TE OGH 1989/11/16 12Os117/89

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Veröffentlicht am 16.11.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 16.November 1989 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Müller als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak, Dr. Felzmann, Dr. Massauer und Dr. Rzeszut als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Salat als Schriftführerin in der Strafsache gegen Karl P*** wegen des Verbrechens der Brandstiftung nach § 169 Abs. 2 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Ried im Innkreis als Schöffengericht vom 2. August 1989, GZ 8 Vr 600/88-91, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Tschulik, des Angeklagten Karl P*** und des Verteidigers Dr. Hasibeder zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen (Vorhaftanrechnung, Verweisung der Privatbeteiligten auf den Zivilrechtsweg, Ausspruch über die Kostenersatzpflicht und Teilfreispruch) unberührt bleibt, im Schuldspruch wegen des Verbrechens der versuchten Brandstiftung nach §§ 15, 169 Abs. 2 StGB (1) sowie im Strafausspruch aufgehoben und es wird im Umfang der Aufhebung gemäß § 288 Abs. 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:

Karl P*** hat am 30.August 1988 in Ried im Innkreis durch Anzünden eines im Dachbodenraum seines Hauses

Dr. Franz-Berger-Straße 5 neben einem Benzinkanister aufgestellten Kartons an einer eigenen Sache eine Feuersbrunst verursacht und dadurch eine Gefahr für Leib oder Leben mehrerer Hausbewohner und für das Eigentum Dritter in großem Ausmaß herbeigeführt. Er hat hiedurch das Verbrechen der Brandstiftung nach § 169 Abs. 2 StGB begangen und wird hiefür sowie für das ihm unverändert zur Last liegende Vergehen des versuchten schweren Betruges nach §§ 15, 146, 147 Abs. 2 StGB (2) nach §§ 169 Abs. 1, 28 Abs. 1 StGB zu 30 (dreißig) Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Gemäß § 43 a Abs. 4 StGB wird ein Teil dieser Strafe von 20 (zwanzig) Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten wird verworfen. Mit ihren Berufungen werden die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Der am 23.Dezember 1954 geborene Gastwirt Karl P*** wurde des Verbrechens der versuchten Brandstiftung nach §§ 15, 169 Abs. 2 StGB

(1) und des Vergehens des versuchten schweren Betruges nach §§ 15, 146, 147 Abs. 2 StGB (2) schuldig erkannt. Darnach hat er am 30. August 1988 in Ried im Innkreis versucht,

(1) durch Anzünden eines im Dachbodenraum seines Hauses Dr. Franz-Berger-Straße Nr. 5 neben einem Benzinkanister abgestellten Kartons eine Feuersbrunst zu verursachen und dadurch eine Gefahr für Leib oder Leben mehrerer Hausbewohner und von Eigentum Dritter in großem Ausmaß herbeizuführen, und sodann

(2) mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Angestellte der E*** A*** Versicherungs AG durch Erstattung einer falschen Schadensmeldung an Johann L*** zur Auszahlung von Versicherungsbeträgen, mithin durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen zu verleiten, welche das Versicherungsunternehmen um einen 25.000 S übersteigenden Betrag am Vermögen schädigen sollten.

Dieses Urteil bekämpfen beide Prozeßparteien mit Nichtigkeitsbeschwerden, die Staatsanwaltschaft gestützt auf § 281 Abs. 1 Z 5 und 10 StPO insoweit, als zum Schuldspruch 1 nur versuchte, nicht vollendete Brandstiftung angenommen wurde, der Angeklagte hingegen in beiden Schuldsprüchen aus § 281 Abs. 1 Z 5, 5 a und 9 lit. a StPO. Überdies bekämpfen die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte den Strafausspruch mit Berufung.

