufsuchte. Ein Personenkraftwagen, der zur Berufsausübung unentbehrlich ist, ist der Pfändung selbst dann entzogen, wenn das Fahrzeug (Erstzulassung 3.November 1983) von einer besonderen Qualität und ungewöhnlichem Wert wäre. Würde nämlich der unentbehrliche Personenkraftwagen versteigert, fehlten dem Verpflichteten idR die Mittel zur Beschaffung eines "billigeren" Ersatzfahrzeuges. Für die Berücksichtigung des Umstands, daß eine unentbehrliche Sache vom Verpflichteten ersetzt werden könnte, fehlt überdies eine gesetzliche Grundlage (Heller-Berger-Stix 1646 mwN). Ob eine sogenannte "Austauschpfändung" immer ausgeschlossen ist (Heller-Berger-Stix 1646), kann dahingestellt bleiben, weil die betreibende Partei dem Verpflichteten ein Ersatzfahrzeug nicht einmal angeboten hat.

War der gepfändete Gegenstand zur Zeit der Pfändung der Exekution entzogen, ist mit Ausscheidung vorzugehen, auch wenn später die Voraussetzungen weggefallen wären (Heller-Berger-Stix 1645; SZ 11/251; SZ 29/82 ua).

Der erstgerichtliche Beschluß ist daher wieder herzustellen. Kosten wurden im Revisionsrekurs nicht verzeichnet. Die betreibende Partei hat hingegen ihre Kosten dieses Zwischenstreites selbst zu tragen (§ 78 EO, §§ 40 und 50 ZPO).

Anmerkung

E19056

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0030OB00124.89.1115.000

Dokumentnummer

JJT_19891115_OGH0002_0030OB00124_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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