TE OGH 1989/11/21 15Os130/89

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.11.1989
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 21.November 1989 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hörburger, Dr. Reisenleitner, Hon.Prof. Dr. Brustbauer und Dr. Kuch als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Edelmann als Schriftführer in der Strafsache gegen Helmut K*** wegen des Verbrechens der versuchten Brandstiftung nach §§ 15, 169 Abs 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 12. Juli 1989, GZ 11 Vr 2072/88-35, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten dieses Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet (§ 285 i StPO).

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Helmut K*** (A) des Vergehens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und Abs 2 erster Fall StGB sowie der Verbrechen (B) der (versuchten) Brandstiftung nach §§ 15, 169 Abs 1 StGB und (C) des (versuchten) schweren Betruges nach §§ 15, 146, 147 Abs 3 StGB schuldig erkannt. Versuchte Brandstiftung hat er darnach zu verantworten, weil er am 15.August 1988 in Sulzhof an einer fremden Sache, nämlich an dem zur Hälfte im Eigentum seiner Gattin Ida Maria K*** gestandenen Einfamilienwohnhaus Sulzhof Nr 82, ohne deren Einwilligung dadurch eine Feuersbrunst zu verursachen trachtete, daß er in einer Schreibtischlade Papier entzündete, wobei aber der Brand noch vor dem Eintreffen der Feuerwehr im Bereich des Erdgeschosses durch Zufall erlosch (Faktum B).

Als Betrugsversuch fällt ihm zur Last, daß er am 16.August 1988 in Deutschlandsberg und am 2.September 1988 in Sulzhof mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der von ihm getäuschten Vertreter der A***-E*** Versicherungs AG unrechtmäßig zu bereichern, diese durch die Erstattung einer in der Behauptung einer ungeklärten Brandursache falschen Versicherungmeldung und durch sein Einverständnis zum Angebot von Entschädigungen im Betrag von 601.710 S und von 471.687 S unter dem Titel "Gebäude- und Hausratsversicherung", also durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen und Unterlassungen zu verleiten suchte, welche die genannte Versicherungsanstalt um mehr als 500.000 S am Vermögen schädigen sollten, und zwar zur Auszahlung jener Beträge und zur Unterlassung eines Regresses gegen ihn, wobei aber eine Schadensliquidierung deshalb unterblieb, weil seine Urheberschaft am Brand aufgedeckt wurde (Faktum C).

Rechtliche Beurteilung

Der nur gegen diese Schuldsprüche gerichteten, auf § 281 Abs 1 Z 4, 5 und 5 a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt keine Berechtigung zu.

Zur Verfahrensrüge (Z 4) ist vorweg klarzustellen, daß fallbezogene Privatgutachten, wie hier das vom Beschwerdeführer in Auftrag gegebene und mit einem Beweisantrag (ON 28) vorgelegte (S 231 bis 261), regelmäßig nur dazu dienen können, dem Angeklagten und seinem Verteidiger über erhebliche Umstände des Straffalles fachkundige Aufklärung zu verschaffen und ihnen hiedurch eine sachdienliche Fragestellung an gerichtliche Sachverständige zu erleichtern sowie gegebenenfalls Anträge auf Beiziehung eines (vom Gericht zu bestellenden) weiteren Sachverständigen zu begründen (vgl ÖJZ-LSK 1979/369 ua), wovon im vorliegenden Verfahren tatsächlich in beide Richtungen hin Gebrauch gemacht wurde (vgl S 297/302; 302/228 bis 261). Als Beweismittel hingegen haben sie - unbeschadet einer allfällign Bedeutsamkeit der Befund-Aufnahme (vgl Mayerhofer/Rieder StPO2 § 118 ENr 111, 114, § 252 ENr 11) - nach dem Gesetz keine prozessuale Bedeutung, weil ihnen vor allem die Garantien der Unparteilichkeit und der gerichtlichen Kontrolle ihrer Entstehung fehlen; sie sind demnach in der Hauptverhandlung auch nicht zu verlesen (vgl aaO § 118 ENr 106 bis 110, § 126 ENr 15, § 252 ENr 110, 113).