Rechtliche Beurteilung

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten:

Vorweg ist festzuhalten, daß sich die Urteilsfeststellungen zur eigenhändigen Brandlegung durch den Angeklagten auf das umfassende Geständnis stützen, das Karl P*** am 6.September 1988 vor der Gendarmerie ablegte (S 377 ff/I), am Vormittag des 7.September 1988 vor dem Untersuchungsrichter bekräftigte (S 61/I), in der Folge jedoch bei dem am Nachmittag des 7.September 1988 im Beisein seines Verteidigers durchgeführten Ortsaugenschein widerrief (S 73 ff/I). Bei seinen ersten beiden Vernehmungen durch die Gendarmerie am 1. und 2.September 1988 hatte er seine Täterschaft bestritten und sich auf Manuela H*** und Johann B*** als Alibizeugen berufen, deren Angaben sich jedoch als zu diesem Zweck nicht geeignet erwiesen. In seinem Geständnis bekannte sich der Angeklagte zu dem Tatmotiv, daß er mit der Vernichtung seines gesamten Hauses seine Mieter (vorwiegend türkische Fremdarbeiter) loswerden wollte. Den Urteilsfeststellungen zufolge hielt es Karl P*** ernstlich für möglich und fand sich damit ab, daß es zu einer Gefährdung der bei Brandausbruch im Haus befindlichen Bewohner kommen und die Feuersbrunst auf Nachbarobjekte übergreifen werde.

Hinsichtlich der zeitlichen Tatmodalitäten ging das Erstgericht davon aus, daß der Angeklagte, nachdem er sich am 30.August 1988 zwischen 22.15 Uhr und 22.20 Uhr von Manuela H*** auf einem Parkplatz in Seewalchen getrennt hatte, von dort auf dem kürzesten Weg nach Ried im Innkreis fuhr und ca. 25 Minuten später, um etwa

22.45 Uhr, am Tatort eintraf. Nach Entzündung der Pappschachtel am Dachboden des Hauses um ca. 22.50 Uhr trat er den Rückweg zu seinem Wohnhaus in Neukirchen an der Vöckla an, für den er ca. 16 Minuten benötigte. Gegen 23.10 Uhr sah der vom Brandausbruch telefonisch verständigte Vater des Angeklagten, Karl P*** sen., das Auto seines Sohnes bereits vor dessen Wohnhaus stehen. Die Angaben der Gattin des Angeklagten, Maria P***, sie habe um 22.55 Uhr bemerkt, daß die sechsjährige Tochter nicht mehr im Bett des elterlichen Schlafzimmers lag, weshalb sie annahm, daß das Kind vom Angeklagten in das benachbarte Kinderzimmer (wo dieser selbst zu schlafen pflegte) gebracht worden sei, beurteilten die Tatrichter als für eine Alibibestätigung nicht stichhältig, weil die Zeugin den Angeklagten im fraglichen Zeitraum persönlich nicht gesehen habe und daher nicht auszuschließen sei, daß sich das Kind selbst in das Nebenzimmer begeben hatte, um dort auf das Eintreffen des Vaters zu warten.

Soweit die Mängelrüge (Z 5) in diesem Zusammenhang eine Unvollständigkeit des tatrichterlichen Ausspruchs über entscheidende Tatsachen darin erblickt, daß die Angaben des Angeklagten vor der Gendarmerie am 1. und 2.September 1988, das schlafende Kind nach seiner Heimkunft vom elterlichen Schlafzimmer in das Kinderzimmer gebracht zu haben, unerörtert geblieben seien, verkennt sie den Umfang der gerichtlichen Begründungspflicht. Diese beschränkt sich nämlich gemäß § 270 Abs. 2 Z 5 StPO auf eine (bloß) gedrängte Darstellung der entscheidungswesentlichen Tatsachen und jener Gründe, aus welchen sie als erwiesen oder als nicht erwiesen angenommen wurden. Diesen gesetzlichen Kriterien formell mängelfreier Urteilsbegründung entsprach das Erstgericht aber, indem es die Angaben des Angeklagten bei den beiden ersten niederschriftlichen Vernehmungen ausdrücklich als unglaubwürdig ablehnte und zudem ohnedies der Sache nach auf den zur Entlastung des Angeklagten ins Treffen geführten Beweisumstand einging (S 194 bis 198; 203, 204/II). Im übrigen verwies das Erstgericht auf die Widersprüchlichkeit der beiden ersten Tatdarstellungen des Angeklagten, der seine Behauptung, bis 22.30 Uhr oder 23.00 Uhr mit Büroarbeiten beschäftigt gewesen zu sein, schon am darauffolgenden Tag dahin abgeändert hat, am 30.August 1988 erst etwa um 23.15 Uhr nach Hause gekommen zu sein (S 287 und 355/I, 194/II), wobei es keiner zusätzlichen Erwähnung bedurfte, daß sich der Angeklagte im Zuge seiner widersprüchlichen Angaben durch summarische Bezugnahme auf seine früheren Einlassungen (S 381/I) implicite auch darauf berufen hat, nach Betreten seiner Wohnung seine schlafende Tochter in den Nebenraum getragen zu haben.

