TE OGH 1989/11/21 4Ob141/89

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Veröffentlicht am 21.11.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S*** G*** U*** W***, Wien 4, Schwarzenbergplatz 14, vertreten durch Dr. Walter Prunbauer und andere Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Y*** R*** Vertriebsgesellschaft mbH, Salzburg, Bergerbräuhofstraße 35, vertreten durch Dr. Herwig Liebscher, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert S 220.000,--) infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 13. Juli 1989, GZ 6 R 164/89-24, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landes- als Handelsgerichtes Salzburg vom 30. März 1989, GZ 13 Cg 374/88-18, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Das Urteil des Berufungsgerichtes wird in seinem Ausspruch zu Punkt b) des Ersturteils - einschließlich des Ausspruches über die Urteilsveröffentlichung - bestätigt, in seinem Ausspruch zu Punkt a) des Ersturteiles aber dahin abgeändert, daß das Begehren die Beklagte sei schuldig, es im geschäftlichen Verkehr beim Handel mit Kosmetika zu unterlassen, anzukündigen, daß beim Kauf von zwei Produkten anstelle eines bestimmten angegebenen Normalpreises nur ein Aufpreis von S 10,-- für das zweite Produkt gezahlt werden müsse, insbesondere wenn angekündigt wird, daß anstelle eines Normalpreises von S 158,-- nur ein Preis von S 89,--,anstelle eines Normalpreises von S 118,-- nur ein Preis von S 69,-- und anstelle eines Normalpreises von S 316,-- nur ein Preis von S 168,-- gezahlt werden muß,

abgewiesen wird.

Die Kosten aller drei Instanzen werden gegeneinander aufgehoben.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Beklagte betreibt den Versandhandel mit Kosmetika, Parfümeriewaren und Toilettartikeln. Sie verschickte im Juni und Juli 1988 in ganz Österreich an namentlich genannten Adressaten cirka 300.000 Werbeartikel (Beilage D), auf denen sie unter anderem folgendes ankündigte:

"Freuen Sie sich auf Ihre duftende Überraschung! Sie erhalten sie als Zugabe in Ihrem Schönheitsfachgeschäft.

Liebe Frau ... (hier war der Familienname der Adressatin eingesetzt), lassen Sie sich bei Ihrem nächsten Einkauf in Ihrem Y*** R*** Schönheitsfachgeschäft überraschen. Hier erwartet Sie eine duftende Überraschung als kleine Aufmerksamkeit. Bringen Sie diese Karte einfach bei Ihrem nächsten Einkauf mit ..."

Die Rückseite der Werbekarte enthielt unter anderem folgenden Text:

"Sparen Sie mit diesen tollen Duos!

2 Produkte zum Preis

von 1 + S 10,--

2 Duschgels mit Sandelholz Flacons je 250 ml zusammen nur S 79,-- + S 10,-- = S 89,-- statt (durchgestrichen) S 158,--. Shampoo-Duo statt (durchgestrichen) S 118,-- S 69,-- Frische-Duo statt (durchgestrichen) S 158,-- S 89,-- Sonnen-Duo statt (durchgestrichen) S 316,-- S 168,-- Entdecken Sie 17 weitere attraktive Duos!"

Im Juli und August 1988 führte die Beklagte in ganz Österreich eine neue Kundenwerbeaktion mit ca. 300.000 Stück Werbekarten (Beilage E) durch, welche sie an namentlich bezeichnete Interessenten versendete. In dieser Werbekarte bot die Beklagte einen Lippenstift mit folgendem Text an:

"Nur S 19,--

Wählen Sie Ihren Ludinelle-Lippenstift.

Probierpreis statt (durchgestrichen) 69,-- nur 19,-- Kommen Sie schnell in Ihr Schönheitsfachgeschäft ..."

Die Rückseite der Werbekarte enthielt unter anderem folgenden Text:

"Liebe Frau (Familienname)

Ja, Sie haben richtig gelesen! - Nur S 19,-- - für einen Lippenstift von Ludinelle.

Nutzen Sie dieses Angebot und wählen Sie Ihre Lieblingsfarbe:

..."

