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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
ASVG §225 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde des L in D, vertreten durch Dr. Gerald Perl, Rechtsanwalt in 2230 Gänserndorf, Bahnstraße 20, gegen den Bescheid des Bundesministers für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz vom 11. März 2004, Zl. 225.757/2-3/2004, betreffend Anerkennung der Wirksamkeit verspätet entrichteter Pensionsversicherungsbeiträge gemäß § 115 Abs. 3 GSVG (mitbeteiligte Partei: 1. Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, 1051 Wien, Wiedner Hauptstraße 84-86;
2. Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist-Straße 1), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz) Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde dem Antrag des Beschwerdeführers auf Anerkennung der Wirksamkeit verspätet entrichteter Pensionsversicherungsbeiträge keine Folge gegeben.
Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe mit Schreiben vom 2. Jänner 2004 die Wirksamerklärung verspätet entrichteter Beiträge gemäß § 115 Abs. 3 GSVG beantragt. Dazu habe er vorgebracht, bei der Erfassung seiner Versicherungsdaten habe sich herausgestellt, dass er für den Zeitraum Dezember 1975 bis Mai 1979 Pensionsbeiträge zu spät einbezahlt habe. Dem habe er entgegenzuhalten, dass er nach dem Verlust seiner Erwerbsmöglichkeit und seines Betriebes obdachlos geworden sei und deshalb keine Sozialversicherungsbeiträge habe entrichten können. Er habe die Beiträge später in Raten vollständig beglichen. Man habe ihn nie über die Verjährung bzw. den Verfall der Beiträge belehrt.
Dem Vorbringen im Antrag habe - heißt es im angefochtenen Bescheid weiter - die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt in ihrer von der belangten Behörde eingeholten Stellungnahme entgegengehalten, dass die termingerecht für den Zeitraum Dezember 1975 bis Mai 1979 vorgeschriebenen Beiträge vom Beschwerdeführer nach Ablauf der Frist von fünf Jahren und daher gemäß § 115 Abs. 1 Z 1 GSVG rechtsunwirksam entrichtet worden seien. Ein Pensionsantrag des Beschwerdeführers liege derzeit nicht vor. Der Beschwerdeführer habe bis 29. Februar 2004 insgesamt 376 Versicherungsmonate (311 Beitragsmonate der Pflichtversicherung und 65 Monate Ersatzzeit) erworben. Auf Grund der bisher nachgewiesenen Versicherungsmonate sei die Wartezeit für eine Regelalterspension sowie für eine Leistung aus dem Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit nach derzeitiger Rechtslage erfüllt.
In der Folge stellte die belangte Behörde die Norm des § 115 Abs. 3 GSVG dar und verwies auf die einschlägige Rechtsprechung zu dieser Bestimmung, wonach die Anerkennung von Beiträgen als wirksam entrichtet nicht dazu dienen könne, die Voraussetzung für eine Verbesserung der Höhe der Leistung aus der Pensionsversicherung zu schaffen; der Sinn der Wirksamerklärung könne nur darin bestehen, Lücken im Versicherungsverlauf zu schließen, um Versicherten die Erfüllung der Wartezeit für eine Leistung aus der Pensionsversicherung zu ermöglichen, soweit es sich nicht um eine vorzeitige Alterspension handelt. Daraus zog die belangte Behörde den Schluss, dass im vorliegenden Fall die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Wirksamerklärung nicht vorlägen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und - ebenso wie die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft - von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand genommen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Unstrittig ist im Beschwerdefall, dass der Beschwerdeführer von Dezember 1975 bis zum Mai 1979 als selbständig Erwerbstätiger nach dem GSPVG und dann nach dem GSVG pflichtversichert war. Die Beiträge für diesen Zeitraum hat er erst mehr als fünf Jahre nach deren jeweiliger Fälligkeit bezahlt. Unbestritten ist auch, dass beim Beschwerdeführer auch ohne Anrechnung der hier in Rede stehenden Beitragszeiten die Wartezeit für Leistungen aus dem Versicherungsfall des Alters bzw. der Erwerbsunfähigkeit erfüllt ist.
Gemäß § 115 Abs. 1 Z 1 GSVG sind als Beitragszeiten Zeiten der Beitragspflicht nach dem GSVG oder dem GSPVG anzusehen, wenn die Beiträge innerhalb von fünf Jahren nach Ablauf des Kalendermonates, für den sie gelten sollen, wirksam entrichtet worden sind.
