TE OGH 1989/11/21 5Ob109/89

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Veröffentlicht am 21.11.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik, Dr. Zehetner, Dr. Klinger und Dr. Schwarz als Richter in der Mietrechtssache des Antragstellers Miran V***, Taborstraße 27/35, 36, 1020 Wien, vertreten durch Dr. Roland Hubinger, Dr. Michael Ott, Rechtsanwälte in Wien, wider den Antragsgegner J*** R*** K***- UND B*** "O*** M***", Lilienbrunngasse 19, 1020 Wien,

vertreten durch Dr. Peter Dirnbacher, Hausverwalter, Florianigasse 38, 1080 Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 8 MRG infolge Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgericht vom 27. Juli 1989, GZ. 41 R 651/88-9, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Donaustadt vom 9. Mai 1988, GZ. 6 Msch 43/87-6, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Der Antragsteller ist jedenfalls seit 1. Mai 1984 Mieter der 110 m2 großen, im Haus des Antragsgegners Wien 2., Taborstraße 27, gelegenen Wohnung top. Nr. 35, 36. In der Zeit vom 1. Mai 1984 bis 31. August 1986 wurde ihm ein monatlicher Hauptmietzins von 3.298,60 S vorgeschrieben.

Mit dem am 22. September 1986 bei der Schlichtungsstelle des Magistratischen Bezirksamtes für den 2. Bezirk erhobenen Antrag begehrte Miran V*** die Feststellung, um welchen Betrag durch die Einhebung des ihm vorgeschriebenen Hauptmietzinses das gesetzlich zulässige Zinsausmaß überschritten wurde. Die Wohnung sei unter die Ausstattungskategorie D einzuordnen. Der Antragsgegner sprach sich gegen diesen Antrag aus, weil im Jahr 1974 das Wohnhauswiederaufbaufondsdarlehen unter Inanspruchnahme des Rückzahlungsbegünstigungsgesetzes vorzeitig zurückgezahlt worden sei, sodaß ab diesem Zeitpunkt für sämtliche Neuvermietungen freie Mietzinsbildung gegolten habe.

Der Antragsteller gab sich mit der Entscheidung der Schlichtungsstelle, die dem Antrag keine Folge gegeben hatte, nicht zufrieden und rief rechtzeitig das Gericht an (§ 40 Abs 1 MRG). Das Erstgericht wies den Antrag ab. Es traf über den bereits wiedergegebenen Sachverhalt hinaus noch folgende Feststellungen:

Am 19. März 1974 wurde das zur Wiederherstellung des kriegsbeschädigten Hauses Wien 2., Taborstraße 27, aufgenommene Darlehen des Wohnhauswiederaufbaufonds unter Inanspruchnahme des Rückzahlungsbegünstigungsgesetzes BGBl. Nr. 336/71 in der damals geltenden Fassung zurückgezahlt. Nach dem Bewilligungsbescheid des Magistrates der Stadt Wien MA 36 vom 7. November 1952 wurde die Wiederinstandsetzung des durch Kriegseinwirkung beschädigten Gebäudes durch Erneuerung der beschädigten oder zerstörten Bauteile bewilligt, und zwar die Ersetzung der schadhaften Teile der Dippeldecke über dem 3. Stock durch Massivdecken, Einbau von 3 Waschküchen in das Dachgeschoß des rechten Gebäudeflügels und bauliche Veränderungen in den beiden Geschäftslokalen im Erdgeschoß. Ob die Wohnung des Antragstellers kriegsbeschädigt war und saniert wurde, konnte nicht festgestellt werden.

Bei der rechtlichen Beurteilung dieses Sachverhaltes ging das Erstgericht davon aus, daß gemäß § 53 MRG infolge Weitervermietung des Mietgegenstandes nach gänzlicher Tilgung des Darlehens des Wohnhauswiederaufbaufonds unter Inanspruchnahme des Rückzahlungsbegünstigungsgesetzes § 16 MRG nicht gelte. Eine zwingende Verknüpfung dergestalt, daß diese Ausnahme von den Mietzinsbeschränkungen des MRG nur für solche Mietobjekte gelte, für deren Wiederinstandsetzung das begünstigt zurückbezahlte Darlehen verwendet wurde, sei dem Gesetz nicht zu entnehmen. Mit diesem Gesetz habe für Hauseigentümer bloß ein allgemeiner finanzieller Anreiz zur Inanspruchnahme des Rückzahlungsbegünstigungsgesetzes insofern geboten werden sollen, daß für die Neuvermietung sämtlicher Objekte keine Mietzinsschranken, sondern bloß die Vorschriften des bürgerlichen Rechtes gelten sollten. Für die mit 1. Mai 1984 angemietete Wohnung des Antragstellers sei daher freie Mietzinsbildung zulässig gewesen.