"Kommen Sie gleich ins Fachgeschäft und holen Sie sich Ihre Lieblingsfarbe für nur S 19,--. Bitte bringen Sie diese Karte mit. Bis bald ...

P.S.: Für Sie persönlich ist ein Lippenstift zum Preis von S 19,-- reserviert. Kommen Sie schnell."

Während dieser beiden Aktionen wurde für die angebotenen Waren kein höherer Preis als der angegebene verlangt. Kunden konnten auch ohne im Besitz der Werbekarten zu sein, in den Geschäften der Beklagten die angebotenen Waren zu den herabgesetzten Preisen beziehen. In den Geschäften war ein Hinweis auf die Aktion angebracht.

Der klagende Schutzverband (§ 14 UWG) sieht in diesen Werbeaktionen Verstöße gegen das Rabattgesetz, weil bei den angesprochenen Kunden der Eindruck erweckt werde, daß es sich nicht um eine allgemeine Preisherabsetzung handle, sondern nur Interessenten, die im Besitz einer "Kundenkarte" sind, in den Genuß der Preisvorteile kommen könnten.

Die Werbeaktion laut Beilage D erwecke bei den Kunden nicht den Eindruck, daß die Waren zu zwei, jeweils für verschiedene Mengen geltenden Normalpreisen abgegeben würden, sondern daß ein Rabatt auf einen angekündigten allgemeinen Preis gewährt werde; durch die Zusammenfassung von zwei Stück derselben Ware werde kein neuer Normalpreis geschaffen.

Der klagende Schutzverband begehrt, die Beklagte schuldig zu erkennen, es im geschäftlichen Verkehr beim Handel mit Kosmetika zu unterlassen,

a) anzukündigen, daß beim Kauf von zwei Produkten anstelle eines bestimmten angegebenen Normalpreises nur ein Aufpreis von

S 10,-- für das zweite Produkt gezahlt werden müsse, insbesondere, wenn angekündigt wird, daß anstelle eines Normalpreises von

S 158,-- nur ein Normalpreis von S 89,--, anstelle eines Normalpreises von S 118,-- nur ein Preis von S 69,-- und anstelle eines Normalpreises von S 316,-- nur ein Preis von S 168,-- gezahlt werden muß;

b) anzukündigen, daß jene Kunden, die im Besitz einer bestimmten Werbesendung der Beklagten sind, anstelle eines Normalpreises für einen Lippenstift nur einen wesentlich geringeren "Probierpreis" zahlen müssen, wenn der Normalpreis S 69,-- und der Probierpreis nur

S 19,-- beträgt.

Ferner stellt der Kläger ein entsprechendes Veröffentlichungsbegehren.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Sie habe mit den beanstandeten Angeboten eine allgemeine Preisherabsetzung angekündigt. Das Anbieten einer preisgünstigeren Mehrfachpackung sei keine Rabattankündigung. Die von der Werbeaktion erreichten Interessenten seien kein bestimmter Verbraucherkreis iS des § 1 Abs 2 RabG. Kurzfristige Preissenkungen dieser Art seien handels- und branchenüblich. Die Doppelpackung (Beilage D) sei mit einem handelsüblichen Mengenrabatt angeboten worden, der sich im Rahmen vernünftiger kaufmännischer Gepflogenheiten bewege. Das Erstgericht stellte den bereits eingangs wiedergegebenen Sachverhalt fest und gab dem Klagebegehren statt. Eine nicht gegen das Rabattgesetz verstoßende allgemeine Preisherabsetzung liege nur vor, wenn der frühere Normalpreis für alle Interessenten durch einen neuen niedrigeren Normalpreis ersetzt wird. Stehe aber dem unverändert gebliebenen Normalpreis des Unternehmers ein individueller Ausnahmspreis gegenüber, dann sei eine Rabattgewährung iS des § 1 Abs 2 RabG anzunehmen; der Begriff der "Zugehörigkeit zu einem bestimmten Verbraucherkreis" sei dabei weit auszulegen; es genüge eine Gemeinsamkeit der äußeren Umstände, wie etwa bestimmte Zusammenhänge mit dem Rabattgeber, z.B. "Behandlung als Stammkunde". Maßgebend sei, daß der Sondernachlaß aus Gründen gewährt wird, die in der Person des Begünstigten liegen. Es komme nur darauf an, ob der Eindruck erweckt wird, daß der Nachlaß nur den Inhabern des übermittelten Werbematerials gewährt werde. Vermittle eine Werbung den Eindruck, daß neben dem für einen bestimmten Personenkreis geltenden Preis noch ein höherer Normalpreis besteht, dann werde ein Preisnachlaß iS des § 1 Abs 2 RabG angekündigt, auch wenn dies objektiv nicht zutrifft. Der Werbende müsse bei der Mehrdeutigkeit seiner Ankündigung die für ihn ungünstigste Auslegung gegen sich gelten lassen.