Soweit der Beschwerdeführer gegen die Abweisung (S 301 f., 304) seiner Anträge remonstriert, das von ihm vorgelegte Privat-Gutachten über die Ursache des verfahrensgegenständlichen Brandes sowie über die Brandursache zu verlesen und insbesondere dem vom Gericht beigezogenen Sachverständigen zwecks Stellungnahme zur Kenntnis zu bringen, ferner eine ganz allgemein die Qualität sowie die Beweiskraft jener Privat-Expertise betreffende Frage an letzteren zuzulassen und schließlich den Privat-Gutachter als "sachverständigen Zeugen", jedoch nicht etwa über seine Wahrnehmungen bei der Befund-Aufnahme, sondern vielmehr über deren gutächtliche Auswertung, zu laden und einzuvernehmen (S 301 f. iVm ON 28 und mit S 279), gehen seine Einwände demgemäß deswegen fehl, weil die in Rede stehenden Anträge durchwegs auf eine Verwertung des Privat-Gutachtens als Beweismittel abzielten.

Der Umstand, daß der Vorsitzende nach der Vertagung der Hauptverhandlung am 22.Mai 1989 ohne dahingehende Beschlußfassung des Senates (S 280) zum neuen Termin (offenbar vorsorglich) auch die Ladung des Privatgutachters als "SV" verfügte (S 3 g), ändert daran nichts, zumal mit dieser Ladung eine Bestellung zum gerichtlichen Sachverständigen nicht verbunden war (vgl StPForm Lad 22); dadurch war daher der Schöffensenat bei der Entscheidung über den zuletzt relevierten Antrag nicht präjudiziert.

Eine sorgfältige Prüfung der aus dem Privat-Gutachten - in Ansehung dessen auch der Verteidiger der Sache nach eingeräumt hat, daß es in einem wesentlichen Punkt (S 6, 146, 293, 288 iGgs zu S 245, 247) auf einer falschen Prämisse beruht (S 302) - entnommenen Argumente des Angeklagten für seinen Antrag auf Beiziehung eines weiteren Sachverständigen aus dem Brandfach (S 302 iVm ON 28 und mit S 279) jedoch ergibt keineswegs, daß Befund oder Gutachten des gerichtlichen Brand-Sachverständigen Ing. K*** dunkel, unbestimmt, oder im Widerspruche mit sich selbst oder mit erhobenen Tatumständen wären, oder daß das Gutachten aus den angegebenen Vordersätzen nicht folgerichtig gezogene Schlüsse enthielte (§§ 125 f. StPO).

Ebensowenig vermag der Beschwerdeführer damit, daß dem genannten Sachverständigen bei der beabsichtigten Verbindung zweier Gedankengänge in einem Satz im Rahmen der Erstattung des mündlichen Gutachtens in der Hauptverhandlung eine sinnverkehrende Auslassung unterlief, die er auf Vorhalt sogleich in diesem Sinn aufklärte und berichtigte (S 297), eine - in erster Instanz zudem gar nicht behauptete - besondere Schwierigkeit der Beobachtung oder Begutachtung (§ 118 Abs 2 StPO) darzutun; die der Rechtsmittelschrift beigeheftete "Stellungnahme" des Privatgutachters hiezu ist als Neuerung im Rechtsmittelverfahren über eine Nichtigkeitsbeschwerde überhaupt unbeachtlich. Gleiches gilt für seinen (in der Beschwerde wiederholten) Hinweis darauf, daß in einem anderen Strafverfahren die Gutachten zweier gerichtlicher Sachverständiger durch einen auf Grund eines Privat-Gutachtens bestellten dritten Sachverständigen in Frage gestellt worden seien, wodurch es zum Freispruch gekommen sei (S 302 f.).

Auch durch die Nichtbeiziehung eines zweiten Brand-Sachverständigen wurden daher die Verteidigungsrechte des Angeklagten nicht verletzt.

