TE OGH 1989/11/21 5Ob116/89

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Veröffentlicht am 21.11.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik, Dr. Zehetner, Dr. Klinger und Dr. Schwarz als weitere Richter in der Grundbuchssache des Antragstellers Georg K***, geboren am 15. November 1963, Student, Nußberg 3, 9300 St. Veit an der Glan, vertreten durch Dr. Wolfgang Perko, Notar in Klagenfurt, wegen der Einverleibung des Eigentumsrechtes in der EZ 175 KG 74410 Straßburg-Land, der Herta O***, geboren am 21. August 1934, Landwirtin, St. Jakob ob Gurk 1, 9342 Gurk, vertreten durch Dr. Harald Mlinar, Rechtsanwalt in St. Veit an der Glan, infolge Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt als Rekursgericht vom 4. Oktober 1989, GZ 3 R 482/89-4, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes St. Veit an der Glan vom 10. August 1989, TZ 2721/89, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Die Eigentümerin der Liegenschaft EZ 175 KG 74410 Straßburg Land Herta O*** und ihr am 22. Juli 1959 geborener Sohn sowie der am 28. Feber 1933 geborene Land- und Forstwirt Georg K*** als Vertreter seines Sohnes Georg K***, geboren am 15. November 1963, unterfertigten am 5. November 1988 eine Kaufvertragsurkunde mit dem Inhalt:

"1. Frau Herta O*** verkauft und übergibt an Herrn Georg K*** und dieser kauft und übernimmt von der Erstgenannten die der Verkäuferin gehörige Liegenschaft EZ 175 KG Straßburg Land mit dem gesamten Gutsbestand, wie diese Liegenschaft im beiliegenden Grundbuchsausdruck verzeichnet ist, mit allen Rechten und Vorteilen, mit denen die Verkäuferin diese Liegenschaft bisher besessen und benützt hat, oder hiezu berechtigt war, um den beiderseits vereinbarten Kaufpreis von S 10,5 Millionen (zehn Millionen fünfhunderttausend) und es bewilligt Frau Herta O*** auf Grund dieses Vertrages in EZ 175 KG Straßburg Land die Einverleibung des Eigentumsrechtes für Georg K***, geb. 15.11.1963.

2. Die Bezahlung des Kaufpreises von S 10,5 Millionen geschieht wie folgt: Ein Kaufpreisteilbetrag von 5,5 Millionen S wird innerhalb von 8 Tagen ab Unterfertigung an die G*** S*** zu treuen Handen von Dr. Harald H***, öff. Notar in Gurk, überwiesen mit der Bestimmung, diesen Betrag sogleich nach Zustimmung der Grundverkehrskommission zum vorliegenden Vertrag zur Lastenfreistellung der Verkaufsliegenschaft zu verwenden, und den Restbetrag an die Verkäuferin auszufolgen.

Ein weiterer Kaufpreisteilbetrag von 2 Millionen Schilling wird unmittelbar nach Grundbuchseintragung an die Verkäuferin ausgezahlt.

Der Kaufpreisrestbetrag von S 3 Millionen wird innerhalb von längstens 2 Jahren ab Vertragsfertigung an die Verkäuferin bezahlt.

3. Nähere Bestimmungen wegen der einzelnen Vertragsbedingungen werden in der kommenden Woche vereinbart. Insbesondere soll ein Wohnungsrecht und Gartenbenützungsrecht für die Verkäuferin, das Recht auf freie Mitarbeit am Hof gegen Bezahlung und freie Holzbenützung aus der Holzlage geregelt werden.

4. Der Sohn der Verkäuferin Herr Gottlieb O***, geb. 22.7.1959, Zimmerer, St. Jakob 1 wohnhaft, stimmt diesem Vertrag ausdrücklich zu und erteilt unbeschadet der zu seinen Gunsten im Grundbuch eingetragenen Beschränkung auf Grund des Vergleiches vom 19. August 1963 seine Einwilligung, daß auf Grund dieses Vertrages und der noch zu treffenden Modifikation dazu in EZ 175 KG Straßburg Land das Eigentumsrecht für Georg K*** geb. 15.11.1963 zur Gänze grundbücherlich einverleibt werden kann. Sollte es erforderlich sein, daß er dazu noch weitere Unterschriften abgeben muß, bewilligt er dies und verpflichtet sich hiezu.

5. Herr Georg K*** geb. 28.2.1933 vertritt heute seinen gleichnamigen Sohn gegen Beibringung einer schriftlichen beglaubigten Vollmacht."