Die Beklagte habe - ebenso wie in einem gleichartigen Fall (4 Ob 50/88 vom 14. Juni 1988) - durch das Versenden der Werbekarten an namentlich genannte Kunden den Eindruck erweckt, daß außerhalb der Aktion weiterhin der bisherige Preis gelte. Durch die Angabe von "Statt-Preisen" und die Anrede "Für Sie persönlich ist ein Lippenstift zum Preis von S 19,-- reserviert", habe die Beklagte den Anschein hervorgerufen, daß (nur) Kunden, welche die Werbekarte beim Einkauf mitbringen, einen gegenüber dem Normalpreis begünstigten Preis erhielten. Auch die Werbeaussendung (Beilage E) verstoße daher gegen das Rabattgesetz.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht Folge und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden hat, den Betrag von S 300.000,-- übersteige. Es verwies auf seine rechtliche Beurteilung im Provisorialverfahren, wo die zweite Instanz die Auffassung vertreten hatte, daß die Beklagte mit der Versendung der Kundenkarten an eine größere Zahl namentlich genannter Personen eine jedenfalls nicht allgemein gewährte Preisherabsetzung angekündigt habe; sie hätte nicht dafür werben dürfen, daß sie Doppelpackungen nur um einen gegenüber dem Einzelpreis um S 10,-- erhöhten Preis abgebe. Bei dieser Sachlage berührten einander die Tatbestände nach dem Zugabengesetz und nach dem Rabattgesetz. Die Beklagte habe keinen Mengenrabatt, sondern einen Sonderpreis für Doppelpackungen generell angekündigt. Eine demoskopische Untersuchung darüber, wie die beanstandeten Schreiben von den angesprochenen Kunden verstanden würden, sei entbehrlich. Wegen der fließenden Grenzen zwischen den Tatbeständen des Rabattgesetzes und des Zugabengesetzes könne bei Verrechnung eines Scheinpreises von S 10,-- für die zweite Einheit (statt S 158,--, S 116,-- oder S 69,--) nicht mehr von einem zulässigen Mengenrabatt gesprochen werden. Nach dem Inhalt der Aussendungen sei keine allgemeine Preisherabsetzung anzunehmen.

Die Beklagte bekämpft das Urteil des Berufungsgerichtes zur Gänze und macht als Revisionsgründe Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und unrichtige rechtliche Beurteilung geltend; sie beantragt, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß das Klagebegehren abgewiesen werde, und regt an, der Oberste Gerichtshof möge beim Verfassungsgerichtshof den Antrag stellen, § 1 Abs 2 RabG auf seine Verfassungskonformität zu überprüfen.

Der Kläger beantragt in seiner Revisionsbeantwortung, der Revision der Beklagten nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist teilweise berechtigt.

