Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier und Dr. Kellner als weitere Richter sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr. Josef Fellner (Arbeitgeber) und Günter Eberhard (Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Parteien 1. Borislava K***,
2. Svetislavka K***, beide Civcije, JU-78435 Petocani, beide vertreten durch Dr. Gustav Teicht, Dr. Gerhard Jöchl, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei P*** DER
A***, Roßauer Lände 3, 1092 Wien, vertreten durch Dr. Anton Rosicky, Rechtsanwälte in Wien, wegen Waisen- und Witwenpension, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 19. Mai 1989, GZ 32 Rs 63/89-22, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 21. Oktober 1988, GZ 15 Cgs 52,53/88-17, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien die mit S 3.395,70 (darin S 565,95 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der bei der beklagten Partei versichert gewesene Kosta K***, Vater der Erstklägerin und Ehemann der Zweitklägerin, ist am 29. September 1986 verstorben. Er hat nach Auskunft des jugoslawischen Versicherungsträgers vom 10. März 1952 bis 22. März 1952 fünf Monate und zwölf Tage (rechnerisch richtig nur zwölf Tage) vom 17. März 1953 bis 15. Juli 1956 39 Monate und 18 Tage und vom 26. Mai 1986 bis 15. September 1986 drei Monate und 19 Tage an Pflichtversicherungszeiten erworben.
In Österreich wies Kosta K*** von Juni bis Dezember 1970 (sieben), von Juli bis Dezember 1971 (sechs), von März bis Juli 1972 (fünf), von Juni bis Dezember 1973 (sieben), von Februar bis Dezember 1974 (elf), von März bis Dezember 1975 (zehn), von April bis Dezember 1976 (neun), von März bis Dezember 1977 (zehn), von März 1978 bis Jänner 1979 (elf), von Mai bis Dezember 1979 (acht), von Mai bis Dezember 1980 (acht), von Mai bis Oktober 1981 (sechs) und im Juni 1982 (ein), insgesamt 99 Beitragsmonate der Pflichtversicherung und in den Monaten November 1981 bis Mai 1982 (sieben) sowie im Juli und August 1982 (zwei), insgesamt daher neun Ersatzmonate durch Bezug von Arbeitslosengeld auf. In Österreich wurden daher insgesamt 108 Versicherungsmonate erworben. Das Erstgericht wies das Begehren der Erstklägerin auf Zuerkennung einer Waisenpension und jenes der Zweitklägerin auf Zuerkennung einer Witwenpension je ab dem 29. September 1986 ab. Für eine Leistung aus dem Versicherungsfall des Todes betrage die Wartezeit gemäß § 236 Abs.1 Z 1 lit. a ASVG 60 Monate, welche nach § 236 Abs.2 Z 1 ASVG innerhalb der letzten 120 Kalendermonate vor dem Stichtag gelagert sein müßten. Der Rahmenzeitraum der letzten 120 Kalendermonate vor dem Stichtag (1. Oktober 1986) umfasse die Zeitspanne vom 1. Oktober 1976 bis 30. September 1986. In diesem Zeitraum lägen 59 Versicherungsmonate und zwar 56 österreichische und drei jugoslawische Versicherungsmonate. Damit sei die Wartezeit nicht erfüllt.
Zur Erfüllung der ewigen Anwartschaft nach § 236 Abs.4 ASVG iVm Art. IV Abs.4 der 40. ASVG-Novelle wären 228 Versicherungsmonate, davon mindestens 180 Beitragsmonate erforderlich gewesen, mit den vorliegenden nur insgesamt 156 Versicherungsmonaten sei auch diese Voraussetzung nicht erfüllt.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerinnen Folge und änderte das Ersturteil dahin ab, daß es die Beklagte Partei schuldig erkannte, ab 29. September 1986 der Erstklägerin die Waisenpension und der Zweitklägerin die Witwenpension in der gesetzlichen Höhe zu gewähren und erlegte der beklagten Partei vorläufige Zahlungen von je S 500,- monatlich auf.