Das Gericht zweiter Instanz gab dem Rekurs des Antragstellers keine Folge und erklärte den weiteren Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig. Zu der im Rekurs erhobenen Rechtsrüge, mit der die Annahme der Voraussetzungen für die Begünstigung des § 53 MRG durch das Erstgericht bekämpft wurde, nahm das Rekursgericht im wesentlichen wie folgt Stellung:

Aus dem Wortlaut des § 12 Abs 3 RBG 1971 idF des § 53 MRG ließe sich die vom Rekurswerber gewünschte Einschränkung, daß sich § 12 Abs 3 RBG nur auf zuvor durch § 15 WWG mietzinsgeregelte Wohnungen beziehe, nicht ableiten. Ein Anhaltspunkt für eine derartige, vom Rekurswerber gewünschte Differenzierung ergäbe sich aus der zitierten Bestimmung nicht, da der Gesetzgeber lediglich auf den Fall der Weitervermietung "eines Mietgegenstandes nach gänzlicher Tilgung des Darlehens aufgrund einer vorzeitigen begünstigten Rückzahlung" - und nicht etwa auf die Weitervermietung eines von der begünstigten Rückzahlung betroffenen Mietobjektes oder ein zuvor unter die Bestimmung des § 15 WWG fallenden Mietobjektes - abstelle. Die Konsequenz der vom Rekurswerber angestrebten einschränkenden Auslegung wäre auch widersinnig: Die aus Fondsmittel wiederhergestellten Mietobjekte könnten zu einem unangemessen hohen Mietzins neu vermietet werden, während für sogar aus Eigenmittel wiederhergestellte Mietobjekte die Angemessenheitsgrenze gelte. Abgesehen davon, daß der vom Rekurswerber in den Raum gestellte, angebliche untrennbare Zusammenhang des RBG und WWG nicht nachvollziehbar erscheine, sei dessen Argumentation mit der seiner Meinung nach möglicherweise maßgeblichen Bestimmung des § 15 WWG in der Fassung der WWGN 1954 BGBl. 154 nicht schlüssig. Aus den unbekämpften Feststellungen ließe sich ableiten, daß zumindest auch der gemeinsamen Benützung dienende Teile des Hauses (Ersetzung der schadhaften Teile der Dippeldecke über dem 3. Stock, Einbau von 3 Waschküchen in das Dachgeschoß) mittels Fondshilfe hergestellt worden seien, sodaß auch im vorliegenden Fall die Wohnung des Antragstellers - selbst wenn man das Vorbringen des Antragstellers, daß Fondsmittel für die Wohnung des Antragstellers nicht in Anspruch genommen worden seien, da diese keinen Kriegsschaden erlitten hätte, zugrunde lege - bis zur Rückzahlung unter die Bestimmung des § 15 WWG - und damit auch nach Rechtsansicht des Rekurswerbers unter die Ausnahme von den Mietzinsbeschränkungen des § 16 MRG - fiele. Auch die Argumentation, daß in § 2 Abs 3 RBG die Begünstigungsbeschränkungen bezogen auf den Mieter oder den Nutzungsberechtigten der einzelnen Wohnung definiert sei, vermöge nicht zu überzeugen. Daraus ergäbe sich keineswegs, daß § 12 Abs 3 RBG in der Fassung des § 53 MRG anders als dargestellt auszulegen sei. Es sei daher dem Erstgericht darin beizupflichten, daß die in § 12 Abs 3 RBG idF des § 53 MRG angeordnete Ausnahme von den Mietzinsbeschränkungen des § 16 MRG keineswegs nur für solche Mietobjekte gelte, für deren Wiederinstandsetzung das begünstigt zurückbezahlte Darlehen verwendet worden sei. Ausgehend von dieser Rechtsansicht könnten die vom Rekurswerber in seiner Rechtsrüge als Feststellungsmangel gerügten Umstände, nämlich ob die Wohnung des Antragstellers überhaupt und gegebenenfalls ob mit oder ohne Inanspruchnahme von Fondsmittel wiederhergestellt bzw. wann das Ansuchen um Gewährung des Darlehens aus den Mitteln des Wohnhauswiederaufbaufonds gestellt wurde, dahingestellt bleiben. Dem Rekurs sei daher ein Erfolg zu versagen gewesen.

