Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch, Dr. Huber, Dr. Schwarz und Dr. Graf als weitere Richter in der Pflegschaftsache des minderjährigen Michael D***, geboren am 26. Feber 1972, Schüler, Galvanistraße 18, 4040 Linz, vertreten durch seine Mutter Anna D***, kaufmännische Angestellte, ebendort, diese vertreten durch Dr. Wolfgang Moringer und Dr. Heinrich Maderthaner, Rechtsanwälte in Linz, infolge Revisionsrekurses des Pflegebefohlenen gegen den Beschluß des Landesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom 22. September 1989, GZ 18 R 646/89-44, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Linz vom 21. August 1989, GZ 21 P 200/88-39, abgeändert wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Es wird dem Revisionsrekurs Folge gegeben und in Abänderung des angefochtenen Beschlusses die Entscheidung des Erstgerichtes wieder hergestellt.
Text
Begründung:
Der Minderjährige absolvierte im Schuljahr 1985/86 mit positivem Erfolg die 4. Klasse der öffentlichen Hauptschule 27 in Linz, im Schuljahr 1986/87 die Übergangsstufe des Bundesoberstufen-Realgymnasiums in Linz mit einem NICHT GENÜGEND und im Schuljahr 1987/88 den ersten Jahrgang der Höheren Technischen Bundeslehranstalt Eisenstadt (höhere Lehranstalt für Maschinenbau - Flugtechnik) mit fünf NICHT GENÜGEND (in den Fächern Mathematik und angewandte Mathematik, Darstellende Geometrie, Physik und angewandte Physik, Chemie und angewandte Chemie, Mechanische Technologie); gemäß § 25 SchUG war er damit nicht zum Aufsteigen in den 2. Jahrgang, wohl aber gemäß § 27 Abs. 1 SchUG zur Wiederholung des 1. Jahrganges berechtigt.
Über Antrag des durch seine Mutter vertretenen Minderjährigen erhöhte das Erstgericht die damals auf Grund des Vergleiches vom 19. April 1985 bestehende monatliche Unterhaltsverpflichtung des Vaters von S 2.700,-- ab 1. Juli 1988 auf S 4.000,-- und verwies den Vater mit seinem Unterhaltsbefreiungsantrag auf diese Entscheidung (ON 28). Infolge Rekurses des Vaters setzte das Rekursgericht in Ablehnung der Beitragsverpflichtung des Vaters für den vom Minderjährigen gewählten Schulbesuch unter fiktiver Annahme eines erzielbaren mittleren Lehrlingseinkommens von monatlich S 2.500,-- ab 1. September 1988 die Unterhaltsverpflichtung des Vaters für die Zeit bis zur Selbsterhaltungsfähigkeit des Minderjährigen auf monatlich S 2.000,-- herab (ON 32). Mit der Behauptung, seine Verhältnisse hätten sich durch die positive Absolvierung des wiederholten 1. Jahrganges der HTL Eisenstadt wesentlich geändert, beantragte der durch die Mutter vertretene Minderjährige, die Unterhaltszahlung ab 20. Juli 1989 auf S 4.500,-- monatlich zu erhöhen. Der Vater beantragte dagegen die Abweisung des Erhöhungsantrages und die Herabsetzung seiner monatlichen Unterhaltsverpflichtung auf S 525,--.
Das Erstgericht gab mit Beschluß vom 21. August 1989 (ON 39) dem Antrag des Minderjährigen statt und verwies den Vater mit seinem Antrag auf diese Entscheidung. Zur Begründung führte das Erstgericht im wesentlichen an: Die Voraussetzungen beim Minderjährigen hätten sich seit der letzten Unterhaltsbemessung wesentlich verändert, denn er sei nunmehr offensichtlich bemüht, den von ihm gewählten Ausbildlungsbereich positiv abzuschließen. Diese Möglichkeit dürfe ihm vom Gericht durch Versagung des väterlichen Unterhaltes nicht verweigert werden. Auf Grund des festgestellten Einkommens des Vaters erscheine der festgesetzte und begehrte Unterhaltsbeitrag angemessen.