Die Annahme hinwieder, daß es für den Angeklagten technisch durchaus möglich war, die Strecke Seewalchen-Ried im Innkreis in 25 Minuten und jene von dort nach Neukirchen an der Vöckla in etwa 16 Minuten zurückzulegen, findet im Gutachten des kraftfahrtechnischen Sachverständigen Josef U*** Deckung. Auch wenn, wie die Beschwerde einwendet, beweismäßige Grundlagen darüber fehlen, welche Fahrtroute bzw. Fahrgeschwindigkeit der Angeklagte dabei gewählt hat, fügt sich dieses Beweisergebnis im Sinn der Urteilserwägungen durchaus in jene Überlegungen, die die Beurteilung des (in brandtechnischer Hinsicht mit dem Gutachten des Sachverständigen Ing. Alfred G*** korrespondierenden) umfassenden Geständnisses des Angeklagten im Vorverfahren als der Wahrheit entsprechend tragen.

Der Beschwerdeargumentation zuwider hat sich das Erstgericht auch mit dem Zustandekommen dieses Geständnisses in denklogisch einwandfreier Weise auseinandergesetzt und die Behauptung des Angeklagten, sich auf Grund von Zusagen einer Haft- und Verfahrensverkürzung zu einem (falschen) Geständnis entschlossen zu haben, unter Hinweis darauf für widerlegt erachtet, daß er erst auf seine Konfrontierung mit den Angaben der Zeugen Manuela H*** und Johann B*** hin geständig war (S 195 ff/II).

Als durchaus denkmögliche, mängelfreie Beweiswürdigung erweist es sich auch, wenn das Erstgericht die vom Angeklagten im Zuge seines Geständnisses angegebene Tatmotivation, er habe seine Mieter "loswerden wollen", als plausibel bewertete und die Erwägung beifügte, dem Angeklagten wären bei Erhalt der Versicherungssumme gewinnbringendere Möglichkeiten der Verwertung des städtischen Baugrundstückes offen gestanden (S 198 f./II). Der Vorwurf, es liege insoweit eine Scheinbegründung vor, trifft demnach nicht zu. Aber auch die Urteilsfeststellungen hinsichtlich des Zeitpunkts des Brandausbruchs erweisen sich als formell mängelfrei begründet. Diesbezüglich versucht die Beschwerde unter Hinweis auf das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dipl.Ing.Dr.techn. Walter K*** den Brandausbruch auf 22.38 Uhr bis 22.40 Uhr vorzuverlegen und solcherart einen Ausschluß der Täterschaft des Angeklagten plausibel zu machen. Gegen die Gutachten der Sachverständigen Ing. Alfred G*** und Ing. Helmut P***, denen zufolge der Brand um ca.

22.50 Uhr ausgebrochen sei, wird eingewendet, daß

darin - insbesondere hinsichtlich der Brenndauer - von unterschiedlichen Prämissen ausgegangen werde, deren widersprüchliche Auswirkungen im angefochtenen Urteil unerörtert geblieben seien.