Die Beklagte hat ihren Kunden mit dem Schreiben (Beilage D) den Erwerb von jeweils 2 Stücken bestimmter Waren zu einem Preis angeboten, der nur unwesentlich höher als der sonst für das Einzelstück verlangte Preis war; es geht daher um die rabattrechtliche Beurteilung einer unterschiedlichen Preisstellung für verschiedene Mengen der gleichen Ware. Wie der Oberste Gerichtshof bereits mehrmals (ÖBl 1987, 103 - "S 1,-- für jedes zweite Stück" = RdW 1987, 290 ÄFriedrich PrunbauerÜ; ÖBl 1988, 132 - Y*** R*** I = ÖZW 1988, 25 Ämit kritischer Anmerkung von BarfußÜ; WBl 1989, 60 - "Wählen Sie Ihre Wunschprodukte"; auch 4 Ob 8/89 - "Zahl 3 nimm 4!" Äsiehe Kucsko, WBl 1989, 149Ü; vgl. ferner ÖBl 1974, 89 - Matratzen) ausgesprochen hat, hängt die Beantwortung dieser Frage davon ab, ob es sich nach der Auffassung der angesprochenen Verkehrskreise bei den angekündigten oder allgemein geforderten Preisen um verschiedene Normalpreise oder nur um einen Normalpreis als Bezugsgröße und einen niedrigeren Ausnahmepreis handelt. § 7 RabG regelt nur den Mengennachlaß für eine Ware mit einem Normalpreis; er verbietet aber nicht, daß für unterschiedliche Warenmengen verschiedene Normalpreise bestehen (sogenannte "Preisspaltung"; siehe dazu auch die amtl. Begründung zum RabG, abgedruckt bei Schönherr-Wiltschek, Wettbewerbsrecht5, 80 Anm 1; Schuhmacher, Verbraucherschutz bei Vertragsanbahnung 345 f). Eine solche Annahme verschiedener Normalpreise setzt aber nicht nur voraus, daß der günstigere Mengenpreis nicht nur einzelnen Kunden oder Kundengruppen, sondern jedermann berechnet wird; es darf auch nicht durch die Form des Ankündigens oder des Gewährens im Geschäftsverkehr der Eindruck eines Rabattes - also eines Abschlages von einem angekündigten oder allgemein geforderten Preis - erweckt werden. Daß ein Unternehmer eine größere Stückzahl oder Warenmenge dem Kunden zu einem relativ günstigeren Preis verkauft, als es beim Einzelbezug der Fall wäre, macht für sich allein diesen Preis noch nicht zu einem zweiten "Normalpreis"; die in Aussicht gestellte günstigere Preisbemessung ist im Verhältnis zur Summe der Einzelpreise so lange kein zweiter Normalpreis, als der Normalpreis der Einzelware im Geschäftsverkehr als die allein maßgebende Bezugsgröße aufgefaßt wird. Anders liegen die Dinge dann, wenn die größere Warenmenge als selbständige Verkaufseinheit erscheint, die - wie etwa eine Doppel-, Groß- oder Mehrfachpackung - auch als solche gehandelt wird (Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht15, 1997 ff § 1 RabG Rz 32; 2033 § 7 RabG Rz 1 und 2035 § 7 RabG Rz 6; Hoth-Gloy, Zugabe und Rabatt 349 f § 1 RabG Anm 45 lit c; auch Koppensteiner, Wettbewerbsrecht2, 85 f).

