TE OGH 1989/11/28 5Ob112/89 (5Ob113/89)

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Veröffentlicht am 28.11.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik, Dr. Zehetner, Dr. Klinger und Dr. Schwarz als weitere Richter in der Mietrechtssache der Antragsteller 1.) Verlassenschaft nach Johann A***, zuletzt wohnhaft gewesen 1020 Wien, Pazmanitengasse 22, und 2.) Lieselotte A***, ebendort, beide vertreten durch Peter F***, Immobilienverwalter, 1060 Wien, Theobaldgasse 20, dieser vertreten durch Dr. Alfred Daljevec, Rechtsanwalt in Wien, wider die Antragsgegnerin Hildegard Dorner, Pazmanitengasse 22/18, 1020 Wien, vertreten durch Dr. Roland Hubinger und Dr. Michael Ott, Rechtsanwälte in Wien, infolge Revisionsrekurses der Antragsgegnerin wegen § 8 Abs 2 Z 1 MRG gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes

f. ZRS Wien als Rekursgerichtes vom 8.Februar 1989, GZ 48 R 568,569/89-39, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Donaustadt vom 26.Mai 1988, GZ 5 Msch 29/86-31, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß der Sachbeschluß des Erstgerichtes wieder hergestellt wird. Die Antragsteller sind zur ungeteilten Hand schuldig, der Antragsgegnerin die mit S 24,50 bestimmten Barauslagen binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Das Erstgericht wies - nach vorausgegangenem Verfahren bei der Schlichtungsstelle des Magistrates der Stadt Wien - den Antrag der Antragsteller (Eigentümer des Hauses Wien 2, Pazmanitengasse 22) auf Feststellung, die Antragsgegnerin (Mieterin der Wohnung Nr. 18 in dem genannten Haus) sei verpflichtet, den Antragstellern oder den von ihnen beauftragten Personen das Betreten der Wohnung Nr. 18 im Hause 1020 Wien, Pazmanitengasse 22 zur Durchführung des Einbaues neuer Kunststoffenster zu gestatten, ab.

Es stellte folgenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt fest:

Das Haus Wien 2, Pazmanitengasse 22 ist ein fünfgeschossiges Eckhaus mit völlig glattem, gliederungslosem Dolomitputz. Die Fenster der Straßenschauflächen - insgesamt 60 Loch - sind (mit Ausnahme der zwei Fenster der im dritten Stock gelegenen Wohnung der Antragsgegnerin) einheitlich mit in der Laibung sitzenden zweiteiligen Plastikfenstern ausgestattet, die durch einen Kämpfer in einen Hauptflügel und einen Oberlichtflügel geteilt sind. In der Wohnung der Antragsgegnerin sind die beiden Straßenfenster und das Hoffenster als achtflügelige Pfostenstockfenster ausgebildet, so wie alle Gangfenster der Hofschaufläche.

Die Kunststoffenster, deren Einbau von den Antragstellern geplant ist, werden von der Stadt Wien im Rahmen der Wohnungsverbesserungsaktion gefördert.

Die Konstruktion der Fenster in der Wohnung der Antragsgegnerin ist in gutem Zustand. Die Fensterflügel liegen am Stock an und sind gut schließbar. Ein einzelner Riegel ist locker und reparaturbedürftig. Auch an den durch die Witterung besonders belasteten Teilen weisen die Fenster keine Minderung der Holzqualität auf. Die Glasabdichtung ist dem Alter der Fenster gemäß in Ordnung, doch empfiehlt sich eine Ausbesserung der Abdichtung des inneren Glasfalzes. Die eingebauten Silikonschlauchdichtungen erfüllen ihren Zweck, allerdings lösen sie sich an einigen Stellen. Der Anstrich wurde von einem Laien aufgebracht, ist aber fehlerlos. Ein Vergleich der physikalischen Kenngrößen der vorhandenen Holzkastenfenster und der geplanten Kunststoffenster zeigt folgendes Bild:

Luftdurchlässigkeit (a-Wert):

Dieser beträgt bei Holzkastenfenstern mit gedichteten Fugen etwa

0,2, bei ungedichteten Fugen etwa 1,0, bei den Kunststoffenstern

hingegen weniger als 0,1.

Wärmedämmfähigkeit (k-Wert):

bei Holzkastenfenstern 2,2 bis 2,4; bei Kunststoffenstern

hingegen (günstiger) 1,8.

Schallschutz:

Dieser beträgt bei gedichteten Holzkastenfenstern 35 bis 39 dB,

bei den Plastikfenstern 30 bis 34 dB.

Lichtdurchlässigkeit:

Vorhandene Fenster: 80 %, geplante Fenster: 77-79 %. Bei Wohnungen mit offenen Feuerstellen - wie bei der Antragsgegnerin - sind Fenster mit zu großer Luftdichtheit (a-Wert nicht mindestens 0,3) nicht zweckmäßig und unzulässig. Im Falle des Einbaues solcher Fenster müßte zusätzlich für die Möglichkeit ausreichender Luftzufuhr Sorge getragen werden. Dies wäre mit zusätzlichen Kosten verbunden.

Die 35 Quadratmeter große Wohnung der Antragsgegnerin besteht aus Zimmer und Küche. In der Küche befindet sich ein Gasherd und ein Gasdurchlauferhitzer. Das Wohnzimmer wird mit einem Ölofen beheizt. In der Küche ist zusätzlich eine Elektroheizgelegenheit vorhanden. Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, daß mangels Vorliegens einer Erhaltungs- oder Verbesserungsarbeit die Antragsgegnerin nicht zu der in § 8 Abs 2 Z 1 MRG normierten Duldung verpflichtet sei.

Das Rekursgericht änderte die erstgerichtliche Entscheidung dahin ab, daß es dem Antrag der Antragsteller stattgab. Die Ersetzung von Holzrahmenfenstern mit Außen- und Innenflügeln durch neue Verbundfenster sei grundsätzlich als Erhaltungs- oder Verbesserungsarbeit an allgemeinen Teilen des Hauses anzusehen. Im konkreten Fall handle es sich zwar um keine Erhaltungsarbeiten, wohl aber um Verbesserungsarbeiten, weil die vorgesehenen Kunststoffenster gegenüber den vorhandenen Holzfenstern, die überdies auch einiger Sanierungsarbeiten bedürften, bessere Wärme- und Schalldämmwerte aufwiesen. Auch habe der Vermieter ein schutzwürdiges Interesse an einer Ausstattung des Hauses mit einheitlichen Fenstern, hier mit Kunststoffenstern, für die sich die Mehrheit der Mieter entschieden habe.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Antragsgegnerin ist berechtigt. Zutreffend erkannte das Rekursgericht, daß der beabsichtigte Fenstertausch keine Erhaltungsarbeit darsellt, handelt es sich doch bei den vom Erstgericht festgestellten Mängeln an den vorhandenen Fenstern bloß um geringfügige Schönheitsfehler, durch welche die Funktionsfähigkeit der vorhandenen Holzfenster nicht beeinträchtigt wird.

Ob die Ersetzung von Holzrahmenfenstern mit Außen- und Innenflügeln durch Verbundfenster eine Verbesserung darstellt, kann nur durch wertenden Vergleich der mit den einzelnen Fenstergattungen im konkreten Einzelfall verbundenen Wirkung beurteilt werden (vgl. MietSlg 36.261). In dem hier zu entscheidenden Rechtsstreit würden die geplanten Kunststoffenster zwar eine bessere Wärmedämmung bewirken, hingegen eine schlechtere Schalldämmung und eine geringere Lichtdurchlässigkeit zur Folge haben. Darüber hinaus würde die Luftdurchlässigkeit unter den bei Verwendung von offenen Flammen (Gasherd, Gasdurchlauferhitzer, Ölofen) erforderlichen Mindestwert sinken. Dies bedeutet, daß die geplanten Kunststoffenster bei objektiver, d.h. von den Wünschen und Gewohnheiten der konkret beteiligten Personen unabhängiger, Betrachtung keine Verbesserung der von der Antragsgegnerin gemieteten Wohnung oder des ganzen Hauses herbeiführen. Das einheitliche Aussehen der Gassenschauflächen des Hauses vermag keine andere Beurteilung zu bewirken, weil - wie die im Akt erliegenden Lichtbilder zeigen - der Gesamteindruck des Hauses durch das andere Aussehen der in der Wohnung der Antragsgegnerin befindlichen Fenster kaum beeinträchtigt wird. Es ist daher auch nicht weiter zu untersuchen, ob nicht infolge der bei den Fenstern anderer Wohnungen allenfalls bewirkten Verbesserung auch eine Änderung der Fenster dieser Wohnung zu erfolgen hätte. Die in ImmZ 1987, 417 veröffentliche Entscheidung 5 Ob 68/87 des Obersten Gerichtshofes stellte auf das schutzwürdige Interesse des Vermieters an der Verwendung einheitlichen Materials im Zusammenhang mit der von einem Mieter nach § 9 Abs 1 MRG begehrten Verbesserung durch Einbau von Kunststoffenstern ab. Nach Z 5 dieser Gesetzesstelle ist - im Gegensatz zu der in § 8 Abs 2 Z 1 MRG normierten Duldungspflicht (s. WoBl. 1989, 91) - eine Interessenabwägung vorzunehmen. Nach der letztgenannten Gesetzesstelle kommt es nur auf das Vorliegen des die Duldungspflicht auslösenden Sachverhaltes, hier: die Durchführung von Verbesserungsarbeiten an allgemeinen Teilen des Hauses an. Dem Revisionsrekurs war daher Folge zu geben und der erstrichterliche Sachbeschluß wieder herzustellen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 37 Abs 3 Z 19 MRG.

Anmerkung

E19266

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0050OB00112.89.1128.000

Dokumentnummer

JJT_19891128_OGH0002_0050OB00112_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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