Den Ausspruch über die Zulässigkeit des Rekurses an den Obersten Gerichtshof begründete das Rekursgericht damit, daß die Frage der Auslegung des § 12 Abs 3 RBG in der Fassung des § 53 MRG von grundsätzlicher Bedeutung sei und der Oberste Gerichtshof in der primär eine andere Rechtsfrage betreffenden, in MietSlg 38.603 veröffentlichten Entscheidung aber auf "das von der begünstigten Rückzahlung betroffene Mietobjekt" abgestellt habe. Gegen diese Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich der Revisionsrekurs des Antragstellers mit dem Antrag, die Sachbeschlüsse der Vorinstanzen im Sinne seines Antrages auf Feststellung der Überschreitung des gesetzlich zulässigen Zinsausmaßes durch Vorschreibung eines höheren Betrages als 671 S pro Monat abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Der Antragsgegner hat sich am Revisionsrekursverfahren nicht beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig (§ 37 Abs 3 Z 18 MRG), aber nicht berechtigt.

In seinem Revisionsrekurs wendet sich der Antragsteller gegen die Ansicht der Vorinstanzen, auf das von ihm gemietete Bestandobjekt sei die im § 12 Abs 3 RBG 1971 idF des § 53 MRG angeordnete Ausnahme von den Mietzinsbeschränkungen des § 16 MRG anzuwenden.

§ 12 Abs 3 RBG 1971 in der hier maßgeblichen Fassung des § 53 MRG normiert für den Fall der Weitervermietung "eines Mietgegenstandes", der nicht dem WGG unterliegt, nach der (bis 30. September 1982 erfolgten) gänzlichen Tilgung des (Wohnhaus-Wiederaufbaufonds-)Darlehens auf Grund einer vorzeitigen begünstigten Rückzahlung die Unanwendbarkeit der Bestimmungen des MRG über die Mietzinsbildung nach § 16 MRG, sodaß in solchen Fällen der Mietzins im Rahmen der Bestimmungen des ABGB völlig frei vereinbart werden kann (Würth in Rummel, ABGB, Rz 2 zu § 53 MRG;

Würth-Zingher, Miet- und Wohnrecht19, Rz 1 und 2 zu § 53 MRG;

MietSlg 35.489/25).

Dem Wortlaut dieser Bestimmung ist allerdings für die hier zur Entscheidung stehenden Frage, ob die Nichtanwendbarkeit des § 16 MRG ausschließlich für solche Mietgegenstände gilt, die vom Kriegsschaden betroffen waren (und mittels Fondshilfe wiederhergestellt wurden) nichts zu entnehmen. Bei Beantwortung dieser Frage ist vielmehr auf das vom Gesetzgeber des RBG verfolgte Anliegen, Anreiz für den beschleunigten Rückfluß der Darlehensmittel zu geben (vgl. Bericht des Bautenaussshusses, 547 BlgNR 12.GP) und den Inhalt jener Bestimmungen Bedacht zu nehmen, die vom RBG 1971 betroffen waren. Mit Inkrafttreten des RBG 1971 verlor die Bestimmung des § 15 Abs 7 WWG in der damaligen Fassung (WWGN 1954) ihre Wirksamkeit (§ 14 RBG). Nach den hier im Hinblick auf die im November 1952 erfolgte Bewilligung des Ansuchens um Fondshilfe maßgeblichen Bestimmungen des WWG idF der WWGN 1952 (BGBl. 1952/106) war bis zur Darlehenstilgung die Mietzinsbildung davon abhängig, ob das Mietobjekt mit Fondshilfe wiederhergestellt oder ob es unzerstört geblieben war und ob der gemeinsamen Benützung der Mieter dienende beschädigte oder zerstörte Gebäudeteile mit Fondshilfe oder ohne solche mit Eigen- oder Fremdkapital wiederhergestellt worden waren. Für unzerstört gebliebene Mietobjekte galt der jeweilige gesetzliche Zins nach § 2 Abs 1 lit a MG, wenn er höher als der sich nach § 15 Abs 7 WWG ergebende Betrag war. Wurden der gemeinsamen Benützung dzr Mieter dienende Gebäudeteile mit Fondshilfe wiederhergestellt, so war der auf das Mietobjekt entfallende Anteil nach dem Verhältnis der Bodenfläche des Objektes zur Bodenfläche aller Mietobjekte zu berechnen, denen die Wiederherstellung zugutekam. In diesem Fall konnte bei unzerstört gebliebenen Objekten nur entweder dieser Anteil oder der jeweilige gesetzliche Mietzins verlangt werden. Dies hatte zur Folge, daß der Hauseigentümer diesen Anteil, wenn er geringer war als der gesetzliche Zins, aus diesem zu bestreiten hatte. Dieser so errechnete Mietzins erhöhte sich noch um einen Anteil an den Kosten der Verwaltung des Hauses und die anteiligen Betriebskosten und öffentlichen Abgaben (vgl. Zingher, MG16 216; Würth-Zingher, Miet- und Wohnrecht19 Rz 18 zu § 15 WWG).

