TE OGH 1989/11/29 3Ob101/89

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Veröffentlicht am 29.11.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Dr. Angst als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Klaus E***, Facharzt, Klaus, Im Tobel 26, vertreten durch Dr. Manfred Puchner, Rechtsanwalt in Feldkirch, wider die beklagte Partei Brigitte E***, Angestellte, Frastanz, Mönchswaldstraße 31, vertreten durch Dr. Hubert Fitz, Rechtsanwalt in Feldkirch, wegen Einwendungen gemäß § 35 EO gegen einen Unterhaltsanspruch (Rückstand: 24.000 S, laufender Unterhalt: 12.000 S monatlich) infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Berufungsgericht vom 21. Februar 1989, GZ 1 c R 29/89-13, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Feldkirch vom 23. Dezember 1988, GZ 7 C 698/88p-9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen vierzehn Tagen die mit 15.460,20 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 2.576,70 Umsatzsteuer) zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Im Rechtsstreit 1 C 1/87 des Erstgerichtes, in welchem die Beklagte vom Kläger den gesetzlichen Ehegattenunterhalt begehrte, schlossen die Streitteile am 29. Oktober 1987 einen gerichtlichen Vergleich, wonach sich der Kläger ab 2. Jänner 1987 unter anderem verpflichtete, der Beklagten einen monatlichen "eigentlichen" Unterhaltsbetrag von 12.000 S zu zahlen.

Zur Hereinbringung des für die Monate April und Mai 1988 geschuldeten Unterhalts von zusammen 24.000 S und des laufenden Unterhalts ab Juni 1988 von 12.000 S monatlich wurde zugunsten der beklagten Partei eine Lohnpfändungsexekution sowie zur Hereinbringung des Rückstandes überdies die Fahrnisexekution bewilligt.

Gegen den mit diesen Exekutionen betriebenen Unterhaltsanspruch erhebt der Kläger Einwendungen nach § 35 EO mit der Einwendung, der im Vergleich titulierte Unterhaltsanspruch sei vereinbarungsgemäß mit dem Eintritt der Rechtskraft des Ehescheidungsurteils erloschen. Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und machte geltend, daß der Vergleich über die Ehescheidung hinaus wirksam sei.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichtes. Beide Vorinstanzen gingen im wesentlichen von folgenden Tatsachenfeststellungen aus:

Im Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses war die Ehe zwischen den Streitteilen noch aufrecht. Es bestand kein übereinstimmender Parteiwille dahingehend, daß der Vergleich nur für die Dauer der aufrechten Ehe gelten sollte. Es ist nicht erwiesen, daß die Nichtprotokollierung eines Endzeitpunkts nur irrtümlich unterblieben sei.

Mit Urteil des Bezirksgerichtes Feldkirch vom 11. Juni 1987 war die zwischen den Streitteilen geschlossene Ehe gemäß § 55 Abs 1 EheG geschieden und gemäß § 61 Abs 3 EheG ausgesprochen worden, daß den Kläger das alleinige Verschulden an der Zerrüttung der Ehe trifft. Dieses Urteil wurde mit Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Berufungsgericht vom 27. Oktober 1987 bestätigt. Der Revision wurde mit Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 24. Februar 1988, 1 Ob 501/88, nicht Folge gegeben. Das Revisionsurteil wurde dem Klagevertreter am 28. März 1988, dem Beklagtenvertreter am 29. März 1988 zugestellt.

In rechtlicher Hinsicht waren beide Vorinstanzen der Auffassung, daß beim Vorliegen der hier gegebenen Voraussetzungen des § 69 Abs 2 EheG ein Unterhaltsvergleich durch den Ausspruch der Ehescheidung seine Wirksamkeit nicht verliere.

Die Revision ist nicht verspätet, denn gegen die Versäumung der ersten Frist zur Erhebung der Revision wurde der klagenden Partei die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bewilligt. Richtig ist zwar im Sinne des Hinweises der beklagten Partei, daß der Klagsvertreter in seiner am 31. März 1989 verfaßten ersten Revisionsschrift selbst als Zustelltag des angefochtenen Berufungsurteiles den 2. März 1989 anführte und daher erkennen hätte können, daß die Frist schon abgelaufen sei. Ob er aber am 31. März 1989 in Kenntnis der Verspätung sofort die Wiedereinsetzung beantragen und die versäumte Einbringung der Revision nachholen hätte müssen, oder ob er auch zu diesem Zeitpunkt ohne grobes Verschulden noch nicht an die Verspätung dachte, muß wegen der Rechtskraft der bewilligten Wiedereinsetzung auf sich beruhen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der klagenden Partei ist aber nicht berechtigt. Die geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor. Das Berufungsgericht hat entgegen der Darstellung in der Revision die im Berufungsverfahren erhobene Beweisrüge erledigt und die Gründe für die Übernahme der Feststellungen des Erstgerichtes angeführt. Das Berufungsgericht war dabei nicht verpflichtet, alle entgegenstehenden Beweisergebnisse im einzelnen anzuführen und alle Widersprüche zu erörtern.