Dieser Vertragsurkunde war der Grundbuchsausdruck der Eintragungen A1 und A2 der Liegenschaft beigeheftet. Der Notar beglaubigte die Echtheit der Unterschriften am 5. November 1988 und erhielt die einzige Ausfertigung des Beschlusses des Grundbuchsgerichtes vom 8. November 1988, TZ 4002/88, womit in der Einlage die Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung der Liegenschaft mit der Rechtswirksamkeit bis zum 8. November 1989 angemerkt wurde. Am 11. November 1988 beglaubigte der Notar die Unterschrift des Käufers auf der Urkunde vom 22. Oktober 1988, womit er seinem Vater die unbeschränkte Vollmacht nach § 1008 ABGB zum Kauf der Liegenschaft EZ 175 KG Straßburg Land erteilte. Mit dem am 9. Mai 1989 in Rechtskraft erwachsenen Bescheid der Grundverkehrskommission vom 20. April 1989 wurde das Rechtsgeschäft über die Liegenschaft genehmigt.

Am 10. August 1989 beantragte der Käufer beim Erstgericht unter Vorlage der Kaufvertragsurkunde vom 5. November 1988, der Vollmachtsurkunde vom 22. Oktober 1988, der Ausfertigung des Rangordnungsanmerkungsbeschlusses und des Bescheides der Grundverkehrskommission die Vormerkung seines Eigentumsrechtes im Rang der Anmerkung TZ 4002/88, bis die Rechtfertigung durch Einlangen der steuerlichen Unbedenklichkeitsbescheinigung erfolgt. Das Erstgericht bewilligte die bücherliche Vormerkung. Das Rekursgericht wies über den Rekurs der Liegenschaftseigentümerin und ihres Sohnes den Antrag ab. Der Kaufvertragsurkunde könne nicht mit der erforderlichen Verläßlichkeit entnommen werden, daß eine abschließende Vereinbarung zustande gekommen sei. Eine Einigung über den Inhalt eines Vertrages sei erst anzunehmen, wenn über sämtliche Vertragsbestimmungen Einigkeit bestehe. Zwar genüge für den Kauf grundsätzlich die Einigung über den Kaufgegenstand und den Kaufpreis. Ein Kaufvertrag komme auch zustande, wenn Nebenpunkte nicht besprochen wurden. Sie seien aus dem Willen der Vertragsteile zu erschließen oder nach dem Gesetz zu ergänzen. Sei aber über Nebenpunkte verhandelt und eine Vereinbarung darüber vorbehalten worden, komme der Vertrag erst mit der Willensübereinstimmung über diese - auch

unwesentlichen - Nebenpunkte zustande. Es sei nämlich dann davon auszugehen, daß die Parteien den Vertrag ohne die Einigung über die Nebenpunkte gar nicht schließen wollten. Die in der Kaufvertragsurkunde angekündigte abschließende Einigung über die Nebenpunkte sei also notwendige Voraussetzung des Zustandekommens des Kaufes. Diese Einigung sei nicht urkundlich nachgewiesen. Es fehle daher an einem gültigen Rechtsgrund iSd § 26 Abs. 2 GBG.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs des Antragstellers ist nicht berechtigt. Das Grundbuchsgericht hat das Ansuchen und die beigelegten Urkunden einer genauen Prüfung zu unterziehen und darf die beantragte grundbücherliche Eintragung nur bewilligen, wenn das Begehren durch den Inhalt der beigebrachten Urkunden begründet erscheint (§ 94 Abs. 1 Z 3 GBG). Einverleibungen und Vormerkungen können nur auf Grund von Urkunden bewilligt werden, die in der zu ihrer Gültigkeit vorgeschriebenen Form ausgefertigt sind, und die, wenn es sich um die Erwerbung eines dinglichen Rechtes handelt, einen gültigen Rechtsgrund enthalten (§ 26 GBG). Ein Ansuchen kann nur bewilligt werden, wenn der Urkundeninhalt nicht nur in formaler Beziehung unbedenklich ist sondern auch in der materiellrechtlichen Frage keine Zweifel aufkommen läßt (NZ 1976, 95; NZ 1988, 289; NZ 1989, 163; NZ 1989, 226 uva). Da nach § 95 Abs. 1 GBG über jedes Grundbuchsgesuch in der Regel ohne Einvernehmung der Parteien und ohne Zwischenerledigung in der Sache dahin zu entscheiden ist, ob das Gesuch bewilligt oder abgewiesen wird, kommt eine Berücksichtigung von Umständen, die erst durch außerhalb des Urkundeninhalts liegende Tatsachen eine bestimmte Auslegung ergeben, oder eine Bedachtnahme auf einen nicht urkundlich erwiesenen Willen der Vertragsteile nicht in Betracht, weil alle Erhebungen zur Beurteilung, ob ein Gesuch begründet ist, ausgeschlossen sind (vgl. ZBl. 1935/422). Das Rekursgericht hat zutreffend die in Lehre und Rechtsprechung herrschende Auffassung dargestellt, daß der Kaufvertrag über eine Liegenschaft an sich mit der Einigung über Kaufgegenstand und Kaufpreis wirksam zustande kommt und daß Nebenpunkte, die nicht erörtert wurden, durch Vertragsergänzung nach dem erschließbaren Willen der Parteien oder gesetzlichen Vorschriften einzufügen sind, daß aber ein Vertrag erst mit der Einigung über auch unwesentliche bei den Vertragsverhandlungen offen gebliebene Punkte, die einer späteren Einigung vorbehalten wurden, zustande kommt (Aicher in Rummel, ABGB, Rz 2 zu § 1054; Koziol-Welser8 I 306; Ehrenzweig2 II/1, 128; SZ 44/73; JBl. 1978, 424; MietSlg. 33.131; SZ 54/112; SZ 59/87 ua).

