TE OGH 1989/11/15 3Ob92/89

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Veröffentlicht am 15.11.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Dr. Angst als Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei "R***" Bausparkasse Gesellschaft m.b.H., Wien 5., Wiedner Hauptstraße 94, vertreten durch Dr. Paul Appiano, Rechtsanwalt in Wien, und anderer betreibender Parteien, wider die verpflichteten Parteien 1) Wilhelm Gustav S***, Angestellter, Brunn/Gebirge, Peter Rosegger-Straße 12, und 2) Dr. Georg K***, Rechtsanwalt, Wien 7., Siebensterngasse 42/3, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des Franz P***, Kaufmann, Brunn/Gebirge, Peter-Rosegger-Straße 12, beide vertreten durch Dr. Ernst Grubeck, Rechtsanwalt in Wien, wegen 440.215,82 S sA ua Forderungen, infolge Revisionsrekurses der verpflichteten Parteien gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom 16.Mai 1989, GZ 46 R 439/89-25, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Mödling vom 9.März 1989, GZ E 28075/88-22, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die verpflichteten Parteien haben die Kosten ihres Revisionsrekurses selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Im vorliegenden Zwangsversteigerungsverfahren legte die führende betreibende Partei Versteigerungsbedingungen vor, welche ein geringstes Gebot in Höhe der Hälfte des Schätzwertes vorsahen. Wegen zweier Abweichungen von den Normativbedingungen (Art des Vadiums, Verzinsung des Meistbots) beraumte das Erstgericht für den 31.1.1989 eine Tagsatzung an. Zum vorgesehenen Termin erschienen nur die beiden Verpflichteten. Der Termin wurde wegen Erkrankung der Richterin nicht durchgeführt, sondern auf den 7.2.1989 verlegt, zu welchem neuen Termin nur die beiden Verpflichteten geladen wurden. Bei der Tagsatzung am 7.2.1989 stellte der Erstverpflichtete den Antrag, das geringste Gebot in Höhe des Schätzwertes von 2,020.000,-- S festzusetzen.

Das Erstgericht ordnete daraufhin eine fortgesetzte Tagsatzung zur Feststellung der Versteigerungsbedingungen für den 2.3.1989 an, zu welcher unter anderem alle betreibenden Gläubiger mittels E-Form 213 geladen wurden. Dieses enthielt den Hinweis, daß der Erstverpflichtete entgegen dem Antrag der führenden betreibenden Partei ein geringstes Gebot in Höhe des vollen Schätzwertes von 2,020.000 S beantrage; von den nicht erschienenen Parteien werde angenommen, daß sie den gestellten "Anträgen" zustimmten. Zu dieser Tagsatzung erschienen nur die beiden Verpflichteten. Der Erstverpflichtete hielt seinen Antrag vom 7.2.1989 aufrecht. Das Erstgericht genehmigte daraufhin die Versteigerungsbedingungen in der Form, daß das geringste Gebot mit dem Schätzwert von 2,020.000 S festgesetzt wurde.

Das Gericht zweiter Instanz änderte den Beschluß des Erstgerichtes dahin ab, daß das geringste Gebot nur mit 1,010.000 S festgesetzt werde.

Es war der Auffassung, daß § 56 Abs 2 EO im vorliegenden Fall nicht anwendbar sei, weil die führende betreibende Partei durch die Vorlage ihrer Versteigerungsbedingungen schon den Antrag gestellt habe, den Schätzwert anders festzusetzen, als dies der Erstverpflichtete beantragt habe, sodaß sie nicht als dessen Antrag zustimmend behandelt werden könne. Mangels der Zustimmung der betreibenden Partei könne aber gemäß § 151 Abs 1 EO kein höherer Betrag als die Hälfte des Schätzwertes als geringstes Gebot festgestellt werden.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Verpflichteten ist nicht berechtigt. Zur Bestimmung der Höhe des geringsten Gebots lagen im zu entscheidenden Fall zwei widerstreitende Anträge vor. Die führende betreibende Partei hatte durch die Vorlage der Versteigerungsbedingungen beantragt, es in Höhe der Hälfte des Schätzwertes festzusetzen, der Erstverpflichtete beantragte später, es in Höhe des Schätzwertes zu bestimmen. In einem solchen Fall kann die betreibende Partei nur deshalb, weil sie zur Verhandlung über die widerstreitenden Anträge nicht erschienen war, noch nicht mit den Säumnisfolgen des § 56 Abs 2 EO belastet werden. Die führende betreibende Partei konnte vielmehr davon ausgehen, daß ihr Standpunkt ohnedies schon in den Exekutionsakten dargetan war. Die Zustimmungsfiktion des § 56 Abs 2 EO ist nur auf Parteien anwendbar, deren Standpunkt zu einem bestimmten Problem noch nicht bekannt ist. Wohl erwähnt § 56 Abs 2 EO den Fall widerstreitender Anträge nicht besonders. Es ist aber ein allgemeiner Grundsatz des österreichischen Verfahrensrechtes, daß auf schon wirksam Vorgebrachtes immer Bedacht zu nehmen ist (vgl etwa Bestimmungen wie § 396 ZPO). Mit dem Fall der Anhörung einer betreibenden Partei zu einem Einstellungsantrag des Verpflichteten läßt sich der vorliegende nicht vergleichen; denn der Exekutionsantrag kann nicht als ein Antrag aufgefaßt werden, die Exekution zB auch im Fall der Tilgung der betriebenen Forderung aufrechtzuerhalten. Hier hatte sich aber im Sachverhalt nichts geändert, es gab nur widerstreitende Standpunkte über die Art der Fortsetzung des Exekutionsverfahrens. Eine Anwendung des § 56 Abs 2 EO auch auf eine Partei, die ihre gegenteilige Position schon bekanntgegeben hat, wäre im Hinblick auf die Bestimmung des Schlußsatzes dieser Bestimmung allenfalls nur möglich, wenn der Partei die mit dem Nichterscheinen verbundenen Rechtsfolgen in der Ladung so angegeben würden, daß für sie kein Zweifel aufkommen kann, ihr früher eingenommener Standpunkt werde vom Gericht nicht mehr als aktuell betrachtet. Der führenden betreibenden Partei hätte also mindestens bekanntgegeben werden müssen, daß sie trotz Vorliegens ihres gegenteiligen Antrages so behandelt würde, als würde sie diesen Standpunkt aufgeben und entgegen ihrem bisherigen Antrage nunmehr dem neuen Antrag einer anderen Partei zustimmen. Nur bei einer so klaren Belehrung müßte sich die betroffene Partei darüber schlüssig werden, ob sie ihren bisherigen Standpunkt behalten wolle (dann müßte sie zur Verhandlung erscheinen) oder dem neuen Antrag zustimmen wolle (dann könnte sie die Verhandlung unbesucht lassen). Mangels eines solchen Hinweises in der Ladung zur strittigen Verhandlung konnte daher nicht von der Zustimmung der betreibenden Partei ausgegangen werden, das geringste Gebot mit einem höheren als dem von ihr vorgeschlagenen, der gesetzlichen Normativbedingung des § 151 Abs 1 EO entsprechenden Betrag festzusetzen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 78 EO und 40 und 50 ZPO.

Anmerkung

E19248

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0030OB00092.89.1115.000

Dokumentnummer

JJT_19891115_OGH0002_0030OB00092_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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