TE OGH 1989/11/22 9ObA273/89

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Veröffentlicht am 22.11.1989
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr.Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Gamerith und Dr.Bauer sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Eberhard Piso und Margarethe Heidinger als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Robert M***, Angestellter, St. Michael, Altendorf 76, vertreten durch Dr.Jakob Oberhofer und Dr.Johannes Hibler, Rechtsanwälte in Lienz, wider die beklagte Partei R*** B*** W*** AG, Wolfsberg, Herrengasse 102, vertreten durch Dr.Heinz Sacher, Rechtsanwalt in Wolfsberg, wegen

S 143.080,-- sA und Feststellung (Gesamtstreitwert

S 1,345.052,-- sA, infolge Revision beider Streitteile gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeitsund Sozialrechtssachen vom 18.Mai 1989, GZ 7 Ra 21/89-41, womit über Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Arbeits- und Sozialgericht vom 16. November 1988, GZ 32 Cga 1021/87-34, teils bestätigt und teils abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision der klagenden Partei wird nicht Folge gegeben. Hingegen wird der Revision der beklagten Partei Folge gegeben und das angefochtene Urteil dahin abgeändert, daß das Urteil des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 49.028,28 bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens (darin enthalten S 8.171,34 Umsatzsteuer) sowie die mit S 55.566,29 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 5.927,88 Umsatzsteuer und S 20.000 Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war bei der R*** B*** W***

reg. GenmbH, nunmehr R*** B*** W*** AG, vom 9. Juli 1962 bis 31.März 1986 als Angestellter beschäftigt. Das Dienstverhältnis endete durch eine von der beklagten Partei ausgesprochene Kündigung. Der Kläger hat die von der Raiffeisenorganisation vorgeschriebenen Prüfungen mit Erfolg abgelegt. Die R*** B*** W*** reg. GenmbH war Rechtsnachfolgerin der V*** W*** reg. GenmbH. Deren damaliger Geschäftsführer, Georg M***, regte in den 60er Jahren in den Führungsgremien an, eine Pensionsordnung "zu erlassen", da die Bank bereits eine gewisse Größe erreicht hatte und auch für die örtliche Konkurrenz, die S*** W***, schon eine Pensionsordnung bestand. Georg M*** besorgte sich entsprechende Informationen vom Genossenschaftsverband der Volksbanken in Wien und aus den Satzungen der Sparkassen. Die Pensionsordnung 1966 (PO 1966) wurde vorwiegend vom Genossenschaftsverband erarbeitet und hatte das Ziel, den Angestellten eine Zusatzpension zu gewähren. Über die Frage der Unkündbarkeit von Angestellten wurde dabei nicht gesprochen. Bei einer gemeinsamen Sitzung des Vorstandes und Aufsichtsrates der beklagten Partei am 5.Oktober 1966 wurde diese Pensionsordnung beschlossen.

In der gemeinsamen Sitzung des Vorstandes und Aufsichtsrates der beklagten Partei vom 21.Dezember 1977 wurden der Pensionsordnung 1966 einige Ergänzungen hinzugefügt, wogegen einige der bisherigen Bestimmungen entfielen. Die PO 1966 blieb jedoch die Grundlage für die Pensionsordnung 1977 (PO 1977), welche schließlich am 2. Jänner 1978 von Johann O*** als Obmann, Hubert W*** sen. als stellvertretendem Obmann, Alfred T*** als Vorsitzendem des Aufsichtsrates und Heimo F*** als Betriebsratsobmann unterfertigt wurde. Im Zug der vorangehenden Ausarbeitung mit dem Betriebsrat wurde auch über die Bedeutung der Bestimmung des Absatzes 2 des § 1 der PO gesprochen, welche auch schon in der PO 1966, und zwar als Absatz 4 des § 1, aufgenommen war. Die Angestellten sollten keinen Kündigungsschutz haben, aber doch insoweit gesichert sein, daß sie die Pension auch bei Auflösung des Dienstverhältnisses durch Dienstgeberkündigung und Auflösung gemäß § 26 AngG erhalten würden. Zu § 14 PO 1977 wurde besprochen, daß die berechtigten Mitarbeiter eine Administrativpension erhalten sollten, wenn sie zufolge so starker Geschäftseinbrüche, daß es zur Auflösung oder Teilung der Bank hätte kommen müssen, gekündigt werden sollten. Es sollte sich also dabei auch um einen gewissen Schutz der Angestellten vor willkürlichen Maßnahmen des Dienstgebers handeln, wenngleich nicht an einen wirklichen Kündigungsschutz gedacht war. Über die Form der vorzeitigen Versetzung in den Ruhestand wurde nicht gesprochen, sondern nur deren Wirkung behandelt. Die PO 1977 hatte (auszugsweise) folgenden Inhalt:

"Bestimmungen zur Pensionsordnung

I. Allgemeine Bestimmungen

§ 1 Anspruch auf Ruhe- und Versorgungsansprüche

(1) Anspruch auf Ruhegenüsse nach Maßgabe der Bestimmungen dieser Pensionsordnung haben Angestellte der Volksbank nach einer ununterbrochenen 15jährigen Dienstzeit ab dem vollendeten 20. Lebensjahr, wenn die der Tätigkeit entsprechenden Prüfungen laut Prüfungsordnung der Österreichischen Volksbankenakademie erfolgreich abgelegt wurden. Als Übergangsbestimmung gilt, daß die bei Inkrafttreten dieser Pensionsordnung bestehenden kollektivvertraglichen Einstufungen nach dem Kollektivvertrag für gewerbliche Kreditgenossenschaften von II bis VI unabhängig von abgelegten Prüfungen für den Pensionszuschußanspruch anerkannt werden.

(2) Die Bestimmungen dieser Pensionsordnung finden auch Anwendung, wenn das Dienstverhältnis eines nach § 1 Abs 1 anspruchsberechtigten Angestellten vor Erreichung des Pensionierungszeitpunktes (Altersgrenze) durch Kündigung seitens der Volksbank oder gemäß § 26 des Angestelltengesetzes aufgelöst wird.