Es kann nun nicht gesagt werden, die allein zulässige wörtliche Auslegung der Kaufvertragsurkunde lasse keinen Zweifel offen, daß die Verkäuferin, ihr Sohn, zu dessen Gunsten eine Beschränkung in B-LNR 1 e bei ihrem Eigentumsrecht eingetragen ist, und der durch den Bevollmächtigten vertretene Käufer hätten den Abschlußwillen auch für den Fall bekundet, daß die vorbehaltene Einigung über die näheren Bestimmungen der einzelnen Bedingungen des Vertrages nicht zustande kommt. Der Parteiwille kann auch darauf gerichtet sein, die Perfektion eines Kaufvertrages von der Einigung über weitere Punkte abhängig zu machen, mögen diese selbst aus objektiver Sicht unwesentlich erscheinen (Mayer-Maly in Klang2 IV/2, 218; NZ 1980, 73 ua). Ob die Parteienvereinbarung schon vollständig ist, muß mit den Mitteln der Auslegung erforscht werden. Das Ergebnis kann sein, daß die Kaufvereinbarung noch als unvollständig erachtet wird, solange nur Einigung über Kaufgegenstand und Preis nicht aber über die weiteren Vertragspunkte erzielt ist, oder aber, daß die Vertragsteile sich schon vor der Einigung über diese Einzelheiten endgültig verpflichten wollten und der Kauf selbst bei Scheitern der weiteren Vertragsverhandlungen jedenfalls gültig sein sollte (vgl. Mayer-Maly in NZ 1972, 113; JBl. 1978, 424; SZ 54/112; MietSlg. 34.178/12). Es ist nun klar, daß eine solche Erforschung des Willens der Vertragsteile im reinen Urkundenverfahren zur Entscheidung über den Verbücherungsantrag nicht stattfinden kann und durch den Inhalt der Urkunden erweckte und nicht restlos beseitigte Zweifel zur Abweisung des Grundbuchsgesuches führen. Für das wirksame Zustandekommen des Vertrages spricht die beurkundete Einigung über Kaufgegenstand und Preis, die Einwilligung in die bücherliche Einverleibung des Eigentumsrechtes des Käufers und die Beurkundung in verbücherungsfähiger Form überhaupt, dagegen allerdings der Vorbehalt im Punkt 3, daß erst in der kommenden Woche wegen der einzelnen Vertragsbedingungen Vereinbarungen getroffen werden und die der Verkäuferin zugedachte Dienstbarkeit der Wohnung samt Gartenbenützungsrecht und entlohnter Mitarbeit am Hof geregelt werden sollen. Auch die Aufsandungserklärung des Beschränkungsberechtigten bezieht sich auf "diesen Vertrag und die noch zu treffende Modifikation dazu". Es ist also nach dem Inhalt der Urkunde nicht auszuschließen, daß die Verkäuferin sich erst nach Regelung der in die Kaufverhandlungen einbezogenen aber offen gebliebenen weiteren Vertragsbedingungen gebunden fühlte und vor Festlegung ihrer Dienstbarkeitsrechte aber auch der anderen "näheren Bestimmungen", etwa der Besicherung des erst nach zwei Jahren fälligen Restkaufpreises nicht endgültig abschloß. Bleiben aber diesbezüglich Zweifel offen, kann die bücherliche Eintragung nicht bewilligt werden.

Anmerkung

E19079

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0050OB00116.89.1121.000

Dokumentnummer

JJT_19891121_OGH0002_0050OB00116_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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