Es trifft auch nicht zu, daß die Argumentation des Berufungsgerichtes, man sei nur, was die Höhe des Unterhaltsanspruchs anlange, von einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofes über den Provisorialunterhalt ausgegangen, ohne Beweisgrundlage und aktenwidrig sei; denn aus der Zeugenaussage des Dr. Johann Georg M*** konnte solches erschlossen werden. In ihrer Rechtsrüge entfernt sich die Revision in unzulässiger Weise vom festgestellten und nicht strittigen Inhalt der Akten der Rechtssache 1 C 1/87. In dieser Rechtssache wurde ein Unterhalt gemäß § 94 EheG eingeklagt, und im Punkt 1 a des Vergleiches der strittige Betrag ausdrücklich als "eigentlicher Unterhaltsbetrag" bezeichnet. Nur Punkt 1 b des Vergleiches bezog sich auf die Sicherung des Unterhaltsbedürfnisses der Wohnung, ohne daß auch hier eine andere Rechtsgrundlage als eben § 94 ABGB in Betracht kommt. Auch in der in der Revision angeführten Entscheidung des Obersten Gerichtshofes im Provisorialverfahren (3 Ob 520/87) findet sich keine andere Rechtsgrundlage.

Es liegt daher ein während der Ehe geschaffener Exekutionstitel über den gesetzlichen Unterhalt vor. Am Bestehen der Voraussetzungen des § 69 Abs 2 EheG kann nach dem Urteil im Ehescheidungsprozeß gleichfalls kein Zweifel bestehen, auch wenn dies in der Revision ohne Anführung eines Argumentes verneint wird.

Nach ständiger Rechtsprechung berührt aber die Ehescheidung nach § 55 Abs 1 EheG mit einem Ausspruch nach § 61 Abs 3 EheG einen während der Ehe zugunsten des beklagten Ehegatten geschaffenen Unterhaltstitel grundsätzlich nicht (SZ 52/182, EFSlg 36.430, EvBl 1981/147, EFSlg 48.881). Dies gilt auch, wenn der Ehegattenunterhalt durch einen Vergleich geregelt wurde, es sei denn, der Vergleich enthielte ausdrücklich eine Beschränkung der Unterhaltsverpflichtung auf die Dauer der aufrechten Ehe (3 Ob 142/84, 3 Ob 174/88). Eine solche Beschränkung enthielt der strittige Vergleich nicht.

Die vom Kläger aufgestellte Behauptung, ein einverständlich bekundeter Wille, eine solche Beschränkung zu vereinbaren, sei nur irrtümlich nicht protokolliert worden, ist nicht erwiesen. Eine zusätzliche Behauptung etwa dahin, daß nach den von beiden Parteien abgegebenen Erklärungen noch ein Dissens offen gewesen wäre, hat der Kläger nicht aufgestellt. Auch aus den Aussagen des Klägers und seines Vertreters ergeben sich hiefür keine Anhaltspunkte. Auf nicht geäußerte innere Vorbehalte oder Vorstellungen kommt es aber nach der im österreichischen Recht geltenden "Erklärungstheorie" (Koziol-Welser8 I 113) nicht an.

Der strittige Vergleich ist daher nach wie vor rechtswirksam. Auf Änderungen in den beiderseitigen Verhältnissen wird die Klage nicht gestützt.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 41 und 50 ZPO. Die Einbringung einer zweiten Revisionsbeantwortung war im Sinne des § 41 ZPO zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht notwendig, zumal der neue Inhalt, nämlich daß die Revision immer noch verspätet sei, nicht zielführend war.

Anmerkung

E19245

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0030OB00101.89.1129.000

Dokumentnummer

JJT_19891129_OGH0002_0030OB00101_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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