§ 2 Arten der Ruhe- und Versorgungsgenüsse

Als Ruhe- und Versorgungsgenüsse kommen in Betracht:

a)

Pension

b)

Witwenpension

c)

Waisenpension.

........

§ 10 Erlöschen des Anspruches

auf Ruhe- und Versorgungsgenüsse

(1) Der Anspruch auf Ruhegenüsse erlischt

a)

mit dem Tode des Ruhegenußempfängers;

b)

mit der Wiederverwendung im Dienst;

c)

wenn die Volksbank das Dienstverhältnis durch Entlassung nach § 27 des Angestelltengesetzes beendet oder das Dienstverhältnis mit dem Angestellten einvernehmlich gelöst wird;

              d)              wenn der Ruhegenußempfänger ohne vorherige Zustimmung der Volksbank für eine andere Kreditunternehmung oder für eine Interessensvertretung von Kreditunternehmungen wiederholt oder dauernd tätig wird;

              e)              wenn der Ruhegenußempfänger eine Handlung setzt, die die Volksbank zur Entlassung berechtigt hätte oder eine solche Handlung nachträglich vorkommt.

In den unter Punkt c) bis d) angeführten Fällen erlischt zugleich der Anspruch auf künftige Versorgungsgenüsse.

(2) Der Anspruch auf Versorgungsgenüsse erlischt

a)

mit dem Tode der bezugsberechtigten Person;

b)

mit dem Wegfall einer Anspruchsvoraussetzung.

II. Anfall von Ruhegenüssen

§ 11 Alterspension

(1) Alterspension gebührt ohne Nachweis der Berufsunfähigkeit im Rahmen der Bestimmungen des § 1 der Pensionsordnung

a) sobald die Voraussetzungen für den Anspruch auf die gesetzliche Alterspension,

b) sobald die Voraussetzungen für den Anspruch auf vorzeitige gesetzliche Alterspension bei langer Versicherungsdauer gegeben sind.

(2) Unter diesen Voraussetzungen kann die Versetzung in den dauernden Ruhestand vom Angestellten verlangt oder von der Volksbank einseitig vorgenommen werden.

........

                  § 14 Administrativpension

(1) Administrativpension gebührt einem nach § 1

anspruchsberechtigten Angestellten bei vorzeitiger Versetzung in den

Ruhestand, wegen Betriebseinschränkung oder wegen Auflösung der

Volksbank.

(2) Im Falle einer Betriebseinschränkung kann zunächst die

Versetzung in den zeitlichen Ruhestand ausgesprochen werden. Sollte

eine Wiederverwendung im Dienst innerhalb von zwei Jahren nicht

erfolgen, ist die Versetzung in den dauernden Ruhestand vorzunehmen.

........

IV. Leistungen

§ 16 Pensionsbemessungsgrundlage

Die Grundlage für die Bemessung des Pensionszuschusses und der Sonderzahlungen ist der letzte Monatsgehalt einschließlich der Sozialzulagen unter Berücksichtigung allenfalls bestehender Dienstverträge.

§ 17 Ausmaß der Pension

Die Alterspension, die Berufsunfähigkeitspension, die Dienstunfallspension und die Administrativpension beträgt nach 15 pensionsanrechenbaren Dienstjahren 50 % der Pensionsbemessungsgrundlage. Sie steigt mit jedem weiteren pensionsanrechenbaren Dienstjahr um 1,5 % bis zum Höchstausmaß von 80 % der Pensionsbemessungsgrundlage.

........

                 Wolfsberg, am 2.Jänner 1978

Für den Vorstand:                     Für den Aufsichtsrat:

Johann Offner eh                      Adolf Traussnig eh

Hubert Wuggenig eh

Für den Betriebsrat:

Heimo Fresacher eh"

Die Bestimmungen des § 10 Abs 1 lit c) und e) der PO 1977 decken sich mit den entsprechenden Bestimmungen der PO 1966. Gleichlautend sind auch § 1 Abs 4 PO 1966 und § 1 Abs 2 PO 1977.

Die PO 1977 wurde nicht am "Schwarzen Brett" in den Räumen der beklagten Partei angeschlagen. Die Mitarbeiter konnten aber in den Wortlaut beim Vorsitzenden des Betriebsrates, welcher einen Text zur Verfügung hatte, Einsicht nehmen. Im Kollektivvertrag für die Angestellten der Gewerblichen Kreditgenossenschaft vom 5.Mai 1966 idF vom 1.Jänner 1979, der damals auf die Angestellten der beklagten Partei Anwendung zu finden hatte, finden sich ebenfalls Pensionszuschußregelungen. Eine Regelung über eine Administrativpension existiert nicht. Hingegen ist dem Kollektivvertrag für die Angestellten der Sparkassen die Administrativpension ausdrücklich geregelt. Der § 85 des genannten Kollektivvertrages lautet wie folgt:

"§ 85 Administrativpension

Absatz 1: Administrativpension gebührt bei vorzeitiger Versetzung in den Ruhestand wegen Betriebseinschränkung oder wegen Auflösung der Sparkasse oder auf Grund eines Disziplinarerkenntnisses.

Absatz 2: Im Fall der Betriebseinschränkung kann zunächst die Versetzung in den zeitlichen Ruhestand ausgesprochen werden. Sollte keine Wiederverwendung im Dienst innerhalb von zwei Jahren erfolgen, ist die Versetzung in den dauernden Ruhestand vorzunehmen."

Weiters finden sich in dem letztgenannten Kollektivvertrag auch Regelungen über eine definitive Anstellung der Angestellten der Sparkassen.

Ein mit 9.März 1983 datiertes Schreiben der beklagten Partei an den Kläger hat (auszugsweise) folgenden Wortlaut:

"Betrifft:

Pensionsordnung - Pensionszuschuß - Anspruch

Sehr geehrter Herr Prokurist Monsberger!

Wir freuen uns, Ihnen mitteilen zu können, daß Sie auf Grund der Pensionsordnung unseres Institutes vom 5.10.1966 bzw. 21.12.1977

ab 17.11.1981 die P***

erworben haben.