Dessen Antrag auf Vernehmung des Versicherungsangestellten Rudolf M*** als Zeugen zum Beweis dafür schließlich, daß er gewußt habe, der ihm vorgeworfene Weg einer Geldbeschaffung zur Verringerung seiner Schulden - durch die Erlangung von Versicherungsleistungen unter gleichzeitiger billiger Sanierung des Hauses mittels Eigenleistungen (S 4/5 der Anklageschrift = US 3, 4, 4 vso bis 5 vso) - sei denkunmöglich, weil der Versicherer bei einer Neuwertversicherung nur nach Maßgabe des Baufortschritts und vorgelegter Rechnungen bezahle (S 303), wurde vom Schöffengericht im Hinblick darauf mit Recht abgewiesen (S 304), daß zu diesem Beweisantrag nicht dargetan wurde, inwiefern der genannte Zeuge von einem derartigen Vorstellungsbild des Beschwerdeführers, welches der von ihm ursprünglich zugestandenen (vorerwähnten) Motivation (S 21 f., 25 f., 27, 32 bis 34, 35 f., 67, 69) widersprochen hätte, informiert gewesen sein sollte. Dazu sei demnach nur der Vollständigkeit halber auf die in der Hauptverhandlung verlesene (S 304 f.) Aussage des im Vorverfahren vernommenen Schadensschätzers der A***-E*** Ing. S*** (S 165) und auf damit

übereinstimmende Urkunden (S 185, 187) verwiesen, wonach bei einer Neuwertversicherung wie hier (S 101/103 = S 153/155) sehr wohl der Schadenszeitwert als Erstleistung ausbezahlt und nur der Differenzbetrag auf den Schadensneuwert, also (im wesentlichen) auf die tatsächlichen Wiederherstellungskosten, nach deren Nachweis durch Rechnungen liquidiert wird.

Aus den gleichen Erwägungen kann auch von einer mit der Mängelrüge (Z 5) behaupteten Undeutlichkeit, Unvollständigkeit oder Unzulänglichkeit der Konstatierungen über die zuvor relevierte Motivation des Angeklagten zur Tat keine Rede sein; die weiters bekämpfte Urteilsfeststellung aber, daß der Brand noch vor dem Eintreffen der Feuerwehr zufällig von selbst zum Erliegen kam (US 4), findet in dem - durch den Bericht der Feuerwehrleute P*** und F*** (S 63) gestützten - Gutachten des Brand-Sachverständigen (S 85, 295, 298 f.) vollauf Deckung; und die abschließende Behauptung, das Erstgericht habe sich "mit der Problematik der Brandentstehung und Brandabwicklung nicht entsprechend auseinandergesetzt" sowie "gerade die entscheidungswesentliche Frage der Brandentstehung nicht hinreichend geklärt", ist mangels jeglicher Substantiierung einer sachbezogenen Erörterung nicht zugänglich.

In Ausführung der Tatsachenrüge (Z 5 a) schließlich versucht der Angeklagte, durch den Nachweis von inneren Widersprüchen sowie von Diskrepanzen zum Privat-Gutachten die Beweiskraft der Expertise des Brand-Sachverständigen und damit in weiterer Folge auch jene seines eigenen ursprünglichen Geständnisses sowie die Sinnhaftigkeit des ihm zugeschriebenen Tatmotivs in Zweifel zu ziehen: alle diese Argumente wurden - mit Beziehung auf das Privat-Gutachten abermals - eingehend geprüft, erwecken jedoch gegen die Richtigkeit der den angefochtenen Schuldsprüchen zugrunde gelegten entscheidenden Feststellungen seines vorsätzlichen Versuchs einer Brandstiftung zum Zweck des Versicherungsbetruges im Licht der gesamten Aktenlage keineswegs erhebliche Bedenken.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher nach Anhörung der Generalprokuratur teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt und teils als offenbar unbegründet schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285 d Abs 1 Z 2 und Z 1 iVm § 285 a Z 2 StPO).

Anmerkung

E19183

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0150OS00130.89.1121.000

Dokumentnummer

JJT_19891121_OGH0002_0150OS00130_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten