TE OGH 1989/11/21 4Ob153/89

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Veröffentlicht am 21.11.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei "F***" F.M. Z***

Gesellschaft m.b.H. & Co., Dornbirn, Wallenmahd 46, vertreten durch Dr. Leonhard Lindner, Rechtsanwalt in Dornbirn, wider die beklagte Partei M*** Warenhandels-Aktiengesellschaft, Industriezentrum NÖ-Süd Straße 3, Objekt 16, Wiener Neudorf, vertreten durch Dr. Christian Kuhn, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung (Streitwert im Provisorialverfahren S 301.000,-) infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 17. August 1989, GZ 2 R 273/89-8, womit der Beschluß des Landesgerichtes Feldkirch vom 5.Juli 1989, GZ 6 Cg 150/89-3, teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs der Klägerin wird Folge gegeben. Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß der in Punkt 1. enthaltene Beisatz: "... wobei sich dieses Verbot nur auf die Niederlassung der Beklagten in Dornbirn, Schwefel 71, bezieht" zu entfallen hat.

Die Klägerin hat die Kosten ihres Revisionsrekurses vorläufig, die Beklagte die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung endgültig selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die Klägerin behauptete, die Beklagte habe in den "Vorarlberger Nachrichten" vom 7.2.1989 für ihren Markt in Dornbirn, Schwefel 71, Milumil 1000 g-Packungen zum Preis von S 99,- und damit unter dem Einstandspreis im Sinne des § 3 a NVG angeboten; dieser Wettbewerbsverstoß beziehe sich auf die genannte Niederlassung der Beklagten in Dornbirn, so daß gemäß § 83 c Abs 1 JN das Landesgericht Feldkirch örtlich zuständig sei. Außerdem warf die Klägerin der Beklagten noch weitere Verstöße gegen § 3 a NVG durch Anbieten von Happy Day Apfelsaft (l Liter-Box) zum Preis von S 5,90 und Milka-Schokolade, alle Sorten, 100 g, zum Preis von S 6,90 vor. Die Klägerin begehrte zur Sicherung ihres Unterlassungsanspruches, der Beklagten für die Dauer dieses Rechtsstreites zu verbieten, Waren im Sinne des § 3 a NVG, nämlich Milumil-Babynahrung (1000 g-Packung), Happy Day Apfelsaft, 1-Liter-Box, Milka-Schokolade 100 g, alle Sorten, zum oder unter dem Einstandspreis zuzüglich der Umsatzsteuer und aller sonstigen Abgaben, die beim Verkauf anfallen, zum Verkauf anzubieten. Das Erstgericht verbot der Beklagten, Milumil-Babynahrung (1000 g-Packung) und Happy Day Apfelsaft (1 Liter-Box) zum oder unter dem Einstandspreis anzubieten, und wies das Sicherungsmehrbegehren ab.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Beklagten teilweise Folge; es hielt - unter gleichzeitiger Abweisung des Mehrbegehrens - nur das Verbot, die 1000 g-Packung Milumil-Babynahrung zum oder unter dem Einstandspreis anzubieten, aufrecht; zugleich beschränkte es dieses Verbot auf die Niederlassung der Beklagten in Dornbirn Schwefel 71, und sprach aus, daß der von der Abänderung betroffene Wert des Beschwerdegegenstandes S 15.000,- nicht aber S 300.000,-

übersteige und der Revisionsrekurs im Sinne des § 528 Abs 2 ZPO nicht zulässig sei.

Die Beschränkung des Verbotes auf die Niederlassung der Beklagten in Dornbirn, Schwefel 71, begründete das Rekursgericht damit, daß sich das Begehren der Klägerin nur auf diese Filiale bezogen habe.

Nur gegen die Beschränkung des Verbotes auf die Niederlassung der Beklagten in Dornbirn, Schwefel 71, richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Klägerin. Er ist zulässig und auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Da die Klägerin die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz (im Umfang der Abänderung) nur zum Teil und hinsichtlich eines nicht in einem Geldbetrag bestehenden Ausspruches angefochten hat, hätte sie gemäß § 528 Abs 3 ZPO in der Rekursschrift den von der Anfechtung betroffenen Wert angeben müssen (vgl auch § 506 Abs 1 Z 2 ZPO); dieser Formfehler macht aber keinen Verbesserungsauftrag erforderlich, weil die Klägerin durch die Erhebung des Rekurses im Sinne der st Rsp (ÖBl 1982, 85; ÖBl 1986, 42 u 49) klar zum Ausdruck gebracht hat, daß sie die Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 528 Abs 1 Z 5 ZPO und damit insbesondere auch einen die dortige Wertgrenze übersteigenden Wert des Beschwerdegegenstandes als gegeben ansieht.

Die Frage, ob sich die Klägerin durch die Inanspruchnahme der örtlichen Zuständigkeit des Gerichtes derjenigen Niederlassung, auf die sich die Handlung bezieht (§ 83 c Abs 1 JN), auch darauf beschränkt hat, wegen des üre begangenen Wettbewerbsverstoßes die Unterlassung künftiger gleichartiger Verstöße nur für den Bereich dieser Niederlassung und nicht auch für den übrigen Unternehmensbereich der Beklagten zu fordern, ist eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO.

Nach dem Wortlaut des Sicherungsantrages hat die Klägerin ihr Begehren, der Beklagten den Verkauf bestimmter Waren unter dem Einstandspreis zu verbieten, nicht auf die Filiale Dornbirn, Schwefel 71, beschränkt; entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes läßt sich aber eine solche Beschränkung auch nicht aus der Inanspruchnahme des Gerichtsstandes derjenigen Niederlassung, auf die sich die Handlung bezieht, oder aus der Behauptung in der Klage ableiten, die Klägerin habe den Verkauf von 1000 g-Packungen Milumil "für ihren Markt in Dornbirn, Schwefel 71" angekündigt. Da § 83 c Abs 1 JN einen Wahlgerichtsstand enthält, hätte die Klägerin wegen der auf eine Niederlassung der Beklagten beschrtnkten Ankündigung des Verkaufes von Milumil die Klage wahlweise beim Gericht der Hauptniederlassung oder derjenigen Niederlassung, auf die sich die Handlung bezieht, einbringen können. Materiellrechtlich hat aber die Ausübung dieses Wahlrechts keine Auswirkungen. Ob die Klägerin wegen eines nur in einer Niederlassung begangenen Wettbewerbsverstoßes berechtigt war, die Unterlassung gleichartiger künftiger Verstöße im gesamten Unternehmensbereich der Beklagten zu verlangen, hängt ausschließlich von der materiellrechtlichen Frage der Wiederholungs(Begehungs)gefahr ab und ist damit unabhängig davon zu beurteilen, ob beim Gerichtsstand der Hauptniederlassung oder bei dem einer sonstigen Niederlassung geklagt wurde. Aus der Ankündigung, eine Ware in einer bestimmten Filiale zum oder unter dem Einstandspreis abzugeben, ist aber in aller Regel zu schließen, daß der Ankündigende geneigt sein wird, derartige Wettbewerbsverstöße auch in seinem übrigen Unternehmensbereich zu begehen. Besondere Gründe, die einen solchen Wettbewerbsverstoß im übrigen Unternehmensbereich ausgeschlossen oder jedenfalls äußerst unwahrscheinlich gemacht hätten, wurden von der Beklagten gar nicht behauptet. Der allgemeine Hinweis der Beklagten, daß das Sicherungsbegehren in keinem Verhältnis zu der nur in einer Filiale behaupteten Rechtsverletzung stehe (AS 17), war ncht ausreichend, die Wiederholungsgefahr in bezug auf die bisher nicht betroffenen Unternehmensbereiche zu widerlegen.

Dem Revisionsrekurs ist daher Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 78, 393, 402 EO und §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E18861

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0040OB00153.89.1121.000

Dokumentnummer

JJT_19891121_OGH0002_0040OB00153_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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