Anrechenbare Dienstzeit:

Eintritt: 9.Juli 1962, geboren 17.11.1946

ab dem 20.Lebensjahr:

17.11.1966 bis 17.11.1981 = 15 Jahre

Dies ergibt laut Pensionsordnung per 17.11.1981 einen Zuschußanspruch von 50 % des letzten Aktivitätsbezuges nach § 16 der Pensionsordnung und steigt jährlich um 1,5 % bis zum Höchstausmaß von 80 % der Pensionsbemessungsgrundlage.

Dieser Pensionszuschuß gelangt bei Übertritt in den Ruhestand ebenso oft und zu den gleichen Terminen zur Auszahlung wie die jeweiligen kollektivvertraglichen Monatsbezüge und Sonderzahlungen, jedoch insgesamt nur 14 mal jährlich.

........".

Der Kläger, der seit dem Jahr 1962 bei der beklagten Partei beschäftigt war, wurde mit Schreiben vom 18.Juni 1985 zum Leiter der Buchhaltung und Giroabteilung ernannt. Im Jahr 1981 war er im Gespräch für die Besetzung der Position des zweiten Geschäftsleiters neben dem ersten Geschäftsleiter Dr.K***. Nach einigen Unstimmigkeiten im Vorstand erklärte er jedoch, kein Interesse mehr an der Funktion zu haben. Es wurde ihm in der Folge Prokura erteilt. Der Kläger wünschte einen schriftlichen Dienstvertrag, in welchem ihm Unkündbarkeit zugesichert werde. Eine Vereinbarung dieses Inhaltes kam nie zustande.

Dr.Hans K*** wurde 1981 zum Geschäftsleiter der beklagten Partei bestellt. Er wollte neue Konzepte erforschen, um die beklagte Partei noch effizienter zu gestalten. Für die dazu notwendige langfristige Unternehmensplanung (LUP) wurde eine Aufgabenanalyse erstellt, in die Dr.W*** von der Genossenschaftlichen Zentralbank Wien einführte. Die Aufgabe Dris.W*** bestand darin, ein bereits fertig erprobtes Konzept zur Verfügung zu stellen und die damit betrauten Mitarbeiter der beklagten Partei zu betreuen und zu schulen. Nach dieser Untersuchung stellte die Geschäftsleitung Ende März oder Anfang 1985 einen personellen Überhang von 22 Mitarbeitern fest. Auf Grund der Gespräche mit dem Betriebsrat einigte man sich auf die Zahl von 14 "abzubauenden" Angestellten, wobei auch die zu erwartenden Pensionierungen von Mitarbeitern miteinbezogen wurden und eine Umstellung auf Teilzeitbeschäftigung erwogen wurde. Das Bestreben der Geschäftsleitung war, eine Verbesserung der Ertragssituation der beklagten Partei herbeizuführen.

Bereits seit Beginn der Betriebsanalysen gab es zwischen Dr.Hans K*** und dem Kläger wiederholt Meinungsverschiedenheiten über die Einführung von Neuerungen in der Bank, insbesondere jedoch über Fragen personeller Art, wie Kündigung oder Versetzung von Mitarbeitern und des Problems des Personalüberhanges. Der Kläger setzte sich dafür ein, daß die Mitarbeiter die Möglichkeit der Definitivstellung erhalten sollten, wie es bei anderen Geldinstituten vorgesehen ist. Dies widersprach aber der Linie der Geschäftsleitung. Der Kläger wollte keine Aufgabenanalysen in seiner eigenen Abteilung durchführen lassen und war ausdrücklich gegen die Nennung von Namen von Angestellten im Zusammenhang mit der Frage des Personalüberhanges nach dem Ergebnis der Analyse. Die Kündigung des Klägers selbst stand jedoch im Zusammenhang mit der Personalreduktion nie zur Debatte. Nach den bereits lang andauernden und zunehmenden Differenzen zwischen Dr.K*** und dem Kläger kam es am 17.September 1985 zu einem Gespräch zwischen den beiden Personen in Anwesenheit des Geschäftsleiters Peter G*** und der Betriebsratsmitglieder Paul T*** und Hubert W*** jun, bei welchem der Kläger mit sofortiger Wirkung von seiner Funktion als Abteilungsleiter enthoben wurde. Dr.K*** stellte an den Kläger die Frage, ob er bereit sei, eine andere Funktion einzunehmen. Der Kläger verneinte diese Frage, worauf Dr.K*** erklärte, das Gespräch sei damit beendet. In der Folge sprach die beklagte Partei dem Kläger gegenüber wegen unüberbrückbarer Differenzen zwischen ihm und Dr.K*** die Kündigung aus. Diese wurde vom Kläger beim Einigungsamt Klagenfurt angefochten. Das Verfahren endete mit einem Vergleich, worauf der Kläger den Antrag auf Kündigungsanfechtung zurücknahm. Walter P***, der bereits etwa seit 1970 Stellvertreter des Klägers in der Abteilung war, übernahm dessen Funktion. Seine Tätigkeit ist mit der des Klägers identisch. Der Kläger machte im Jahre 1981 oder 1982 Fotokopien der Geschäftsordnung der Geschäftsleitung, des Vorstandes und des Aufsichtsrates der beklagten Partei, welche ausschließlich für den Dienstgebrauch bestimmt war. Weiters legte er in den Jahren 1984 und 1985 eine Reihe von Gedächtnisprotokollen von Besprechungen und Sitzungen an, welche er bei sich zu Hause aufbewahrte. Von einem Ergebnisprotokoll einer Besprechung betreffend Personalplanung und -einsatz vom 7.Mai 1985, welches jeder Teilnehmer dieser Besprechung erhalten hatte, fertigte er ebenfalls eine Fotokopie an. Derartige Fotokopien herzustellen war ihm nicht erlaubt worden; der Kläger war jedoch der Meinung, daß es nicht verboten sei. Obwohl er selbst eine Ausfertigung einer Reihe von Besprechungsprotokollen erhalten hatte, fotokopierte er diese, da er auf Grund der Probleme mit Dr.K*** die Schriftstücke auch für sich selbst haben wollte. Ein vom Kläger verfaßtes Gedächtnisprotokoll vom 6.Dezember 1984 betrifft eine Besprechung über die Aufgabenanalyse und die Durchführung bei der beklagten Partei und gibt den wesentlichen Inhalt und Verlauf der Sitzung wieder. Das Gedächtnisprotokoll vom 11. Jänner 1985 bezieht sich auf ein Gespräch des Klägers mit Peter G*** über Geldausgabeautomaten und die Personaländerung in der Buchhaltungsabteilung. Eine Gedächtnisnotiz vom 6.Mai 1985 bezieht sich auf eine Sitzung betreffend Personaleinsatzplanung. Die Gedächtnisnotiz vom 29.Mai 1985 des Klägers gibt den Verlauf einer Besprechung zwischen dem Kläger und den beiden Geschäftsleitern wieder, in welcher Dr.K*** auch Namen von Mitarbeitern nannte, deren Positionen durch die Analysen betroffen sind. Auch die Gedächtnisnotiz vom 3.Juni 1985 bezieht sich auf die Aufgabenanalyse, in welcher Dr.Hans K*** wiederum von seinen Mitarbeitern die Bekanntgabe von Namen forderte. Im Aktenvermerk vom 5. August 1985 schildert der Kläger die Besprechung mit seinem damaligen Stellvertreter Walter P***, welcher ihm über die Vorkommnisse während seines Urlaubes berichtete. Die Gedächtnisnotiz vom 27.August 1985 bezieht sich auf ein Gespräch zwischen dem Kläger, Dr.K*** und Werner S*** über Organisationsänderungsvorschläge und die Auswirkungen auf die Mitarbeiter der beklagten Partei. Der Aktenvermerk vom 17. September 1985 gibt den Verlauf einer Führungsbesprechung wieder, wobei in dieser Sitzung 15 Namen von Mitarbeitern genannt werden sollten, welche (nach Meinung des Klägers) zur Kündigung anstehen würden. Dabei ist aus diesem Aktenvermerk ersichtlich, daß Dr.K*** und Prokurist Ingo M*** Namen von Mitarbeitern nannten. Der Aktenvermerk vom 18.September 1985 bezieht sich auf das bereits erwähnte Gespräch mit Dr.K*** vom 17.September 1985, in welchem der Kläger von seiner Funktion enthoben wurde. Ein weiterer Aktenvermerk vom selben Tag schildert die Eindrücke des Klägers nach seiner Suspendierung. Ein vom Kläger fotokopiertes Ergebnisprotokoll vom 7.Mai 1985, welches einem großen Personenkreis zugegangen ist, bezieht sich auf eine Besprechung über Personalplanung und -einsatz. Eine undatierte Notiz des Klägers bezieht sich wieder auf Analyseergebnisse und daraus zu ziehende Schlüsse, wie sie Dr.K*** vorgab. Das Führungsbesprechungsprotokoll Nr. 17 vom 13. September 1985 bezog sich auf Personalreduktion, Sicherheitsmaßnahmen, Informationen über das Parkhaus, über Kontoführungsgebühren ein geplantes Seminar, die kommende Generalversammlung, auf Fragen der Neuorganisation, auf Veranstaltungen und sonstiges. Beigeheftet ist diesem Protokoll ein weiteres Blatt, auf welchem die Bankspesen detailliert angeführt werden. Das letztgenannte Protokoll hat der Kläger im Original bei sich zu Hause verwahrt.

