Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Melber, Dr. Schlosser und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Yvonne G***-H***, Sekretärin,
CH 9430 St.Margarethen, Parkstraße 4a, Schweiz, vertreten durch Dr. Wilhelm Winkler und Dr. Gebhard Winkler-Heinzle, Rechtsanwälte in Bregenz, wider den Antragsgegner Lothar H***, Angestellter, 6911 Lochau, Pfänderstraße 11, vertreten durch Dr. Manfred Puchner, Rechtsanwalt in Feldkirch, wegen Bestellung eines Heiratsgutes, infolge Revisionsrekurses des Antragsgegners gegen den Beschluß des Landesgerichtes Feldkirch als Rekursgericht vom 28. September 1989, GZ 1 a R 384/89-10, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Bregenz vom 31. Juli 1989, GZ 1 Nc 14/89-7, bestätigt wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Die am 16. Juli 1959 geborene Antragstellerin ist die eheliche Tochter des Antragsgegners. Sie hat am 4. Dezember 1987 vor dem Standesamt Hard mit Walter G*** die Ehe geschlossen. Die Ehe der Eltern ist seit 23. März 1989 rechtskräftig geschieden. Die Antragstellerin begehrte am 24. Jänner 1989 von ihrem Vater ein Heiratsgut von 90.000 S samt 4 % Zinsen seit 26. Februar 1988, mit welchem Tag sie ihm gegenüber den Anspruch erstmals geltend gemacht habe. Sie behauptete, zum Zeitpunkt ihrer Eheschließung hätten sie jährlich 14 x netto 11.000 S und ihr Ehemann jährlich 12 x netto 20.000 S verdient. Im übrigen sei sie vermögenslos. Ihre Mutter habe als Hausfrau kein nennenswertes Einkommen, sie sei auf den vom Antragsgegner geleisteten monatlichen Unterhaltsbetrag von 9.000 S angewiesen. Der Vater habe als Angestellter und aus Mietzinseinnahmen aus seiner Eigentumswohnung ein Jahresnettoeinkommen von 390.000 S.
Der Antragsgegner trat dem Begehren seiner Tochter nur in seiner den Betrag von 30.000 S übersteigenden Höhe entgegen. Er wendete ein, er habe lediglich ein monatliches Nettoeinkommen von 24.000 S und es seien ihm für das Scheidungsverfahren im Jahre 1988 Kosten entstanden. Aus der Vermietung seines Appartements in Hard beziehe er keinerlei Einkünfte. Seine Tochter habe als angestellte Sekretärin in den letzten sieben Jahren vor ihrer Eheschließung Ersparnisse von ca 100.000 S angelegt.
Das Erstgericht verpflichtete den Antragsgegner zur Zahlung eines Heiratsgutes im Betrag von 75.000 S samt 4 % Zinsen seit 26. Februar 1988 und wies das Mehrbegehren im Umfang von 15.000 S sA ab. Der abweisliche Teil des erstgerichtlichen Beschlusses ist mangels Anfechtung in Rechtskraft erwachsen. Das Erstgericht traf noch folgende wesentliche Feststellungen:
Im Jahre 1987 verdiente die Antragstellerin als Sekretärin bei der Firma E*** B*** jährlich netto 187.860 S. Zum Jahresende 1987 verfügte sie über ein Sparvermögen von 100.000 S, hatte aber sonst kein weiteres Vermögen. Erst als ihr Arbeitsverhältnis wegen Verlegung des Firmensitzes per 31. Dezember 1988 gekündigt wurde, erhielt sie eine Abfertigung von 70.000 S.
Das Jahresnettoeinkommen 1987 des Antragsgegners bei der Firma A*** in Hard betrug 366.379 S. Er hat im Jahre 1981 von seinem Vater ein Wohnungseigentums-Appartement in Hard, Landstraße 7, geerbt. Diese Wohnung ist um einen Monatszins von 4.749 S vermietet, wobei in diesem Betrag auch die Betriebskosten von monatlich 1.066 S enthalten sind. Durch die Vermietung der Wohnung wurde das seinerzeit hiefür aufgenommene Wohnbauförderungs-Darlehen mit dem noch offenen Betrag von ca 125.000 S aufgekündigt. Dem Antragsgegner wurden jedoch vom LAND V*** für den gesamten aushaftenden Rückforderungsbetrag monatliche Ratenzahlungen von 3.690 S eingeräumt, welche er bereits zur Zeit der Eheschließung der Tochter zu leisten hatte.