Das Rekursgericht änderte diese Entscheidung in teilweiser Stattgebung des vom Vater dagegen erhobenen Rekurses derart ab, daß es die Zahlungsverpflichtung des Vaters gegenüber dem Minderjährigen mit S 1.400,--
monatlich ab 1. September 1989 festsetzte. Es begründete diese Entscheidung folgendermaßen: Eine wesentliche Veränderung der Verhältnisse des Minderjährigen seit der letzten Unterhaltsentscheidung sei auch auf Grund des vorgelegten positiven Jahreszeugnisses des wiederholten 1. Jahrganges der HTL nicht eingetreten. Die Verbesserung der fünf überwiegend naturwissenschaftlichen Fächer von NICHT GENÜGEND auf GENÜGEND im Jahr der Wiederholung des 1. Jahrganges lasse eine andere für das Wiederaufleben einer vollen Unterhaltspflicht des Vaters erforderliche Prognose als die vor etwa einem Jahr gestellte nicht zu. Es müsse vielmehr weiterhin befürchtet werden, daß der - nun bereits im 18. Lebensjahr stehende - Minderjährige nicht imstande sein werde, die Reifeprüfung, wenn überhaupt, verzögerungsfrei abzulegen. Da es sich dabei nur um eine vorläufige Prognose handle, erscheine es aber nicht ausgeschlossen, daß durch die zukünftigen Schulleistungen des Minderjährigen eine andere Beurteilung möglich werde.
Der vom Minderjährigen gegen diese Entscheidung erhobene Revisionsrekurs ist zulässig, weil die festzusetzende Höhe des von ihm begehrten Unterhaltes in untrennbarem Zusammenhang mit der Ermöglichung einer bestimmten vom Minderjährigen gewünschten, vom Vater jedoch abgelehnten Berufsausbildung steht und daher keine bloße Bemessungsfrage vorliegt. Der Revisionsrekurs ist auch berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Die Ansicht des Rekursgerichtes, daß sich die für die Unterhaltsverpflichtung des Vaters maßgeblichen tatsächlichen Verhältnisse beim Unterhaltsberechtigten nicht geändert hätten, kann der Oberste Gerichtshof ebensowenig teilen wie die von dieser Instanz daraus gezogene pessimistische Prognose für den vom Minderjährigen gewählten Ausbildungsweg. Die Verbesserung des Schulerfolges des Minderjährigen ist vielmehr im Vergleich zum vorangegangenen Schuljahr signifikant: in nahezu allen Lehrfächern ist eine Notenverbesserung festzustellen, so daß in Anbetracht der Erfahrungstatsache, daß ein derartiger Schulerfolg, nämlich in fast allen Fächern, eher selten erreicht wird, nunmehr doch mit gutem Grund auf eine ernsthafte und zielstrebige Verfolgung des positiven Abschlusses der Schule durch den Minderjährigen geschlossen werden darf. Dies muß besonders dem unterhaltspflichtigen Vater vor Augen gehalten werden, der in seinen früher dazu eingebrachten Schriftsätzen schon zur Wiederholung des 1. Schuljahrganges durch den Minderjährigen negativ eingestellt war und, wie sich jetzt zeigt, in dieser Voraussage irrte. Bei dieser Sachlage und der daraus in Wahrung des Wohles des Minderjährigen pflichtgemäß gebotenen Annahme positiver Zukunfterwartungen muß die vom Rekursgericht abgeänderte Entscheidung des Erstgerichtes als richtig beurteilt und in Stattgebung des Rechtsmittels des Minderjährigen wiederhergestellt werden.
Anmerkung
E19579European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1989:0080OB00689.89.1130.000Dokumentnummer
JJT_19891130_OGH0002_0080OB00689_8900000_000