Von den LUP-Protokollen der ersten bis sechsten Sitzung fertigte der Kläger ebenfalls Fotokopien an. Während er die Protokolle der ersten bis vierten sowie der sechsten Sitzung zu Hause aufbewahrte, ließ er die Protokolle der dritten bis sechsten Sitzung - die Überschneidungen ergeben sich durch die Fotokopien - an seinem Arbeitsplatz zurück. Es ist nicht feststellbar, ob der Kläger die ursprünglichen Ausfertigungen der Protokolle oder die davon angefertigten Fotokopien nach Hause nahm. Das Protokoll über die erste Sitzung vom 20.November 1982 listet detailliert Ansatzpunkte für Probleme auf, und zwar: Beziehungsgefüge Bank-Kunde, Bank-Sektor, BankKonkurrenz, Bank-öffentliche Stellen, Bank-Mitarbeiter, Geschäftsleitung-Mitarbeiter, Mitarbeiter-Mitarbeiter, Mitarbeiter-Funktionäre;

Informationssystem, rechtliche Rahmenbedingungen, Rentabilität, Wachstum und Marktentwicklung sowie vereinbarte Sofortmaßnahmen. Das Protokoll über die zweite LUP-Sitzung vom 27. bis 29.Jänner 1983 geht auf vordringliche Probleme ein und listet diese sowie Lösungsvorschläge detailliert auf. Das Protokoll über die dritte LUP-Sitzung vom 17. bis 19.März 1983 geht im wesentlichen auf vergangene Erfolge und Mißerfolge (die Stärken und Schwächen der Bank) ein sowie auf die Gegenüberstellung von Chancen und Risken, auf strategische Geschäftseinheiten und Dienstleistungen. Diese werden ebenso genau aufgelistet wie die Zielgruppen der beklagten Partei im Markt Lavanttal. Das Protokoll über die vierte LUP-Sitzung vom 15. bis 16.November 1983 geht vorerst auf die bisher erarbeiteten und durchgeführten Maßnahmen hinsichtlich der letzten drei Sitzungen ein und vergleicht in der Folge mit genauen Zahlen die strategische Lage der beklagten Partei gegenüber dem Hauptkonkurrenten Sparkasse. Ferner werden die Marktattraktivitäten behandelt sowie ein Unternehmensleitbild für das Gesamtunternehmen detailliert erarbeitet. Das Protokoll über die fünfte LUP-Sitzung vom 27. und 28.Februar 1984 geht ein auf die Frage, was Unternehmensphilosophie ist, und bezieht sich in der Folge auf das Unternehmensleitbild und die Frage, wie weit die beklagte Partei diesem Leitbild im Detail bereits entspricht. Das Protokoll über die sechste LUPSitzung vom 26. und 27.März 1984 geht im Detail ein auf die Frage des Betriebsklimas, die Überprüfung der Verträglichkeit der einzelnen Bereiche des Leitbildes, die Zielgruppen im Lavanttal und die Abwicklung eines Kontokorrentkredites.