Im Rahmenzeitraum vom 1. Oktober 1976 bis 30. September 1986 seien 56 österreichische Versicherungsmonate sowie drei Monate und 19 Tage an jugoslawischen Versicherungszeiten gelagert. Nach Art. 18 Abs.1 des Abkommens SozSi Österreich-Jugoslawien seien für den Erwerb, die Aufrechterhaltung und das Wiederaufleben des Leistungsanspruches die nach den Rechtsvorschriften der beiden Vertragsstaaten zurückgelegten Versicherungszeiten zusammenzurechnen, soweit sie sich nicht überschneiden. In welchem Ausmaß und in welcher Weise Versicherungszeiten zu berücksichtigen seien, richte sich nach den Rechtsvorschriften des Vertragsstaates, in dessen Versicherung diese Zeiten zurückgelegt worden seien. Nach Z 9 des Schlußprotokolles zum Abkommen seien für die Erfüllung der allgemeinen Leistungsvoraussetzungen in der österreichischen Pensionsversicherung die nach den jugoslawischen Rechtsvorschriften zurückgelegten Versicherungszeiten mit ihrer tatsächlichen Dauer heranzuziehen. Dies bedeute, daß Resttage, die keinen vollen Versicherungsmonat ergäben, nicht unberücksichtigt bleiben könnten und entsprechend der Vorschrift des § 231 Z 1 und 2 ASVG in Versicherungsmonate umzurechnen seien. Die vom jugoslawischen Versicherungsträger mitgeteilten drei Monate und 19 Tage innerhalb des Rahmenzeitraumes der letzten 120 Monate vor dem Stichtag seien daher als vier Versicherungsmonate zu rechnen, damit aber sei die Wartezeit erfüllt.
Rechtliche Beurteilung
Der wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobenen Revision der beklagten Partei kommt keine Berechtigung zu.
Strittig ist lediglich, ob die im Rahmenzeitraum der letzten 120 Kalendermonate liegenden drei Monate und 19 Tage an jugoslawischen Versicherungszeiten in Anwendung des § 231 ASVG in Versicherungsmonate umzurechnen sind oder ob, wie die beklagte Partei meint, nach jugoslawischen Rechtsvorschriften die Resttage, die keinen vollen Versicherungsmonat ergäben, außer Betracht zu bleiben hätten.
Galten für einen Versicherten nacheinander oder abwechselnd die Rechtsvorschriften der beiden Vertragsstaaten, so werden gemäß Art. 18 Abs.1 des Abkommens SozSi Österreich-Jugoslawien für den Erwerb, die Aufrechterhaltung und das Wiederaufleben des Leistungsanspruches die nach den Rechtsvorschriften der beiden Vertragsstaaten zurückgelegten Versicherungszeiten zusammengerechnet, soweit sie sich nicht überschneiden. In welchem Ausmaß und in welcher Weise Versicherungszeiten zu berücksichtigen sind, richtet sich nach den Rechtsvorschriften des Vertragsstaates, in dessen Versicherung diese Zeiten zurückgelegt worden sind. Hinsichtlich des Ausmaßes der in Jugoslawien zurückgelegten Versicherungszeiten enthält Z 9 des Schlußprotokolles zum Abkommen insofern eine Einschränkung, daß für die Erfüllung der allgemeinen Leistungsvoraussetzungen in der österreichischen Pensionsversicherung die nach den jugoslawischen Rechtsvorschriften zurückgelegten Versicherungszeiten mit ihrer tatsächlichen Dauer heranzuziehen sind. Dies betrifft nach den Erläuterungen zwar, wie schon das Berufungsgericht ausgeführt hat, vor allem Beschäftigungszeiten, die mit einer über das tatsächliche Ausmaß hinausgehenden Dauer berücksichtigt werden, was hier nicht zutrifft, doch beträgt die tatsächliche Dauer der jugoslawischen