Nach den für die rechtliche Beurteilung der vorliegenden Rechtssache maßgeblichen Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanzen wurden mit Fondsmittel u.a. die schadhaften Teile der Dippeld)cke über dem 3. Stock des Gebäudes durch Massivdecken ersetut. Der Oberste Gerichtshof hat bereits wiederholt zum Ausdruck gebracht, daß unter den "der gemeinsamen Benützung der Mieter dienenden Gebäudeteilen" nicht nur Räume wie etwa Dachboden, Keller, Stiegenhaus, Gänge und dgl. zu verstehen sind, sondern auch tragende Bauelemente des Hauses, wie etwa tragendes Mauerwerk (MietSlg 9162/9) oder Verputz der Außenfassade, Dachrinnen oder Ausbesserungsarbeiten am Dach selbst (MietSlg 28.476), was auch die Billigung der Lehre gefunden hat (Würth-Zingher, Miet- und Wohnrecht19, Rz 9 zu § 15 WWG). Es unterliegt somit keinem Zweifel, daß die Zinsbildung für das gegenständliche Mietobjekt bis zur Darlehenstilgung im Sinne des § 15 WWG zu erfolgen hatte. Wenn nun durch das RBG 1971 für den Fall der Weitervermietung einer den Bestimmungen des WGG nicht unterliegenden Wohnung nach gänzlicher Tilgung eines Darlehens aus öffentlichen Mitteln auf Grund einer vorzeitigen begünstigten Rückzahlung nach diesem Gesetz für die Mietzinsbildung die Bestimmungen der §§ 16 und 16 a MG in der jeweils geltenden Fassung als maßgebend normiert wurde, und der Sinn des genannten Gesetzes darin lag, den Haus- oder Wohnungseigentümern einen besonderen Anreiz zur vorzeitigen gänzlichen Tilgung eines Darlehens aus öffentlichen Mitteln zu bieten - war doch von der bereits im WWG (§ 15 Abs 7) enthalten gewesenen Möglichkeit der vorzeitigen Rückzahlung bis 1960 überhaupt nicht und im Anschluß daran bis 1966 nur in geringem Ausmaß Gebrauch gemacht worden (vgl. BlgNR 12.GP, 4430) -, so kann in der vom Rekursgericht vertretenen Ansicht, daß die Bestimmung des § 12 Abs 3 RBG 1971 (sowohl in der Fassung vor dem MRG als auch jenem des § 53 MRG) für alle Wohnungen in Häusern gilt, in welchen zumindest der gemeinsamen Benützung der Mieter dienende Gebäudeteile aus Fondsmitteln wiederhergestellt worden waren, kein Rechtsirrtum erblickt werden. Daß das Mietobjekt selbst keinen Kriegsschaden erlitten hatte, ist unter diesen Umständen somit rechtlich unerheblich. Der Oberste Gerichtshof vermag sich daher der im Revisionsrekurs vertretenen einschränkenden Auslegung des § 12 Abs 3 MRG (idF des § 53 MRG) nicht anzuschließen, weshalb dem Revisionsrekurs kein Erfolg beschieden sein konnte.

Anmerkung

E19281

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0050OB00109.89.1121.000

Dokumentnummer

JJT_19891121_OGH0002_0050OB00109_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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