Der Kläger war jener Mitarbeiter, die einen Zentralschlüssel, welcher alle Türen mit wenigen Ausnahmen sperrte, erhalten hatten. Mit diesem Schlüssel war auch der Zutritt in die Räumlichkeiten der Direktion und in das Zimmer Dris.K*** möglich. Ein Zutritt war jedoch nicht gestattet. Aus den im Büro des Geschäftsleiters aufbewahrten Protokollbüchern kopierte er das Protokoll über die Geschäftsleitersitzung vom 13.Jänner 1982, das Protokoll über die Vorstandssitzung vom 7.Jänner 1982 und das Protokoll über die Aufsichtsratssitzung vom 13.Jänner 1982. Diese Kopien fertigte er alle in einem Zug an. Das Protokoll der Geschäftsleitersitzung bezieht sich auf die Bestellung des Klägers zum Prokuristen. Das Protokoll der Vorstandssitzung vom 7.Jänner 1982 bezieht sich darüber hinaus jedoch auch auf die Frage der Gehälter der beiden Geschäftsleiter samt dem konkreten Jahresbruttobezug. Der Kläger hatte von sich aus nie eine Bestätigung zum Prokuristen verlangt. Ein Rundschreiben hatte die Prokurabestellung jedoch bei den Mitarbeitern bekanntgemacht. Der Kläger hatte bereits seit 1967 Zugang zu den Protokollen der Führungsgremien der beklagten Partei. Seit damals las er auch regelmäßig die Protokolle, die gerade jeweils bei seinem Eintritt in das Sekretariat der Direktion zum Schreiben offen auf dem Tisch lagen oder von Margarethe S*** gerade geschrieben wurden. Interesse an allen diesen Protokollen hatte der Kläger insbesondere deshalb, weil er seiner Meinung nach als Prokurist über alle Vorgänge informiert sein mußte. Am Dienstvertrag Dris.K*** war er interessiert, weil er bestrebt war, einen ähnlichen Vertrag zu erhalten. Die Unterlagen betreffend die beklagte Partei, die der Kläger noch nach Beendigung des Dienstverhältnisses zu Hause aufbewahrt, umfassen drei Ordner. Grundsätzlich nehmen bzw nahmen Prokuristen an Sitzungen der Geschäftsleiter und des Vorstandes nicht teil, an Aufsichtsratssitzungen nur dann, wenn sie besonders dazu eingeladen wurden. Dies ist jedoch nur dann der Fall, wenn Tagesordnungspunkte vorliegen, die ihren jeweiligen Fachbereich betreffen. Der Kläger begehrt in der vorliegenden Klage die Zahlung eines Betrages von S 143.080 brutto sA. Daneben stellt er das Begehren, es werde festgestellt, daß dem Kläger auf Grund des zwischen der beklagten Partei und ihm bestehenden Vertrages über die Gewährung einer Betriebspension gemäß den Bestimmungen der Pensionsordnung der beklagten Partei in der Fassung des Beschlusses des Vorstandes und Aufsichtsrates in gemeinsamer Sitzung vom 21.Dezember 1977 ein Recht auf monatliche Betriebspensionszahlungen nach Maßgabe der §§ 1 bis 23 der genannten Pensionsordnung zusteht;

in eventu

a) es werde festgestellt, daß dem Kläger ein Anspruch auf laufende Pensionszahlungen in der Höhe der sogenannten Administrativpension gemäß § 14 der Pensionsordnung der beklagten Partei in der Fassung des Beschlusses des Vorstandes und Aufsichtsrates in gemeinsamer Sitzung vom 21.Dezember 1977 zusteht, und zwar bis zu dem Zeitpunkt, in dem beim Kläger die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der gesetzlichen Alterspension wegen langer Versicherungsdauer gegeben sind und der Kläger diese in Anspruch nimmt oder bis zu dem Zeitpunkt, in dem beim Kläger die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der ordentlichen gesetzlichen Alterspension vorliegen;

b) es werde festgestellt, daß dem Kläger gegen die beklagte Partei ein aufrechter Anspruch auf Pensionszahlungen gemäß § 11 der Pensionsordnung der beklagten Partei in der Fassung des Beschlusses des Vorstandes und Aufsichtsrates in gemeinsamer Sitzung vom 21. Dezember 1977 bei Erreichen der gesetzlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Alterspension wegen langer Versicherungsdauer zusteht, sofern der Kläger diese in Anspruch nimmt;

c) es werde festgestellt, daß dem Kläger gegen die beklagte Partei ein Anspruch auf Pensionszahlungen gemäß § 11 der Pensionsordnung der beklagten Partei in der Fassung des Beschlusses des Aufsichtsrates und des Vorstandes in gemeinsamer Sitzung vom 21. Dezember 1977 von dem Zeitpunkt an zusteht, in dem der Kläger die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der ordentlichen gesetzlichen Alterspension erfüllt und diese in Anspruch nimmt; in eventu

a) es werde festgestellt, daß der Kläger gegen die beklagte Partei einen Anspruch auf laufende monatliche Betriebspensionszahlungen hat, deren Höhe sich nach § 17 der Pensionsordnung der beklagten Partei in der Fassung des Beschlusses des Vorstandes und Aufsichtsrates in gemeinsamer Sitzung vom 21. Dezember 1977 richtet, und zwar bis zu dem Zeitpunkt, in dem beim Kläger die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der gesetzlichen vorzeitigen Alterspension wegen langer Versicherungsdauer gegeben sind und der Kläger diese in Anspruch nimmt;

b) es werde festgestellt, daß der Kläger gegen die beklagte Partei einen aufrechten Anspruch auf Zahlung einer betrieblichen Zusatzpension zur gesetzlichen vorzeitigen Alterspension wegen langer Versicherungsdauer gemäß § 11 der Pensionsordnung der beklagten Partei in der Fassung des Beschlusses des Vorstandes und Aufsichtsrates in gemeinsamer Sitzung vom 21.Dezember 1977 hat, und zwar von dem Zeitpunkt an, in dem beim Kläger die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der vorzeitigen Alterspension gegeben sind und der Kläger diese in Anspruch nimmt, bis zu dem Zeitpunkt, in dem beim Kläger die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der vorzeitigen Alterspension gegeben sind;