Gegenüber der Mutter der Antragstellerin hat der Antragsgegner seit Dezember 1987 eine monatliche Unterhaltsleistung von 9.000 S zu erbringen. Im Zuge des Scheidungsverfahrens sind dem Antragsgegner Kosten von ca 100.000 S erwachsen.
Rechtlich folgerte das Erstgericht daraus, daß unter Berücksichtigung der Unterhaltsverpflichtung des Antragsgegners von einem Jahresnettoeinkommen in Höhe von 258.379 S als Bemessungsgrundlage für den Heiratsgutanspruch der Tochter auszugehen sei. Hievon sei nach der Rechtsprechung ein Anteil von 25 bis 30 % als Heiratsgut angemessen. Die Tochter habe bei ihrer Verehelichung nur über ein durchschnittliches Einkommen und über ein Sparvermögen von 100.000 S verfügt, sodaß angesichts der überaus hohen Kosten einer Hausstandsgründung eine Schmälerung ihres Anspruches nicht gerechtfertigt sei.
Das Rekursgericht gab dem nur gegen die Bemessung des Heiratsgutes mit mehr als 65.000 S gerichteten Rekurs des Antragsgegners nicht Folge. Es billigte die Rechtsansicht des Erstgerichtes, wonach das Jahresnettoeinkommen der Antragstellerin zur Zeit der Eheschließung keineswegs überdurchschnittlich gewesen sei und auch ihr Sparvermögen nicht zur Gründung eines Hausstandes ausgereicht habe oder über den Rahmen von üblichen Ersparnissen hinausgegangen sei. Eine Minderung des Dotationsanspruches der Tochter sei daher aus diesen Umständen nicht zu rechtfertigen. Im übrigen halte sich das mit rund 29 % des als Bemessungsgrundlage dienenden Jahresnettoeinkommens des Vaters in Höhe von 258.379 S festgesetzte Heiratsgut im Rahmen seines Vermögensstandes.
Rechtliche Beurteilung
Der vom Antragsgegner wegen offenbarer Gesetzwidrigkeit gemäß § 16 Abs 1 AußStrG erhobene Revisionsrekurs ist unzulässig. Eine offenbare Gesetzwidrigkeit liegt nur vor, wenn ein Fall im Gesetz ausdrücklich und so klar gelöst ist, daß kein Zweifel über die Absicht des Gesetzgebers aufkommen kann und trotzdem eine damit im Widerspruch stehende Entscheidung gefällt wurde. Nicht jede unrichtige rechtliche Beurteilung bildet daher eine offenbare Gesetzwidrigkeit. Eine solche kann schon begrifflich nicht vorliegen, wenn es sich um eine Ermessensentscheidung handelt, es sei denn, die Entscheidung verstößt gegen Grundprinzipien des Rechtes oder sie ist ganz willkürlich oder mißbräuchlich. Wie die Höhe eines Heiratsgutes im Einzelfall zu ermitteln ist, ist in den Vorschriften der §§ 1220 ff ABGB nicht ausdrücklich geregelt. Die im Rahmen des pflichtgemäßen Ermessens zu treffende Lösung dieser Rechtsfrage durch das Rekursgericht kann daher nicht offenbar gesetzwidrig sein (EFSlg 47.237, 49.973, 49.974, 52.794, 55.661 ua). Soweit der Rechtsmittelwerber meint, es sei die erforderliche Berücksichtigung des Standes und Vermögens des Ehegatten der Antragstellerin unterblieben, kann darin schon deshalb keine offenbare Gesetzwidrigkeit liegen, weil eine derartige Berücksichtigung weder im Gesetz vorgeschrieben ist noch aus Grundprinzipien des Rechtes zwingend ableitbar wäre. Auch sein weiterer Hinweis, daß nicht alle Umstände des Falles bedacht worden seien, vermag nach ständiger Rechtsprechung die im § 16 Abs 1 AußStrG angeführte Rechtsmittelvoraussetzung der offenbaren Gesetzwidrigkeit nicht herzustellen (EFSlg 44.643). Der Revisionsrekurs des Antragsgegners war daher insgesamt zurückzuweisen.
Anmerkung
E19534European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1989:0060OB00724.89.1130.000Dokumentnummer
JJT_19891130_OGH0002_0060OB00724_8900000_000