Nach § 115 Abs. 3 GSVG kann in Fällen besonderer Härte der Bundesminister auch Beiträge als wirksam entrichtet anerkennen, die für Zeiten gemäß Abs. 1 Z 1 nach Ablauf des dort bezeichneten Zeitraumes entrichtet werden. Ein Fall besonderer Härte ist insbesondere dann anzunehmen, wenn dem Versicherten sonst ein Nachteil in seinen versicherungsrechtlichen Verhältnissen erwächst, der unter Berücksichtigung seiner Familien- und Einkommensverhältnisse von wesentlicher Bedeutung ist, und der Versicherte seine Anmeldung zur Versicherung nicht vorsätzlich unterlassen hat, oder wenn die rechtzeitige Beitragsentrichtung infolge unverschuldet eingetretener ungünstiger wirtschaftlicher Verhältnisse des Versicherten unterblieben ist.
Nach der Rechtsprechung sollen durch die Anerkennung gemäß § 115 Abs. 3 GSVG in Fällen besonderer Härte nur Lücken im Versicherungsverlauf geschlossen werden. Es muss ein nahezu bis an den Zeitpunkt des Eintrittes des Versicherungsfalles heranreichender Versicherungsverlauf vorliegen und es dürfen nur ganz geringfügige Versicherungszeiten fehlen. Die Maßnahme nach § 115 Abs. 3 GSVG ist hingegen zur Ermöglichung einer solchen Versicherung oder zur bloßen Erhöhung einer Leistung aus der Pensionsversicherung nicht zulässig, sie darf auch nicht der Erlangung einer vorzeitigen Alterspension bei langer Versicherungsdauer dienen (vgl. das Erkenntnis vom 4. August 2004, Zl. 2004/08/0018).
Der Sinn des § 115 Abs. 3 GSVG kann nur darin erblickt werden, in Fällen einer besonderen Härte durch die Anerkennung der Wirksamkeit des Erwerbes von Beitragszeiten solchen Versicherten die Möglichkeit zu verschaffen, bei Erreichung des Anfallsalters bzw. bei Invalidität in den Genuss einer Leistung aus der Pensionsversicherung zu gelangen, die sonst eine solche Leistung deshalb nicht erlangen könnten, weil ihnen trotz des Vorliegens eines nahezu bis an den Zeitpunkt des Eintrittes des Versicherungsfalles heranreichenden Versicherungsverlaufes voraussichtlich bei Eintritt des Versicherungsfalles eine im Verhältnis zur Gesamtzahl der für die Erfüllung die allgemeinen Voraussetzungen eines Leistungsanspruches erforderlichen Versicherungsmonate nur ganz geringfügige Zeit fehlen würde (vgl. das Erkenntnis vom 23. Februar 2000, Zl. 2000/08/0008).
Der Sinn des § 115 Abs. 3 GSVG kann nicht darin erblickt werden, dass mit der Annerkennung der Wirksamkeit der verspäteten Beitragsentrichtung die Voraussetzung für eine höhere Leistung aus der Pensionsversicherung erlangt wird (vgl. das Erkenntnis vom 17. November 1999, Zl. 96/08/0060).
Vor dem Hintergrund dieser Rechtlage und in Anbetracht der Erfüllung der Wartezeit für eine Alters- bzw. Berufsunfähigkeitspension hat die belangte Behörde die Frage, ob ein Fall besonderer Härte vorliegt, zutreffend verneint und den Antrag des Beschwerdeführers zu Recht abgewiesen; die Anerkennung der Wirksamkeit der verspäteten Beitragsentrichtung hätte nämlich im vorliegenden Fall nur als Voraussetzung für eine höhere Leistung aus der Pensionsversicherung gedient. Dass ihm ein Nachteil in seinen versicherungsrechtlichen Verhältnissen erwächst, der unter Berücksichtigung seiner Familien- und Einkommensverhältnisse von wesentlicher Bedeutung ist, ist im Verfahren nicht hervorgekommen. Behauptungen darüber hat der Beschwerdeführer im verwaltungsbehördlichen Verfahren auch nicht aufgestellt.
Die Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Die beantragte Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG unterbleiben.
Wien, am 16. November 2005
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2004080113.X00Im RIS seit
25.12.2005