c) es werde festgestellt, daß der Kläger gegen die beklagte Partei einen aufrechten Anspruch auf Zahlung einer betrieblichen Zusatzpension zur gesetzlichen Alterspension gemäß § 11 der Pensionsordnung der beklagten Partei in der Fassung des Beschlusses des Vorstandes und Aufsichtsrates in gemeinsamer Sitzung vom 21. Dezember 1977 hat, und zwar von dem Zeitpunkt an, in dem beim Kläger die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Alterspension gegeben sind;

in eventu

a) es werde festgestellt, daß der Kläger gegen die beklagte Partei einen Anspruch auf laufende monatliche Betriebspensionszahlungen hat, deren Höhe in sich nach § 17 der Pensionsordnung der beklagten Partei in der Fassung des Beschlusses des Vorstandes und Aufsichtsrates in gemeinsamer Sitzung vom 21. Dezember 1977 richtet, und zwar bis zu dem Zeitpunkt, in dem beim Kläger die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der gesetzlichen vorzeitigen Alterspension wegen langer Versicherungsdauer gegeben sind;

b) es werde festgestellt, daß der Kläger gegen die beklagte Partei einen aufrechten Anspruch auf Zahlung einer betrieblichen Zusatzpension zur gesetzlichen vorzeitigen Alterspension wegen langer Versicherungsdauer gemäß § 11 der Pensionsordnung der beklagten Partei in der Fassung des Beschlusses des Aufsichtsrates und Vorstandes in gemeinsamer Sitzung vom 21.Dezember 1977 hat, und zwar von dem Zeitpunkt an, in dem beim Kläger die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der vorzeitigen Alterspension gegeben sind;

c) es werde festgestellt, daß der Kläger gegen die beklagte Partei einen aufrechten Anspruch auf Zahlung einer betrieblichen Zusatzpension zur gesetzlichen Alterspension gemäß § 11 der Pensionsordnung der beklagten Partei in der Fassung des Beschlusses des Aufsichtsrates und Vorstandes der beklagten Partei in gemeinsamer Sitzung vom 21.Dezember 1977 hat, und zwar von dem Zeitpunkt an, in dem beim Kläger die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Alterspension gegeben sind.

Auf Grund der geltenden Pensionsordnung stünden die geltend gemachten Ansprüche zu. Insbesondere bestehe Anspruch auf Betriebspension ab dem Zeitpunkt der Auflösung des Dienstverhältnisses, wobei deren Zahlung im Hinblick auf das für den Abfertigungszeitraum ausgelöste Ruhen erst ab 1.Jänner 1987 begehrt wurde.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Begehrens. Der Kläger habe einen Pensionsanspruch nicht erworben, ein Feststellungsbegehren sei nicht gerechtfertigt. Im weiteren Verlauf brachte die beklagte Partei vor, daß sie zur Entlassung des Klägers berechtigt gewesen wäre, so daß ein allfälliger Pensionsanspruch verwirkt sei (§ 10 Abs 1 lit e PO).

Das Erstgericht wies das Begehren des Klägers zur Gänze ab. Es vertrat die Ansicht, daß der Kläger durch das Lesen von Sitzungsprotokollen von Gremien, denen er nicht angehörte, ferner durch Einsicht in den Dienstvertrag des Geschäftsleiters und insbesondere dadurch, daß er Einsicht in das ihm offiziell nicht zugängliche Protokollbuch genommen und hieraus Kopien angefertigt habe, einen derart groben Vertrauensbruch gegenüber seiner Dienstgeberin begangen habe, daß die beklagte Partei bei Hervorkommen dieser Tatsachen berechtigt gewesen wäre, gemäß § 27 AngG die Entlassung auszusprechen. Der Verwirkungstatbestand des § 10 Abs 1 lit e der PO 1977 sei daher erfüllt und der Kläger habe seine Ruhegenußansprüche verwirkt. Die Gründe seien auch nicht verspätet geltend gemacht worden. Im Verfahren über die Entlassung könnten neue Entlassungsgründe bis Schluß der Verhandlung nachgeschoben werden. Was für das Verfahren über die Entlassung gelte, müsse aber im besonderen Maße hier Gültigkeit haben, zumal das Dienstverhältnis im Zeitpunkt des Hervorkommens der Entlassungsgründe bereits längst gelöst gewesen sei. Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers teilweise Folge, stellte fest, daß dem Kläger gegen die beklagte Partei ein aufrechter Anspruch auf Pensionszahlungen gemäß § 11 der Pensionsordnung der beklagten Partei (idF des Beschlusses des Vorstandes und Aufsichtsrates in gemeinsamer Sitzung vom 21.Dezember 1977) ab dem Zeitpunkt zustehe, in dem der Kläger die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der gesetzlichen vorzeitigen Alterspension wegen langer Versicherungsdauer bzw der ordentlichen gesetzlichen Alterspension erfülle und er diese gesetzlichen Pensionen in Anspruch nehme, und wies das Mehrbegehren ab. Es treffe wohl zu, daß nach der Judikatur die Treuanforderungen an einen Pensionisten nicht überspannt werden dürften und insbesondere ein Vergehen, das bei aufrechtem Dienstverhältnis zur Entlassung führen würde, nicht schon den Entzug des Ruhegeldes rechtfertige, da im Rechtsverhältnis zwischen dem ehemaligen Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber wegen der abgeschwächt ausgeprägten Treuepflicht sich die Frage nach der Zumutbarkeit der Weiterbeschäftigung des Dienstnehmers nicht stelle. Bei der Beurteilung des Gewichtes des Fehlverhaltens eines ausgeschiedenen Arbeitnehmers müsse im Hinblick auf einen vereinbarten Ruhegeldverwirkungsgrund ein milderer Maßstab angelegt werden. Das gelte allerdings nur für ein nach Dienstvertragsende gesetztes Verhalten, nicht auch für ein während des aufrechten Dienstverhältnisses gesetztes, nachträglich erst hervorgekommenes Verhalten. Der Zufall des Hervorkommens entlassungswürdigen Verhaltens solle nicht darüber entscheiden, ob es zur Anspruchsverwirkung komme oder nicht. Der von der beklagten Partei ins Treffen geführte Erlöschensgrund sei auch nicht verspätet geltend gemacht worden, zumal die Grundsätze des Entlassungsrechtes nicht angewendet werden könnten, weil kein Arbeitsverhältnis mehr bestehe. Der Grundsatz der unverzüglichen Geltendmachung von Entlassungsgründen verfolge den Zweck, dem Arbeitnehmer sofortige Klarheit über den Bestand des Arbeitsverhältnisses zu verschaffen und ihn so schnell wie möglich arbeitsmarktdisponibel zu machen.