Ein solcher Fall liegt hier vor: Während es im Fall der Entscheidung ÖBl 1987, 103 den Käufern überlassen blieb, aus (verschiedenen) Waren mit demselben "Wert" (Preis) beliebige Zweierkombinationen zu bilden, und sie dann "für jedes zweite Stück" nur S 1,-- zu zahlen hatten, und im Falle der Entscheidung ÖBl 1988, 132 die Käufer einen von ihnen selbst frei ausgewählten Artikel aus dem Angebot des Verkäufers dadurch zum Preis des Einzelstücks in doppelter Menge beziehen konnten, daß sie diese Ware in eine bestimmte Zeile ihres Bestellscheins eintrugen, hat im vorliegenden Fall die Beklagte einige wenige bestimmte Artikel auch zu einem "Duo"-Preis für zwei Stück derselben Ware angeboten. Wenngleich der Preis eines solchen Duos nur unwesentlich über dem Preis eines Einzelstücks der betreffenden Ware angesetzt wurde - daß der Einzelstückpreis künstlich hochgesetzt worden wäre, um dem Kunden einen besonders günstigen Mehrstückpreis vorzutäuschen Ävgl Baumbach-Hefermehl aaO 1999 § 1 RabG Rz 32Ü, wurde nicht behauptet - , hat die Beklagte in mehreren Berechnungsbeispielen den jeweiligen "Duo"-Preis errechnet und, entsprechend hervorgehoben, dem durchgestrichenen "Normalpreis" für zwei Einzelstücke gegenübergestellt. Damit war aber der "Normalpreis" der Einzelware nicht mehr die allein maßgebende Bezugsgröße, die "Duos" erweckten vielmehr beim Publikum den Eindruck einer - vorübergehend günstiger angebotenen - selbständigen Verkaufseinheit, zumal die Zusammenfassung von zwei Packungen derselben Ware bei Artikeln der Körperpflege, die einem relativ raschen Verbrauch unterliegen (hier insbesondere: Duschgel, Shampoo) weder willkürlich noch ungewöhnlich ist (vgl Baumbach-Hefermehl aaO 1998 § 1 RabG Rz 32). Bei dieser Sachlage heben sich die beanstandeten Duo-Angebote von Angeboten in gegenteilig entschiedenen Fällen - wie etwa in der vom Kläger erwähnten Entscheidung des BGH GRUR 1978, 185 (Zehnerpackung elektronischer Taschenrechner!) - deutlich ab. Die Ansicht des Klägers, durch die Zusammenfassung einzeln verwertbarer Stücke könne kein neuer Normalverkaufspreis geschaffen werden, ist verfehlt, weil sonst auch übliche Mehrfachpackungen bei einem entsprechenden hohen Preisnachlaß rabattrechtlich verpönt wären. Damit liegt aber kein unzulässiger Preisnachlaß iS des § 1 Abs 2 RabG, sondern ein "gespaltener" Normalpreis vor. Auf eine von vornherein berechnete günstigere Preisstellung für größere Mengen ist auch § 7 RabG nicht anwendbar (Amtl Begr z RabG; Baumbach-Hefermehl aaO 2033, § 7 RabG Rz 1), so daß die Frage der Handelsüblichkeit des Nachlasses auf sich beruhen kann. Die "Duo"-Preise wurden allen Kunden gewährt, auch wenn diese nicht im Besitz einer Werbekarte waren. Es wurde aber auch nicht der bloße Eindruck (siehe dazu unten) eines unzulässigen Sonderpreises erweckt: Die Aufforderung, die Werbekarten (Beilage D) zum nächsten Einkauf mitzubringen, stand nur mit der Ankündigung eines Werbegeschenks im Zusammenhang, nicht aber mit den auf der Rückseite der Karte enthaltenen "Duo-Angeboten".

Auf übertriebenes Anlocken und unsachliche Beeinflussung der Abnehmer hat der Kläger den Anspruch in erster Instanz - trotz Erwähnung der §§ 1, 2 UWG - nicht gestützt. Im übrigen liegen aber die von der Rechtsprechung bei den sogenannten "Vorspann-" und "Lockangeboten" angenommenen Unlauterkeitskriterien hier nicht vor, weil der Kaufentschluß der Konsumenten durch das Angebot einer preisgünstigen Doppelpackung einer raschem Verbrauch unterliegenden Ware in aller Regel nicht unsachlich beeinflußt wird. Der gegenteiligen Ansicht F. Prunbauers (Zur Unzulässigkeit des Vertriebssystems "One for Two", WBl 1989, 203) kann insoweit nicht gefolgt werden.

Im übrigen (Punkt b des Unterlassungsbegehrens) ist jedoch die Revision nicht berechtigt.

Wie der Oberste Gerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, kommt es auch bei der Prüfung der Frage, ob eine Ankündigung gegen das Rabattgesetz verstößt, immer auf den Gesamteindruck an, der sich beim flüchtigen Lesen oder Hören der Mitteilung ergibt; maßgebend ist allein, wie die Ankündigung von den angesprochenen Interessenten aufgefaßt werden kann. Bei einer mehrdeutigen Äußerung muß der Werbende die ungünstigste der (ernsthaft in Betracht kommenden) Auslegungen gegen sich gelten lassen. Der Unterlassungsanspruch besteht auch dann, wenn durch die Ankündigung nur der Eindruck der Gewährung eines unzulässigen Rabattes erweckt wurde (Hohenecker-Friedl, Wettbewerbsrecht 23 f; ÖBl 1977, 130 - 1.000 S Sonderbonus; ÖBl 1979, 140 - Foto-Ausarbeitungen; ÖBl 1981, 132 - Sanitär- und Heizungsanlagen; ÖBl 1982, 49 - Reisebüro-Wertbon; ÖBl 1987, 163 - Ladenspiel), mögen auch

objektiv keine Sonderpreise iS des § 1 Abs 2 RabG gewährt worden sein, weil jedermann die angekündigte Begünstigung erhielt. Die Beurteilung der Wirkung der Ankündigung auf die angesprochenen Verkehrskreise ist nach ständiger Rechtsprechung eine Rechtsfrage, soweit dazu die Erfahrungen des täglichen Lebens

ausreichen (SZ 47/31 = ÖBl 1974, 117 - Taxispesenersatz;