Zum zeitlichen Ablauf des Geschehens ging das Erstgericht davon aus, daß die über Notruf alarmierte Feuerwehr um ca. 23.17 Uhr bis 23.18 Uhr mit der Brandbekämpfung begann und das Feuer um 23.30 Uhr bis 23.40 Uhr "unter Kontrolle" hatte. Der Schlußfolgerung des Sachverständigen Prof. Dipl.Ing.Dr.techn. Walter K***, daß die Initialzündung wahrscheinlich um ca. 22.38 Uhr stattgefunden habe, wurde deshalb nicht beigetreten, weil dieser Sachverständige in seinem - in der Hauptverhandlung verlesenen und mündlich ergänzten - Privatgutachten von der falschen Prämisse ausging, der Brand sei schon um 23.20 Uhr unter Kontrolle gewesen. Im übrigen wurden die Gutachten der zur Klärung der Frage der Brandentstehungszeit herangezogenen Sachverständigen in den Urteilsgründen ausführlich erörtert und jene Erwägungen dargelegt, aus denen letztlich den Schlußfolgerungen des Obergutachters Ing. Helmut P*** der Vorzug gegeben wurde. Dabei wurde ergänzend darauf hingewiesen, daß die Sachverständigen Ing. Alfred G*** und Ing. Helmut P*** hinsichtlich des Zeitpunktes des Brandausbruchs zu einem übereinstimmenden Ergebnis gelangten und auch der Sachverständige Prof. Dipl.Ing.Dr.techn. Walter K*** nicht ausschließen konnte, daß die Zündquelle erst um 22.50 Uhr eingebracht wurde (S 205 ff/II). Da über den zeitlichen Ablauf der Brandbekämpfung drei der eingesetzt gewesenen Feuerwehrleute als Zeugen vernommen wurden, war das Erstgericht im Rahmen der Verpflichtung zur amtswegigen Erforschung der Wahrheit (§§ 3, 232 Abs. 2, 254 StPO), dem Beschwerdestandpunkt zuwider, nicht verhalten, von sich aus noch zusätzlich die zeugenschaftliche Vernehmung des Einsatzleiters der Feuerwehr Walter B*** zu veranlassen, weil nach den vorgelegenen Verfahrensergebnissen nichts darauf hindeutete, daß von der - nicht beantragten - Beweisaufnahme mit Grund ein wesentlicher Entlastungseffekt zu erwarten gewesen wäre. Nicht anders verhält es sich mit der von der Beschwerde vermißten Prüfung des Brandschutts auf Rückstände eines Kunststoffkanisters, deren prozeßordnungsgemäße Relevierung im Nichtigkeitsverfahren gleichermaßen einer entsprechenden Antragstellung in der Hauptverhandlung bedurft hätte (§ 281 Abs. 1 Z 4 StPO).

Eine Unvollständigkeit der Urteilsbegründung erblickt die Beschwerde schließlich in der Nichterörterung der Erwägungen des Sachverständigen Ing. Alfred G*** über die Möglichkeit einer Brandverursachung durch Glimmbrand zufolge erheblicher Staubablagerungen auf dem Dachboden des Brandobjektes (S 531/I). Abgesehen davon, daß es hier entscheidungswesentlich primär auf die Beweiskraft und Verläßlichkeit des mit den technischen Gegebenheiten konformen Geständnisses des Angeklagten im Vorverfahren, nicht aber darauf ankommt, ob eine andere Brandursache als Brandstiftung theoretisch ausgeschlossen werden kann, gingen die Sachverständigen übereinstimmend davon aus, daß trotz der (nach dem äußeren Erscheinungsbild der am Brandort sichergestellten Matratzen nur begrenzt wirksamen) Schmutzspuren am Boden das Schadenfeuer unter den konkreten Voraussetzungen durch das Einbringen einer Zündquelle ausgelöst worden sein muß und die rasche Brandentwicklung auf die Einwirkung von Benzin zurückzuführen war (siehe S 525 f/I). Zusammenfassend erweist sich mithin der tatrichterliche Ausspruch darüber, daß der Angeklagte um ca. 20.50 Uhr den Brand auf dem Dachboden des ihm gehörigen Miethauses durch Einbringen einer Zündquelle vorsätzlich gelegt hat und dadurch eine Gefahr für Leib oder Leben anderer und für das Eigentum Dritter in großem Ausmaß herbeigeführt hat, als formell mängelfrei begründet, ohne daß sich - soweit der Beschwerdeführer sein Vorbringen zur Mängelrüge auch als Ausführung der Tatsachenrüge (Z 5 a) verstanden wissen will - aus den Akten erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der diesem Schuldspruch (1) zugrunde gelegten Tatsachen ergäben. In bezug auf den Schuldspruch wegen des versuchten Versicherungsbetrugs zum Nachteil der E*** A***

Versicherungs AG (2) rügt der Angeklagte, daß bei der Annahme, er habe am 31.August 1988 beim Versicherungsvertreter Johann L*** eine falsche Schadensmeldung erstattet, sowohl dessen Zeugenaussage, als auch seine eigene Verantwortung übergangen worden seien, welchen Verfahrensergebnissen zu entnehmen wäre, daß die zur Liquidierung des Schadensfalles erforderliche Schadensmeldung gar nicht eingereicht worden sei. Mangels schriftlicher Schadensmeldung und ohne Vornahme von Schadenserhebungen komme strafbarer Versuch nicht in Betracht.

Auch in diesem Punkt liegt der geltend gemachte formelle Begründungsmangel (Z 5) nicht vor. Richtig ist zwar, daß der Angeklagte nach der Aktenlage den Schadensfall zunächst der Gattin des (Versicherungsvertreters) Johann L*** telefonisch mitgeteilt hat, er daraufhin von dem Genannten anläßlich eines Besuches in seinem Heimatort zur Abgabe einer schriftlichen Schadensmeldung aufgefordert wurde und bei dieser Gelegenheit um Schadensermittlung durch einen Sachverständigen ersucht hat. Gleichzeitig verständigte der Versicherungsvertreter die Direktion der Landesstelle der Versicherungsanstalt und den Sachverständigen zwecks Besichtigung des Schadens (S 175 f, 508 f, 513/I). Aus den im wesentlichen übereinstimmenden Angaben des Johann L*** und des Angeklagten konnte das Erstgericht aber folgern, daß Karl P*** nach Besichtigung der Brandstelle eine mündliche Schadensmeldung abgegeben hat (S 209/II). Für die Beurteilung einer strafbaren Versuch begründenden Täuschungshandlung kommt es nämlich nicht auf eine schriftliche Schadensmeldung, in welcher der Versicherungsnehmer nähere Angaben über den vermutlichen Verlauf des Schadensfalles und die Schadenshöhe macht, sondern entscheidend darauf an, welcher irreführende Erklärungswert seinem Gesamtverhalten nach der Verkehrsauffassung (§ 863 ABGB) zukommt (Kienapfel BT II2 § 146 StGB Rz 44). Durch die für den Vertreter der Feuerversicherung bestimmte Mitteilung des Schadensfalles, durch die unwidersprochene Entgegennahme der Aufforderung, eine schriftliche Schadensmeldung einzubringen und durch sein Ersuchen um Ermittlung der Schadenshöhe durch einen Sachverständigen brachte der Angeklagte nämlich insgesamt konkludent zum Ausdruck, daß das Feuer jedenfalls nicht von ihm vorsätzlich herbeigeführt worden, sondern auf eine Weise entstanden sei, welche einen Anspruch auf Schadensliquidierung durch den Versicherer begründe. Schon eine solche Handlungsweise und nicht etwa erst die Erstattung einer schriftlichen Schadensmeldung oder eine entsprechende Erklärung des Versicherungsnehmers bei den Schadensermittlungen, stellt (über ein im unmittelbaren Vorfeld des Betruges gelegenes, in aktionsmäßiger und zeitlicher Beziehung ausführungsnahes Verhalten, bei dem das deliktische Vorhaben des Täters bereits die entscheidende Hemmstufe vor der Tatbegehung überwunden hat, hinaus) mit der unternommenen Täuschung des Versicherungsvertreters bereits eine dem Deliktstypus des § 146 StGB entsprechende Ausführungshandlung des Betruges dar (LSK 1979/324; 1984/123). Der Beschwerdeeinwand (Z 9 lit. a), das inkriminierte Verhalten des Angeklagten stelle sich bloß als straflose Vorbereitungshandlung dar, verfängt daher nicht.

Die insgesamt unberechtigte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war daher zu verwerfen.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft:

Dieser Beschwerde kommt im Ergebnis Berechtigung zu. Zwar berührt die Mängelrüge (Z 5) mit dem Einwand, das Erstgericht habe bei der Schadensberechnung nach dem Verkehrswert von 71.000 S zuzüglich der Aufräum- und Abbruchkosten im Gesamtbetrag von 34.020 S die vom Sachverständigen Albert S*** ermittelte Schadenshöhe von 176.566 S vernachlässigt, keinen für die Beurteilung der Tatbestandsverwirklichung nach § 169 Abs. 2 StGB entscheidenden Umstand, weil dieser Deliktstypus nur darauf abstellt, daß die von der Feuersbrunst ausgehende Gefahr entweder die körperliche Unversehrtheit eines anderen oder das Eigentum Dritter in großem Ausmaß bedroht. Dieses erste Tatbestandserfordernis war aber zur Tatzeit schon infolge der Anwesenheit mehrerer Hausbewohner im Brandobjekt, deren Leben oder Gesundheit durch das Feuer gefährdet war, erfüllt. Zudem bestand aber auch eine Gefahr für fremdes Eigentum in großem Umfang, weil das Feuer bei weniger effizientem Löscheinsatz im dicht verbauten Stadtgebiet auf Nachbarobjekte übergegriffen hätte (S 193/II). Soweit die Rechtsrüge (Z 10) Deliktsvollendung statt bloß versuchter Verursachung einer Feuersbrunst geltend macht, kommt es entscheidend darauf an, ob das Feuer erst gelöscht werden konnte, nachdem es bereits das Ausmaß einer Feuersbrunst erreicht hatte. In rechtlicher Hinsicht ist dabei davon auszugehen, daß der Begriff der Feuersbrunst nach gefestigter Judikatur einen räumlich ausgedehnten, mit gewöhnlichen Mitteln nicht mehr beherrschbaren Brand voraussetzt. Ob das Feuer bereits Eigentum in großem Umfang erfaßt hat (was unter Orientierung an den durch das Strafrechtsänderungsgesetz 1987 angehobenen Wertgrenzen nunmehr bei einer Schadenshöhe von etwa 500.000 S zu bejahen wäre), tritt bei der Beurteilung der Deliktsvollendung bedeutungsmäßig in den Hintergrund, ausschlaggebend ist vielmehr die räumliche Ausdehnung des Schadenfeuers und seine Unbeherrschbarkeit durch bloß gewöhnliche Mittel der Brandbekämpfung (EvBl. 1980/159; Foregger-Serini4, Anm. III und VI zu § 169 StGB).