Zwecksetzung greife beim Ruhegeldvertrag nicht ein. Im weiteren verneinte das Berufungsgericht jedoch das Vorliegen eines Entlassungstatbestandes. Es behandelte im einzelnen den Inhalt der Urkunden, die der Kläger an sich genommen, kopiert oder in Form von Gedächtnisprotokollen angefertigt hatte, und kam jeweils zum Ergebnis, daß dem Kläger ein schwerer Vertrauensbruch nicht angelastet werden könne. Die Bedeutung der Unterlagen sei nämlich nicht gravierend gewesen und der Kläger habe zum überwiegenden Teil davon ausgehen dürfen, daß gegen sein Vorgehen keine Einwendungen erhoben würden. Überdies habe er den Inhalt dieser Urkunden - abgesehen von der Vorlage im Prozeß, der jedoch kein besonderes Gewicht zukomme - nicht preisgegeben, sondern sie nur bei sich verwahrt. Der beklagten Partei sei aus dem Vorgehen des Klägers kein Schaden entstanden. Ein Entlassungstatbestand sei daher nicht erfüllt, so daß eine Verwirkung des Anspruches gemäß § 10 Abs 1 lit e PO 1977 nicht eingetreten sei. Grundlage für die Beurteilung des Anspruches des Klägers sei die als Betriebsvereinbarung zu qualifizierende PO 1977, die zur Gänze an die Stelle der Vorgängerregelung getreten sei. Das erhobene Begehren sei daher nach dieser Pensionsordnung, allenfalls durch deren Auslegung im Sinn der §§ 6, 7 ABGB, zu beurteilen. Die Bestimmung des § 1 Abs 2 PO 1977 sei kein tauglicher Rechtsgrund für den Anfall des Ruhegenusses des Klägers ab 1.Jänner 1987; die Bestimmung beinhalte nur eine Klarstellung, daß ein nach § 1 Abs 1 anspruchsberechtigter Angestellter diesen Anspruch nicht verliere, wenn er vor Erreichen des Pensionszeitpunktes durch Arbeitgeberkündigung oder begründeten vorzeitigen Austritt aus dem Dienstverhältnis scheide. Auch auf § 14 Abs 1 PO 1977 könne der Anspruch nicht gegründet werden, weil der Kläger weder wegen Betriebseinschränkung noch wegen Betriebsauflösung gekündigt worden sei. Ein Anspruch des Klägers auf Administrativpension bestehe daher nicht. Berechtigt sei das Begehren nur, soweit der Kläger die Feststellung eines Pensionsanspruchs bei Eintritt der Voraussetzungen nach § 11 PO 1977 begehre. Dieser Anspruch finde in den Regelungen dieser PO Deckung, wogegen das darüber hinausreichende Begehren nicht berechtigt sei. Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der klagenden Partei aus den Revisionsgründen der Aktenwidrigkeit und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß dem Begehren vollinhaltlich stattgegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die beklagte Partei begehrt mit ihrer auf den Rechtsmittelgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützten Revision, die angefochtene Entscheidung im Sinne einer gänzlichen Abweisung des Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise wird auch hier ein Aufhebungsbegehren gestellt.

Beide Teile beantragen jeweils der Revision der Gegenseite nicht Folge zu geben.

Zur Revision der beklagten Partei:

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist berechtigt.

Der Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, daß durch das Verhalten des Klägers die Voraussetzungen eines Entlassungstatbestandes nicht hergestellt worden seien, kann nicht beigepflichtet werden. Bei der Vertrauensunwürdigkeit im Sinne des § 27 Z 1 AngG, 3. Tatbestand, kommt es darauf an, ob zufolge des Verhaltens des Arbeitnehmers vom Standpunkt vernünftiger dienstlicher und geschäftlicher Interessen für den Arbeitgeber die objektiv gerechtfertigte Befürchtung besteht, daß seine Interessen und Belange durch den Angestellten gefährdet sind. Ob diese allgemeinen Voraussetzungen der Vertrauensunwürdigkeit vorliegen, ist für jeden einzelnen Fall besonders zu beurteilen, wobei alle erheblichen Umstände heranzuziehen sind. Der Verlust des Vertrauens muß auf einem Verhalten beruhen, das nach den Begleitumständen des Einzelfalls und nach den gewöhnlichen Anschauungen der beteiligten Kreise - also objektiv betrachtet - eine Entlassung rechtfertigt (Martinek-Schwarz, AngG6 604 ff). Liegt einem Angestellten eine Mehrzahl von Verfehlungen zur Last, so ist bei Prüfung der Frage, ob ein Entlassungstatbestand verwirklicht ist, nicht jede einzelne Handlung gesondert zu betrachten; es ist vielmehr das Verhalten des Angestellten in seiner Gesamtheit zu würdigen (Kuderna, Das Entlassungsrecht, 89).

Der Kläger hat nach den Ergebnissen des Verfahrens nicht nur ihm übermittelte Protokolle über Sitzungen, an denen er teilnahm, deren Inhalt jedoch durchwegs nur für den Teilnehmerkreis zugänglich sein sollte, außer Haus gebracht, sondern hat wiederholt Gedächtnisprotokolle über Besprechungen mit vertraulichem Inhalt angefertigt, in denen er auch der Verschwiegenheit unterliegende persönliche Daten (etwa Namen von Personen, die im Zusammenhang mit dem Personalabbau genannt wurden) anführte und diese in seiner Wohnung verwahrt. Er hat sich Jahre hindurch durch Ausnützung seiner Stellung - er hatte als Prokurist Zugang zu den Direktionsräumen - unberechtigt Kenntnis über den vertraulichen, für ihn offiziell nicht zugänglichen Inhalt von Beschlüssen von Gremien beschafft, denen er nicht angehörte und auch Kopien von Unterlagen, von deren Einsicht er ausgeschlossen war (Dienstvertrag des Vorstandes, Protokollbücher), angefertigt. Alle diese Unterlagen verwahrte er zu Hause, wo sie dem Einflußbereich der beklagten Partei entzogen und die Geheimhaltung - jedenfalls aus der Sicht der beklagten Partei nicht gesichert war.

Der Kläger war als Abteilungsleiter mit Prokura in einer besonders verantwortlichen Position tätig und hatte dadurch die Möglichkeit, sich Informationen zu beschaffen, die anderen Angestellten nicht zur Verfügung standen, zumal ihm auch ein Zentralschlüssel zur Verfügung stand. Im Hinblick auf diese besondere Vertrauensposition ist bei der Prüfung der Vertrauensunwürdigkeit an sein Verhalten ein strenger Maßstab anzulegen. Daß er sich unter Mißbrauch des ihm eingeräumten Vertrauens Zugang zu für ihn nicht bestimmten Dokumenten verschaffte, sich in seiner Wohnung ein drei Ordner umfassendes "Archiv" anlegte, in dem er zum Teil widerrechtlich beschaffte, vertrauliche Unterlagen der beklagten Partei, zum Teil Unterlagen, die schutzwürdige persönliche Daten anderer Mitarbeiter betrafen, aufbewahrte, ist ein Verhalten, das ihn des Vertrauens der beklagten Partei unwürdig macht. Im Hinblick auf dieses Verhalten des Klägers mußten nämlich berechtigte Zweifel daran bestehen, daß er andere ihm dienstlich zur Kenntnis gelangende Informationen mit der gebotenen Vertraulichkeit behandeln würde. Daran mußte aber die beklagte Partei als Bankinstitut ein besonderes Interesse haben. Sie mußte befürchten, daß ihre Interessen gefährdet seien. Das Gesamtverhalten des Klägers erfüllt daher den Entlassungsgrund des § 27 Z 1 AngG, dritter Tatbestand. Da das Aufbewahren widerrechtlich beschaffter Urkunden ein Dauerdelikt ist, steht auch die Tatsache, daß die Anfertigung von Kopien vertraulicher Unterlagen teilweise schon länger zurückliegt, der Berücksichtigung dieser Vorfälle im jetzigen Zeitpunkt nicht entgegen. Ob die beklagte Partei durch das Vorgehen des Klägers einen Schaden erlitten hat, ist für die Beurteilung der Frage der Vertrauensunwürdigkeit ohne Bedeutung.

Gemäß § 10 Abs 1 lit e PO 1977 erlischt der Anspruch auf Ruhegenuß, wenn der Ruhegenußempfänger eine Handlung begeht, die die beklagte Partei zur Entlassung berechtigt hätte oder eine solche Handlung nachträglich hervorkommt. Nach dieser Bestimmung tritt ein Verlust einer auf Grund § 1 PO 1977 erworbenen Anwartschaft ein. Dem Umstand, daß die Bestimmung von einem Ruhegenußempfänger spricht, kommt keine Bedeutung zu. Gemäß § 10 Abs 1 lit c PO 1977 erlischt die Anwartschaft, wenn das Dienstverhältnis durch Entlassung beendet wird. Der erste Fall des § 10 Abs 1 lit e PO 1977 hat den Fall im Auge, daß zwar das Dienstverhältnis nicht durch Entlassung beendet wurde, der Anwartschaftsberechtigte jedoch bei aufrechtem Dienstverhältnis eine Handlung begangen hat, die einen Tatbestand des § 27 AngG erfüllt. Bei nachträglichem Hervorkommen eines Entlassungsgrundes soll der Anspruch auf Ruhegenuß in gleicher Weise wegfallen wie dann, wenn der Entlassungsgrund noch bei aufrechtem Dienstverhältnis bekannt geworden wäre und das Dienstverhältnis auch durch Entlassung geendet hätte. Diese Bestimmung umfaßt daher auch den Wegfall des Anwartschaftsrechtes vor Auszahlung des Ruhegenusses und ist auf einen Anwartschaftsberechtigten, der den Ruhegenuß noch nicht bezieht, ebenso anzuwenden, wie auf einen Ruhegenußempfänger. Daß der Verwirkungsgrund rechtzeitig geltend gemacht wurde, haben die Vorinstanzen zutreffend bejaht. Da die den Entlassungstatbestand erfüllenden Vergehen des Klägers noch während des aufrechten Dienstverhältnisses begangen wurden, erübrigt sich ein Eingehen auf die Frage, ob und inwieweit ein bereits entstandener Pensionsanspruch durch Treuepflichtklauseln, die die Sanktion eines nach Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis eingenommenen Verhaltens des Ruheständlers vorsehen, berührt werden kann. Auch diesbezüglich ist der Begründung des Berufungsgerichtes beizutreten.

Zur Revision der klagenden Partei:

Die Revision ist nicht berechtigt.

Die klagende Partei legt ihren umfangreichen Ausführungen zugrunde, daß der Pensionsanspruch auf Grund der Pensionsordnung der beklagten Partei besteht. Die Ausführungen zum Revisionsgrund der Aktenwidrigkeit wie auch zum Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung haben ausschließlich die Frage des Zeitpunktes des Anfalles des Ruhegenusses zum Gegenstand. Da aber, wie dargestellt, die vom Kläger erworbene Anwartschaft auf Grund der Bestimmung des § 10 Abs 1 lit e der PO 1977 (die Bestimmung fand sich bereits gleichlautend in der PO 1966) erloschen ist, besteht der Anspruch schon dem Grunde nach nicht zu Recht, so daß sich eine Auseinandersetzung mit den Revisionsausführungen der klagenden Partei erübrigt.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E19340

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:009OBA00273.89.1122.000

Dokumentnummer

JJT_19891122_OGH0002_009OBA00273_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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