TE OGH 1989/11/30 7Ob679/89

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Veröffentlicht am 30.11.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Warta, Dr. Egermann und Dr. Niederreiter als weitere Richter in den zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Rechtssachen der klagenden Partei O*** B*** UND L***-Gesellschaft mbH, Wien 23., Breitenfurterstraße 282, vertreten durch Dr. Martin Zenz, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Renate P***, Arzthelferin, Wien 3., Beatrixgasse 14 b, vertreten durch Dr. Otto Kern und Dr. Wulf Kern, Rechtsanwälte in Wien, wegen Feststellung der Rechtswirksamkeit und Zuhaltung eines Kaufvertrages und wegen Abgabe einer Willenserklärung (Revisionsstreitwert S 850.000,--), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 18. April 1989, GZ 11 R 17/89-67, womit infolge der Berufungen beider Parteien das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 24. September 1988, GZ 29 Cg 182/87-57, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 18.262,80 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 3.043,80 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Beklagte war zu einem Drittel Miteigentümerin der Liegenschaft EZ 477 KG Oberlaa. Laut Kaufvertrag vom 1.10.1982 verkaufte sie ihren Miteigentumsanteil der klagenden Partei um S 10 Mill. Mit Dissolutionsvertrag vom 30.5.1983/5.7.1978 wurde dieser Kaufvertrag mit Rücksicht auf die "nunmehr mögliche Realteilung der Liegenschaft" aufgehoben und am 17.6.1983 zwischen den Streitteilen ein neuer Kaufvertrag über das der Beklagten zukommende Trennstück (Bauplatz A laut Teilungsplan des Dipl.Ing. Manfred E***) abgeschlossen. Der zuletzt genannte Kaufvertrag wurde mit rechtskräftigem Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 4.11.1985 für rechtsunwirksam erkannt.

Die klagende Partei begehrt die Feststellung der Unwirksamkeit des Dissolutionsvertrages vom 30.5.1983/5.7.1983 (Klagebegehren lit. a), die Feststellung der Rechtswirksamkeit des Kaufvertrages vom 1.10.1982 und die Zuhaltung desselben (Klagebegehren lit. b) sowie, gestützt auf eine getroffene Nebenabrede, die Zustimmung der Beklagten zur Einverleibung von Pfandrechten für der klagenden Partei gewährte Darlehen zugunsten der Ö*** L***

(Klagebegehren lit. c).

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren lit. a statt, wies jedoch die Klagebegehren lit. b und c ab. Nach seinen Feststellungen, soweit sie für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung sind, verpflichtete sich die klagende Partei laut Kaufvertrag vom 1.10.1982, den vereinbarten Kaufpreis von S 10 Mill. wie folgt zu bezahlen: S 3 Mill. bis längstens 15.11.1982 und S 7 Mill. bis längstens 30.9.1984. Ein Restkaufpreis von S 2,625.000 sollte mit 12 % pa verzinst werden. Für den Fall des Zahlungsverzuges wurden 12 % Verzugszinsen vereinbart. Die Käuferin übernahm vom 1.10.1982 an die Leistung des Zinsendienstes für ein auf dem Liegenschaftsanteil der Beklagten sichergestelltes Darlehen von S 4,375.000 (Punkt III des Kaufvertrages). Der Punkt VIII des Kaufvertrages lautet: "Die Rechtswirksamkeit dieses Vertrages ist auflösend bedingt durch die fristgerechte Kaufpreisabdeckung durch die Käuferin. Wird dieser Vertrag sohin zufolge Zahlungsverzug der Käuferin aufgelöst, so hat die Verkäuferin der Käuferin empfangene Teilkaufpreisbeträge innerhalb von 6 Monaten ab Vertragsauflösung zurückzustellen.......". Die klagende Partei hat auf den Kaufpreis lediglich S 1,100.000 durch Überweisung am 30.11.1982 auf das Kreditkonto der Beklagten bei der Ö*** L***

bezahlt. Den Aufhebungsvertrag vom 30.5.1983 unterfertigte die Beklagte auf Anraten ihres Steuerberaters aus steuerlichen Gründen und weil die klagende Partei nicht zahlen konnte. In der Unterfertigung des zweiten Kaufvertrages sah die Beklagte eine Chance, zu Geld zu kommen, weil die klagende Partei mit einem real geteilten Grundstück eher einen Kredit erhalten werde. Die Beklagte ging davon aus, eine Realteilung der Liegenschaft erwirken zu können. Nach einer bei der Konferenz der Miteigentümer der Liegenschaft am 14.12.1982 verfaßten Niederschrift sollte die Beklagte durch Realteilung das als Bauplatz A bezeichnete Trennstück erhalten. An dieser Konferenz hat allerdings der Miteigentümer Viktor A*** nicht teilgenommen. Mangels Zustimmung dieses Miteigentümers kam ein Realteilungsübereinkommen nicht zustande. Nach der Ansicht des Erstgerichtes sei die Möglichkeit der Realteilung der Liegenschaft Bedingung des Dissolutionsvertrages gewesen. Mangels Eintrittes dieser Bedingung sei der Dissolutionsvertrag rechtsunwirksam. Der erste Kaufvertrag vom 1.10.1982 sei mangels wahrer Einwilligung (Dissens) gleichfalls nicht rechtswirksam.