Soweit die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang unter Hinweis auf den Bericht der Feuerwehr Ried im Innkreis über den Einsatz von insgesamt 36 Feuerwehrleuten, zwei Löschfahrzeugen, sechs schweren Atemschutzgeräten, einer Drehleiter, vier H-Pistolenstrahlrohren und zwei C-Strahlrohren zur Brandbekämpfung grundsätzlich zu Recht entsprechende Feststellungen über die Art und das Ausmaß des Feuerwehreinsatzes vermißt, ist im Sinn der weiteren Beschwerdeargumentation darauf zu verweisen, daß sich die Annahme einer tatsächlich eingetretenen Feuersbrunst schon aus den übrigen Urteilsfeststellungen zur Branddimension zuverlässig ableiten läßt. Darnach zeigte nämlich die Dachkonstruktion des Hauses im Bereich der beiden Stiegenaufgänge erhebliche Beschädigungen, im nördlichen Abschnitt umfangreiche thermische Umsetzungen und bei den südseitigen Fensteröffnungen die größten Zerstörungen (in Form geborstener Abschnitte). Außerdem wies der hölzerne Fußboden derartige Einbrände auf, daß die Flammen vom Vorhaus des zweiten Stockes aus bereits sichtbar waren (S 192, 193/II). Mag auch das Feuer - ersichtlich auf Grund der raschen und wirksamen Brandbekämpfung unter Einsatz zweier Löschfahrzeuge der Feuerwehr (S 192/II) - innerhalb einer halben Stunde beherrscht und seine weitere Ausbreitung verhindert worden sein, so hat es hier - anders als in dem der Entscheidung EvBl. 1980/159 zugrundegelegenen Fall, bei welchem die Holzdachkonstruktion lediglich Abbrandspuren zeigte - bereits den gesamten Dachaufbau erfaßt, dessen teilweises Bersten verursacht (S 192/II) und sohin das für eine Feuersbrunst charakteristische Ausmaß erreicht.

Mit dem solcherart erwiesenen tatsächlichen Eintritt der Feuersbrunst trifft es im Sinn der Subsumtionsrüge zu, daß der Angeklagte das Verbrechen der Brandstiftung nicht bloß in der Entwicklungsstufe des Versuches, sondern als vollendetes Delikt zu verantworten hat, weshalb in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft unter Aufhebung des bezüglichen Schuldspruchs 1 gemäß § 288 Abs. 2 Z 3 StPO in diesem Punkt in der Sache selbst spruchgemäß zu entscheiden war.

Bei der dadurch notwendig gewordenen Strafneubemessung waren das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen, die Tatbestandsverwirklichung nach § 169 Abs. 2 StGB durch Herbeiführung einer Gefahr sowohl für Leib oder Leben (noch dazu einer größeren Zahl) von Menschen als auch für das Eigentum Dritter in großem Ausmaß erschwerend, mildernd hingegen der bisher ordentliche Lebenswandel des Angeklagten, daß es beim Betrugsversuch geblieben ist und der Angeklagte durch sein anfängliches Geständnis vor der Gendarmerie und vor dem Untersuchungsrichter wesentlich zur Wahrheitsfindung beigetragen hat. Davon ausgehend erweist sich auch unter Berücksichtigung der (in der Berufungsausführung der Staatsanwaltschaft zutreffend hervorgehobenen) besonderen Gefährlichkeit der im eng verbauten und dicht bewohnten Stadtgebiet begangenen Brandstiftung die ausgesprochene Freiheitsstrafe von dreißig Monaten als der Täterschuld und dem Tatunrecht angemessen. Sie verspricht eine ausreichend präventive Wirkung. Dabei rechtfertigt das bisherige Wohlverhalten des (nahezu 35-jährigen) Angeklagten in Verbindung mit dem Umstand, daß er selbst tatbedingt einen beträchtlichen Vermögensnachteil erlitten hat, mit hoher Wahrscheinlichkeit die Annahme künftiger Straffreiheit, weshalb § 43 a Abs. 4 StGB, allerdings nur im gesetzlichen Mindestumfang, anzuwenden war.

Mit ihren Berufungen waren die beiden Prozeßparteien auf die Strafneubemessung zu verweisen.

Anmerkung

E18966

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0120OS00117.89.1116.000

Dokumentnummer

JJT_19891116_OGH0002_0120OS00117_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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