Versicherungszeiten im hier maßgeblichen Rahmenzeitraum nicht drei Monate, sondern drei Monate und 19 Tage. Auch die Beurteilung, in welcher Weise Versicherungszeiten zu berücksichtigen sind, das heißt deren Qualifikation etwa als Beitrags-, Ersatz- oder neutrale Zeiten richtet sich nach den Rechtsvorschriften des Vertragsstaates, in dessen Versicherung diese Zeiten zurückgelegt worden sind. Über die Art der Umrechnung der nach jugoslawischen Rechtsvorschriften zurückgelegten, nicht in Versicherungsmonaten ausgedrückten Versicherungszeiten sagt Art. 18 des Abkommens nichts aus. Besondere Umrechnungsbestimmungen sind im Abkommen, im Schlußprotokoll oder in der Durchführungsverordnung nicht enthalten. Gerade weil in einzelnen Abkommen besondere Umrechnungsregelungen getroffen sind (vgl. etwa Z 8 des Schlußprotokolles zum österreichisch-türkischen Abkommen, welche aber gerade hinsichtlich der Feststellung des Leistungsanspruches auch nicht anzuwenden sind), ist davon auszugehen, daß dann, wenn das Abkommen keine besonderen Umrechnungsbestimmungen enthält, die nicht in Versicherungsmonaten ausgedrückten, vom ausländischen Versicherungsträger bekanntgegebenen Versicherungszeiten unter Anwendung des § 231 ASVG, für die Feststellung des Leistungsanspruches zu berücksichtigen sind (so auch Fürböck-Teschner, Zwischenstaatliches Versicherungsrecht Allg Teil, 77). Die von der beklagten Partei gewünschte Methode, die Resttage in der Weise zu verwerten, daß die durch Addition ermittelte Gesamtsumme der Versicherungstage durch 30 dividiert und so in volle Versicherungsmonate umgerechnet, vollen Versicherungsmonaten zugeschlagen wird und dann noch verbleibende Resttage unberücksichtigt bleiben, muß immer dann versagen und würde zu unhaltbaren Ergebnissen führen, wenn, wie im vorliegenden Fall, zur Prüfung der Erfüllung der allgemeinen Anspruchsvoraussetzungen, die nach innerstaatlichem Recht zu erfolgen hat, nur die in einen bestimmten Rahmenzeitraum fallenden Versicherungszeiten zu berücksichtigen sind. In einem solchen Fall bliebe nur die Möglichkeit, entweder außerhalb des Rahmenzeitraumes liegende Resttage in den Rahmenzeitraum hinein "fortzuschreiben" oder Resttage außerhalb und innerhalb des Rahmenzeitraumes unberücksichtigt zu lassen, auch wenn sie zusammengerechnet bereits mehr als einen Versicherungsmonat ausmachen. Es ist daher davon auszugehen, daß jedenfalls bei der Feststellung des Leistungsanspruches, die nach inländischem Recht zu erfolgen hat, nicht in Versicherungsmonate ausgedrückte ausländische Versicherungszeiten mangels besonderer Bestimmungen in einem Abkommen auch nach der innerstaatlichen Regelung des § 231 ASVG in Versicherungsmonate umzurechnen sind. Damit aber liegen im Rahmenzeitraum vom 1. Oktober 1976 bis 30. September 1986 neben den unbestrittenen 56 österreichischen Versicherungsmonaten vier jugoslawische Versicherungsmonate, sodaß die allgemeine Anspruchsvoraussetzung der Wartezeit des § 236 Abs.1 Z 1 lit.a ASVG erfüllt ist.
Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten der Revisionsbeantwortung beruht auf § 77 Abs.1 Z 2 ASGG.
Anmerkung
E19366European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1989:010OBS00269.89.1121.000Dokumentnummer
JJT_19891121_OGH0002_010OBS00269_8900000_000