Gegen den abweisenden Teil des Ersturteils erhob die klagende Partei, gegen den stattgebenden Teil die Beklagte Berufung. Das Berufungsgericht gab keiner der beiden Berufungen Folge und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes in beiden verbundenen Rechtssachen S 300.000 übersteigt.

Das Berufungsgericht teilte zwar nicht die Rechtsansicht des Erstgerichtes über das Vorliegen eines Dissenses bei Abschluß des Kaufvertrages vom 1.10.1982, es hielt jedoch den Kaufvertrag wegen eines vom Geschäftsführer der klagenden Partei veranlaßten Irrtums der Beklagten über den Kaufpreis und darüber hinaus auch wegen der im Punkt VIII vereinbarten auflösenden Bedingung für rechtsunwirksam.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen die Entscheidung der zweiten Instanz erhobene Revision der klagenden Partei ist nicht berechtigt.

Bedingung ist eine einem Rechtsgeschäft von den Parteien hinzugefügte Beschränkung, durch die der Eintritt oder die Aufhebung einer Rechtswirkung von einem ungewissen Umstand abhängig gemacht wird (Koziol-Welser8 I 149). Daß die von den Streitteilen im Punkt VIII des Kaufvertrages vom 1.10.1982 getroffene Vereinbarung eine solche Beschränkung in Ansehung des ganzen Kaufvertrages, und zwar in Form einer auflösenden Bedingung darstellt, kann nicht zweifelhaft sein und wird von der Revision auch nicht bestritten. Feststeht, daß die klagende Partei die vereinbarte Kaufpreisabdeckung nicht fristgerecht vorgenommen hat, sodaß die Bedingung nach Punkt VIII des Kaufvertrages eingetreten ist. Der Eintritt der auflösenden Bedingung vernichtet die Wirkung des Rechtsgeschäftes ohne weiteres (Gschnitzer in Klang2 III 656). Die vom Erstgericht geäußerte Ansicht (ON 57 S. 46), daß eine solche Wirkung der Auflösungsklausel wegen der sonst sinnlosen Verzugszinsenvereinbarung nicht angenommen werden könne, kann nicht geteilt werden. Dem Kaufpreisteilbetrag von S 7 Mill. ist ein eigener Vertragspunkt (III 2. lit. c) gewidmet. Er sollte bis längstens 30.9.1984 bezahlt und ein Betrag von S 2,625.000 verzinst werden. Die Verzugszinsenvereinbarung schließt unmittelbar daran an. Wegen der ein Jahr übersteigenden Laufzeit des kreditierten Kaufpreisteilbetrages nach Punkt III 2. lit. c ist auch ohne ausdrückliche Vereinbarung von einer periodischen Zinsenfälligkeit auszugehen (vgl. Schubert in Rummel, ABGB, Rz 7 zu § 999), sodaß die Verzugszinsenvereinbarung nicht sinnlos wäre. Nicht gefolgt werden kann auch dem Standpunkt der klagenden Partei, aus dem Abschluß des Dissolutionsvertrages und des zweiten Kaufvertrages ergebe sich, daß die Beklagte den Bedingungseintritt nicht habe geltend machen wollen. In Betracht käme ein schlüssiger Verzicht der Beklagten. Ein solcher müßte aber den Konkludenzerfordernissen des § 863 ABGB entsprechen. Es dürfte kein vernünftiger Grund übrig sein, daran zu zweifeln, daß ein Rechtsfolgewille in bestimmter Richtung vorliegt (MietSlg. 25.126/27; 1 Ob 555/82 uva). Richtig ist, daß es wegen des Eintritts der auflösenden Bedingung des ersten Kaufvertrages, weil die klagende Partei schon die erste Kaufpreisrate nicht voll bezahlt hatte, eines Aufhebungsvertrages nicht bedurft hätte. Die Annahme eines schlüssigen Verzichtes der Beklagten auf die auflösende Bedingung ist aber hier umso weniger gerechtfertigt, als feststeht, daß der Auflösungsvertrag auch aus steuerlichen Gründen abgeschlossen wurde und die Beklagte vom Abschluß der Folgeverträge sich insgesamt endlich die Zahlung des Kaufpreises erwartete. Ist der zweite Kaufvertrag unwirksam und beharrt die klagende Partei auf der Unwirksamkeit der Auflösungsvereinbarung und der Wirksamkeit des ersten Kaufvertrages, konnte die Beklagte den Eintritt der auflösenden Bedingung einwenden. Die Beklagte hat sich zwar nicht ausdrücklich auf Punkt VIII des Kaufvertrages berufen, immerhin aber mit ihrem Vorbringen bei der Tagsatzung am 23.8.1988 (ON 56 AS 266) die Unwirksamkeit des Vertrages mangels Zuhaltung der vereinbarten Zahlungstermine geltend gemacht. Im Rahmen dieses Einwandes konnten dann aber auch im Sinne der ständigen Rechtsprechung überschießende Feststellungen berücksichtigt werden (JBl. 1964, 208; SZ 21/123, 7 Ob 46/82 uva).

Demgemäß ist der Revision ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E19299

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0070OB00679.89.1130.000

Dokumentnummer

JJT_19891130_OGH0002_0070OB00679_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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