SZ 49/18 = ÖBl 1976, 101 - Kugellutscher; ÖBl 1979, 73 - Der Kleinste bei den Preisen). Nur dort, wo dem Richter die erforderliche Erfahrung fehlt, werden über die Wirkung einer bestimmten Werbung auf die angesprochenen Verkehrskreise Beweise aufzunehmen sein, sonst genügt in der Regel als Entscheidungsgrundlage seine Lebenserfahrung (ÖBl 1970, 22; ausführlich ÖBl 1985, 105 - C & A; Wiltschek zu ÖBl 1987, 79 - Wärmeabgabetabellen). Es war daher im gegenständlichen Fall nicht erforderlich, über den Eindruck der beanstandeten Werbeschreiben eine demoskopische Untersuchung durchzuführen. Die Beklagte hat mit der beanstandeten Werbekarte (Beilage E) den Eindruck erweckt, daß der Nachlaß nur den (namentlich bezeichneten) Inhabern solcher Karten gewährt werde (SZ 53/147; ÖBl 1987, 163 - Ladenspiel; 4 Ob 50/88). Sie hat nämlich die sonst um S 69,-- verkauften Ludinelle-Lippenstifte persönlich angeschriebenen Interessenten zum Probierpreis von nur S 19,-- angeboten und hiebei die Adressaten aufgefordert, gleich in das Fachgeschäft zu kommen, sich ihre Lieblingsfarbe für nur S 19,-- zu holen und "diese Karte" - nämlich das Werbeschreiben - mitzubringen. In einem Nachsatz machte die Beklagte die Interessenten zudem noch darauf aufmerksam, daß für sie persönlich ein Lippenstift zum Preis von S 19,-- reserviert sei. Damit konnte aber bei den angesprochenen Interessenten der Eindruck entstehen, daß ihnen das stark verbilligte Angebot nur wegen ihrer Zugehörigkeit zu bestimmten Verbraucherkreisen, nämlich als (persönlich angesprochene!) Stammkunden der Beklagten, gemacht worden sei; vor allem durch die Behauptung der Reservierung eines Lippenstiftes "für sie persönlich" wurde dieser Eindruck noch besonders verstärkt. Es liegt daher die Ankündigung eines verbotenen Barzahlungsnachlasses vor, auch wenn der günstige Preis von S 19,-- objektiv allen Kunden gewährt wurde. Keine Rede kann freilich davon sein, daß interessierte Kunden allein dadurch, daß sie von einem Unternehmer, insbesondere einem Versandhaus, namentlich angeschrieben werden, einen "bestimmten Verbraucherkreis iS des § 1 Abs 2 RabG bildeten und damit eine diesen Personen ausschließlich mitgeteilte Preissenkung bereits als "unzulässiger Sonderpreis" zu beurteilen wäre. Daß Versandhäuser über ein entsprechend großes Adressenmaterial verfügen, ist allgemein bekannt; aus einem persönlich adressierten Werbeschreiben allein wird daher der Empfänger noch nicht ableiten, daß die in dem Schreiben enthaltenen Angebote ausschließlich für die in den Adreßlisten bzw. Kundenkarteien des werbenden Unternehmens namentlich angeführten Personen bestimmt seien. Auf die Anregung, § 1 Abs 2 RabG "beim Verfassungsgerichtshof auf seine Verfassungskonformität überprüfen zu lassen", ist schon aus diesem Grunde nicht weiter einzugehen.

Der Revision ist daher nur zum Teil stattzugeben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 43 Abs 1, 50 ZPO.

Anmerkung

E19261

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0040OB00141.89.1121.000

Dokumentnummer

JJT_19891121_OGH0002_0040OB00141_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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