Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr.Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch, Dr.Huber, Dr.Schwarz und Dr.Graf als weitere Richter in der Sachwalterschaftssache des Betroffenen Josef K***, Pensionist, 1020 Wien, Springergasse 25, infolge Revisionsrekurse des Betroffenen Josef K*** und des Sachwalters Dr.Rudolf Müller, Rechtsanwalt, 1020 Wien, Taborstraße 10/II, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 30. August 1989, GZ 44 R 342/89-23, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 16.März 1989, GZ 5 SW 57/88-16, teilweise abgeändert wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
1.)
Der Revisionsrekurs des Betroffenen wird zurückgewiesen.
2.)
Dem Revisionsrekurs des Sachwalters wird teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluß wird teilweise abgeändert und hat zu lauten:
Der Sachwalter hat den Betroffenen gemäß § 273 Abs. 3 Z 2 ABGB in Mietrechtsangelegenheiten gegenüber Gerichten, Behörden und Ämtern sowie gegenüber der jeweiligen Hausverwaltung zu vertreten und die Pension des Betroffenen entgegenzunehmen und derart zu verwalten, daß er davon den jeweils offenen Mietzins bezahlt und den sodann verbleibenden Betrag dem Betroffenen ausfolgt.
Text
Begründung:
Das Erstgericht bestellte den Rechtsanwalt Dr.Rudolf M*** für den Betroffenen zum Sachwalter gemäß § 273 ABGB und übertrug ihm im Sinne des § 273 Abs. 3 Zif. 2 ABGB die Besorgung folgender Angelegenheiten: 1. Die Vertretung des Betroffenen vor Gerichten, Behörden und Ämtern, Institutionen der Sozialversicherung sowie gegenüber der Hausverwaltung; 2. die Einkommens- und Vermögensverwaltung, in diesem Zusammenhang auch die Empfangnahme der Pension.
Auf Grund des eingeholten Sachverständigengutachtens stellte das Erstgericht fest, daß beim Betroffenen infolge eines Schlaganfalles rechtsseitige Teillähmungserscheinungen und Ausfälle der Hirnwerkzeuge bestehen und Wortfindungsstörungen, Störungen des Sprachverständnisses, eine Erschwerung der Schreib-, Lese- und Rechenfähigkeit sowie eine Verlangsamung, Umständlichkeit und erschwerte Auffassungsgabe vorliegen. Das Zustandsbild kann als Geistesschwäche aufgefaßt werden. Der Betroffene erfaßt seine eigene Problematik nicht in vollem Umfang und kann höchstwahrscheinlich mit dem ihm vorgegebenem Geldbetrag nicht zweckentsprechend wirtschaften. Er ist nicht in der Lage, rechtsgültige Erklärungen abzugeben und bestehende Rechte zu verfechten und durchzusetzen. Nur die Angelegenheiten seiner persönlichen Obsorge kann er noch bewältigen.
Das Rekursgericht gab dem vom Betroffenen erhobenen Rekurs insoweit teilweise Folge, als es den Kreis der vom Sachwalter zu besorgenden Angelegenheiten auf Mietrechtsangelegenheiten bei Gericht, Behörden und Ämtern sowie bei der Hausverwaltung und in diesem Umfang auch auf die Verwaltung der Pension des Betroffenen einschränkte. Auf Grund der in der Rekursverhandlung vom Sachwalter abgegebenen Erklärung, es seien derzeit nur Mietrechtsangelegenheiten zu besorgen und der Betroffene könne seine Pension durchaus selbst verwalten und seine Angelegenheiten selbständig besorgen, hielt das Rekursgericht die gesamte Verwaltung der Pension nicht für erforderlich. Im Hinblick auf die Anhängigkeit eines Kündigungsverfahrens gegen den Betroffenen, die umstrittene Frage der Angemessenheit des von ihm zu zahlenden Mietzinses sowie die Befürchtung, der Betroffene könne aus der Säumigkeit mit der vollen Zinszahlung erhebliche Nachteile erleiden, vertrat es die Ansicht, daß in diesem Umfang die Bestellung eines Rechtsanwaltes zum Sachwalter dem Wohle des Betroffenen entspreche. Gegen den rekursgerichtlichen Beschluß wendet sich der Revisionsrekurs des Betroffenen mit der Begründung, er könne seine Angelegenheiten selbst sehr gut vertreten, insbesondere sein Geld selbst verwalten und auch die Mietangelegenheiten selbst regeln; er stelle daher den Antrag, die Sachwalterschaft aufzuheben. Der Sachwalter begehrt in seinem Revisionsrekurs, den Beschluß zweiter Instanz derart abzuändern, daß ihm, dem Sachwalter, die gesamte Verwaltung der Pension übertragen werde.
Rechtliche Beurteilung
a) Zum Revisionsrekurs des Betroffenen:
Gemäß § 16 AußStrG ist ein bestätigender Beschluß des Rekursgerichtes nur aus den Anfechtungsgründen der Nichtigkeit, der Aktenwidrigkeit oder der offenbaren Gesetzwidrigkeit in dritter Instanz anfechtbar. Dies gilt seit der Zivilverfahrensnovelle 1983 bei teilweise bestätigten rekursgerichtlichen Beschlüssen grundsätzlich auch hinsichtlich des teilweise bestätigten Teiles der Entscheidung (SZ 57/119 uva, zuletzt 8 Ob 564/88, 6 Ob 670/89). Der Betroffene ist somit auf die angeführten Beschwerdegründe des § 16 AußStrG beschränkt. Solche hat er aber nicht geltend gemacht. Er behauptet lediglich, daß er entgegen der Rechtsansicht des Rekursgerichtes alle seine Angelegenheiten selbst regeln könne. Damit wird nur eine schlichte Rechtswidrigkeit der angefochtenen Entscheidung, aber keine offenbare Gesetzwidrigkeit im Sinne des § 16 AußStrG behauptet. Die Frage, ob genügend und geeignete Anhaltspunkte für die Notwendigkeit der Bestellung eines Sachwalters gegeben sind, weil der Betroffene seine Angelegenheiten ohne Gefahr eines Nachteiles selbst nicht besorgen kann, ist nämlich im Gesetz nicht geregelt (2 Ob 520/89, 7 Ob 608/89, 6 Ob 660/86 ua). Mangels Vorliegens eines der im § 16 AußStrG taxativ aufgezählten Beschwerdegründe war der Revisionsrekurs des Betroffenen demnach als unzulässig zurückzuweisen.
b) Das Rechtsmittel des Sachwalters richtet sich gegen den abändernden Teil der rekursgerichtlichen Entscheidung und ist daher gemäß § 14 Abs. 1 AußStrG zulässig. Es ist teilweise auch gerechtfertigt.
Der Sachwalter hat zwar vor dem Rekursgericht selbst die Ansicht vertreten, daß der Betroffene in der Lage sei, seine Pension selbst zu verwalten. Die Anordnung des Rekursgerichtes, der Sachwalter habe den Betroffenen gegenüber der Hausverwaltung zu vertreten und in diesem Umfange auch die Pension zu verwalten, läßt offen, wer zur Empfangnahme der Pension berechtigt sein sollte und wie diese aufzuteilen ist. Im Hinblick auf den wegen unvollständiger Mietzinszahlung gegen den Betroffenen anhängigen Kündigungsprozeß erscheint es erforderlich, die Bezahlung des jeweils fälligen Mietzinses sowie der allenfalls rückständigen Zinsbeträge durch den Sachwalter sicherzustellen und ihm zu diesem Zwecke die Entgegennahme und Verwaltung der Pension mit der Einschränkung zu übertragen, daß er den nicht für Mietzinszahlungen erforderlichen Teil dem Betroffenen auszufolgen hat.
In diesem Umfange war dem Rechtsmittel des Sachwalters daher Folge zu geben.
Anmerkung
E19577European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1989:0080OB00706.89.1130.000Dokumentnummer
JJT_19891130_OGH0002_0080OB00706_8900000_000