TE OGH 1989/11/21 10ObS336/89

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.11.1989
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier und Dr. Kellner als weitere Richter sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr. Josef Fellner (Arbeitgeber) und Dr. Stefan Seper (Arbeitgeber) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Anton M***, Apothekergasse 2a, 9900 Lienz, vertreten durch Dr. Friedrich Schwank, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei A*** U***, Adalbert Stifter-Straße 65, 1200 Wien,

vertreten durch Dr. Adolf Fiebich, Dr. Vera Kremslehner, Dr. Josef Milchram, Rechtsanwälte in Wien, wegen Erhöhung der Versehrtenrente, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 30.Mai 1989, GZ 5 Rs 59/89-39, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Insbruck als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 30.Jänner 1989, GZ 46 Cgs 1/89-34, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Urteil des Schiedsgerichtes der Sozialversicherung für Tirol vom 16.April 1984, 7 C I 154/83, wurde dem Kläger für die Folgen seines Arbeitsunfalles vom 1.Februar 1964 ab 1.August 1983 eine 30-%ige Dauerrente zuerkannt.

Mit Bescheid vom 7.Oktober 1986 lehnte die beklagte Partei den Antrag des Klägers vom 1.Juli 1986 auf Erhöhung der Dauerrente von 30 % der Vollrente ab.

Das Erstgericht wies das Begehren des Klägers, die beklagte Partei schuldig zu erkennen, ab 1.Juli 1986 die bisher gewährte Dauerrente von 30 % der Vollrente für die Folgen seines Arbeitsunfalles vom 1.Februar 1964 auf 35 % der Vollrente im gesetzlichen Ausmaß zu erhöhen, ab.

Es stellte die Verletzungsfolgen zum Zeitpunkt der Gewährung der Dauerrente und jene zum Zeitpunkt des Verschlimmerungsantrages im einzelnen und zusammenfassend fest, daß im Zustand der Unfallfolgen keine Veränderung eingetreten ist, tatsächlich aber die Minderung der Erwerbsfähigkeit des Klägers schon anläßlich der Zuerkennung der Dauerrente mit 35 % einzuschätzen gewesen wäre.

Rechtlich führte das Erstgericht aus, nach § 183 Abs.1 ASVG setze eine Neufeststellung der Rente eine wesentliche Änderung der Verhältnisse voraus, wesentlich sei eine Änderung der Verhältnisse nur, wenn durch sie die Minderung der Erwerbsfähigkeit des Versehrten durch mehr als drei Monate um mindestens 10 % geändert werde, durch die Änderung ein Rentenanspruch entstehe oder wegfalle oder die Schwerversehrtheit entstehe oder wegfalle. Mangels eingetretener Verschlimmerung sei die Klage abzuweisen. Das Berufungsgericht gab der wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobenen Berufung des Klägers keine Folge. Eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse sei nicht eingetreten, ein Abgehen von der Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit bei sonst unveränderter Lage reiche für eine Neufeststellung der Rente nicht aus. Selbst die nunmehr geänderte Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit mit 35 % könnte eine Neufeststellung nicht rechtfertigen, weil keine Änderung um mindestens 10 % erfolgt sei.

Rechtliche Beurteilung

Die wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revision des Klägers ist nicht berechtigt.

Gemäß § 183 Abs.1 ASVG hat bei einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse, die für die Feststellung einer Rente maßgebend waren, der Träger der Unfallversicherung auf Antrag oder von Amts wegen die Rente neu festzustellen; als wesentlich gilt eine Änderung der Verhältnisse nur, wenn durch sie die Minderung der Erwerbsfähigkeit des Versehrten durch mehr als drei Monate um mindestens 10 % geändert wird, durch die Änderung ein Rentenanspruch entsteht oder wegfällt oder die Schwerversehrtheit entsteht oder wegfällt. Zum Vergleich dafür, ob eine wesentliche Änderung der Verhältnisse eingetreten ist, ist der Tatsachenkomplex heranzuziehen, der jener Entscheidung zugrundelag, deren Rechtskraftwirkung bei unveränderten Verhältnissen einer Neufeststellung der Rente im Wege steht, eine früher unrichtige Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit kann nicht im Wege des § 183 Abs.1 ASVG korrigiert werden (SSV-NF 1/16). Da feststeht, daß im Zustand der Unfallfolgen keine Änderung eingetreten ist, hat es bei der rechtskräftigen Zuerkennung der Unfallrente von 30 % der Vollrente zu verbleiben. Eine unrichtige Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit könnte nur dann von Bedeutung sein, wenn seit der Zuerkennung der Rente eine Besserung oder Verschlechterung des Zustandes eingetreten wäre. Ein Versicherter, der sich mit einer zu gering bemessenen Rente zufrieden gegeben hat, muß bei einer Besserung seines Zustandes eine Herabsetzung oder die Entziehung der Rente nicht in Kauf nehmen, wenn auf Grund des zum Zeitpunkt der Nachuntersuchung bestehenden Zustandes die Voraussetzungen für die Gewährung der Rente im bisherigen Ausmaß vorlagen, andererseits hat der Unfallversicherungsträger bei einer zu hohen Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit anläßlich der Gewährung im Fall eines Erhöhungsantrages ab diesem Zeitpunkt eine dem Zustand des Versehrten trotz eingetretener Verschlechterung nach den Feststellungen im Leistungsstreitverfahren keine entsprechend höhere Rente zu leisten (10 Ob S 182/89). Da im vorliegenden Fall jedoch eine Änderung im Gesundheitszustand des Klägers nicht eingetreten ist, käme eine Neubemessung der Rente selbst dann nicht in Betracht, wenn die Minderung der Erwerbsfähigkeit des Klägers schon ursprünglich mit 40 % einzuschätzen gewesen wäre, wie nunmehr in der Revision behauptet wird. Im übrigen sei darauf verwiesen, daß das Klagebegehren ebenso wie auch der Berufungsantrag nur auf Zuerkennung einer 35 %igen Dauerrente ab 1.Juli 1986 gerichtet war, von einer Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens kann daher keine Rede sein.

Nur der Vollständigkeit halber sei zu den übrigen Revisionsausführungen darauf verwiesen, daß es sich bei dem durch Art.III Z 4 SozRÄG 1988 dem § 183 Abs.1 ASVG angefügten weiteren Satz um eine authentische Interpretation des Gesetzgebers über den Begriff der "wesentlichen Änderung der Verhältnisse" handelt, die auf alle noch zu entscheidenden Rechtsfälle anzuwenden ist, da der Gesetzgeber nichts anderes bestimmt hat (SSV-NF 2/9). Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Der Ausspruch über die Revisionskosten beruht auf § 77 Abs.1 Z 2 lit.b ASGG.

Anmerkung

E19389

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:010OBS00336.89.1121.000

Dokumentnummer

JJT_19891121_OGH0002_010OBS00336_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten